Nach Justizirrtum verbrannt. Wegen einer Verwechslung kam der Syrer Amad A. ins Gefängnis / Frappierende Parallelen zum Fall Oury Jalloh
Dossier
„Gleich zu Beginn der Sondersitzung von Rechts- und Innenausschuss im Landtag Nordrhein-Westfalens drücken Landesjustizminister Peter Biesenbach und Landesinnenminister Herbert Reul (beide CDU) ihre Anteilnahme am Tod des 26-jährigen Amed A. aus. »Für diesen Fehler in meinem politischen Verantwortungsbereich bitte ich die Familie des Verstorbenen von ganzem Herzen um Entschuldigung«, erklärte Reul. Biesenbach zeigt sich »tief betroffen«. Gleichzeitig sagt er im ersten Satz seiner Stellungnahme, Amed A. habe den Brand im Haftraum »möglicherweise selbst verschuldet«. Einen Tag, bevor der Syrer seinen Verletzungen erlag, gab die Staatsanwaltschaft Kleve bekannt, dass er verwechselt worden sei, mit Amedy G., einem Mann aus Mali. Mit zwei Haftbefehlen wurde dieser wegen Diebstahls von der Staatsanwaltschaft Hamburg gesucht. Gegen die beteiligten Polizisten wurde ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung eingeleitet. Geleitet wird es von der Staatsanwaltschaft Kleve. Für Mouctar Bah von »Break The Silence«, der Initiative zur Aufarbeitung des Todes von Oury Jalloh, fühlt sich der Fall an wie ein Déjà-vu: »Das war Freiheitsberaubung. Und die Polizisten werden vermutlich eh nicht bestraft, weil sie vom System gedeckt werden«, sagt er dem »neuen deutschland«. (…) Man habe ein verkohltes Feuerzeug neben der verkohlten Matratze gefunden, heißt im Rechts- und Innenausschuss. 14 Beamte sollen an den Untersuchungen des Brandes beteiligt gewesen sein; einen unabhängigen Brandsachverständigen zog man aber erst am 2. Oktober hinzu, kurz nachdem Amed A. gestorben war. Es gebe Anhaltspunkte, dass Brandstiftung vorliege, die allerdings nicht konkreter ausgeführt werden. Als Raucher wurde Amed A. nicht geführt. Das Innenministerium jedoch erklärte: »Der Gefangene hat wohl doch geraucht«…“ Beitrag von Dennis Pesch bei neues Deutschland vom 10. Oktober 2018 und dazu:
- Gedenken für Amed Ahmad in Kleve und Bonn am Jahrestag der Beisetzung, dem 13. Oktober
„Mit Demonstrationen in Kleve und Bonn wird drei Jahre nach dem Tod von Amed Ahmad weiter Gerechtigkeit für den jungen Kurden und eine lückenlose Aufklärung seiner dubiosen Todesumstände in einer Gefängniszelle gefordert. Amed Ahmad ist auch drei Jahre nach seinem Tod durch einen Zellenbrand unvergessen. Am Freitag findet eine Demonstration zur JVA Kleve statt, in der der junge Kurde aus Efrîn monatelang zu Unrecht inhaftiert war und am 17. September 2018 tödliche Brandverletzungen erlitt. Amed war am 6. Juli 2018 in Geldern festgenommen und angeblich aufgrund einer Verwechselung inhaftiert worden. Wie Amed mit dem Malier Amedy G. verwechselt werden konnte, ist ebenso wie die dubiosen Hintergründe des Feuers ungeklärt. Die „Initiative Amed Ahmad – Aufklärung und Gerechtigkeit!“ ruft zur Teilnahme an der Demonstration vom Bahnhof Kleve zur JVA auf, „um am Jahrestag des Brandes ein deutliches Zeichen zu setzen, dass wir den Tod von Amed Ahmad und die verantwortlichen Institutionen nicht aus den Augen verlieren“. Am Jahrestag von Amed Ahmads Beisetzung, dem 13. Oktober, findet zudem eine Demonstration vom Bonner Hauptbahnhof zum Münsterplatz statt. Die Initiative will damit den Forderungen von Ameds Eltern und weiteren Angehörigen von Opfern rassistischer Polizeigewalt eine Bühne bieten (…) Für die Eltern von Amed Ahmad, Fadile und Malek Ahmad, hat ihre vor drei Jahren aufgestellte Forderung weiterhin Gültigkeit: „Unsere Forderungen lauten Gerechtigkeit, Gerechtigkeit und Gerechtigkeit. Wir werden nicht aufhören, nach den Mördern von unserem Sohn zu fragen. Wir benutzen das Wort Mörder, weil Menschen Amed getötet oder seinen Tod verursacht haben.“ Beitrag bei ANF News vom 14.9.2021 - Syrer verbrennt in Zelle: Reul räumt falsche Auskunft im Untersuchungsausschuss ein
„… NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hat eingeräumt, den Untersuchungsausschuss zum Tod des Syrers Amad A. falsch informiert zu haben. Er habe im Mai gesagt, die Löschung des Datensatzes von Amad A. in der bundesweiten Datenbank Inpol sei unvermeidbar gewesen, sagte Reul am Dienstag als Zeuge im Untersuchungsausschuss. Dies sei sein damaliger Kenntnisstand gewesen. Vor wenigen Tagen habe das Bundeskriminalamt aber mitgeteilt, dass die Löschung doch hätte gestoppt werden können. Entscheidend sei aber: „Es sind keine beweiserheblichen Daten verloren gegangen“, versicherte Reul. (…) Es habe Fehler bei der Polizei gegeben. Es hätte leicht erkannt werden können, dass es sich nicht um den Gesuchten gehandelt habe. Inzwischen habe man mögliche Fehlerquellen beseitigt. So sei inzwischen das Foto der gesuchten Person sofort auf der ersten Seite im Abfragesystem zu sehen.“ RND-Meldung vom 24. August 2021 - BKA hätte Datenlöschung im Fall Amad A. verhindern können
