Nach 35 Jahren in Sachsen: Familie Pham/Nguyen muss bleiben!

Dossier

Nach 35 Jahren in Sachsen: Familie Pham/Nguyen muss bleiben!Familienvater Pham Phi Son kam 1987 als DDR-Vertragsarbeiter nach Deutschland und lebt inzwischen über 35 Jahre in Sachsen. Drei Jahrzehnte arbeitet er, zahlt Steuern und wohnt seit einigen Jahren mit seiner Partnerin in Chemnitz. 2017 kommt die gemeinsame Tochter Emilia zur Welt und Pham Phi Son besitzt eine unbefristete Niederlassungserlaubnis. Weil er sich zuvor im Jahr 2016 mehr als sechs Monate in Vietnam aufhält, wird ihm diese und seiner Frau entzogen. Die Familie darf nicht mehr berufstätig sein und ist fortan auf finanzielle Unterstützung von Bekannten angewiesen, obwohl Jobangebote für beide Elternteile bestehen. Dabei war der Grund für den verlängerten Aufenthalt im Herkunftsland lediglich die notwendige medizinische Behandlung einer alten Kriegsverletzung. In Deutschland ausgestellte ärztliche Atteste bestätigen diese Schilderungen. Dennoch lehnte sowohl das Verwaltungsgericht Chemnitz als auch die Härtefallkommission ab, der Familie das Bleiberecht zuzusichern. Nun droht die Ausländerbehörde Chemnitz mit einer Abschiebung und im Rahmen dieser Pläne, kann auch eine Familientrennung nicht ausgeschlossen werden…“ Petion vom Sächsischen Flüchtlingsrat externer Link, siehe weitere Informationen:

  • Unsichere Perspektive: Familie Pham/Nguyen verlässt Sachsen – Behörde Chemnitz genehmigt Umzug nach Berlin – eine Entscheidung aus Verzweiflung New
    Die Ausländerbehörde Chemnitz genehmigt Familie Pham/Nguyen den Umzug nach Berlin. Diese Zusicherung erfolgte heute durch die Pressestelle der Stadt, nachdem die Familie gemeinsam mit Rechtsanwältin Fleischer eine Streichung der Wohnsitzauflage beantragte. Trotz unbefristeter Beschäftigung und dem Einreichen von Sprachzertifikaten schien der Verbleib von Familie Pham/Nguyen im Freistaat bis zuletzt ungesichert.
    Mehrfache Ablehnung in der Härtefallkommission und eine versuchte Abschiebung waren nur zwei Gründe dafür, dass Familie Pham/Nguyen beruflich wie örtlich nach Alternativen suchte. Herr Pham, der 1987 als DDR-Vertragsarbeiter nach Sachsen kam, wurde ein zu langer Aufenthalt in Vietnam zum ausländerrechtlichen Verhängnis. Mehrfache Appelle der Zívilgesellschaft wie bspw. eine Petition mit über 100.000 Unterzeichnenden blieben ohne Wirkung.
    Anträge der Rechtsanwältin Jenny Fleischer, die besondere humanitäre Gründe in der Situation der Familie vorliegen sah, wurden von der Ausländerbehörde Chemnitz abgelehnt und statt eines Bleiberechts wurde dort die Abschiebung vorbereitet. Für diesen Zweck erhielten Tochter Emilia und Frau Nguyen im Mai bereits keine Duldung mehr, sondern nur noch das sogenannte „Fantasiepapier“. Der Ausgang eines erneuten Antrags bei der Sächsischen Härtefallkommission, dessen Behandlung noch gar nicht feststand, bot auch nur eine unsichere Perspektive.“ Pressemitteilung vom 27. Juni 2023 des sächsischen Fluechtlingsrats externer Link („Unsichere Perspektive: Familie Pham/Nguyen verlässt Sachsen“)
  • Familie von Abschiebung bedroht: Keine Duldung für Mutter und Tochter
