Refat Suyleyman, ein bulgarischer Arbeiter eines Subunternehmens, auf dem Werksgelände von Thyssenkrupp-Steel (TKS) in Duisburg tot aufgefunden

Dossier

Refat Suyleyman, ein bulgarischer Arbeiter eines Subunternehmens, auf dem Werksgelände von Thyssenkrupp-Steel (TKS) in Duisburg tot aufgefundenRefat Suyleyman, ein bulgarischer Arbeiter eines Subunternehmens, 26 Jahre alt, wurde am Nachmittag des 17.10.22 auf dem Thyssen-Werksgelände in Duisburg tot aufgefunden. Er verschwand am Freitag (14.10.) gegen 9.15 Uhr nach einer Pause im Firmenfahrzeug auf dem Gelände. Seine Familie hatte ihn am Freitag als vermisst gemeldet, woraufhin eine Suche mit Hubschraubern und Drohnen gestartet wurde. Nach den vorliegenden Informationen untersucht die Polizei die Todesursache als Unfall oder Selbstmord. In Duisburg fanden Proteste statt, die restlose Aufklärung fordern, die bulgarische Community soll angekündigt haben, das Werk zu blockieren, wenn der Fall nicht aufgeklärt wird… Siehe dazu einige erste Informationen:

  • Kritik an Thyssen-Krupp: »Refats Tod gilt nicht einmal als Arbeitsunfall« New
    „Angehörige von Thyssen-Steel-Arbeiter warten nach über einem Jahr noch immer auf Aufklärung und Entschädigung (…) Derzeit warten wir auf den endgültigen Abschluss der Untersuchung. Interne Quellen bestätigten, dass diese sich ihrem Ende nähert und keine Anklage gegen TKS erhoben wird. Bis heute wird der Tod von Refat nicht als Arbeitsunfall eingestuft. Die Unfallversicherung weigert sich, die Witwe zu entschädigen. (…) Die erste Phase der polizeilichen Ermittlungen wurde am 19. Mai 2023 abgeschlossen. In der vorläufigen Schlussfolgerung heißt es: »Die Entfernung der Schutzbrüstung und die fehlende Möglichkeit, diese überhaupt gesichert am Beckenrand zu fixieren, dürften eklatante Verletzungen gegen Arbeitssicherheitsvorschriften sein und den Tod von Refat Süleyman begünstigt haben.« Ein Arbeiter, der anonym bleiben möchte, hatte sich vor der Veröffentlichung des Polizeiberichts mit der Familie von Refat in Verbindung gesetzt und erklärt, dass ein entferntes Geländer der Grund für seinen Sturz gewesen sei. Als er den Vorgesetzten vor Ort darauf hinwies, sei dem Arbeiter gesagt worden, er solle den Mund halten. Kurz darauf sei er nach mehr als zehn Jahren Arbeit in der Fabrik entlassen worden. (…)
    Die Antwort von TKS war, dass sie der Familie von Refat über die Leihfirma Eleman, die ihn eingestellt hatte, und bei dem Treffen mit dem bulgarischen Botschafter im November 2023 Unterstützung angeboten haben. Diese Information wurde von der Botschaft als »absurde Behauptung« zurückgewiesen. Ein Vertreter erklärte, dass es bei dem Treffen im November kein solches Angebot gab und dass der Botschafter nicht einmal an dem Treffen teilgenommen hat, sondern die Sozialattachée.(…)
    Gegenüber der bulgarischen Botschaft behaupteten TKS-Mitarbeiter, dass seit dem Tod von Refat rigorose Verbesserungen umgesetzt wurden. Beweise lieferten sie nicht. Aus internen Quellen wissen wir, dass TKS ein »ausgeklügeltes Kontrollverfahren für das Lieferantenmanagement« einführte: strenge Kontrollen in der ersten Reihe der Auftragnehmer und »völlige Nichtkonformität in der zweiten und dritten Reihe«. Unternehmen wie Eleman sind damit aus dem Schneider.
    [Und wer steht der Familie bei?]
    Seit dem Tod von Refat hat seine Familie weder von TKS noch von den deutschen Behörden Unterstützung erhalten. Mit Hilfe von »Stolipinovo in Europa« und einigen Sozialarbeitern aus Marxloh hat Refats sechsjähriger Sohn endlich einen Kindergartenplatz bekommen, leider nicht in einer spezialisierten Einrichtung für Kinder mit schweren Formen des Autismus. Das Jobcenter Duisburg hatte Maria Naydenova nach dem Tod ihres Mannes sofort die Unterstützung gestrichen. Vor zwei Monaten erklärten sie, dass sie eine Teilzeitbeschäftigung aufnehmen müsse. Das Arbeitsamt besteht darauf, dass sie mehr Stunden arbeitet, um Anspruch auf Unterstützung zu haben.“ Interview von Henning von Stoltzenberg in der jungen Welt vom 19.02.2024 externer Link mit Philipp Lottholz, Sprecher des migrantischen Interessenverbands »Stolipinovo in Europa«
  • Stehen Sie dazu, dass es jedes Jahr mehrere Tode und Unfälle im ThyssenKrupp Steel Werk Bruckhausen gibt“ (Mutter von Refat Süleyman) – Forderungen nach Verantwortung auch von der Hauptversammlung 2023 überhört
    • Thyssenkrupp: Aufklärung zum Tod eines Leiharbeiters gefordert. Protest bei Hauptversammlung: Konzern verweigert Hinterbliebenen des 2022 ums Leben gekommenen Refat Süleyman Hilfe
      „Vor knapp 40 Jahren nahm der Journalist Günter Wallraff die Identität des türkischen Leiharbeiters Ali S. an und recherchierte in dieser Rolle monatelang beim Stahlkonzern Thyssen in Duisburg. Seine Erkenntnisse über die miserablen Arbeitsbedingungen der türkischen Leiharbeiter des Konzerns schrieb er in dem Bestseller »Ganz unten« auf. Seither hat sich viel verbessert in der deutschen Stahlindustrie und auch bei Thyssen, das heute Thyssenkrupp Steel (TKS) heißt. Im Umgang mit migrantischen Arbeitern scheint dennoch bis heute nicht alles in Ordnung zu sein. Das zeigt der Fall von Refat Süleyman, der am 14. Oktober 2022 auf dem Betriebsgelände von TKS in Duisburg auf bislang ungeklärte Weise ums Leben kam und dessen Angehörige und Unterstützer am Freitag bei der TKS-Hauptversammlung in Bochum Aufklärung und Gerechtigkeit forderten. Der türkischstämmige Bulgare war in einem Subunternehmen als Leiharbeiter angestellt. Wie »Ali S.« trug er die Schlacke ab und reinigte Anlagen. An jenem Herbsttag verschwand der 26-Jährige. Drei Tage später wurde sein Leichnam bei Reinigungsarbeiten in einer Schlammgrube entdeckt. Der zweifache Vater sei qualvoll erstickt, ergab die polizeiliche Ermittlung, die die türkisch-bulgarische Community in Duisburg vehement eingefordert hatte. Angehörige und Unterstützer zogen im vergangenen Jahr durch Duisburg und zur Duisburger Staatsanwaltschaft und forderten Gerechtigkeit und Aufklärung. Bislang werde noch ermittelt, heißt es von dort. (…) Der Dachverband Kritische Aktionäre ermöglichte es Süleymans Ehefrau und dem Duisburger Aktivisten Ibo Özcan, auf der Hauptversammlung zu sprechen. Özcan, dessen Vater auch bei TKS am Hochofen malocht hatte und »durch mangelhafte Sicherheitsmaßnahmen später Lungenkrebs bekam und deshalb starb«, wie sein Sohn sagt, forderte endlich Aufklärung und eine angemessene Reaktion von TKS. Aktivist Lottholz berichtet, der Witwe gehe es finanziell schlecht. Sie habe »einen Mini-Job und weiß mit zwei kleinen Kindern nicht, wie sie über die Runden soll. Sie ist auf Hilfe angewiesen. Einzig die Community hilft ihr.« Diese Unterstützung forderten Lottholz und Özcan vom TKS-Vorstand ein. Dass es kein Arbeitsunfall gewesen ist, sei für niemanden in der Community und in der Familie Süleyman vorstellbar, sagen Lottholz und Özcan. Ein Dossier in der »Zeit« von August 2023 hatte aus dem Stand der Polizeiermittlungen zitiert. Demnach war das Fehlen eines Geländers im Schlammbecken, in dem Süleyman den Erstickungstod fand, eine »eklatante Verletzung gegen Arbeitssicherheitsvorschriften«, die seinen Tod mindestens begünstigt habe. Konkret soll ein Gitter an der Schlammgrube demontiert gewesen sein. TKS bleibt bislang dennoch dabei, dass es kein Arbeitsunfall war. (…) Auch wenn die genauen Umstände des Todes von Süleyman nicht endgültig aufgeklärt sind, besteht für Lottholz und Özcan kein Zweifel daran, dass die schlechten Arbeitsbedingungen in den zahlreichen Subunternehmen von TKS massive Risiken und oft Schäden für Gesundheit und Sicherheit bedeuten. 2023 starben konzernweit drei Leiharbeiter, berichtete die »Westdeutsche Allgemeine« unter Berufung auf TKS. Ein Jahr zuvor soll es fünf tödliche Unfälle gegeben haben. »Wir fordern daher einen angemessenen Umgang mit Tod und Unfällen sowie Verbesserung der Arbeitsbedingungen«, sagte Özcan auf der Aktionärsversammlung. »Angehörige anderer tödlich verunfallter Arbeiter konnten bis zuletzt keine Einigung mit TKS bezüglich Entschädigungsansprüchen erzielen und müssen diese aktuell vor Gericht erstreiten«, erklärte er weiter. Viele Familien seien mittlerweile entkräftet und desillusioniert…“ Bericht von David Bieber vom 2. Februar 2024 in Neues Deutschland online externer Link, siehe auch:
    • Zur heutigen Hauptversammlung von #Thyssenkrupp fordern Angehörige von Refat Süleyman angemessenen Umgang mit Tod und Unfällen sowie Verbesserung der Arbeitsbedingungen, vor allem bei Subunternehmen und Leiharbeit…“ Tweet von Kritische Aktionärinnen und Aktionäre vom 2.2.24 externer Link mit einem Foto des Protestes vor der HV
    • Am Freitag haben Gülseren Dalip, die Mutter des im @thyssenkrupp Bruckhausen ums leben gekommenen Refat Süleyman, und Ibrahim Özcan, dessen Vater nach 35 Jahren Arbeit am Hochofen starb, gerechte Aufklärung und Entschädigung für Ihre Verluste gefordert.“ Tweet von Polina Manolova vom 5.2.24 externer Link zum türk. Video von Stolipinovo in Europa bei youtube externer Link – und die Antwort von Thyssenkrupp auf die Forderungen nach Verantwortung und angemessener Entschädigung für die Familien der Opfer:
    • Rede von Gülseren Dalip und Ibrahim Özcan auf der Thyssenkrupp Hauptversammlung 2024
      Am Freitag, 02.02.2024 haben Gülseren Dalip, die Mutter des im Thyssenkrupp Bruckhausen ums leben gekommenen Refat Süleyman, und Muhammed Ibrahim Özcan, dessen Vater nach 35 Jahren Arbeit am Hochofen starb, gerechte Aufklärung und Entschädigung für Ihre Verluste gefordert.