„Der Tod eines jungen Syrers ist bis heute nicht vollständig geklärt – dann sorgte im Mai eine Datenpanne für Aufregung. Nun muss sich NRW-Innenminister Reul korrigieren. Es ist nicht das erste Mal, dass NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) in diesem Fall nachbessern muss. In einem Schreiben an den Untersuchungsausschuss, das dem WDR vorliegt, teilt Reul in dieser Woche überraschend mit: Es sei technisch möglich gewesen, die Datensätze zu Amad A. beim Bundeskriminalamt zu erhalten. Doch das zuständige Landeskriminalamt habe das BKA nicht darum gebeten. Eigentlich gilt ein Löschmoratorium seit 2018 (…) Nach einem Erlass des NRW-Innenministers sollten alle Daten zu Amad A. bis zum Ende der Arbeit des Ausschusses nicht gelöscht werden. (…) Beim BKA werden sie automatisch zwei Jahre nach dem Todestag gelöscht. Im Mai war der NRW-Innenminister noch davon ausgegangen, dass man das nicht hätte verhindern können. Die Nachfragen beim BKA haben nun das Gegenteil ergeben. (…) Der Obmann der SPD im Untersuchungsausschuss , Sven Wolf, wirft dem Innenminister vor, dass er seine Landesbehörden beim BKA nicht hatte fragen lassen, die Löschung zu verhindern. „Das ist ein schweres Versäumnis“, so Wolf. Reul versicherte zwar wiederholt, dass in den Landesdatenbanken alle zur Aufklärung notwendigen Daten noch vorhanden wären. Die Anwälte der Familie der Verstorbenen hatten aber Zweifel daran geäußert…“ Beitrag von Martina Koch vom 24. August 2021 beim WDR - Immer neue Fragen zu Zellenbrand: Angeblich gelöschte Daten zu dem in einer Zelle verbrannten Amad Ahmad sollen wieder aufgetaucht sein. Anwälte gehen von Verschleierung aus
„Im Fall des monatelang zu Unrecht inhaftierten und in seiner Zelle in der JVA Kleve verbrannten Kurden Amad Ahmad haben Anwälte mit massiver Skepsis und heftiger Kritik auf Erklärungen von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) reagiert, dass für die Aufklärung entscheidende Daten doch nicht verschwunden seien. Entweder gebe es beim LKA „niemanden, der in der Lage ist, einen Datensatz aufzurufen“, schreiben die Anwälte Sven Tamer Forst und Eberhard Reinecke, die die Familie des Toten vertreten. Oder die Informationen wurden in der ViVA-Datenbank der nordrhein-westfälischen Polizei „tatsächlich gelöscht“, danach aber „auf irgendeine Art und Weise rekonstruiert“. Dann aber sei „die Integrität des Datensatzes in keiner Weise sichergestellt“. Für die Aufklärung des Falls, um die sich auch ein Untersuchungsausschuss des Landtags bemüht, könnte das massive Folgen haben – schließlich werfen Forst und Reinecke Reuls Beamten vor, „im ganzen Verfahren nicht mit dem Ziel agiert zu haben, die Wahrheit herauszufinden“. Stattdessen solle verhindert werden, „dass konkrete Verantwortlichkeiten in der Polizei aufgeklärt“ werden. Auch die IT-Expertin Annette Brückner, welche die Anwälte unterstützt, sagt: „Am Protokoll über die Bearbeitung des Datensatzes ist manipuliert worden.“ Damit könne derzeit nicht nachvollzogen werden, wer die Daten zu Amad Ahmad mit Informationen über einen per Haftbefehl gesuchten Mann aus Mali vermischt und damit dafür gesorgt hat, dass der vor dem syrischen Assad-Regime Geflohene mehr als drei Monate in Haft saß…“ Artikel von Andreas Wyputta vom 24. Mai 2021 in der taz online - Suizid bleibt reine Spekulation: Es gibt Zweifel am Gutachten, das die NRW-Regierung im Fall Amad Ahmad entlastet. Der Gutachter spricht von „halb-subjektiven“ Einschätzungen
„Im Fall des monatelang grundlos inhaftierten und in seiner Zelle in Kleve verbrannten Geflüchteten Amad Ahmad bleiben Ablauf und Grund des tödlichen Feuers unklar. Bei einer Befragung vor dem Untersuchungsausschuss des Düsseldorfer Landtags relativierte der von der Polizei beauftragte Brandsachverständige Guido Schweers am Dienstagabend zentrale Teile seines Gutachtens. In seinem Text hatte er geschrieben, die Umstände des Todes deuteten auf „vorsätzliche Brandstiftung vermutlich mit suizidaler Absicht“ hin. Nun aber erklärte Schweers, seine Aussagen zur Dauer des Feuers oder der Frage, wie lange der Brand durch ein geöffnetes Fenster zusätzlich angeheizt wurde, beruhten auf „halb-subjektiven Einschätzungen aus der Ermittlungsakte“. Auch die Frage, ob technisch abklärbar sei, dass der Tod des aus Syrien stammenden Kurden Amad Ahmads tatsächlich ein Suizid war, musste der 53-jährige Gutachter verneinen: „selbstverständlich nicht.“ (…) Vor dem Ausschuss bekräftigte der Geschäftsführer des Instituts für Brand- und Löschforschung Korbinian Pasedag Vorwürfe, die er bereits vor mehr als zwei Jahren in den vom WDR produzierten Fernsehmagazinen Monitor und Westpol erhoben hat. (…) Der von Schweers geschilderte Brandablauf, nach dem Amad Ahmad etwa 15 Minuten in der nur 9,15 Quadratmeter großen brennenden Zelle ausgeharrt und erst danach das Fenster geöffnet und um Hilfe gerufen haben soll, sei technisch unmöglich. Ohne Luftzufuhr von außen „war schon nicht genug Sauerstoff im Raum, um nur die Matratze abzubrennen“, sagte Pasedag. Zerstört wurden aber große Teile des Mobiliars des Haftraums – nach dem Schweers-Gutachten, das der taz vorliegt, verbrannte zusätzlich etwa eine als Bettunterlage dienende Sperrholzplatte. Selbst der Fernseher war danach „verschmolzen und zertropft“. Reine Spekulation sei auch die Suizidthese, erklärte vor dem Untersuchungsausschuss der Brandsachverständige Henry Portz: „Ob eine Selbstmordabsicht vorgelegen hat, kann der Brandgutachter nicht wissen.“ Unsicher bleibt damit, wann genau Amad Ahmad erstmals um Hilfe gerufen hat – und wie schnell die Mitarbeiter:innen der Justizvollzugsanstalt reagiert haben. Der Untersuchungsausschuss setzt seine Arbeit mit der Befragung von Mitgefangenen, die den zu Unrecht Inhaftierten nach Hilfe schreiend am Zellenfenster gesehen haben wollen, am Mittwoch fort…“ Artikel von Andreas Wyputta vom 10. März 2021 in der taz online - Tödliche Datenbanken der Polizei: Für Asylbewerber ist es kaum möglich, falsche Einträge in Behördensystemen zu korrigieren. In Nordrhein-Westfalen wurde das dem Syrer Amad Ahmad zum Verhängnis