    Der Familie des ehemaligen DDR-Vertragsarbeiters Pham Phi Son aus Chemnitz droht weiter die Abschiebung. Nur der Vater erhielt die Zulassung. Die Familie des ehemaligen DDR-Vertragsarbeiters Pham Phi Son aus Chemnitz ist so stark von Abschiebung bedroht wie noch nie. Als die dreiköpfige Familie letzten Freitag die Ausländerbehörde Chemnitz aufsuchte, um ihre Duldung zu verlängern, bekam lediglich der 65-jährige Familienvater das gewünschte Papier. (…)Dave Schmidtke vom Sächsischen Flüchtlingsrat bestätigte der taz die Informationen. Ihm liegen alle Dokumente vor. „Die Ausländerbehörde würdigte mit der Duldung die lange Aufenthaltszeit des Familienvaters. Sie spricht der Familie aber die Familieneigenschaft ab. Dem liegt ein überholtes Familienbild zugrunde“, sagt Schmidtke. Son und seine Frau Hoa Nguyen haben in Vietnam lediglich nach traditionellem Ritual die Ehe geschlossen, nicht standesamtlich. Beide haben aber die Elternschaft für die gemeinsame Tochter anerkannt und sie leben zusammen. Hoa Nguyen selbst sagt: „Wir gehören doch als Familie zusammen.“ Auch die Landtagsabgeordnete Jule Nagel (Linke) lehnt Abschiebung und Familientrennung ab, sagt sie der taz. Flüchtlingsratssprecher Schmidtke spricht von der Absicht einer „grundgesetzwidrigen Familientrennung.“…“ Artikel von Marina Mai vom 16.5.2023 in der taz online externer Link
  • Familie Pham/Nguyen wird vorerst doch nicht abgeschoben – aber Willkommenskultur geht anders
    • Vietnamesische Familie darf vorerst in Chemnitz bleiben
      „… Eine von Abschiebung bedrohte vietnamesische Familie darf nun doch vorerst in Chemnitz bleiben. Die Familie Pham/Nguyen werde vorerst nicht abgeschoben, teilte die Stadtverwaltung am Freitag mit. (…) Die Chemnitzer Stadtverwaltung erklärte, nach der Entscheidung der Härtefallkommission liege der Fall jetzt wieder bei der Ausländerbehörde der Stadt. Diese werde Kontakt zur Familie und deren Anwältin aufnehmen und das weitere Vorgehen abstimmen. Dabei solle es etwa darum gehen, wie und in welchem Zeitraum die noch fehlenden Nachweise der nachhaltig wirtschaftlichen und sprachlichen Integration von Herrn Pham und Frau Nguyen erbracht werden können. Hierbei werde die Familie von der Ausländerbehörde unterstützt…“ Meldung vom 20. Februar 2023 im MiGAZIN externer Link
    • Willkommenskultur geht anders
      „Pham Phi Son, ein von Abschiebung bedrohter ehemaliger DDR-Vertragsarbeiter, zeigte sich am Freitagabend sichtlich bewegt: Rund 250 Menschen haben vor der Chemnitzer Ausländerbehörde ein Bleiberecht für ihn und seine Familie gefordert. »Es gab Rednerinnen und Redner aus der zweiten Generation der Deutschvietnamesen, die aus ihrer eigenen Kindheit den schweren Kampf um ein Aufenthaltsrecht in den 1990er Jahren kennen«, sagt Dave Schmidtke vom Sächsischen Flüchtlingsrat, der die Kundgebung angemeldet hat, zu »nd«. Die Menschen, die sich mit der Chemnitzer Familie solidarisieren, seien zum Teil aus anderen sächsischen Städten oder aus Berlin angereist. Pham Phi Son lebt seit 36 Jahren in Sachsen. Sein Aufenthaltsrecht verlor der strafrechtlich unbescholtene Mann 2017, weil da den Behörden in Chemnitz aufgefallen war, dass er 2016 länger als die erlaubten sechs Monate Urlaub in Vietnam gemacht hat. Die Frist überschritt er, weil unter dem subtropischen Klima eine alte Kriegsverletzung am Bein wieder aufbrach und medizinisch behandelt werden musste. Gerichte haben den Antrag von Pham, seiner neu nach Deutschland eingereisten Frau und der in Deutschland geborenen Tochter auf ein