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Prozess um Werkverträge bei Wiesenhof-Tochter Geestland Putenspezialitäten: Bulgarische Arbeiter erhielten am Ende nur vier Euro Stundenlohn
„Das System war auf Ausbeutung angelegt. Wegen Verstoßes gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz hat das Oldenburger Landgericht am Mittwoch einen 49 Jahre alten Unternehmer aus Bulgarien zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt. Im Rahmen der Bewährungsauflagen muss der Angeklagte 10.000 Euro an den Staat zahlen. Der Angeklagte hatte in der Zeit von 2007 bis 2009 mit seinen verschiedenen Firmen in Bulgarien 527 bulgarische Arbeiter rekrutiert, die dann bei Wiesenhof in Lohne (Hähnchen) und bei der Wiesenhof-Tochter Geestland Putenspezialitäten mit Sitz in Wildeshausen zum Einsatz gekommen waren. Der 49-Jährige hatte die Arbeiter im Rahmen von Werkverträgen verliehen. Diese Werkverträge seien faktisch aber nie gelebt worden, sagte gestern die Vorsitzende Richterin. Den Feststellungen zufolge waren die Arbeiter in Lohne und Wildeshausen komplett eingegliedert gewesen und erhielten dort auch ihre Anweisungen. Das widerspricht einem Werkvertrag. Die Arbeiter wurden in den Betrieben als Arbeitnehmer beschäftigt, nur eben nicht als solche bezahlt. Der Angeklagte verhandelte mit den Betrieben in Lohne und Wildeshausen nicht direkt, sondern mit einer Vermittlerfirma in Lohne, deren Chef der frühere kaufmännische Leiter von Wiesenhof gewesen sein soll.“…“ Artikel von Franz-Josef Höffmann vom 21.06.2018 auf nwzonline , siehe zu Geestland eine frühere Meldung und nun eine Nachwirkung des Prozesses:
- Richter wollen Vermögen einziehen / Massenaktion gegen die PHW-Wiesenhof-Gruppe im Juli 2021
- Rechtsstreit um Schlachthof Geestland: Richter wollen Vermögen einziehen
„Nach der Ausbeutung von Arbeitern vor über zehn Jahren soll Geestland hinterzogene Sozialleistungen zurückzahlen. Ist das juristisch durchsetzbar? Es war ein Fall, der aus vielen Gründen im Gedächtnis blieb: der Prozess gegen die beiden Geschäftsführer der Geestland Putenspezialitäten und der mit ihr verbundenen Zeitarbeitsfirma ZVS, die jetzt Pro Work heißt. Um die illegale Beschäftigung und Ausbeutung von 800 bulgarischen Arbeiter:innen ging es in dem zähen und langwierigen Verfahren vor dem Landgericht Oldenburg 2017. Die beiden Männer mussten letztlich freigesprochen werden – die Taten waren verjährt, auch weil es so lange gedauert hatte, bis sie überhaupt vor Gericht landeten. Doch so ganz ungeschoren sollten die Täter trotzdem nicht davon kommen: Das Gericht ordnete eine umfangreiche Vermögenseinziehung an, die etwa den hinterzogenen Sozialleistungen entsprach. Zehn Millionen Euro sollte die Firma Geestland zahlen, die zu Wiesenhof gehört, rund 72.000 Euro die betroffene Zeitarbeitsfirma. Dagegen wehren die sich natürlich und legten umgehend Revision ein, die zur Zeit beim Bundesgerichtshof liegt. (…) Ja, bescheinigte das Bundesverfassungsgericht nun, das geht. Weil es sich nicht im eigentlichen Sinne um eine Strafe handelt, sondern um die Abschöpfung eines unrechtmäßig erworbenen Vorteils, der sonst zu weiteren Straftaten animieren könnte. Und auch der Grundsatz, dass nichts rückwirkend für illegal oder unzulässig erklärt werden darf (weil es in einem Rechtsstaat so etwas wie Vertrauensschutz in die jeweils geltende Rechtslage geben muss), gilt hier nicht, sagen die Karlsruher – weil es um überragende Belange des Gemeinwohls geht, nämlich das Vertrauen der Bürger:innen in den Rechtsstaat.“ Artikel von Nadine Conti vom 18.3.2021 in der taz online , siehe dazu: - Entschlossen und vielfältig gegen PHW: PHW ade!: Aktionscamp und Massenaktion des zivilen Ungehorsams des Bündnisses „Gemeinsam gegen die Tierindustrie“ im Juli 2021