„Am 29. September 2018 starb der aus Syrien stammende Amad Ahmad im Sankt-Antonius-Hospital in Kleve an seinen Brandverletzungen. Zwölf Tage zuvor war der 26-Jährige in seiner brennenden Zelle im Gefängnis der Kreisstadt gefunden worden. (…) Immer noch dubios sind aber vor allem die Umstände seiner Festnahme. Ahmad saß zum Zeitpunkt seines Todes mehr als zwei Monate lang unschuldig in Haft. Eingesperrt wurde er aufgrund eines Haftbefehls, der auf den Namen Amedy G. aus Mali ausgestellt war. Bei der Polizeimaßnahme handelte es sich ganz offensichtlich um eine Verwechselung. Im Untersuchungsausschuss soll geklärt werden, ob dies versehentlich oder mit Vorsatz erfolgte. (…) „Tod war wohl Folge von fehlerhafter Polizeisoftware“, hatte die größte deutsche Regionalzeitung WAZ den Fall im letzten Sommer versimpelt. Denn im Untersuchungsausschuss kam heraus, dass die Inpol-Datensätze der Männer aus Syrien und Mali fälschlich zusammengeführt wurden. Genauer gesagt wurden falsche Identitäten (sogenannte Alias-Namen), die Amedy G. benutzt haben soll, auch in der polizeilichen Datei von Ahmad gespeichert. Verantwortlich für den Vorgang war eine Hilfskraft. Weiterhin unklar ist allerdings wer ihr dazu den Auftrag gab und wann die Datenverschmelzung erfolgte. (…) Nicht entkräftet ist deshalb der Verdacht, dass die Manipulation der Inpol-Datensätze vorsätzlich geschah, nämlich von Polizisten, die um den langjährigen Fehler des Systems gewusst haben. Darauf deuten auch lückenhafte Datenbankprotokolle hin, die jede Veränderung eines Datensatzes dokumentieren sollen. So ist es denkbar, dass die Zusammenführung der Datensätze erst nach der Festnahme von Ahmad erfolgt ist, um überhaupt einen Grund dafür vorweisen zu können. (…) Auch in Hessen speichert die Polizei womöglich falsche Angaben zu Personen, ohne dass dies nachvollziehbar oder durch die Betroffenen zu ändern ist. Dies belegt der Fall des algerischen Staatsangehörigen Tarek Ramdani, der mit seiner Familie in Marburg als Asylbewerber registriert ist. (…) Es ist schon für deutsche Staatsangehörige oft unmöglich, falsche Einträge in Polizeidatenbanken zu korrigieren. Die Konsequenzen dieser digitalen Polizeiwillkür haben 32 Journalisten beim G20-Gipfel 2017 in Hamburg erfahren, die fälschlich als „linke Extremisten“ in Inpol gespeichert waren. Noch schwieriger ist dies für Asylsuchende, das lässt sich am Fall Ramdani gut beobachten. Der Algerier versucht mithilfe eines Rechtsanwalts und von Unterstützern aus Marburg und Umgebung, die Polizei und die Ausländerbehörde zur Löschung der fälschlichen Alias-Einträge zu bewegen. Denn inzwischen war es tatsächlich mehrfach vorgekommen, dass ihm eine offensichtlich nicht von ihm begangene Straftat zugeordnet wurde…“ Beitrag von Matthias Monroy vom 26. Januar 2021 bei Telepolis - Immer mehr „neue“ Fakten unterstützen die Beschwerde der Eltern von Amad A. gegen die Einstellung der Ermittlungen
„… Zuvor war ein Vermerk aufgetaucht, der den Verdacht nahelegt, dass eine Staatsanwältin aus Braunschweig den Beamten Frank G. schon mehr als sieben Wochen vor dem tödlichen Zellenbrand darauf hingewiesen habe, dass mit dem Mann aus dem kurdischen Syrien der Falsche in der Zelle sitzt. Amad A. sei „nicht identisch“ mit dem von ihr Gesuchten, notierte die Staatsanwältin nach einem Telefonat mit dem Polizisten G. am 27. Juni 2018. Der WDR berichtete zuerst darüber. Die Worte „nicht identisch“ sind in der Verfügung, die der taz vorliegt, unterstrichen. Schließlich sei Amad A. ausweislich von Polizeifotos „jedenfalls arabischer Herkunft“. Der von ihr gesuchte Amed G. stamme dagegen „aus Schwarzafrika“. (…) Zwar erhärteten sich die Vorwürfe nicht, inhaftiert blieb Amad A. aber trotzdem. Erklärt wurde dies mit der fälschlichen Zusammenführung von zwei Datensätzen aus zwei Polizeidatenbanken: Nur deshalb soll der Bürgerkriegsflüchtling aus Aleppo für den Malier Amed G. gehalten worden sein, der von den Staatsanwaltschaften Hamburg und Braunschweig wegen Diebstahls und nicht bezahlter Geldstrafen gesucht wurde. Amad A. blieb also in der Justizvollzugsanstalt Kleve in Haft, bis im September 2018 in seiner Zelle ein Feuer ausbrach, das er selbst gelegt haben soll. Der unrechtmäßig Inhaftierte wurde dabei so schwer verletzt, dass er daran starb. Die Familie des Kurden zweifelt dagegen an der Suizid-These. „Mein Sohn saß in Syrien drei Jahre aus politischen Gründen im Gefängnis“, hatte der Vater Malak Zaher A. im März bei einer Pressekonferenz erklärt. „Er ist dabei gefoltert worden. Warum sollte er sich danach in Deutschland umbringen?