      Özcan schloss seine Rede mit den Worten: “Wenn Sie als Unternehmen Integrität, und als Menschen ein Gewissen haben, dann tun Sie sich den Gefallen: Stehen Sie dazu, dass es jedes Jahr mehrere Tode und Unfälle im ThyssenKrupp Steel Werk Bruckhausen gibt. Flüchten Sie sich nicht wieder in Ausreden und leere Phrasen von Fachabteilungen und etablierten Abläufen. Wir wissen alle, dass Sie ganz genau nichts unternommen haben und den Todesfall von Refat, genau so wie die Todes- und Unfälle in der Belegschaft auf zynischste Weise vorüberziehen lassen haben.”
      Leider gab es wie schon auf der Hauptversammlung 2023 keine konkreten Eingeständnisse und Commitments seitens des Thyssenkrupp Vorstandes, sondern neben Worten der Anteilnahme für Frau Dalip nur eine erneute Zurückweisung der Verantwortung in Form eines Statements von Personalvorstand Burkhard:
      “Wir haben selbstverständlich direkt nach dem Unfall mit der Partnerfirma, für die Refat gearbeitet hat, Kontakt aufgenommen und Unterstützung durch unseren Sozialservice angeboten. Das Hilfsangebot haben wir auch in einem Gespräch mit der bulgarischen Botschaft erneuert. Der bulgarische Botschafter war zu Besuch vor wenigen Wochen. Und die [bulgarische Botschaft] ja nach unseren Kenntnissen zumindest mit Ihnen als Familie in direktem Kontakt steht. Wir werden uns weiter bemühen hier zu helfen, zur Aufklärung aber auch zur Milderung all der Umstände die danach eben als Folge entstanden sind.”
      Ein Hilfsangebot an die sogenannte Partnerfirma ist irrelevant, da diese sich im gesamten Zeitraum seit dem Tod von Refat Süleyman aus der Verantwortung gezogen hat und gar nicht erst für Statements und Kommunikation zur Verfügung stand. Nach Informationen von Stolipinovo in Europa ist kein “Hilfsangebot” an die bulgarische Botschaft bekannt. Somit stellt der Beitrag von Vorstand Burkhard keine seriöse Antwort auf Gülseren Dalips und Muhammed Ibrahim Özcans Reden dar.“ Beitrag vom 04.02.2024 bei Stolipinovo in Europa externer Link mit dem Video der Reden
  • Vor der Hauptversammlung 2024 der Thyssenkrupp AG am 02.02.: Angehörige von Refat Süleyman fordern angemessenen Umgang mit Tod und Unfällen sowie Verbesserung der Arbeitsbedingungen 
    Der Tod von Refat Süleyman, einem 26-jährigen türkischstämmigen Bulgaren und zweifachen Familienvater, hat sich vergangenen Oktober gejährt. Seine Angehörigen warten weiterhin auf Gerechtigkeit und auf eine Reaktion seitens ThyssenKrupp Steel (TKS). Ein Dossier in der Wochenzeitung „Die Zeit“ vom 03.08.2023 hatte aus dem Stand der Polizeiermittlungen zitiert, dass das Fehlen eines Geländers im Schlammbecken, in dem Refat Süleyman den Erstickungstod gefunden haben soll, eine „eklatante Verletzung gegen Arbeitssicherheitsvorschriften“ darstellt und seinen Tod mindestens begünstigt haben dürfte. Entgegen den eigenen Ankündigungen hat weiterhin niemand von TKS die Hinterbliebenen von Refat kontaktiert, geschweige denn ihnen Hilfe in ihrer v.a. aufgrund weiter ungeklärter Hinterbliebenenansprüche weiter schwierigen Lage angeboten. Auch wenn die genauen Umstände des Todes von Refat Süleyman bislang noch nicht endgültig aufgeklärt sind, besteht kein Zweifel daran, dass sich die schlechten Arbeitsbedingungen in den zahlreichen Subunternehmen von TKS massive Risiken und oft manifeste Schäden für die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer:innen bedeuten.
    Die vom Vorstand bei der vergangenen Hauptversammlung (HV) erwähnten Abläufe und Systeme zur Erfassung und Vermeidung von Betriebsunfällen scheinen der Problematik nicht gewachsen: Im Juni 2022 wurde der Verfahrensmechaniker Enes Ugurlu beim Umsturz eines Krans schwer verletzt und und musste monatelange Rehabilitierungsmaßnahmen durchlaufen. Im November wurde ein Elektriker von einer automatischen Anlage in einen Ofen gedrückt und erlag seinen Verbrennungen. Insgesamt kam es allein 2022 zu fünf tödlichen Unfällen und mehreren weiteren mit ernsthaften Verletzungen. Die TKS Leitung hatte immer wieder behauptet, dass die Verantwortlichkeit und Betreuung für Todes- und Unfälle in der eigenen Belegschaft besser geregelt seien. Aktuelle Fälle widersprechen dieser Darstellung. Die Angehörigen von Enes Ugurlu konnten bis zuletzt keine Einigung mit TKS bezüglich Entschädigungsansprüchen erzielen und müssen diese aktuell vor Gericht erstreiten. Und es warten weitere Familien auf eine gerechte Entschädigung. Eine von diesen ist die Familie von Muhammed Ibrahim Özcan, dessen Vater nach 35 Jahren Arbeit im Hochofen von TKS Bruckhausen an einem Lungenkrebs starb, der laut ärztlichem Befund auf diese Arbeit und die unzureichenden Schutzmaßnahmen zurückzuführen ist.
    Entgegen den Antworten des Vorstands auf der letzten HV müssen wir somit feststellen, dass TKS auch den Familien und Hinterbliebenen von verletzten oder verstorbenen Arbeitern aus der eigenen Belegschaft nur schleppend und tlw. gar nicht Unterstützung oder Entschädigung bietet. Dies ist ein unhaltbarer Zustand und muss Konsequenzen für die betreffenden Abläufe nach sich ziehen, sowie für die Bewertung durch die HV und Tätigkeit zuständiger Aufsichtsbehörden außerhalb des Unternehmens. Zur Bekräftigung dieser Forderungen rufen wir zum Protest vor dem Gebäude der Hauptversammlung auf, und zwar am Freitag, 02.02.2024 ab 08.30 Uhr, vor dem RuhrCongress, Stadionring 20, 44791 Bochum. Die Familien Süleyman, Naydenov und Özcan, Stolipinovo in Europa e.V. im Namen aller GeschädigtenPressemitteilung vom 30.01.2024 bei Stolipinovo in Europa externer Link

  • Neue Informationen über die Ermittlungen zum Tod von Refat Süleyman schließen eklatante Verletzungen der Arbeitssicherheit nicht aus – TKS übernimmt immer noch keine Verantwortung und „Stolipinovo in Europa“ korrigiert Fehler der Berichterstattung
    • Thyssenkrupp-Stahlwerk: Tod eines Leiharbeiters
      In einem Stahlwerk in Duisburg stirbt ein junger Bulgare. Alles spricht für einen Unfall, trotzdem gehen die Menschen auf die Straße und fordern Gerechtigkeit. Ihre Wut richtet sich nicht nur gegen den Konzern.“ Artikel von Anne Kunze vom 2. August 2023 in der Zeit online externer Link – kostenpflichtig, siehe aber wesentliche Inhalte in der Richtigstellung:
    • Statement von „Stolipinovo in Europa“ vom 4.8.2023
      Ein neues Dossier in “Die Zeit” offenbart Insiderinformationen über die Ermittlungen zum Tod von Refat Süleyman. Darin wird der derzeitige Stand der polizeilichen Ermittlungen zitiert, die darauf hindeuten, dass sein Tod von möglicherweise “ eklatante(n) Verletzungen(n) gegen Arbeitssicherheitsvorschriften” zumindest begünstigt wurde. Der Artikel zeigt außerdem auf, dass @Thyssenkruppsteel sich bis heute weigert, Verantwortung zu übernehmen und der Familie des verstorbenen Arbeiters keine Unterstützung angeboten hat.
      „Stolipinovo in Europa“ hat in den vergangenen sieben Monaten viel in die Unterstützung der Recherchen für diesen Artikel gearbeitet. Wir haben Hintergrundinformationen über die Arbeits- und Lebensbedingungen von Migrant*innen in Marxloh und benachbarten Bezirken geliefert, haben Kontakte zu Arbeiter*innen und der weiteren Community vermittelt, und haben mit Rat und kritischen Anmerkungen zur Seite gestanden. Uns wurde immer wieder versichert, dass die Perspektive der Arbeitsmigrant*innen und ihrer Familien eine zentrale Rolle spielen und der Bericht etablierte Stereotype in Frage stellen wird.
      Es ist wichtig, dass der Tod von Refat Süleyman und die ausbeuterischen Praktiken in der Industriereinigung endlich diese unbedingt nötige Aufmerksamkeit erhalten. Wir erkennen hierbei auch die Einschränkungen an, denen eine solche Medienberichterstattung unterliegt. Allerdings fühlen wir uns auch verpflichtet, auf einige der problematischen Darstellungen und Lücken in dieser Veröffentlichung hinzuweisen.
      Mit Enttäuschung stellen wir fest, dass die Ansichten und Aussagen der zahlreichen befragten Arbeiter*innen nicht in den Artikel aufgenommen wurden, in dem sich nur eine Migrant*innenstimme und ein kurzes Zitat wiederfinden. Damit wird, wie oft üblich, die meiste Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit den Behörden, Thyssenkrupp und anderen Akteuren gewidmet, die bereits Machtpositionen gegenüber der Migrant*innen-Community innehaben. Der Artikel berücksichtigt nicht die Berichte bulgarischer Arbeiter*innen über unzureichende Gesundheits- und Sicherheitsanweisungen bei der Eleman GmbH und anderen Zeitarbeitsfirmen, über den ständigen Druck, gefährliche Aufgaben auszuführen, die oft ohne Schutzausrüstung erledigt werden, und über die Weigerung der Arbeitgeber, Verbesserungswünsche zu berücksichtigen. Es fehlen außerdem die zahlreichen Berichte von Migrant*innen im Rahmen der Recherche über ihre Erfahrungen mit Diskriminierung und Rassismus seitens der Duisburger Stadtverwaltung, des Jobcenters, der Ausländerbehörde und verschiedener Dienstleister. Auch die katastrophalen Auswirkungen des polizeilichen „Vorzeigeprojekts“ der Duisburger Polizei mit seinen massiven Verkehrskontrollen, alltäglicher Kriminalisierung und tlw. willkürlichem Handeln durch Beamt*innen werden nicht erwähnt. Zum Beispiel die Tatsache, dass der von der Stadt ausgerufene Feldzug gegen ausländische Autokennzeichen einer gezielten Gängelung von Migrant*innen gleichkommt, ihre Lebenssituationen massiv verschlechtert und dabei gesetzliche Regelungen zur vorübergehenden Nutzung ausländischer KfZ ignoriert oder missachtet. Oder die regelmäßigen Razzien, die Polizei und Ordnungsamt in Cafés und anderen Einrichtungen durchführen und dabei Menschen so lange festhalten, bis selbst kleinste Strafbeträge für vergangene Ordnungswidrigkeiten an Ort und Stelle bezahlt werden. Diese Erfahrungen geben zusätzliche Antworten auf die Frage des Artikels, warum die Menschen so wütend sind und verdeutlichen wie berechtigt diese Wut ist.