humanitäres Bleiberecht ebenso abgelehnt wie die Sächsische Härtefallkommission, zuletzt in der vergangenen Woche. Um der Abschiebung zu entgehen, war die Familie ab 2019 zwei Jahre lang untergetaucht. Inzwischen arbeiten die Eltern als Küchenkraft und Auslieferungsfahrer in einem Restaurant bei Chemnitz. Der Arbeitgeber sagte gegenüber einer Regionalzeitung, dass er seine Mitarbeiter dringend brauche. Die Tochter soll im Sommer eingeschult werden. Sie war nie in Vietnam. Die gute Nachricht kam wenige Stunden vor der Kundgebung: Die Stadt Chemnitz hatte zugesichert, den Fall nochmals zu prüfen und »vorerst« auf eine Abschiebung zu verzichten. (…) Sachsens Ministerpräsident hat erst im Januar eine Initiative für mehr Zuwanderung gestartet. »Wir wollen Zielregionen auswählen – etwa in Indien oder Vietnam«, sagte Kretschmer. Dort wolle man mit einer Willkommenskultur in Ostdeutschland werben. »Der vietnamesische Gemüsehändler ist hier anerkannt und willkommen.« Aber der Fall Pham Phi Son hat sich auch unter gerade angeworbenen vietnamesischen Pflegekräften und ihren Angehörigen in Vietnam herumgesprochen – und der entspricht kaum dem Bild, das Kretschmer vorgibt.“ Artikel von Marina Mai vom 19. Februar 2023 in Neues Deutschland online externer Link
  • Nach Ablehnung der Härtefallkommission: Kampf ums Bleiberecht für Familie Pham/Ngyuen 
    Vergangenen Freitag lehnte die sächsische Härtefallkommission wiederholt ab, Familie Pham/Nguyen einen Aufenthalt zu ermöglichen. Entgegen der Stimmen von 84.000 Menschen, die sich zuvor in einer Online-Petition gegen die Abschiebung der Familie einsetzten. (…) „Eine Abschiebung würde nicht nur die Eltern aus ihrem Leben reißen, sondern auch die in Deutschland geborene Tochter traumatisieren. Die Sechsjährige war noch nie in Vietnam, sie spricht die deutsche Sprache und sollte im Sommer eingeschult werden“, erklärt Dave Schmidtke, Pressesprecher des Sächsischen Flüchtlingsrates. Im starken Kontrast dazu: Noch vor einem Monat forderte der sächsische Ministerpräsident, dass mehr Fachkräfte aus Vietnam oder Indien angeworben werden sollen. Insbesondere der Kontakt zu ehemaligen DDR-Vertragsarbeiter*innen müsse gesucht werden. Diese Aussage steht im krassen Widerspruch zur derzeitigen Situation von Familie Pham/Nguyen: Sie leben bereits in Chemnitz, beide Elternteile befinden sich in unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen und sollen dennoch abgeschoben werden. (…) Nichtsdestotrotz kämpfen die Familie, die Anwältin und Unterstützer*innen für den Verbleib in Sachsen und werden dafür erneut alle rechtlichen Rahmenbedingungen prüfen. In den vergangenen Monaten bekam Familie Pham/Nguyen alle Härte der sächsischen Ordnungspolitik zu spüren. Dieses Signal menschlicher Kälte hätte letzte Woche durch die Sächsische Härtefallkommission aufgefangen werden können. Der Sächsische Flüchtlingsrat und der Dachverband sächsischer Migrant*innenorganisationen fordern weiterhin: Familie Pham/Nguyen muss bleiben! Wir rufen mit Nachdruck alle verantwortlichen Entscheidungsträger*innen in Sachsen dazu auf, sich für den Verbleib der Familie einzusetzen!“ Pressemitteilung vom 13. Februar 2023 bei Sächsischer Flüchtlingsrat e.V. externer Link, siehe auch:

    • Sachsen wirft langjährig hier lebende, arbeitende Menschen raus – Ausländerbehörde Chemnitz am Zug!