“ Auch gegen eine erste Entscheidung der Staatsanwaltschaft Kleve, die Ermittlungen wegen Freiheitsberaubung gegen Polizeibeamte einzustellen, haben die Eltern von Amad A. Beschwerde eingelegt…“ – aus dem Beitrag „Eine brisante Notiz“ von Andreas Wypitta am 26. Mai 2020 in der taz online über die Fakten und Widerstände, die die „Einstellungssucht“ deutscher Behörden und Politiker scheitern lassen. Siehe dazu auch einen weiteren Beitrag – worin dann plötzlich von den CDU-Bestrebungen, auch den Untersuchungsausschuss des Landtages NRW einzustellen, nicht mehr so ganz direkt die Rede sein kann…- „Fall Amad Ahmad: Polizei wusste wochenlang von Verwechslung“ am 24. Mai 2020 bei der ANF meldete zusätzlich: „… Die neuen Erkenntnisse kämen für die Abgeordneten überraschend, heißt es weiter. Denn bereits Ende November wurde der Kripo-Beamte aus Kleve befragt. Das Telefonat mit der Staatsanwältin habe er allerdings mit keinem Wort erwähnt. Stefan Engstfeld von den Grünen sagte demnach, er sei sprachlos und verstehe nicht, warum daraus keine Handlung entstanden sei. Stattdessen saß Amad Ahmad weitere sechs Wochen in der JVA-Kleve, bevor er nach dem Zellenbrand starb. Die SPD hätte mittlerweile den Generalstaatsanwalt in Düsseldorf informiert. Sie erwarte, dass in der Sache auch strafrechtlich ermittelt werde. Die Staatsanwaltschaft Kleve hatte im Fall um den Tod von Amad Ahmad gegen mehrere Polizisten wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung ermittelt. Dabei wurde zwar eine Kette von Fehlern gefunden, die Behörden konnten oder wollten jedoch keine vorsätzliches Fehlverhalten feststellen. Im vergangenen November wurden diese Ermittlungen eingestellt“.
- Im November 2019 wurden die Ermittlungen im „Fall Amad A“ eingestellt – mit gutem Grund: Weil die Polizei wusste, das ihr Opfer unschuldig war
„… Der Fall beschäftigt einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss im NRW-Landtag schon länger. Der syrische Flüchtling Amad A. war im September 2018 im Gefängnis in Kleve verbrannt. Er saß zu Unrecht, weil die Polizei ihn mit einem Mann aus Mali verwechselt hatte, der per Haftbefehl in Norddeutschland gesucht wurde. Am 6. Juli 2018 wurde Amad A. nach einer angeblichen Belästigung an einem Baggersee festgenommen. Inhaftiert wurde er u.a. wegen Diebstahlsdelikten, die aber der Mann aus Mali begangen hatte. Jetzt wird bekannt, dass der Staatsanwaltschaft in Braunschweig bereits drei Wochen nach der Verhaftung die Verwechslung aufgefallen war. Das geht aus einem Dokument hervor, das dem Magazin Westpol vorliegt. Die Staatsanwältin hatte sogar extra mit einem Beamten der Polizei Kleve telefoniert. Und danach festgestellt, dass beide Personen anhand der Fotos „nicht identisch“ seien. Dies hatte die Staatsanwältin sogar extra unterstrichen. “Hier könnte etwas sein, dass wir bisher nicht wussten. Und deswegen werden wir die Zeugen befragen“, so Oliver Kehrl, der als Obmann für die CDU im parlamentarischen Untersuchungsausschuss sitzt. Eigentlich hatte die CDU den Ausschuss bereits einstellen wollen…“ – aus dem Bericht „Zellenbrand in Kleve – Polizei wusste offenbar von Verwechslung“ von Martina Koch und Boris Baumholt am 24. Mai 2020 beim WDR online –worin auch die ganzen Verfahrens- Untersuchungs- und sonstigen Einstellungsforderungen der Freundeskreise der Polizei Thema sind. Siehe dazu auch einen Twitter-Hashtag:- „#AmadA“ ist der Twitter-Hashtag, unter dem die Tweets zum Tod von AmadA dokumentiert werden, aktuell mit zahlreichen Bemerkungen zu den nun eingestandenen Erkenntnissen und Hinweisen auf Beiträge, die genau dies schon vor einiger Zeit berichtet hatten, aber „missachtet“ wurden…
- Kein Willen zur Aufklärung im Fall Amad Ahmad. Initiative kritisiert Entscheidung der Staatsanwaltschaft. Es gibt weiter viele offene Fragen nach dem Feuertod des Syrers in der JVA Kleve
„… Ahmad starb nach Wochen in der Untersuchungshaft wegen eines Brandes in seiner Zelle. Er soll die Zelle selbst in Brand gesetzt haben. Brandgutachten und Aussagen von Mithäftlingen werfen allerdings Fragen auf, warum das Justizpersonal nicht schnell genug reagierte. Ein Hilferuf Ahmads über die in der Zelle eingebaute Gegensprechanlage wurde ignoriert. In ihrer Mitteilung zur Einstellung der Verfahren befasst sich die Staatsanwaltschaft Kleve mit drei möglichen Tatkomplexen. Erstens: die Zusammenlegung der Datensätze von Amad Ahmad mit denen eines Mannes aus Mali durch eine Beschäftigte der Polizei in Siegen. Der Sachbearbeiterin sei dabei kein Vorsatz vorzuwerfen. Sie beteuerte, auf Anweisung gehandelt zu haben, ohne sich erinnern zu können, von wem die Anweisung kam. Zweitens: die Polizisten die Amad Ahmad festgenommen haben. Sie hätten bei der Festnahme erkennen können, dass die Personenbeschreibungen von Ahmad und dem Mann aus Mali nicht zusammenpassen. Der Malier hat im Gegensatz zu Amad Ahmad schwarze Haut. Aber auch ihnen ist nach Ansicht der Staatsanwaltschaft kein strafbares Handeln, etwa Freiheitsberaubung, vorzuwerfen, da sie mit den fehlerhaften Daten aus dem Polizeicomputer arbeiten mussten. Und drittens hat sich auch das Gefängnispersonal, etwa bei der Brandbekämpfung, nach Auffassung der Staatsanwaltschaft nicht strafbar verhalten. Die »Initiative Amad Ahmad« [Fratzebuch!], die Aufklärung in dem Fall fordert, zeigte sich bestürzt über die Einstellungen der Ermittlungen. Man sei »schockiert, wütend aber auch traurig« und könne nicht verstehen, dass »die Fehler der Behörden und Einzelpersonen, die zu dem Tod unseres Freundes Amad geführt haben, keine Konsequenzen haben sollen«. (…) Gemeinsam mit der »Initiative Schwarze Menschen in Deutschland« sammelt die Gruppe Geld, um der Familie von Amad Ahmad eine eigene juristische Aufklärung zu ermöglichen. Wenig Hoffnung hat die Initiative auch mit Blick auf die Arbeit des parlamentarischen Untersuchungsausschusses im nordrhein-westfälischen Landtag. Der Ausschuss könne nur ein Baustein bei der Aufklärung sein, und wegen der fehlenden strafrechtlichen Aufarbeitung werde er vermutlich keine Konsequenzen haben…“ Artikel von Sebastian Weiermann vom 06.11.2019 beim ND online
- Justiz stellt Ermittlungen zum Tod von Amad A. ein!