      Statt auf diese Aspekte einzugehen, befasst sich der Artikel mit Infragestellung der Ernsthaftigkeit des muslimischen Glaubens der Menschen oder ihres Commitments zur Erziehung ihrer Kinder, und gibt problematische Stereotype über die Fixiertheit der Migrant*innen auf leicht verdientes Geld oder ihre „befremdlichen Traditionen“ wieder. Außerdem müssen die folgenden sachlichen Fehler richtig gestellt werden:

      1. Refat Süleymans Wohnsituation: Seit 2020 lebten Refat, seine Frau Maria und ihre beiden Kinder in einer eigenen Mietwohnung in der Nähe des TKS-Geländes.
      2. Lydia Slavcheva stammt NICHT aus Stolipinovo und hat dort nie gelebt.
      3. Refats religiöse Praktiken: Er hat fünfmal am Tag gebetet, dabei aber nicht jedes Mal die Moschee besucht.
      4. Die angegebene Zahl der Leiharbeiter*innen bei Thyssenkruppsteel erscheint unterbewertet zu sein.

      Wir bestehen darauf, dass diesen Fakten, Erfahrungen und Perspektiven der gebührende Platz eingeräumt wird und bedauern, dass dies im vorliegenden Artikel nicht der Fall ist. Damit dies nicht so bleibt, planen wir in absehbarer Zeit eine Pressekonferenz zur öffentlichen Besprechung folgender Punkte:
      – aktuelle bekannter Stand der Ermittlungen zum Tod von Refat Süleyman
      – Perspektiven von Arbeiter*innen zu den Arbeitsbedingungen bei Thyssenkruppsteel und des Geflechts seiner Subunternehmen in der Industriereinigung
       – Vorschläge zur Verbesserung von Arbeitsbedingungen sowie Restrukturierung im Leiharbeits- und Subunternehmensektor und laufende Initiativen in diese Richtung
      Hier eine Auswahl der wichtigsten Einblicke aus dem Artikel:

      • Vom Ende des Artikels: “Sommer 2023. Ein Dreivierteljahr nach dem Tod ihres Sohnes sitzt Refat Syuleymans Mutter in ihrer Wohnung und blättert durch den Abschlussbericht der Polizei. Gyulseren Dalip hat ihn kürzlich von ihrem Anwalt erhalten. Ein Übersetzer hilft ihr, zu verstehen, was da steht, beispielsweise im Kapitel zur Obduktion, das nahelegt: Refat Syuleyman ist erstickt. Im Schlund und im Magen der Leiche konnten größere Rückstände des Schlamm-und-Öl-Gemischs festgestellt werden. Die Rechtsmediziner gehen davon aus, dass der Morast eine Sogwirkung entfaltet hat, die den Körper Richtung Boden gezogen hat. Auf einem schmalen Steg neben dem Becken stellten die Ermittler Zigarettenpapier und -filter sicher. Es scheint, als sei an diesem Ort schon oft geraucht worden. Offenbar rauchte Refat Syuleyman in seiner Pause eine Zigarette und fiel dabei in das Becken. Das Unternehmen teilt dazu mit, auf dem Werksgelände gebe es »ausgewiesene Raucherzonen«, der Bereich neben dem Becken habe nicht dazugehört. Vielleicht ist Refat Syuleyman ausgerutscht, vielleicht gestolpert. Fest steht, dass das Becken nicht gesichert war. Ein Geländer war offenbar schon vor längerer Zeit demontiert worden und ließ eine mehr als einen Meter breite Stelle frei – es gab dort nur einen kleinen Betonsturz, »eine eigene Gefahrenquelle, nämlich in Form einer Stolpergefahr«. Die Ermittler schreiben: »Refat Syuleyman ist aufgrund der geschilderten Umstände chancenlos gewesen, sich vor dem Erstickungstod zu retten. Es ist davon auszugehen, dass die im Becken lauernde tödliche Gefahr zumindest Refat Syuleyman, aber auch gegebenenfalls anderen dort tätigen Arbeitskräften weder bekannt noch bewusst war.«
        Die Ermittler kommen zu einem Schluss, den wichtigsten Teil heben sie hervor: »Das Entfernen der Schutzbrüstung und die fehlende Möglichkeit, diese überhaupt gesichert am Beckenrand zu fixieren, dürften eklatante Verletzungen gegen Arbeitssicherheitsvorschriften sein und den Tod von Refat Syuleyman begünstigt haben.« Warum hat Thyssen das fehlende Geländer nicht montiert? Das Unternehmen sagt, es handele sich nicht um einen allgemein zugänglichen Bereich: »Die Absetzbecken sind und waren nicht ungesichert, sondern mit umlaufenden Geländern versehen.« Lediglich das Geländer unmittelbar am Becken sei demontiert worden. Es gebe »keinen nachvollziehbaren Grund, sich an diesem Ort aufzuhalten«.
        Gyulseren Dalip wirkt erschüttert. Ihre Erschütterung geht über in Wut. »Wir alle sind jetzt sicher, dass es kein Mord war. Es gibt keinen Mann, der Refat getötet hat. Der Täter heißt Thyssenkrupp.« Die Soziologin Polina Manolova hat mit ihrem Verein eine Petition zur Abschaffung von Subunternehmen gestartet. 3500 Menschen haben bereits unterzeichnet.
        Die Krankenschwester Sylvia Brennemann sagt, sie könne die Klischees über ihren Stadtteil nicht mehr ertragen. »Morgens um sechs mache ich meine erste Runde mit den Hunden. Und dann sehe ich immer all jene Menschen, die angeblich in die Sozialsysteme einwandern, wie sie an der Straße stehen, um irgendwo zu schuften.«
        Ibrahim Özcan, der Student, dessen Vater an Lungenkrebs starb, hat sich mit Refat Syuleymans Familie zusammengetan, um die Stimme gegen Thyssen zu erheben. Die Staatsanwaltschaft in der Duisburger Innenstadt prüft, ob es bei Thyssen Mängel im Arbeitsschutz gibt – und wer dafür verantwortlich ist. Noch ist offen, ob sie Anklage erhebt.
        Refat Syuleymans Familie sagt, dass sie von Thyssen bis heute keinerlei Hilfe bekommen hat. Sie wartet weiter. Darauf, dass Thyssenkrupp das Geschehene aufarbeitet und Konsequenzen daraus zieht. Auf Geld für die Ausbildung der Kinder. Und auf ein Wort der Zuwendung.”
      • “Die Soziologin Polina Manolova forscht an der Universität Duisburg-Essen zu Migration und beschäftigt sich insbesondere mit den Lebens- und Arbeitsbedingungen in Vierteln wie Marxloh. Sie hat mit türkischen Migranten aus Bulgarien einen Verein gegründet, »Stolipinovo in Europa«, der für deren Rechte eintritt. Manolova sagt: »Die fehlenden Betreuungseinrichtungen in Marxloh sind der wahre Grund, warum viele Frauen nicht arbeiten können. Nicht irgendeine patriarchale Familienkonvention, wie es immer heißt.«”.
      • “Sämtliche Migranten aus Rumänien und Bulgarien, mit denen die ZEIT für diesen Artikel gesprochen hat, sind bei einer Leiharbeitsfirma oder einem Subunternehmen angestellt. Ihr Arbeitsplatz mag das Gelände von Thyssenkrupp sein, ein Supermarkt von Rewe oder ein Lieferwagen von Amazon oder DHL – ihr Arbeitgeber aber ist meist eine Firma, deren Namen keiner kennt.
        Einer beschreibt es so: „Wenn ich mich irgendwo bewerbe, höre ich immer, mein Deutsch sei nicht gut genug. Wenn ich mich aber für ähnliche Jobs bei einer Leiharbeitsfirma bewerbe, spielt mein Deutsch plötzlich keine Rolle mehr. Also mache ich am Ende fast denselben Job – zu schlechteren Bedingungen.“ Besonders gerne vergeben die Leiharbeitsfirmen befristete Verträge in Teilzeit. Deswegen müssen viele der bulgarischen und rumänischen Einwanderer ihren Lohn mit Leistungen des Jobcenters aufstocken.
        Unter den 16.500 Menschen, die in Duisburg für Thyssenkrupp arbeiten, sind 3000 Leiharbeiter. Refat Syuleyman hatte einen Vertrag bei einer Firma namens Eleman. 35 Stunden die Woche, befristet auf 364 Tage, zum damaligen Mindestlohn von 11,55 Euro. Der Chef von Eleman sagt, er wolle den Fall nicht kommentieren, weil so viele Verschwörungstheorien im Umlauf seien, auch in den sozialen Medien. Seine Firma lieh Refat Syuleyman wiederum an ein Subunternehmen aus, das zum Beispiel Reinigungsarbeiten auf dem Gelände des Stahlwerks erledigt. Thyssen nennt solche Subunternehmen „Partnerfirmen“. Im Fall von Refat Syuleyman war dies die Buchen GmbH.”
      • “Auch anderswo sind oft gleich mehrere Firmen zwischen einen Konzern und die Bulgaren und Rumänen aus Marxloh geschaltet. Undurchsichtige Konstruktionen, vor allem für die Arbeiter, die am Morgen oft nicht wissen, für welchen Job sie antreten und für wen sie eigentlich tätig sind. Viele sagen, wenn sie die von ihren Leiharbeitsfirmen bezahlten Stunden mit denen verglichen, die sie tatsächlich anwesend waren, gebe es da Unterschiede. Viele Arbeiter sagen auch, sie bekämen Krankheits- und Urlaubstage nicht bezahlt. Man dürfe nur fehlen, wenn man selbst einen Ersatz organisiere.
        Die Chefs der Leiharbeitsfirmen und Subunternehmen sind gar nicht so viel anders als die Fixer von Marxloh. Die Fixer bringen die Migranten in Kontakt mit den staatlichen Institutionen der Deutschen, den Krankenhäusern und Behörden, und sorgen dafür, dass dort alles glattläuft. Die Chefs der Firmen bringen die Migranten in Kontakt mit dem deutschen Arbeitsmarkt. Nicht selten sind die Chefs ebenfalls Deutschtürken. Männer mit dicken Autos, die, wie ein Migrant erzählt, manchmal direkt nach Bulgarien führen, 50 Leute rekrutierten und im Bus nach Deutschland karrten. „Sie sind auf den Rücken der Armen reich geworden.“
        Refat Syuleyman und all die anderen kamen nach Deutschland, weil sie sich hier ein besseres Leben erhofften. Sie müssen davon ausgegangen sein, auf dem Werksgelände eines deutschen Milliardenkonzerns wie Thyssenkrupp nicht nur deutlich mehr Geld zu verdienen als in ihrer Heimat, sondern auch einen Job zu haben, bei dem sie nicht Gefahr laufen, dass ihnen etwas zustößt.