      Zum zweiten Mal nach 2019 fand sich in der Sächsischen Härtefallkommission keine Mehrheit dafür, ein Bleiberecht der Chemnitzer Familie Nguyen/Pham externer Link zu befürworten. (…) Es ist nur noch bizarr: Deutschland wie Sachsen stecken Millionen in Hochglanz-Kampagnen und werben mit vorgeblicher Weltoffenheit, einem offenen Arbeitsmarkt und freundlicher Nachbarschaft, weil unserem Land Arbeitskräfte fehlen. Trotzdem bekommt eine Familie, die seit mehr als 35 Jahren hier lebt und arbeitet, keinen Beistand von der Härtefallkommission – zum zweiten Mal und vor den Augen der bundesdeutschen Öffentlichkeit. Immerhin: Eine Petition für ihr Bleiberecht erreichte knapp 85.000 Unterschriften, davon allerdings mehr als 60.000 außerhalb Sachsens. In der Härtefallkommission sind die sächsische Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft hochrangig vertreten. (…) Ich erwarte, dass die Ausländerbehörde Chemnitz jetzt endlich das beendet, wozu eine Kommission, die den Härtefall im Namen trägt, nicht in der Lage war! Aufenthaltsrechtlich denke ich hier unter anderem an dem § 25 Abs. 5 AufenthG und zähle auf die Expertise der Anwältin der Familie wie der des Sächsischen Flüchtlingsrats.“ Kommentar/PM vom 13. Februar 2023 von und bei Juliane Nagel externer Link
  • Von Abschiebung bedrohter Vietnamese: Antrag druch Härtefallkommission abgelehnt, Pham Phi Son, seine Frau und seine Tochter müssen aus Deutschland ausreisen
    „Die Sächsische Härtefallkommission hat den Antrag des Chemnitzer Vietnamesen Pham Phi Son und seiner Familie auf ein humanitäres Bleiberecht am Freitag abgelehnt. Sie entschied nach intensiver Beratung mehrheitlich, „dass kein Härtefall vorliegt“, hieß es aus Dresden. Eine Begründung erfolgte nicht, die Kommission tagt vertraulich. Damit sind Son, seine Frau und die sechsjährige Tochter Emilia ausreisepflichtig. Pham Phi Son kam 1987 als Vertragsarbeiter in die DDR und lebte als unbescholtener Bürger in Chemnitz. Er arbeitete sein halbes Leben in der Gastronomie und hatte eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. 2016 machte er einen Fehler: Er verlängerte seinen Vietnam-Urlaub aus gesundheitlichen Gründen auf neun Monate. Erlaubt sind allerdings maximal sechs Monate, sonst erlischt das Aufenthaltsrecht. Der Fehler fiel den Chemnitzer Behörden ein Jahr später auf, als Son Vater geworden war. Sie löschten den Aufenthaltstitel der Familie und kündigten von Amts wegen Sons Arbeitsplatz und seine Wohnung. Gerichte und die Sächsische Härtefallkommission lehnten 2019 den Antrag auf ein Aufenthaltsrecht ab, die Chemnitzer Ausländerbehörde lehnte ihn erneut 2022 ab, nachdem sich mehr als 80.000 Menschen bundesweit in einer Onlinepetition für ein Bleiberecht für die Familie eingesetzt hatten. Allerdings hatte Chemnitz den Eltern letzten Herbst endlich eine Arbeitserlaubnis ausgestellt. Beide Ehepartner arbeiteten seitdem als dringend benötigte Arbeitskräfte in einem Gastronomiebetrieb. Mit der Entscheidung der Härtefallkommission vom Freitag sind sie die Arbeitserlaubnis allerdings wieder los, das Restaurant verliert zwei Arbeitskräfte. (…) Theoretisch hätte die Familie noch die Chance, den Petitionsausschuss im Sächsischen Landtag anzurufen. Allerdings hat die CDU bereits erklärt, so einen Antrag nicht zu unterstützen. Sie hat dort mit der AfD gemeinsam eine rechnerische Mehrheit. Somit bleibt der Familie als letzter Ausweg das Kirchenasyl. Sie sind gläubige Katholiken. Ob das neue Chancenaufenthaltsrecht greift, ist wenig wahrscheinlich. Die Entscheidung löst bereits Panik unter VietnamesInnen in Chemnitz aus, die Deutschland kürzlich als Pflegekräfte anwarb. Zwei Pflegeschülerinnen schrieben: Dass jemand, der 36 Jahre in Deutschland gelebt und „zum Aufbau Deutschlands beigetragen hat“ im Alter wegen eines kleinen Fehlers sein Bleiberecht verliere, löst „bei uns Angst aus, weil wir junge Menschen sind, die lernen, um später zu arbeiten und Deutschland zu dienen.“…“ Artikel von Marina Mai vom 11. Februar 2023 in der taz online externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=208926
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