„Die Staatsanwaltschaft kann kein strafbares Verhalten von JVA-Bediensteten und Polizisten erkennen. Zu Unrecht Inhaftierter verstarb bei Brand. Keine weiteren Ermittlungen gegen Justiz oder Polizei: Die Staatsanwaltschaft Kleve hat ihre Akte im Fall Amad A. geschlossen. Der rechtswidrig festgenommene und inhaftierte Flüchtlinge aus Syrien war von knapp 14 Monaten bei einem Feuer in Klever Justizvollzugsanstalt (JVA) gestorben. „Umfangreiche Ermittlungen in alle Richtungen haben nicht zu einem strafbaren Verhalten geführt“, teilte die Staatsanwaltschaft an diesem Dienstag (5. November 2019) mit. (…) In der Mitteilung der Staatsanwaltschaft von diesem Dienstag ist „von einem tragischen Tod“ die Rede. Die Ermittler haben nicht erkennen können, dass die Justizbediensteten vor Ort sich am 17. September 2018 falsch verhalten hätten, jedenfalls nicht in strafrechtlich relevanter Weise. Vor allem habe man nicht erhärten können, dass der Häftling die diensthabenden Beamten auf seiner Abteilung tatsächlich per Gegensprechanlage auf das Feuer hingewiesen habe. Den Brand habe der 26-Jährige Syrer selbst gelegt, in dem Textilien auf der unteren Liege des Etagenbettes seiner Zelle zusammengelegt und angezündet habe. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft war nicht absehbar, dass der junge Mann seinen Haftraum in Brand setzt. „Es ist ist davon auszugehen, dass sein handeln für Dritte nicht vorhersehbar war und auch nicht verhindert werden konnte“, heißt es in der Mitteilung. Ein Sachverständiger habe festgestellt, dass bei A. zum relevanten Zeitpunkt keine psychische Erkrankung vorgelegen habe, „die sich auf Freiverantwortlichkeit seines Handels ausgewirkt haben könnte“…“ Artikel vom 5.11.2019 bei der NRZ online
- Amad A. – Ein Opfer der Verwechslung: Weil Vorgesetzte Befehle befolgt sehen wollten…
„… Die Verwechslung des unschuldig inhaftierten Syrers mit einem anderen Mann ist durch einen Fehler in der Datenbearbeitung der Polizei in Siegen begünstigt worden. Sie habe Personendateien auf Anweisung zusammengeführt und nicht mitbekommen, dass dies irgendwann verboten worden sei, sagte eine Sachbearbeiterin der Siegener Polizei am Dienstag (01.10.2019) in Düsseldorf als Zeugin im Untersuchungsausschuss. Dies habe sie nicht gewusst: „Das durfte man irgendwann nicht mehr machen, das wusste ich aber nicht.“ Von einer entsprechenden Verfügung habe sie erst bei ihrer Vernehmung nach dem Tod des Syrers erfahren. Sie habe aber immer nur auf Anweisung Dateien zusammengeführt. Wer die Anweisung erteilt habe, wisse sie nicht. Sie sei nur eineinhalb Tage lang für ihren Job als Eingeberin in die neue Datenbank Viva geschult worden und habe dies als sehr unzureichend empfunden. Wenn sie Anweisungen hinterfragt habe, sei ihr von ihrem Vorgesetzten mitgeteilt worden: „Du bist eine reine Eingabekraft. Das hast du nicht zu hinterfragen.“…“ – aus der aktualisierten Meldung „Fall Amad A.: Die Tragödie begann in Siegen“ am 01. Oktober 2019 beim WDR
- [Monitor-Recherche zum Tod von Amad A.] Welche Rolle spielte die Polizei Kleve? Theorie der „tragischen Verwechslung“ […] kaum noch haltbar
„… Wer ist dafür verantwortlich, dass der nach einem Zellenbrand gestorbene Syrer Amad A. wochenlang zu Unrecht in der JVA Kleve inhaftiert war? Diese Frage beschäftigt derzeit einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss in Düsseldorf. (…) Dabei geht es vor allem darum, wer für eine Datenveränderung im polizeilichen Fahndungssystem verantwortlich ist, die dazu führte, dass der Syrer für einen per Haftbefehl gesuchten Malier gehalten werden konnte. Neue Recherchen des ARD-Magazins Monitor führen nach Nordrhein-Westfalen. Zwar wurde die Datenänderung vom LKA Hamburg durchgeführt. Maßgeblich dafür war aber offenbar eine „Papierlage der Polizei Kleve“, die diese nach Hamburg übersandt hatte. Darin waren Personendaten des Syrers mit denen des Maliers offensichtlich vermischt worden, obwohl sich diese eindeutig widersprachen. So war der Syrer als „hellhäutig“ und im selben Dokument gleichzeitig auch als „schwarzhäutig“ beschrieben worden. (…) Damit wird die bisherige Version der Landesregierung in Frage gestellt, es hätte sich um eine „tragische Verwechslung“ gehandelt. Auch die Behauptung von NRW-Innenminister Herbert Reul, das LKA Hamburg allein trage die Verantwortung für die Datenveränderung, lässt sich so kaum noch halten. (…) Georg Restle: „Und damit bleiben wohl nur noch zwei Varianten übrig: Entweder wir haben es in Kleve mit Polizeibeamten zu tun, die die simpelsten Regeln der Polizeiarbeit nicht kennen – oder aber: Man wollte den unschuldigen, jungen Syrer gegen alle Regeln unbedingt ins Gefängnis bringen. Die Frage ist nur, welche der beiden Varianten ist eigentlich die beunruhigendere?“ Bericht von Andreas Maus und Julia Regis bei Monitor vom 2. Mai 2019 (Videolänge: 5:28 Min., in der ARD-Mediathek abrufbar bis zum 2. Mai 2020)
- Verbrennungstod in der JVA Kleve: Massive Zweifel an der offiziellen Darstellung zur Verhaftung des Syrers Amad A.