        Wie gefährlich ist es, für Thyssen zu arbeiten? Im Fall von Refat Syuleyman haben die Ermittler keine Anzeichen dafür gefunden, dass eine von den wilden Theorien, die in Marxloh kursieren, wahr sein könnte. Also keine Prügelei, die eskalierte, kein Mord mit einer Leiche, die in dem Becken für Industrieabfälle entsorgt worden wäre. Die Polizei geht davon aus, dass Refat Syuleyman an jenem 14. Oktober 2022 ohne Fremdeinwirkung in das schlammige Becken stürzte – und darin ertrank. Die Frage ist, warum und wie genau das geschah.”
      • “Syuleymans Tod reiht sich nach Informationen der ZEIT ein in eine Liste von Fällen aus den vergangenen Jahren.
        2013 stirbt ein 44-jähriger Arbeiter im Duisburger Thyssenwerk an einem Stromschlag.
        2017 wird ein 48-jähriger Arbeiter von einem Gerüst erschlagen. Im selben Jahr gerät ein Lokführer zwischen zwei Züge und wird erdrückt.
        Als ein Arbeiter vor vier Jahren einen Gurtbandförderer kontrollierte, wurde er von den drehenden Teilen ergriffen und zerquetscht. Ein Kollege, der dabei war, sagt, er höre das Geräusch noch heute.
        Im Juni 2022 gab in einem Sturm die Konstruktion eines Kranes nach, und ein 27-Jähriger fiel zwölf Meter in die Tiefe. Er bekam neue Schädelplatten und lernt gerade wieder sprechen.
        Im November 2022, einen Monat nach dem Tod von Refat Syuleyman, verunglückte ein 23-jähriger Arbeiter. Er wurde von einer Fähre, die zum Transport von Stahlbrammen dient, eingequetscht und lebensgefährlich verletzt.Thyssenkrupp betont, die Unfallzahlen seien in den vergangenen zehn Jahren rückläufig, dank zahlreicher Programme, die „für sicheres Arbeiten sensibilisieren“, auch für „Partnerfirmen“. Nach Auskunft des Unternehmens gab es in Duisburg seit dem Geschäftsjahr 2010/11 drei tödliche Unfälle in der Stammbelegschaft und seit 2013 fünf unter den Mitarbeitern von Partnerfirmen.
        Womöglich bekommt Thyssenkrupp nicht einmal von jedem Unfall auf seinem Gelände etwas mit. Süleyman Gürcan, Gewerkschaftler bei der IG Bau, arbeitet seit 1997 in einem Subunternehmen von Thyssen. Er sagt, Thyssen habe für solche Firmen ein Ampelsystem: Komme es zu einem Unfall mit einem entsandten Arbeiter, springe die Ampel auf Gelb. Nach mehreren Unfällen auf Rot – dann müsse das Subunternehmen fürchten, von Thyssenkrupp aussortiert zu werden. Deswegen würden manche Verletzungen nicht an Thyssen gemeldet.Statement von „Stolipinovo in Europa“ vom 4.8.2023 ursprünglich auf Fratzebuch externer Link – wir danken für die Hilfe bei der Befreiung 
    • Siehe zum Hintergrund den Thread von Polina Manolova vom 3. Aug. 2023 externer Link: „“Stolipinovo in Europa” begrüßt das neue Dossier in @diezeit zum Tod von #RefatSüleyman im @thyssenkrupp Werk #Duisburg unter möglicherweise “eklatante(n) Verletzungen(n) gegen Arbeitssicherheitsvorschriften”, und zur Ausbeutung in der Industriereinigung (…) Wir möchten aber auch auf problematische Darstellungen und Lücken im Artikel hinweisen und diese richtig stellen. Siehe dazu unser Statement anbei und auf unserer Facebook-Seite…“
  • Erneute Demonstration fordert Antworten zum Tod von Refat Süleyman und Gerechtigkeit für alle Arbeitsmigrant*innen – Kritik an TKS, Behörden und IG Metall
    Bis zu 200 Menschen zogen am regnerischen Nachmittag des 26. März 2023 vor die Staatsanwaltschaft in der Duisburger Innenstadt, um angemessene Aufklärung des Todes von Refat Süleyman und Gerechtigkeit für alle Arbeitsmigrant*innen in der Industriereinigung und darüber hinaus zu fordern. Fünf Monate nach dem Tod des türkisch-bulgarischen Industriereinigers bei ThyssenKrupp Steel-Bruckhausen gibt es immer noch keine Informationen seitens der Staatsanwaltschaft und keinen Kontakt zur Familie des Verstorbenen.
    In einer Stellungnahme des Amtes für Arbeitsschutz der Bezirksregierung Düsseldorf, die zwei Tage vor dem Protest veröffentlicht wurde, heißt es, dass die abgeschlossenen Ermittlungen keine Hinweise auf die Todesursache ergeben haben. Dagmar Groß, Sprecherin der Bezirksregierung, erklärte, dass die Arbeitsschutzvorschriften, der Betriebsanweisungen und der vertraglichen Regelungen zwischen den verantwortlichen Stellen im Rahmen der Ermittlungen gründlich überprüft worden seien, dies aber keine Hinweise auf die Todesursache ergeben habe. Diese Aussage gibt jedoch keinen Aufschluss darüber, ob es festgestellte Verstöße gegen die Grundsätze der Arbeitssicherheit seitens der Arbeitgeber gab und ob Vorschriften zur Verbesserung der Arbeitssicherheit erlassen wurden. Ob es jedoch Verstöße gegen Arbeitssicherheit jenseits dieser formalen Kriterien und Datenlage gegeben hat, welche Konsequenzen ThyssenKrupp Steel und seine Subunternehmen diesbezüglich gezogen haben, und was genau die Ursache und der Hergang vom Versterben Refat Süleymans gewesen sein könnten, bleibt indes jedoch unklar. Somit fordern wir die Veröffentlichung des vollständigen Berichts zum Zwecke der Aufklärung möglicher gefährlicher Arbeitsbedingungen und -praktiken von ThyssenKrupp Steel (TKS) und beauftragten Subunternehmen.
    Am Samstag, 25.3. wurden zudem die Ergebnisse einer TKS-internen Untersuchung, die fast wortwörtlich die Aussage der Bezirksregierung wiederholten und gaben an keine neuen Erkenntnisse gewonnen zu haben. (…)
    Die Demonstration, zu der auch die Familie von Refat aufgerufen hatte und die vom Verein zur Unterstützung von Migrant*innen “Stolipinovo in Europa” und weiteren Organisationen unterstützt wurde, ist bereits der dritte Protest in der Angelegenheit. (…)
    Die Teilnehmer bekräftigten die Forderung nach dem Ende der Zusammenarbeit mit Leihfirmen in der Industriereinigung, die in der Online-Petition von “Stolipinovo in Europa” mit bereits über 2300 Unterschriften gestellt und nächste Woche direkt an die zuständigen Stellen und Adressaten weitergeleitet wird. (…)
    Die Demonstrierenden verurteilten die Position der IG Metall Vertretung, die weitgehend die Linie des Unternehmens widerspiegelt, also Verantwortung abstreitet und sich auf die Aufrechterhaltung hoher Arbeitsstandards und die Gleichbehandlung der Arbeitnehmer*innen beruft. Die Aussage von Karsten Kaus, 1. Bevollmächtigter der IG Metall, dass TKS die Abschaffung der Leiharbeit erwäge, wurde von den Menschen mit Misstrauen aufgenommen, da dieser Schritt wie von Kaus angemerkt nach aktuellem Stand nicht die von TKS beschäftigten Subunternehmen betreffen würde. Als zynisch wird indes weiterhin die Weigerung der IG Metall empfunden, sich aktiv mit der Notlage der Leiharbeiter*innen zu befassen und sich an der Forderung für die Etablierung effektiver Mechanismen und Strategien zu beteiligen, die die Sicherheit am Arbeitsplatz in den Vordergrund der Prioritäten des Unternehmens stellen.