Gemeinsam gegen die Tierindustrie am 18.3.21 auf Twitter : „Die Schlachtfabrik von #Geestland befindet sich in #Wildeshausen in unmittelbarer Nähe zur Zentrale des #PHW-#Wiesenhof-Konzerns in #Rechterfeld. Im Juli werden wir genau hier demonstrieren. Sorgen wir dafür, dass diese Zustände ein Ende finden!“ und deren Aufruf mit Infos zum Aktionscamp mit einer Massenaktion gegen die PHW-Wiesenhof-Gruppe: „… PHW ist als größter deutscher Geflügelzüchter und -verarbeiter ein zentraler Player der deutschen Tierindustrie. Mit seinen Marken Wiesenhof und Bruzzzler finden sich die PHW-Produkte in vielen Ladentheken. Einigen ist Wiesenhof außerdem bekannt als Sponsor des Fußballklubs Werder Bremen. Seinen Unternehmenssitz und wichtige Produktionsanlagen wie ein Futtermittelwerk hat PHW in Rechterfeld in Niedersachsen. Im Herzen des Oldenburger Münsterlands liegen viele verschiedene und wichtige Produktionsbereiche von PHW auf engstem Raum zusammen: die Hauptzentrale, eine große Brüterei, ein Futtermittelwerk sowie mehrere Mastanlagen. Dort wollen wir hingehen und widerständig sein. Helft uns, unseren Widerstand deutlich und sichtbar zu machen! (…) Wir gehen dorthin, wo Tierleid und der Klimawandel gemacht werden: zu PHW nach Rechterfeld. Dort fordern wir die Enteignung von PHW und die Umstellung der Anlagen in ökologisch verträgliche und solidarische Pflanzenproduktionsstätten unter der Selbstverwaltung der Arbeiter*innen. PHW ade! Doch die PHW-Gruppe wird nur der Anfang sein. Wir fordern einen Baustopp aller Tierproduktionsanlagen in Deutschland und einen sofortigen Stopp der Futtermittelimporte aus dem globalen Süden. Und wir fordern ein sofortiges, vom Vermögen der PHW-Gruppe und aller anderen bisherigen Profiteur*innen finanziertes solidarisches Strukturwandelprogramm für bislang stark von der Tierindustrie dominierte Regionen. Wir wollen gute und faire Arbeitsplätze unter Kontrolle der Arbeiter*innen und Kleinbäuer*innen! (…) Zwischen dem 10. und 18. Juli 2021 werden wir gemeinsam mit vielen anderen Menschen in einer Aktion zivilen Ungehorsams die PHW-Betriebe in Rechterfeld lahmlegen! Die Planungen laufen auf Hochtouren. Gemeinsam werden wir kreative, vielfältige und entschlossene Zeichen setzen. Ob protesterfahren oder zum ersten Mal auf der Straße, ob gerne in dynamischen Situationen oder lieber im Hintergrund wirkend – alle können an der Aktion teilnehmen! Gemeinsam stoppen wir PHW!...“
- Rechtsstreit um Schlachthof Geestland: Richter wollen Vermögen einziehen
- ArbeiterInnen unter Druck
„Am 26. 5. waren die Beraterinner der mobilen Beratung für ausländische Beschäftigte und Vertreter der Gewerkschaft NGG vor dem “Geestland”-Putenschlachthof in Wildeshausen. Dort verteilten sie Beratungsinfos und den neuen Mindestlohntarifvertrag in verschiedenen Sprachen. Nicht nur Vorarbeiter der Fleischunternehmen, auch die Polizei behinderte diese Aktion. Matthias Brümmer schildert in dem Interview, was sich auf öffentlichem Gelände, also vor dem Werkstor von Geestland, abspielte. “Mehrere Bulgaren sagten uns, dass sie unser Material nicht annehmen dürften. Andere haben es gleich abgelehnt, die Leute hatten offenbar Angst. Das ist interessant, weil sich die PHW-Gruppe, zu der Geestland ja gehört, öffentlich immer für einen Mindestlohn ausgesprochen hat.” Nach spätern Aussagen von Arbeitern hatte der Vorarbeiter gedroht, die ganze Kolonne rauszuwerfen, wenn nur einer von ihnen ein Info-Blatt der NGG oder der mobilen Beratungsstelle nehmen würde…“ Bericht vom 31.05.2014 bei ALSO – Arbeitslosenselbsthilfe Oldenburg e.V. im Zusammenhang unseres Dossiers: Branchenmindestlohn Fleischwirtschaft: „Eine engmaschige Kontrolle ist unerlässlich“