„Bisher klang es nach einer tragischen Verwechslung: Die Inhaftierung des jungen Syrers Amad A., der in der JVA Kleve im Herbst 2018 unter ungeklärten Umständen verbrannte. Doch an dieser offiziellen Version gibt es jetzt erhebliche Zweifel, wie gemeinsame Recherchen der WDR-Magazine MONITOR und „Westpol“ zeigen. Demnach ist auch eine gezielte Manipulation von Datensätzen nicht mehr auszuschließen, die schließlich zur monatelangen Inhaftierung von Amad A. führte. Auch für die Opposition im Landtag von Nordrhein-Westfalen stellt sich mittlerweile die Frage, ob hier „in irgendeiner Weise Absicht“ im Spiel gewesen sei...“ Pressemeldung vom 04.04.2019 beim WDR-Magazine MONITOR- Verbrennungstod in der JVA Kleve: Massive Zweifel an der offiziellen Darstellung zur Verhaftung des Syrers Amad A.
„Wie Manipulationen in INPOL den Syrer A.A. hinter Gitter brachten … MONITOR berichtete am 04.04.2019 über einen Vorgang in der Polizei Nordrhein-Westfalen und Hamburg, den man bisher so nicht für möglich gehalten hätte: Demnach wurden Informationen im polizeilichen Informationssystem INPOL – mutmaßlich von Polizeibeamten – manipuliert. Zum Nachteil des anerkannten syrischen Flüchtlings A.A. Der „erbte“ aufgrund dieser Manipulation die Haftbefehle eines ganz anderen Mannes – aus Mali. Mit der Auswirkung, dass der Syrer, gegen den nichts vorlag, was ihm längere Haft eingebracht hätte, nun für viele Wochen hinter Gittern verschwand. Mehr als zwei Monate nach seiner Verhaftung kam es unter noch ungeklärten Umständen zu einem Brand in seiner Haftzelle (MONITOR hatte darüber am 6.12.2018 berichtet ), bei der der Syrer schwerste Verletzungen erlitt. Neun Tage später regte die zuständige Polizeibehörde in Kleve bei der Staatsanwaltschaft an, den (durch Manipulation geerbten) Haftbefehl gegen den Syrer aufzuheben und den gegen den Malier wieder in Kraft zu setzen. Doch das kam zu spät. Einen Tag danach starb der junge Syrer an den beim Brand erlittenen Verletzungen. Dieser Sachverhalt erscheint erst einmal unglaublich. Und doch hat sich die Datenmanipulation, die letztlich letale Auswirkungen für den Syrer hatte, offensichtlich so abgespielt…“ Umfangreicher Beitrag vom 4.4.2019 bei Police-IT – Über Polizei, ihre Informationen und Informationssysteme
- Verbrennungstod in der JVA Kleve: Massive Zweifel an der offiziellen Darstellung zur Verhaftung des Syrers Amad A.
- Tödlicher Brand in JVA Kleve: Neue Zweifel
„Der Syrer Amad A. war zu Unrecht in der JVA Kleve inhaftiert und starb im Herbst 2018 nach einem Brand in seiner Zelle. Dem WDR-Magazin Westpol liegt das offizielle Brandgutachten exklusiv vor. Westpol hat es von drei unabhängigen Brandexperten einschätzen lassen – die auf viele offene Fragen und Widersprüche gestoßen sind. So heißt es im Gutachten zunächst, das Fenster sei länger geöffnet gewesen – später heißt es dagegen, das Fenster sei erst spät geöffnet worden. Nur einer von mehreren Mängeln, die Brandexperte Korbinian Pasedag feststellt (…) Die unabhängigen Brandexperten kritisieren auch mangelnde Untersuchungen des Gutachters, der von der Staatsanwaltschaft Kleve beauftragt wurde. So hatte dieser bei der Untersuchung der Zelle zwar Instrumente zur Bestimmung von Brandbeschleuniger dabei – verzichtete aber darauf, diese vor Ort auch zu nutzen. (…) Unüblich für ein Brandgutachten: Es analysiert auch die psychische Situation des inhaftierten Amad A. Dieser habe vermutlich Suizid begehen wollen und daher den Brand gelegt. Mit dieser Äußerung zum Motiv habe der Gutachter seine Kompetenz überschritten, meint Experte Henry Portz: „Das ist nicht Sache des Brandsachverständigen, das zu beurteilen.“ (…) Mehr zur fragwürdigen Aufklärungsarbeit des Zellenbrandes, der zum Tod von Amad A. geführt hat, berichtet das Magazin Westpol am Sonntag (10.02.2019).“ Text und Video des Beitrags vom 10.02.2019 beim WDR
- „Wir haben den Amed Amed“ – Der Syrer Amad Ahmad starb nach einem Brand in der JVA Kleve, wo er fälschlicherweise saß. Interne Papiere zeigen nun, wie es dazu kam
„Mindestens drei Anfänge hat diese Geschichte, drei Fäden, die zu einem einzigen zusammenlaufen und am Ende in eine Katastrophe münden: Im September 2018 bricht in einer Gefängniszelle am Niederrhein ein Feuer aus. Der Insasse stirbt wenig später an den Folgen seiner Verletzungen. Das Opfer ist ein 26-jähriger Mann aus Syrien. Dass die Behörden versagt haben, ist unstrittig. Sie haben einem Unschuldigen ohne Grundlage die Freiheit entzogen, zweieinhalb Monate lang.Wie sich die Schuld genau verteilt, soll jetzt ein Untersuchungsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtages klären. Nach Recherchen der taz und des NDR-Politikmagazins „Panorama 3“ muss ein erheblicher Anteil an dem katastrophalen Ende einer Behörde zugeschrieben werden, deren Rolle bisher kaum beachtet wurde: die Hamburger Staatsanwaltschaft. (…) Die Staatsanwaltschaft Kleve ermittelt offiziell gegen sechs örtliche Polizeibeamte wegen Freiheitsberaubung. Im Gespräch mit „Panorama 3“ und der taz macht Oberstaatsanwalt Günter Neifer klar, dass auch die Hamburger Kollegen im Fokus der Untersuchungen stünden. (…) Der Fehler bei der Identitätsfeststellung liege „ausschließlich im Verantwortungsbereich der Polizei“, teilt die Behörde nun mit. „Hinweise auf dienstliches oder strafrechtliches Fehlverhalten der eigenen Mitarbeiter“ sehe die Staatsanwaltschaft nicht. Auch die „sonstigen Geschäftsabläufe“ hätten „keinen bestimmenden Einfluss“ auf den Fall gehabt. Aufsicht über die Staatsanwaltschaft führt die Hamburger Justizbehörde. Die teilt auf Anfrage mit, nach Auskunft der Staatsanwaltschaft liege kein dienstliches Fehlverhalten vor. Deshalb gebe es keinen Grund für „ein Einschreiten“.