    Die Demonstrierenden unterstrichen ihre Entschlossenheit, an den Forderungen festzuhalten und Proteste weiterzuführen, bis die Verantwortlichen für den Tod von Refat Süleyman vor Gericht gestellt werden und sich die Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten in der Industriereinigungsbranche und darüber hinaus verbessern…“ Bericht vom 2. April 2023 bei “Stolipinovo in Europa” externer Link
  • Tod des ThyssenKrupp-Arbeiters nach 5 Monaten noch immer ungeklärt, die Unfallthese nicht bewiesen: Demo in Duisburg fordert Aufklärung und gute Arbeitsbedingungen 
    „… Bereits wenige Tage darauf gab es eine große Demonstration vor dem Werk. Die Forderung: Eine echte Aufklärung des Todes von Refat Süleyman. Denn wie der junge bulgarische Industriereiniger unbemerkt in das Becken stürzen konnte, trotz strenger Sicherheitsauflagen an dem Becken, und dort drei Tage lang unbemerkt liegen bleiben, war rätselhaft. Und die Aufklärung verlief zögerlich, vonseiten der Polizei wie auch von ThyssenKrupp. Beides hat sich bis heute, gut fünf Monate danach, noch immer nicht geändert. Daher findet am 26. März wieder eine Demonstration in Duisburg statt, mit der Foderung: „lückenlose Aufklärung des Todes von Refat Süleyman und menschenwürdige Arbeitsbedingungen für alle Arbeitsmigrant*innen in der Industriereinigung“. Dazu ruft der Verein Stolipinovo in Europa e.V. auf, der Menschen aus Bulgarien und anderen osteuropäischen Ländern in Duisburg repräsentiert. Philipp Lottholz von Stolipinovo e.V. gab uns Auskünfte zum Stand der öffentlich verfügbaren Erkenntnisse  – die nicht so sehr aus den offiziellen Ermittlungen resultieren als aus den eigenen Recherchen des Vereins. U. a. gibt es auch Hinweise, dass dem Tod des Arbeiters ein Konflikt mit dem Subunternehmen vorausgegangen ist.“ Interview am 24. März 2023 beim Radio Freyeckland externer Link Audio Datei, siehe zur Demo:

    • Fünf Monate nach Tod eines jungen Leiharbeiters im Thyssenkrupp-Stahlwerk: Demonstration fordert Aufklärung
      Am Sonntag haben rund hundert Menschen „für die lückenlose Aufklärung“ des Todes von Refat Süleyman vor dem Gebäude der Duisburger Staatsanwaltschaft demonstriert. Sie folgten dem Aufruf des Vereins „Stolipinovo in Europe“. Stolipinowo ist ein Stadtteil der bulgarischen Stadt Plowdiw, in dem Zehntausende Menschen leben, die sich zum Großteil selbst als Türken und Roma bezeichnen…“ Bericht von Dietmar Gaisenkersting vom 27.3.2023 bei wsws externer Link mit Fotos
    • Lückenlose Aufklärung des Todes von Refat Süleyman!!!  Menschenwürdige Arbeitsbedingungen für alle Arbeitsmigrant*innen in der Industriereinigung! Aufruf zur Demo am Sonntag 26.03.2023, 13:00 Uhr, vor der Staatsanwaltschaft, Koloniestr. 237 Duisburg
      #justice for Refat
      Fünf Monate sind seit dem tragischen Tod von Refat Süleyman vergangen, einem Industriereiniger, dessen Leiche am 17. Oktober 2022 auf dem Gelände des Thyssenkrupp Steel (TKS) Werks in Bruckhausen/ Duisburg gefunden wurde. Fünf lange Monate, in denen das Schweigen der Ermittlungsbehörden und des Unternehmens seinen Freunden und seiner Familie sowie der gesamten bulgarisch-türkischen Gemeinschaft keine Ruhe ließ. Zur Info: Der Treffpunkt ist Koloniestr 237 und wir marschieren von dort aus zur StaatsanwaltschaftThread von Polina Manolova vom 20.3. externer Link
  • [Zur Hauptversammlung 2023] Ausbeutung und Missbrauch in Subunternehmen von Thyssenkrupp / [Flyer] Der Tod Refat Süleyman im Oktober 2022 – kein Einzelfall
    • [Zur Hauptversammlung 2023] Ausbeutung und Missbrauch in Subunternehmen von Thyssenkrupp
      „… Der Tod des 26-jährigen Refat Süleyman, eines türkischstämmigen Bulgaren, dessen Leiche am 17.10.2022 auf dem Gelände des Thyssenkrupp Steel-Werks in Bruckhausen/Duisburg gefunden wurde, sowie der Umgang mit diesem Fall, offenbaren die unwürdigen Zustände von Leiharbeiter*innen im betreffenden Werk. Refat Süleyman war wenige Wochen vor seinem Tod vom Subunternehmen Eleman GmbH als Leiharbeiter eingestellt worden, wurde am frühen Morgen des 14.10.2022 einem anderen Subunternehmen ausgeliehen und verschwand laut Polizeiangaben wenig später spurlos. Laut Vorgabe müssen dort auch Leiharbeiter*innen immer zu zweit arbeiten. Die genauen Umstände des Todes von Refat Süleyman sind bislang noch nicht endgültig aufgeklärt. Der Fall zeigt jedoch, dass die schlechten Arbeitsbedingungen in den zahlreichen Subunternehmen der Stahlsparte massive Risiken und oft manifeste Schäden für die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer*innen bedeuten. Es ist bis heute unklar, welche Konsequenzen Thyssenkrupp aus dem Fall gezogen hat. Es fehlen klar kommunizierte Maßnahmen, um die weithin berichtete Ausbeutung und die von Angst geprägten Arbeitsverhältnisse von Arbeitskräften zu beenden, die das Risiko von Unfällen erhöhen. Thyssenkrupp muss sicherstellen, dass auch beauftragte Subunternehmen die vollständige Bezahlung von Leiharbeiter*innen inkl. Überstunden und ohne Abzüge für Arbeitskleidung, sowie die Fortzahlung bei Urlaub und im Krankheitsfall garantieren…“ Aus der Meldung vom 19.1.23 des Dachverbands Kritische Aktionärinnen und Aktionäre externer Link zu den Gegenanträgen zur Hauptversammlung 2023 Thyssenkrupp AG am 3. Februar
    • Der Tod Refat Süleyman im Oktober 2022 – kein Einzelfall
      Solidarität mit den Protesten migrantischer Arbeiter*innen gegen mörderische  Arbeitsbedingungen bei ThyssenKrupp.
      Am 18. Oktober 2022 wurde der aus Bulgarien stammende Arbeiter Refat Süleyman, der am 15. Oktober 2022 spurlos verschwunden war, tot in einem Schlackebecken von ThyssenKrupp in Duisburg aufgefunden. Am 23. Oktober 2022 führten weit über 1.000 Arbeiter*innen und Werktätige, die meisten von ihnen aus Bulgarien stammend, eine Demonstration und Kundgebung vor ThyssenKrupp durch. Sie forderten vollständige Aufklärung des Vorfalls. Diese ist bis heute nicht erfolgt. Die Demonstrierenden trugen Transparente und Tafeln mit den Forderungen wie „Nicht verstecken und verheimlichen“ und „Wir wollen, dass die Wahrheit ans Licht kommt“. Viele der Demonstrierenden schuften bei ThyssenKrupp unter miesesten Arbeitsbedingungen in der Reinigung der Anlagen und anderen gefährlichen Bereichen, wo es immer wieder zu Todesfällen und schweren Verletzungen kommt…“ Flyer vom 22.1.2023 externer Link der GewerkschafterInnen und Antifa gemeinsam gegen Dummheit und Reaktion
  • Warum starb Refat Süleyman? Warum der tragische Tod des Leiharbeiters Refat Süleyman kein Einzelfall ist 
    „Es ist spätnachmittags am Freitag, den 14. Oktober: Eine Gruppe von Menschen versammelt sich um einen kleinen Kaffeetisch in einer Wohnung im Zentrum von Duisburg-Bruckhausen. Am Abend reicht der Berg an Schuhen, der sich vor dem Eingang der Wohnung anhäuft, bis zur Holztreppe, weil immer mehr unangemeldete Besucherinnen und Besucher eintreffen. Alle stellen die gleiche Frage: »Wo bleibt Refat?« (…) Er kehrte nie zurück. (…) Refat war einer von rund 1 Million Leiharbeiterinnen und Leiharbeitern in Deutschland, die die Hälfte aller Beschäftigten in der Reinigungsbranche ausmachen. Letztere ist das dynamischste Segment des Dienstleistungssektors und erwirtschaftet einen Jahresumsatz von rund 18 Milliarden Euro. Inzwischen hat sich das Outsourcing von Reinigungsdiensten zu einem weit verbreiteten Mechanismus entwickelt, mit dem große Unternehmen Lohnkosten senken, Arbeitern ihre Verhandlungsmacht nehmen und tarifliche Bestimmungen wie Mindestlöhne und Sicherheitsstandards unterlaufen. Die Nische des Arbeitsmarkts, in die Duisburgs Arbeitsmigranten gedrängt werden, wird fast vollständig von Subunternehmern dominiert, sei es in der Reinigung, bei Lieferdiensten, auf dem Bau oder in der Produktion. Thyssenkrupp ist ein typisches Beispiel dafür: Nachdem das Unternehmen mehrere Fehlinvestitionen getätigt hatte und die Nachfrage stagnierte, verfolgte Thyssenkrupp eine rücksichtslose Strategie der Kostensenkung. Im Zuge dessen wurden Produktion und Arbeitsorganisation grundlegend umstrukturiert. Heute vergibt ein ausuferndes System von Tochtergesellschaften gering qualifizierte Arbeiten wie die Reinigung an große externe Dienstleister, während Leiharbeitsfirmen wie Eleman oder Randstad – die größte in Europa – für einen Dauerstrom an billigen, flexiblen Arbeitskräfte sorgen, die je nach Bedarf in die Produktionskette eingegliedert und kurz darauf wieder rausgeworfen werden können. Derzeit sind bei Thyssenkrupp in Bruckhausen etwa zwanzig Reinigungsunternehmen mit Tausenden von Arbeitskräften an der Industriereinigung beteiligt. Die Hälfte aller Reinigungskräfte (etwa 13.000) arbeitet unter Zeitverträgen, die sie in Bezug auf Löhne, Jobsicherheit und Arbeitsschutz stark benachteiligen. Der Großteil der Belegschaft sind bulgarische Migranten, gefolgt von Rumänen und Asylbewerbern. Viele bezeichnen ihren Job als »robski trud« – Sklavenarbeit. Agenturen wie Eleman und der Oberhausener Personalservice (OPS), die Refat beschäftigten, sind bei den Arbeitsmigranten in Duisburger Stadtteilen wie Marxloh und Bruckhausen dafür berüchtigt, Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften nicht einzuhalten. (…) Fragt man sie nach Refats Tod, beharren die Beschäftigten darauf, dass es pro Jahr zehn bis fünfzehn solcher Fälle gibt, die das Unternehmen unter den Teppich kehrt. Zu den häufigsten Unfällen gehören schwere Verbrennungen durch Schlacke und heiße Metalle, die sich Arbeiter bei der Reinigung der Hochöfen zuziehen, beinahe tödliche Stürze bei der Reinigung hoher Kräne ohne Schutzseile und der Verlust von Gliedmaßen bei der Wartung von Turbinen. Die Arbeiter behaupten, dass die meisten Unfälle nicht an Thyssenkrupp gemeldet werden. Betroffene werden oft mit den Folgen des Unfalls allein gelassen und davon abgehalten, Entschädigungsansprüche geltend zu machen. Wenn sie sich weigern, gefährliche Arbeiten zu übernehmen, wird ihnen mit einer Entlassung gedroht. Abgesehen von der mangelnden Arbeitssicherheit bedeutet ihr Status als Leiharbeiter auch, dass sie kaum Möglichkeiten haben, ihre Rechte einzufordern. Auf dem Papier verdienen die Eleman-Beschäftigten zwar den Mindestlohn, doch eine Reihe von rechtswidrigen Abzügen seitens der Arbeitgeber – wie 80 Euro für Schutzkleidung oder 1,50 Euro pro Tag für Transport – führen dazu, dass die Beschäftigten einen viel geringeren Nettolohn von etwa 8 Euro erhalten. Das zwingt viele dazu, lange Arbeitszeiten und ständig wechselnde Arbeitszeiten hinzunehmen. Überstunden sind ein weiteres Werkzeug der Überausbeutung. Oft werden die Überstunden von den Arbeitgebern zu niedrig beziffert oder ihre Auszahlung wird schlichtweg verweigert, sobald Beschäftigte versuchen, ihre Rechte einzufordern. »Ich habe einen Monat lang ohne Pause gearbeitet, ich wurde für 80 Stunden bezahlt und der Rest wurde als Überstunden berechnet. Als ich die Bezahlung verlangte, wurden meine Überstunden um die Hälfte gekürzt«, sagt der 41-jährige Petjo (Name geändert), der Eleman vor ein paar Monaten verlassen hat. Leiharbeiter wie Refat und Petjo unterzeichnen in der Regel Einjahresverträge mit einer sechsmonatigen Probezeit, innerhalb derer sie grundlos entlassen werden können. Um Vorschriften zur Lohnangleichung zwischen Leiharbeitern und Festangestellten und deren Überführung in unbefristete Verträge zu unterlaufen, werden alle paar Monate neue Reinigungskräfte eingestellt oder zwischen den beiden Tochtergesellschaften hin- und hergeschoben. Außerdem verweigern beide Arbeitgeber – unter Verstoß gegen das deutsche Arbeitsrecht – die Zahlung von Krankengeld. Die meisten Arbeiter berichten auch, dass ihnen bezahlter Urlaub vorenthalten wird. (…) Die fehlende gewerkschaftliche Vertretung dieser Beschäftigten sorgt dafür, dass sie von ihren regulär beschäftigen Kollegen abgespalten werden und ermöglicht es den Arbeitgebern, sie als Bürger zweiter Klasse zu behandeln. Jetzt, da Refat Süleymans Kollegen in Duisburg begonnen haben, sich zu wehren, liegt es an den großen Gewerkschaften wie der IG Metall und der IG BAU, ihren Kampf zu unterstützen und dafür zu sorgen, dass er nicht umsonst gestorben ist.“ Artikel von Polina Manolova in der Übersetzung von Loren Balhorn am 30. November 2022 in Jacobin.de externer Link
  • Tod von Süleyman Gürcan bei ThyssenKrupp: Interview mit Süleyman Gürcan (IG BAU) 
    Am 14. Oktober wurde der 26-jährige Arbeiter Refat S. bei ThyssenKrupp als vermisst gemeldet. Seine Leiche wurde erst nach drei Tagen polizeilicher Suche am 17. Oktober 2022 in einem Schlackebecken aufgefunden. Am 23. Oktober 2022 zogen 500-1000 Menschen (manche Quellen sprechen auch von bis zu 2000 Menschen) in einem Protestmarsch zum Thyssen-Krupp-Gelände. Größtenteils waren das Mitglieder der bulgarisch-türkischen Community, der Refat angehörte. Sie forderten die lückenlose Aufklärung des Falls und fürchten eine Vertuschung möglicher Todesumstände. Elmar Wigand spricht mit dem Gewerkschafter Süleyman Gürcan über den Tod des Arbeiters Refat S. bei ThyssenKrupp in Duisburg, die Lage von Leiharbeitern und Werkvertragsarbeitern. Uns interessieren Ansätze für Widerstand und Organisierung.“ Interview vom 17.11.2022 beim  Audioportal Freier Radios externer Link als arbeitsunrecht FM Nr. 14/22
  • “Auf den Straßen von Bruckhausen und Marxloh hört man oft, dass der Tod von Refat keine Ausnahme ist” 
    „Mitte Oktober wurde der Arbeiter Refat Süleyman tot in einem Schlackebecken des Stahlunternehmens ThyssenKrupp in Duisburg aufgefunden. Über 1.000 Menschen zogen in einer wütenden Demonstration vor das Unternehmen. Für sie ist der Tod des bulgarischen Arbeiters kein Einzelfall und sie vermuten Vertuschung.“ Im Interview von Perspektive Online vom 1. November 2022 externer Link äußert sich die Soziologin und Aktivistin der Duisburger Migrant:innenorganisation “Stolipinovo in Europa”, Polina Manolova, dazu: „… Die Umstände des Todes von Refat sind bis heute unklar. Die offiziellen Aussagen der Polizeibehörden bleiben äußerst vage. Sie deuten zwar auf einen Arbeitsunfall als Todesursache hin, lassen aber wichtige Fragen unbeantwortet, die seine ehemaligen Kollegen und die breite Öffentlichkeit beunruhigen. (…) Warum wurde die Leiche von Refat so spät gefunden? Sein Verschwinden wurde am 15.10.2022 bekannt, aber seine Leiche wurde erst am Nachmittag des 17.10.2022 entdeckt, obwohl es keine Hinweise darauf gab, dass er das Werksgelände verlassen hatte. (…) Warum wurde er auf dem Werksgelände allein gelassen und warum wurde sein Verschwinden nicht sofort von seinem Vorarbeiter gemeldet? Welche Reinigungsarbeiten hat er genau durchgeführt? Warum befand er sich an seinem dritten Arbeitstag in einem gefährlichen Bereich in der Nähe eines Schlackebeckens? (…) Welche Gesundheits- und Sicherheitsanweisungen erhielt Refat Süleyman bei seiner Einstellung durch die Eleman GmbH, wie wurden sie übermittelt – mündlich und/oder in schriftlicher Form und in welcher Sprache? (…) Meines Wissens sind insgesamt nur zwei von Refats Kollegen verhört worden. Viele Menschen in der Gemeinde haben den Eindruck, dass solche Zeugenaussagen nicht ernst genommen werden. Die Migrantenhilfsorganisation aus Duisburg, “Stolipinovo in Europa” , hat ein offizielles Schreiben an die zuständigen Ermittlungsbehörden geschickt, das diese informellen Zeugenaussagen enthält. (…) ThyssenKrupp hat in der Vergangenheit immer wieder gegen Sicherheitsvorschriften verstoßen. Ein bekannter Fall ist der Unfall im italienischen Turin im Jahr 2011, bei dem sieben Arbeiter verbrannten, nachdem das Management Kosteneinsparungen über die Sicherheit der Arbeiter gestellt hatte. Ein neuerer Vorfall ereignete sich Anfang dieses Jahres bei ThyssenKrupp Steel Fendorf, als ein Reparaturarbeiter von einem Gurtwickler angesaugt wurde. Was man in diesen Tagen auf den Straßen von Bruckhausen und Marxloh oft hört, ist, dass der Tod von Refat keine Ausnahme ist. Jeder hat schon einmal von einem Arbeitsunfall gehört oder kennt jemanden, der in irgendeiner Form davon betroffen war. Nach dem, was wir von derzeitigen und ehemaligen ThyssenKrupp-Mitarbeitern in Bruckhausen gehört haben, haben wir Grund zu der Annahme, dass dieser Vorfall kein Einzelfall ist. (…) Die Vergabe von Unteraufträgen ist die vorherrschende Form, wie Industrie-Reiniger:innen bei ThyssenKrupp-Steel beschäftigt werden. Es ist bekanntermaßen eine Hauptursache für ausbeuterische Arbeitsbedingungen, mangelhafte Überwachung der Arbeitsstandards – zumal die Sicherheitsanweisungen in den Verträgen nur in deutscher Sprache abgefasst sind – und fehlende Verantwortlichkeit.“
  • [Petition] Konsequente Aufklärung des Todes von Refat Süleyman und Abschaffung von Subunternehmen bei ThyssenKrupp-Steel und im gesamten Stahlsektor! 
    Wir, die bulgarischen Einwohner von Duisburg, unsere Landsleute aus Nordrhein-Westfalen, osteuropäische Arbeitsmigrant*innen, Teile der Gewerkschaften, Aktivist*innen und besorgte Menschen aus verschiedenen Teilen Deutschlands und darüber hinaus, alarmieren hiermit alle zuständigen Behörden und die Öffentlichkeit über die Umstände, die zum Tod von Refat Süleyman geführt haben. Wir kritisieren auch die fehlende Übernahme von Verantwortung und eine bislang ausbleibende, konsequente Untersuchung der Todesumstände. (…)
    Vor kurzem hat die Corona-Pandemie die öffentliche Aufmerksamkeit auf die entsetzlichen Arbeitsbedingungen der meist osteuropäischen Arbeitskräfte in der deutschen Fleischindustrie geworfen. Die Situation im Reinigungs-, Bau- und Logistikgewerbe ist dabei nicht weniger katastrophal. Die Vergabe von Aufträgen an Subunternehmen, die bei ThyssenKrupp-Steel die vorherrschende Form der Beschäftigung von Reinigungskräften ist, ist bekanntermaßen eine der Hauptursachen für ausbeuterische Arbeitsbedingungen, mangelhafte Überwachung von Arbeitsstandards (v.a. da Verträge und Sicherheitsunterweisungen nur auf Deutsch ausgestellt werden) und fehlende Verantwortung. Mehr als ein Drittel der Arbeitsmigrant*innen in Duisburg sind bei Leiharbeitsfirmen oder ausbeuterischen Subunternehmern beschäftigt, die häufig weniger als halb so viel Lohn wie bei einer direkten Beschäftigung auszahlen. Sie bieten darüber hinaus keine Jobsicherheit und zahlen in der Regel keine Sozialversicherungsbeiträge. Vor allem aber erhöhen die sinkenden Investitionen in den Arbeitsschutz, die zunehmende Flexibilisierung und die sich vertiefende Prekarität in diesem Sektor das Risiko von Arbeitsunfällen und Todesfällen. (…)
    Auch wenn die genauen Umstände des Todes von Refat bislang nicht bekannt sind, besteht kein Zweifel daran, dass sich die schlechten Arbeitsbedingungen, die sich durch die Einbindung von Subunternehmen noch verstärken, auf die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer*innen massiv auswirken. Konflikte zwischen Arbeiter:innen und Vorgesetzten sind so vorprogrammiert und es wird ein Umfeld geschaffen, in dem Unfällen und Misshandlungen Tür und Tor geöffnet werden. Diese Bedingungen müssen berücksichtigt werden und sind für die Untersuchung dieses tragischen Todesfalls unmittelbar relevant. Die Abschaffung dieser Bedingungen ist ein wichtiger erster Schritt, um sicherere und geschütztere Arbeitsverhältnisse für alle Arbeitnehmer*innen in den ThyssenKrupp-Werken zu gewährleisten…“ Petition von Polina Manolova bei change.org externer Link mit umfangreichen Forderungen an Vorstand ThyssenKrupp Steel Group, Vorsitz Betriebsrat ThyssenKrupp Steel Werk Bruckhausen, IG Metall bei ThyssenKrupp Steel Europe, Rat der Stadt Duisburg, Polizei Duisburg, Bezirksregierung Düsseldorf, Innenministerium Nordrhein-Westfalen, Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales Nordrhein-Westfalen, Landesregierung Nordrhein-Westfalen, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Dortmund, Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales
  • Richtigstellung über den „Arbeitgeber“ von Refat Suyleyman: Von einem anderen Sklavenhändler verliehen an einen anderen Subunternehmer – wohl Alltag nicht nur bulgarischer KollegInnen bei Thyssenkrupp 
    Entgegen unseren – und von uns verbreiteten – ersten Informationen, Refat Suyleyman sei als Leiharbeiter für Eleman Personalservice GmbH in Essen bei Thyssen „beschäftigt“ gewesen, bestätigen nun mehrere InformantInnen, es sei die
    OPS Oberhausener Personalservice GmbH (siehe deren Homepage externer Link)(die 200-300 bulgarische KolegInnen unter Vertrag haben soll).
    Am Tag seines Todes soll er für das Subunternehmen für ThyssenKrupp, die BUCHEN UmweltService GmbH gearbeitet haben (siehe deren Homepage externer Link). Dass diese Verleih-Kette keine Ausnahme bildet, ist auch diesem Artikel zu entnehmen:

    • Gerechtigkeit für den bulgarischen Arbeiter Refat Süleyman
      „… Entwicklung des Vorfalls: Den Angaben zufolge wurde Refat Süleyman am 14. Oktober, dem Tag des Unfalls, von seinem Vorarbeiter, mit dem er zusammenarbeitete, zum Frühstück zum Auto geschickt, was ihm während der Arbeitszeit zustand. Als der Vorarbeiter etwa 15 Minuten später zum Auto kam, konnte er Refat Süleyman nicht finden und begann ihn zu suchen. Trotz aller Bemühungen konnte Refat jedoch nicht gefunden werden. Wie viele andere bulgarische Arbeitnehmer hatte Refat Süleyman drei Tage vor dem Unfall seine Arbeit in einem Unternehmen aufgenommen, das billige Arbeitskräfte einstellte. Das Leihunternehmen vermittelte ihn an einen Subunternehmer für Industriereinigung bei  ThyssenKrupp Steel Europa (TKSE). Nach drei Tagen Arbeit wird Refat Süleyman vermisst. Seine Tasche und seine Arbeitsjacke wurden im Auto gefunden, aber man hörte nie wieder etwas von ihm. (…)Der Tod von Refat Süleyman ist ein Beispiel der Realität der bulgarischen Arbeiter: Infolge des EU-Gesetzes über die Arbeitnehmerfreizügigkeit, das am 1. Mai 2011 in Kraft trat, kamen Hunderttausende von Arbeitnehmern aus Bulgarien und Rumänien in europäische Länder. In Bulgarien begannen Arbeitsmigranten in allen möglichen Berufen zu arbeiten, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Viele Leihfirmen nutzten die sprachliche und kulturelle Bildung der Wanderarbeiter und begannen, sie einzustellen und an andere Unternehmen zu verleihen. (…)
      Bei zahlreichen Bauarbeiten werden auch bulgarische Arbeitskräfte herangezogen. In vielen Städten gibt es einen Arbeitsmarkt, auf dem Subunternehmer Arbeitskräfte zu sehr niedrigen Löhnen, langen Arbeitszeiten und unter großem Druck beschäftigen. Viele dieser Beschäftigten werden angeblich nicht bezahlt und sind der Gewalt ausgesetzt. Viele bulgarische Arbeitskräfte, wie Refat Süleyman, arbeiten als Leiharbeiter für Subunternehmer bei TKSE. Die TKSE behauptet, dass sie der Arbeitssicherheit ihrer Mitarbeiter große Bedeutung beimisst und die Arbeitsunfälle allmählich zurückgehen, ist bei den Subunternehmern das Gegenteil der Fall.
      Obwohl viele Leiharbeitskräfte kein Deutsch sprechen, werden ihnen die Sicherheitsvorschriften nicht in ihrer Muttersprache erklärt. Die Arbeitnehmer sind daher nicht ausreichend mit den Sicherheitsvorschriften vertraut. Die im Arbeitsschutzgesetz vorgeschriebene Kleidung wird den Arbeitnehmern nicht zur Verfügung gestellt, und wenn doch, dann zum doppelten Preis des Marktpreises. Nach dem Arbeitsschutzgesetz muss das Unternehmen selbst für diese Kosten aufkommen. Die bulgarischen Arbeitnehmer wissen dies jedoch aufgrund der Sprachbarriere nicht, und es wird ihnen in der Regel vom Lohn abgezogen. (…)
      Es gibt viele solcher unrechtmäßigen Praktiken. Die großen Unternehmen und ihre Gewerkschaftsvertreter wissen das, ignorieren es aber. Sie vertuschen das, indem sie sagen: „Sie arbeiten sowieso nicht für uns, Sie arbeiten für den Subunternehmer“. Musste Refat Süleyman sterben, um der Stimme der bulgarischen Arbeiter Gehör zu verschaffen? (…) Obwohl seit Jahren bekannt ist, dass Leiharbeitskräfte als moderne Sklaven beschäftigt werden, ist es nicht besorgniserregend, dass sich keine öffentliche Meinung dagegen gebildet hat, insbesondere nicht von den Gewerkschaften? War der Tod von Refat Süleyman notwendig, damit dies alles bekannt wurde? Wir alle müssen uns diese Frage immer häufiger stellen. Sollten wir nicht eine gemeinsame Kampflinie mit unseren Arbeitskollegen und Arbeitskolleginnen gegen die diskriminierenden, rassistischen und sklavischen Sanktionen gegen bulgarische Arbeitskräfte aufbauen? Die Antwort auf all diese Fragen ist ein großes JA…“ Artikel von „Ein Arbeiter aus ThyssenKrupp“ vom 26 Oktober 2022 bei Atik externer Link (Europäischer Verband türkischer Arbeitnehmer)
  • Der Tod von Refat Süleyman wirft noch viele Fragen auf. V.a.: Wie kommt ein angelernter Leiharbeiter am 2. Arbeitstag bei Thyssenkrupp ohne „Fremdeinwirkung“ und ohne Aufsicht in ein vergittertes Schlackebecken?
    • Viele Medien sagen es fehlen Hinweise für Fremdeinwirkung beim Tod von #RefatSüleyman. Wie aber konnte er unbemerkt in ein vergittertes Schlackebecken fallen & drei Tage dort liegen, trotz paarweiser Arbeit, Dienstprotokolle und Kameras? Was sagen Behörden & Verantwortliche dazu?Tweet von Polina Manolova vom 25.10.22 externer Link
    • Todesfalle Stahlwerk. Duisburg: Protestmarsch gedenkt 26jährigen Arbeiters. Gewerkschafter fordern Aufklärung
      Refat Süleyman war erst seit wenigen Tagen auf dem Gelände eingesetzt, als er am Morgen des 14. Oktober in die Pause geschickt wurde. Danach verlor sich seine Spur. Polizei und Werkschutz nahmen die Suche auf. Erst am Abend des 17. Oktober wurde der Leichnam des 26jährigen bulgarischen Arbeiters in einem Schlackebecken gefunden. Die bulgarische Gemeinde und Gewerkschaften fordern seitdem eine sofortige Aufklärung der Todesumstände, denn jene metertiefen Becken, in denen sich Reste aus der Metallgewinnung, Fett und Schlamm befinden, sind laut Auskunft von Werksangehörigen mehrfach mit Zäunen und Gittern gesichert.
      Vor allem über soziale Netzwerke verbreiten sich seit Tagen Zweifel von Angehörigen und Freunden des Verstorbenen an der Darstellung der Polizei. So glauben viele Bulgaren in Duisburg nicht, dass umgehend eine Suchaktion eingeleitet worden sei. Auch wird von vielen angezweifelt, dass es sich um einen bloßen Arbeitsunfall handelt, ein Gewaltverbrechen wird nicht ausgeschlossen. Die Spekulationen gehen sogar so weit, dass Süleyman vorsätzlich umgebracht worden sei. Nach der Obduktion des Leichnams am vergangenen Donnerstag gehen die Ermittler davon aus, dass der Arbeiter ohne Fremdeinwirkung durch einen Unfall ums Leben gekommen ist. (…) Auch Süleyman Gürcan, Bezirksvorstandsmitglied der IG BAU Duisburg, äußerte sich am Montag im Gespräch mit junge Welt tief betroffen. Um Missstände endlich ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken und zu beseitigen, dürften doch keine Menschen ums Leben kommen. Damit spielt Gürcan auf die allgemeinen Arbeitsbedingungen bulgarischer Kolleginnen und Kollegen an. »Sie werden buchstäblich wie Menschen dritter Klasse oder moderne Sklaven behandelt.« Informationen von junge Welt zufolge war der tote 26jährige Arbeiter bei einer Leiharbeitsfirma in Oberhausen angestellt, die ihn an eine Reinigungsfirma für Industriegelände mit Sitz im Ruhrgebiet vermittelt hatte. Kollegen aus Bulgarien sollen die gleichen Rechte wie alle haben, fordert Gürcan. Es fehle jedoch an Ausbildung und Arbeitsschutz. »Es gibt eine hohe Sprachbarriere, weil viele wichtige Hinweise nicht übersetzt und damit nicht verstanden werden«, kritisierte der Gewerkschafter gegenüber jW. Auch er forderte eine umfassende Aufklärung des Todes von Süleyman im Thyssen-Werk, damit die Angehörigen »wenigstens etwas zur Ruhe kommen« könnten.
      Gewerkschaftssekretär Mahir Sahin, zuständig für Reinigungskräfte bei Thyssen-Krupp, sprach gegenüber dieser Zeitung von unhaltbaren Zuständen. Immer wieder käme es vor, dass Arbeiterinnen und Arbeiter mit Sprachbarrieren in der Gebäudereinigungsbranche regelrecht ausgetrickst würden…“ Artikel von Henning von Stoltzenberg in der jungen Welt vom 25.10.2022 externer Link
    • Tod eines jungen Leiharbeiters bei ThyssenKrupp: Protestdemonstration: Werden hier die Umstände vertuscht? Aufklärung gefordert
      „… Neben dem Beistand für die Familie des Kollegen, vor allem für seine junge Frau und zwei Kinder, haben die Demonstrantinnen und Demonstranten aber auch Fragen und Forderungen! Bisher schließt die Polizei Fremdverschulden aus. Doch verschiedene Umstände werfen Fragen auf.

      • Obwohl bereits seit der Frühstückspause verschwunden, stellte erst die Familie eine Vermisstenanzeige, als der Kollege nicht von der Arbeit nach Hause kam.
      • Seine Kollegen hatten ihn nach der Schicht abgemeldet.
      • Eine zunächst erfolglose, dreitägige Suchaktion.
      • Zufälliges Auffinden des Leichnams in einem schwer zugänglichen Schlackebecken. In so ein abgesichertes Becken fällt man nicht einfach rein!
      • Es ist Vorschrift, die Reinigungsarbeiten auf der Hütte in Trupps mit mindestens drei Leuten durchzuführen. Der Kollege war aber offensichtlich allein. (…)
        „Wir sind hier“, so ein Kollege, „um der Familie beizustehen! Wir sind aber auch hier, um die lückenlose Aufklärung zu fordern! Und wir wollen, dass alle Kollegen, die auf ThyssenKrupp arbeiten, auch von ThyssenKrupp angestellt werden! Alle Leiharbeiter müssen von ThyssenKrupp voll übernommen werden! Keine Zwei-Klassen-Belegschaft mehr!“…“ Korrespondenz aus Duisburg am 24.10.2022 in den Rote-Fahne-News externer Link
      • Toter Arbeiter in ThyssenKrupp Werk in Duisburg: „Der Hergang des Todes von Refat Süleyman wirft einige Fragen auf“
        Der Fall des am Freitag, den 14.10.2022, als vermisst gemeldeten und drei Tage später am Montag, den 17.10.2022, im ThyssenKrupp Werk in Duisburg tot in einem Schlackebecken aufgefundenen 26 jährigen Bulgariers Refat Süleyman wirft auch einige Tage nach Bekanntwerden der Nachricht viele Fragen auf. Wie Refat Süleyman unbemerkt ins Schlackebecken fallen konnte, trotz Dienstprotokoll und Videoüberwachung ist nur eine dieser Fragen. Offizielle Stellen gehen weiterhin nicht von Fremdverschulden aus. Um der Forderung nach Gerechtigkeit für Refat Süleyman Nachdruck zu verleihen fand am 23.10.2022 vor dem ThyssenKrupp Werk in Duisburg eine große Demonstration statt. Die Demonstrant*innen fordern eine echte Aufklärung der Umstände und des Todes des jungen Mannes, der über ein Subunternehmen für ThyssenKrupp gearbeitet hat. Darüber haben wir mit Philipp Lottholz gesprochen, er beobachtet die Proteste und ist Teil des Vereins Stolipinovo in Europa e.V., einem Verein der bulgarische und osteuropäische Menschen im Raum Duisburg repräsentiert.“ Interview vom 25. Oktober 2022 beim Radio Dreyeckland externer Link Audio Datei
    • Kämpferische Demo nach Tod von Arbeiter Refat Süleyman bei ThyssenKrupp Duisburg: Über 1.000 Menschen fordern Aufklärung und Gerechtigkeit
      Über 1.000 Menschen sind am Sonntag lautstark durch Duisburg gezogen und haben Aufklärung zum Tod des 26-jährigen Refat Süleyman gefordert. Der Reinigungsarbeiter war Anfang letzter Woche leblos in einem Schlackebecken des Duisburger Großkonzerns ThyssenKrupp aufgefunden worden. Die Polizei geht nicht von Fremdverschulden aus, doch Protestierende bezweifeln das. Vor allem viele Fragen zur Arbeitssicherheit seien offen. Auch in seiner bulgarischen Heimatstadt Plovdiv versammeln sich hunderte Menschen. (…) Viele Menschen kommen selber aus Duisburg, seien aber auch aus umliegenden Städten und sogar aus den Niederlanden und Frankreich angereist. Sie fordern Gerechtigkeit (“Adalet”) für den 26-jährigen Arbeiter, der am vergangenen Montag Abend tot in einem Schlackebecken des Stahlunternehmens aufgefunden worden war. Sein Körper war bei einer Befüllung nach oben gespült worden. (…) Die Protestierenden wollen sich mit diesen Antworten nicht zufrieden geben. filibeliler listet eine ganze Reihe avon offenen Fragen auf:

      • „Warum wird Refat bereits am zweiten Tag des Arbeitsvertragsbeginns beauftragt, ein Becken mit Industrieschlacke zu reinigen – eine Tätigkeit, die mit erhöhter Gefahr verbunden ist?
      • Warum hat er diese Aufgabe allein und ohne Aufsicht seines unmittelbaren Vorgesetzten ausgeführt?
      • Hat Refat die notwendige Einweisung in die Arbeit in einer gefährlichen Umgebung durchlaufen, bevor er mit der Reinigung beauftragt wurde?
      • Warum behaupteten die örtlichen Behörden und der Arbeitgeber zunächst, dass Refat als Generalarbeiter für das Anbringen von Verkehrszeichen auf der Baustelle eingestellt wurde?
      • Gibt es eine Diskrepanz zwischen der im Vertrag beschriebenen Arbeitsspezifikation und den tatsächlichen Arbeitsaktivitäten, die der Arbeitnehmer durchgeführt hat?” (…)
        Um Antworten auf diese und andere Fragen zu finden, haben die heutigen Demonstrant:innen beschlossen, ein Komitee aus Angehörigen, Mitgliedern des örtlichen Vereins zur Verteidigung der Rechte der Bulgaren in Duisburg und Gewerkschaftern zu gründen. Dieses will auf einer  transparenten Untersuchung von Vertreter:innen der Arbeitsagentur, den Eigentümer:innen des Stahlwerks und den Ermittlungsbehörden bestehen.“ Beitrag vom 24. Oktober 2022 in Perspektive Online externer Link
    • Demos nach Arbeitsunfall bei Thyssen Krupp
      Video des Beitrags von Kai Toss am 24.10.2022 in Aktuelle Stunde des WDR externer Link (21:04 Min./Verfügbar bis 31.10.2022)
  • Hunderte Protestierende bei der Demo für die Aufklärung der Todesumstände von Refat Suyleyman in Duisburg-Bruckhausen am Sonntag, 23.10.
    • In diesem Moment: mehrere hundert Menschen ziehen in einem Protestmarsch zum #Thyssenkrupp Werk und fordern Aufklärung des Todes von #RefatSyuleyman in einem Schlackebecken vor ca. einer WocheThread von Philipp Lottholz vom 23.10.22 externer Link zum Video von Polina Manolova externer Link , siehe auch:
    • Warum wurde #RefatSyuleyman vom Subunternehmer #Eleman an seinem 2. Arbeitstag und ohne Sicherheitsschulung zur Reinigung eines Schlackenbades auf dem Gelände von #Thyssenkrupp geschickt? Warum wurde er von #ElemanVorgesetzten unbeaufsichtigt gelassen? Wir fordern Antworten!“ engl. Tweet von Polina Manolova vom 23.10. externer Link mit Fotos der Demo
    • Eleman Personalservice GmbH in Essen „Wir machen nicht alles, aber alles ganz besonders“ ist der Sklavenhändler, der Refat Suyleyman bei Thyssen „beschäftigt“ hatte, siehe deren Homepage externer Link
    • Hunderte Protestierende haben ihre Forderung nach Aufklärung und Rechenschaft für Refats Tod deutlich gemacht. Aus dem #Thyssenkrupp Werk kam keine nennenswerte Reaktion, wir werden weiter auf Antworten beharrenTweet von Polina Manolova vom 23.10. externer Link mit Link zum bulgarischen Bericht vom 23.10.22 auf Filibeliler externer Link mit Fotos und Vieos der Demo (für alle, die nicht twittern)
    • „„Genug Lügen!“, „Wir wollen Gerechtigkeit“, „Warum ist Refat gestorben?“ – Bulgarische Arbeiter in Duisburg wollen Antworten! Die Zulieferindustrie kostet Leben!“ engl. Tweet von Polina Manolova vom 23.10. externer Link mit weiteren Fotos der Demo
    • Ein trauriger Tag für die Einwohner von Stolipinovo, Plovdiv. Hunderte haben sich versammelt, um bei der Beerdigung von #RefatSyuleyman ihren Tribut zu zollen RUHE IN FRIEDEN“ engl. Tweet von Polina Manolova vom 24.10. externer Link mit Video der Beerdigung
    • und weitere Videos auf ihrem Twitter-Account externer Link, Filibeliler hat auf youtube über die Demo live berichtet externer Link  
    • Siehe den Aufruf zuvor: „SONNTAG, 23.10, 13:00 Uhr, Tor 1 der Thyssenkrupp-Steel in Duisburg-Bruckhausen: Demo für die Aufklärung der Todesumstände von Refat Suyleyman, einem bulgarischer Arbeiter eines Subunternehmens, der auf dem Werksgelände tot aufgefunden wurde.“ Tweet der FAU Ruhrgebiet vom 22. Okt. 2022 externer Link
  • Refat Suyleyman lt. Obduktion im Schlackebecken erstickt 
    Der zu Wochenbeginn tot auf dem Werksgelände von Thyssenkrupp Steel im Duisburger Stadtteil Bruckhausen aufgefundene Arbeiter ist in der zähflüssigen Masse eines Schlackebeckens erstickt. Das habe die Obduktion des 26-Jährigen ergeben, teilte die Polizei am Donnerstag mit. Schlacke entsteht bei der Herstellung von Metallen. Es gebe weiterhin keine Hinweise auf ein Fremdverschulden. Die näheren Umstände würden weiter untersucht…“ Meldung vom 20.10.2022 in den Ruhr-Nachrichten online externer Link („Toter Arbeiter bei Thyssenkrupp in Duisburg – Obduktion offenbart grausige Details“)
  • Siehe #RefatSyuleyman und v.a. auf Twitter die Berichterstattung von Polina Manolova externer Link sowie von @filibeliler externer Link
  • Ein bulgarischer Arbeiter ist am vergangenen Freitag in einem der @thyssenkrupp  in Duisburg verschwunden! Er hat eingecheckt und dann nie ausgecheckt! Keine Aussage der Fabrikbesitzer. Arbeiter bereit, die Produktion zu blockieren, wenn die Eigentümer und die Polizeibehörden keine Antworten geben.“ so ein engl. Tweet von Polina Manolova vom 17.10.22 externer Link, die aus Duisburg von viel Solidarität berichtet.
  • Ein Ausländer verschwand spurlos aus der Fabrik, in der er arbeitete. Er hat seinen Arbeitsplatz nie verlassen, sagt seine Familie
    Der 26-Jährige aus Plovdiv wird seit drei Tagen vermisst. Alle Bulgaren in Duisburg/Deutschland suchen nach Refat, der seit letzter Woche in einer Fabrik in Duisburg arbeitet. Die Familie des vermissten Jugendlichen wandte sich an unsere Medien um Unterstützung. Wir haben ein kurzes Informationsvideo über die Familie gedreht. Die Bulgaren in Deutschland bereiten sich darauf vor, das Werk zu blockieren, wenn der Fall nicht gelöst wird.“ Maschinenübersetzung des bulgarischen Artikels vom 17.10.2022 bei Filibeliler externer Link der Vereinigung „STOLIPINOVO RESIDENTS“ mit vielen Fotos und dem angesprochenen Video.

  • Toter Arbeiter im Thyssenkrupp-Werk: Es gibt neue Details
    Ein Arbeiter ist auf dem Werksgelände von Thyssenkrupp in Duisburg-Bruckhausen ums Leben gekommen. Polizei hat erste Erkenntnisse zur Ursache. Der tote Arbeiter im Werk von Thyssenkrupp-Steel (TKS) in Duisburg-Bruckhausen ist nach ersten Erkenntnissen der Polizei durch einen Unfall ums Leben gekommen. „Darauf deutet derzeit vieles hin“, erklärte Sprecher Jonas Tepe am Dienstagmorgen. Ein Mitarbeiter hatte am Montag um 17.25 Uhr die Leiche des 26-Jährigen entdeckt und die Polizei gerufen (wir berichteten). Einsatzkräfte und auch die Kripo rückten in das Industrie-Areal aus, begutachteten die Auffindesituation und führten vor Ort die Leichschau durch. In welchem Bereich und in welchem Zustand der Mann genau gefunden wurde, möchte die Polizei noch nicht öffentlich machen. „Ein Fremdverschulden scheint nach aktuellem Ermittlungsstand ausgeschlossen“, nennt Tepe aber erste Erkenntnisse. Allerdings müsse auch der Leichnam des Mannes noch obduziert werden. Die Obduktion ist für Donnerstag angesetzt. Parallel führen die Ermittler auch Gespräche mit der Familie des Toten, der in Bruckhausen wohnte…“ Artikel von Martin Ahlers, Daniel Paul und Martin Schroers vom 18.10.2022 in der WAZ Duisburg externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=205316
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