“ Beitrag von Stefan Buchen vom 29. Januar 2019 bei der taz online , siehe dazu den Bericht von Stefan Buchen und Philipp Hennig „Kleve: Fehlerkette bei Tod eines Häftlings“ bei NDR Panorama 3 vom 29. Januar 2019 (Videolänge: 8:35 Min., abrufbar bis zum 29. Januar 2020)
- Tödlicher Brand in JVA Kleve: Was geschah in Zelle 143? Brandgutachter widersprechen der Staatsanwaltschaft
„Amad A. starb infolge eines Feuers in seiner Zelle der JVA Kleve. Der Syrer soll das Feuer selbst gelegt haben. Doch Experten bezweifeln laut Monitor, dass der Brand so ablief, wie von den Behörden dargestellt. (…) Die Brandforscher haben in einem Gutachten für Monitor den Brandverlauf anhand des Berichts des NRW-Justizministeriums analysiert. Ihr Fazit: „Der Brand ist so, wie er von der Staatsanwaltschaft beschrieben wird, nicht möglich“, sagt Brandexperte Korbinian Pasedag. „Aufgrund der fehlenden Ventilationsbedingungen in dem Haftraum in den 15 Brandminuten bis zu der Öffnung des Haftfensters ist ein Brandverlauf wie beschrieben nicht möglich“, so die Brandgutachter. (…) Dass Amad A. geschrien oder um Hilfe gerufen hat, dafür sprechen die Aussagen mehrerer Häftlinge. Ein Informant aus der JVA Kleve berichtet Monitor von Häftlingen, die sagten, dass sie Schreie von Amad A. gehört hätten. Ein anderer ehemaliger Häftling, der anonym bleiben möchte, erzählt im Interview ebenfalls vom Abend des Brandes: „Einige Leute haben ja auch gesehen, dass es da gebrannt hat. Amad wurde ja auch hilfeschreiend am Fenster gesehen. In der Freistunde wurde mir erzählt, dass Amad am Fenster war, um Hilfe gerufen hat, wohl auch gegen die Tür getreten hat.“ (…) Laut den Berichten des NRW-Justizministeriums hat Amad A. um 19.19 Uhr doch auf den Knopf gedrückt. Ein JVA-Bediensteter habe den Ruf angenommen. Für neun Sekunden war ein Gesprächskanal offen. Ob, und wenn ja was in dieser Zeit besprochen wurde, ist unbekannt…“ Beitrag von Julia Regis, WDR, vom 06.12.2018 bei tagesschau.de
- Tod unter Aufsicht – Aufklärung bleibt aus: Aktueller Bericht der NRW-Justiz wirft neue Fragen zum Brand in der Zelle des Syrers Amed A. in der Justizvollzugsanstalt Kleve auf
„Nach dem tödlichen Brand in der Justizvollzugsanstalt Kleve versucht sich die schwarz-gelbe Landesregierung in Nordrhein-Westfalen zu entlasten. Das Ressort des wegen Falschaussagen in der Kritik stehenden Justizministers Klaus Biesenbach (CDU) legte am Mittwoch dem Rechtsausschuss des NRW-Landtages einen 63seitigen Bericht vor, der die bisherigen Ermittlungsergebnisse zum Ableben des inhaftierten syrischen Kurden Amed A. zusammenfasst. (…) Die danach häppchenweise an die Öffentlichkeit gelangten Informationen über den Tod des 26jährigen dokumentieren einen grotesken Justizskandal, die Opposition forderte Klaus Biesenbachs Rücktritt. Der erhoffte sich durch den Bericht des Justizministeriums, der junge Welt vorliegt, eine Verschnaufpause. Doch das Schriftstück wirft mehr Fragen auf, als es beantwortet. (…) Ob es tatsächlich bloß wiederholte »Versehen« waren, die dazu führten, dass der Syrer solange unschuldig in Haft blieb, ist nach dem Bericht genauso offen wie der genaue Hergang des tödlichen Brandes…“ Beitrag von Peter Schaber bei der jungen Welt vom 8. November 2018
- Tod in der Zelle – Spendenkampagne im Fall Amad Ahmad gestartet
„… Für die lückenlose Aufklärung des Todes von Amad Ahmad wurde nun eine Spendenkampagne initiiert, um einen Rechtskostenfonds einzurichten. Die Organisator*innen der Kampagne – der ISD-Bund e.V., das Antirassistische Bündnis „Tribunal NSU-Komplex auflösen” sowie das Haus der Begegnung – Beth HaMifgash e.V. in Kleve – wollen eine Klage der Eltern des Verstorbenen und die kritische Begleitung der Ermittlungen unterstützen, und rufen daher zu Spenden auf. In dem Aufruf heißt es: „Der Fall von Oury Jalloh hat gezeigt: Gerade wenn Polizeikräfte in einen Tod verwickelt sind und angesichts von Ermittlungsfehlern der Staatsanwaltschaft müssen die Angehörigen, die Zivilgesellschaft und die breite Öffentlichkeit Ermittlungen und Gerichtsverfahren kritisch begleiten. Amad Ahmads Familie muss Einsicht in alle Akten erlangen. Das geht nur wenn sie selbst klagen.” Der Rechtskostenfonds von 10.000 Euro soll Anwaltskosten der Familie abdecken und eigene Gutachten von unabhängigen Sachverständigen finanzieren können. Auch alle Fahrtkosten der Familie zu Behörden sollen durch den Fonds gedeckt werden, heißt es weiter.“ Meldung vom 22. Oktober 2018 von und bei Rote Hilfe Bielefeld und die Spendenkampagne bei GoFundMe
- Justizversagen: Warum verbrannte Amad A. in der JVA Kleve?
„Ein junger Mann macht sich auf einen gefährlichen Weg. Aus dem syrischen Bürgerkrieg flieht er nach Deutschland, wird von dort nach Ungarn zurückgeschickt, wird dort inhaftiert und schafft es dann doch wieder nach Deutschland, wo er schließlich als Flüchtling anerkannt wird. Alles scheint gut, er lernt hier Deutsch und lässt sich nichts zu Schulden kommen. Am 17. September ist er dann plötzlich tot, verbrannt in einem deutschen Provinzgefängnis im niederrheinischen Kleve. Was zunächst nach einem tragischen Fall klang, wächst sich jetzt zu einem regelrechten Justizskandal aus. Ein Skandal, der beängstigende Fragen aufwirft…“ Bericht von Gitti Müller, Shafagh Laghai und Martina Koch bei Monitor vom 25. Oktober 2018 (Videolänge: 8:42 Min., in der ARD-Mediathek abrufbar bis zum 25. Oktober 2019)
- Amad Ahmad: Neue Hinweise widersprechen Selbstmord-Theorie
„… Im Fall des aus Efrîn stammenden Kurden Amad Ahmad, der aufgrund von schwerwiegenden Behördenfehlern zwei Monate unschuldig im Gefängnis saß und am 29. September nach einem Brand in seiner Zelle in der Justizvollzugsanstalt Kleve verstarb, gibt es neue Hinweise darauf, die der Selbstmord-Theorie der Behörden widersprechen. Offenbar hat der 26-Jährige doch entgegen bisheriger Aussagen die Gegensprechanlage betätigt, um einen Alarm auslösen. Das berichteten auch der Kölner Stadtanzeiger und die Bild-Zeitung, der ein nichtöffentlicher Bericht des Justizministeriums an die Landtagsfraktionen vorliegt. Demnach hätten die Beamten der JVA Kleve nicht auf den Alarmruf reagiert. In dem Bericht heiße es, dass „entgegen der bisherigen Erkenntnislage“ doch noch Protokollierungsdaten aus der Haftanstalt gefunden worden seien. (…)Bisher verbreitete die Landesregierung NRW die Theorie, Amad Ahmad habe Selbstmord begangen. Doch daran gibt es nun begründete Zweifel. In dem Bericht des Justizministeriums heiße es außerdem: „Die Daten deuten nach Einschätzung der Polizei darauf hin, dass entgegen bisheriger Annahme am Brandtag gegen 19:19:10 Uhr die Gegensprechanlage in dem Haftraum 143 betätigt wurde”. Die Staatsanwaltschaft gehe nun unter anderem auch der Frage nach, ob und wann das mit der Sprechanlage ausgelöste Lichtsignal deaktiviert wurde. Nach Bild-Informationen sei die Gesundheitsakte von Amad Ahmad inzwischen beschlagnahmt worden, außerdem werde gegen einen Arzt der JVA wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen ermittelt. Laut Justizministerium bestehe der Verdacht, dass in der Gesundheitsakte Dinge standen, die „pflichtwidrig nicht zur Kenntnis gebracht“ worden seien. Erst dadurch wäre der Gefangene von der JVA eben nicht als suizidgefährdet eingeordnet worden…“ Beitrag vom 19. Oktober 2018 von und bei ANFNews
- Amad Ahmad: Die Wahrheit herausfinden
„… Sein Sarg ist bedeckt mit Flaggen der Region Kurdistan, auch ein Bild von Amad Ahmad hängt daran. Die Beerdigung des jungen Mannes hat die kurdische Community in Bonn organisiert. Rund 50 Menschen stehen am Samstag auf dem Bonner Nordfriedhof, um sich von Amad Ahmad zu verabschieden, darunter auch sein Vater, Malak Zaher Ahmad. Er steht mit weiteren Angehörigen vor Beginn der Zeremonie frontal Vertretern der Landesregierung gegenüber. Innenminister Herbert Reul, Justizminister Peter Biesenbach und Vertreter des Landtags sind gekommen »Wer ist der Mörder meines Sohnes?«, steht auf dem Oberteil des Vaters. Auch Rassismus sei ein Grund dafür, dass Amad Ahmad nicht mehr unter ihnen weilt. Der Rechtsanwalt der Familie, Necdal Disli, sagt »nd«: »Es sind individuelle Fehler gemacht worden. Aber es gab in den letzten Monaten von manchen Parteien und Politikern auch eine Kampagne gegen Flüchtlinge«, kritisiert er. Dass Amad Ahmad niemand geglaubt hat, führt er darauf zurück, dass sich dieser Rassismus in den Institutionen niederschlägt. (…) Dass die Landesregierung an der Beerdigung teilnahm und Aufklärung versprach, sorgt für Hoffnung bei Vater und Angehörigen: »Das sie da waren, ist okay, aber es hält uns nicht davon ab, die Wahrheit herauszufinden«, so Ahmad…“ Beitrag von Dennis Pesch bei neues Deutschland online vom 14. Oktober 2018
- Wir erinnern an unser Dossier Der Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh