Diskriminierung bei Bewerbung: Türkischer Name z.B. schmälert Chance auf Ausbildungsplatz

Dossier

Pro Asyl: Rassismus führt zum Verlust Ihres Mitgefühls„“Ein ernsthaftes Diskriminierungsproblem“: Jugendliche mit türkischen Namen haben einer Studie zufolge schlechtere Chancen auf einen Ausbildungsplatz – auch wenn sie die gleiche Qualifikation haben wie Bewerber mit deutschen Namen. Es geht ungerecht zu auf dem deutschen Ausbildungsmarkt, wenn bereits die vermeintliche Herkunft und der Name entscheiden, ob ein Bewerber eine Chance bekommt. So haben Schüler mit türkischen Namen bei ihrer Ausbildungssuche mit Diskriminierung zu kämpfen. Sie müssen mehr Bewerbungsbriefe verschicken, bis sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden, als ihre Mitbewerber mit deutschem Namen und gleich gutem Schulabschluss. Das geht aus einer aktuellen Studie des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen externer Link hervor…Artikel in der Süddeutschen online vom 26. März 2014 externer Link. Siehe dazu verschiedene Aspekte:

  • Aktuelle Studie zu Bewerbungen: Durch Vorurteile werden Talente von Jugendlichen mit Hauptschulabschluss und Migrationshintergrund unterschätzt New
    „Jugendliche mit Migrationshintergrund und Hauptschulabschluss werden bei der Bewerbung um einen Ausbildungsplatz benachteiligt. Sie sind häufig mit Zweifeln an ihrer Eignung konfrontiert, die auf Vorurteilen beruhen. Das hat dramatische Folgen für die Betroffenen selbst – ihr gesamter weiterer Lebensweg wird dadurch erschwert, dass sie nicht die gleichen Chancen erhalten wie andere. Auch aus unternehmerischer Sicht ist es – gerade in Zeiten des Fachkräftemangels – ein Fehler, Bewerberinnen und Bewerbern aufgrund ethnischer Zuschreibungen abzusagen. Die Fähigkeiten der Betroffenen sind nämlich häufig besser als vermutet, zum Beispiel bezogen auf Sprachkenntnisse. Das ergibt eine Studie von Dr. Janina Söhn vom Soziologischen Forschungsinstitut (SOFI) an der Universität Göttingen und Sophie Krug von Nidda von der Universität Paderborn, die die Hans-Böckler-Stiftung gefördert hat. Die Forscherinnen haben untersucht, wie Entscheidungen zur Besetzung von Ausbildungsplätzen zustande kommen. Dazu haben sie zum einen Daten über Ausbildungsbetriebe sowie Bewerberinnen und Bewerber ausgewertet, die das SOFI im Rahmen mehrerer Evaluationsstudien erhoben hat. Zum anderen haben sie zehn Interviews mit Personalverantwortlichen in Betrieben aus dem Dienstleistungsbereich geführt. Diese Herangehensweise ermöglicht ein tiefgehendes Verständnis von Entscheidungsprozessen, die in vielen Betrieben in Deutschland ähnlich ablaufen dürften, auch wenn die Ergebnisse der Studie nicht repräsentativ sind. Die Auswertung des quantitativen Datensatzes, der Informationen über mehrere hundert Bewerbungsprozesse der Jahre 2007 bis 2013 enthält, zeigt, dass Teampassung und Sprache bei der Auswahl besonders wichtig sind. Vor allem in Betrieben, die nach eigenen Angaben starken Wert darauf legen, dass Neue zum bestehenden Team passen, würden Bewerberinnen und Bewerber mit Migrationshintergrund und Hauptschulabschluss benachteiligt. In diesen Betrieben haben sie gegenüber Jugendlichen mit vergleichbarer Schulbildung, aber ohne Migrationshintergrund, ein um durchschnittlich 24 Prozentpunkte erhöhtes Risiko, nicht angenommen zu werden. Diese „ethnische Differenz“ macht bei Jugendlichen, die sich bei anderen Firmen beworben haben, „nur“ 18 Prozentpunkte aus. Insgesamt halten 65 Prozent der befragten Betriebe Teampassung für sehr wichtig. Interessanterweise zeigt sich bei Betrieben, denen sprachliche Kompetenzen wichtiger sind, ein anderes Bild: Bei diesen Firmen haben Jugendliche mit Migrationshintergrund gegenüber Gleichaltrigen aus einheimischen Familien keine Nachteile. Das liegt möglicherweise daran, dass diese Unternehmen die sprachlichen Fähigkeiten der Bewerberinnen und Bewerber, die oft besser sind als angenommen, genauer überprüfen. Unternehmen, die sich diese Mühe nicht machen, bleiben dagegen eher Vorurteilen verhaftet. (…) Deutlich unterschieden werde zudem zwischen Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die ihre gesamte Schulzeit in Deutschland verbracht haben, und denen, die erst vor kurzer Zeit ins Land gekommen sind, schreiben die Forscherinnen. Für Menschen, die eine Hauptschule besucht haben, ist die duale Ausbildung nahezu die einzige Möglichkeit, einen Berufsabschluss und damit die Basis für eine dauerhafte Integration in den Arbeitsmarkt zu erlangen. Gerade Betriebe, die noch keine Erfahrungen mit Auszubildenden mit Migrationshintergrund haben, sollten die Ergebnisse neuerer Studien dazu ermutigen, sie einzustellen, so Söhn und Krug von Nidda. Firmen, die bereits Jugendliche aus Zuwandererfamilien ausgebildet haben, beurteilten diese Erfahrung meistens positiv. Sie stellten nur sehr selten Probleme mit der deutschen Sprache fest. Wer für die Einstellung von Auszubildenden verantwortlich sei, solle sich die Grundlagen der eigenen Entscheidung bewusst machen beziehungsweise auf „strukturelle, nicht intendierte Ausschlussprozesse im Auswahlverfahren“ achten…“ Pressemitteilung der Hans-Böckler-Stiftung vom 6. Dezember 2022 externer Link zur 45-seitigen Studie von Sophie Krug von Nidda und Janina Söhn vom Oktober 2022 externer Link
  • Besserer Schutz gegen Diskriminierung: Experten fordern Führungsquote auch für Migranten
    „… Das vor zehn Jahren eingeführte Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist dringend reformbedürftig. Zu diesem Ergebnis kommt ein noch unveröffentlichter Evaluationsbericht, den die Antidiskriminierungsstelle des Bundes in Auftrag gegeben hat und der der „Welt“ vorliegt. Um einen „noch effektiveren Rechtsschutz vor Diskriminierung zu gewährleisten, muss das AGG nachjustiert werden“, fordern die Gutachter. So sollten künftig nicht mehr nur Betroffene, die sich von Arbeitgebern, Dienstleistern oder Vermietern benachteiligt fühlen, klagen dürfen, sondern auch Verbände sowie die Antidiskriminierungsstelle selbst. Betriebsräte und Gewerkschaften sollten gleichfalls mehr Machtbefugnisse erhalten. (…) Darüber hinaus empfehlen die Forscher, neben den jetzt im Gesetz erwähnten Kriterien wie Alter, Geschlecht, ethnische Herkunft, sexuelle Ausrichtung und Religion weitere Bereiche aufzunehmen. So sollte keiner mehr wegen seiner Weltanschauung, seiner sozialen Stellung sowie seines Einkommens bei der Bewerbung um einen Arbeitsplatz oder eine Wohnung sowie als Kunde benachteiligt werden dürfen. (…) Um etwa der Diskriminierung von Migranten effektiver begegnen zu können, sollte – ähnlich wie dies in Bezug auf Frauen oder Behinderte schon geschehe – der Gesetzgeber wirksame „positive Maßnahmen“ ergreifen…“ Bericht von Dorothea Siems vom 8. August in der Welt online externer Link
  • Diskriminierung am Ausbildungsmarkt: Ausmaß, Ursachen und Handlungsperspektiven
    Studie des SVR-Forschungsbereichs belegt erstmals, dass junge Menschen mit Migrationshintergrund bei der Vergabe von Ausbildungsplätzen diskriminiert werden. Ein Korrespondenztest mit rund 3.600 Bewerbungen zeigt: Schüler mit einem türkischen Namen haben bei einer Bewerbung auf einen Ausbildungsplatz deutlich schlechtere Chancen, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden als Schüler mit einem deutschen Namen. Um Diskriminierung zu vermeiden empfiehlt der SVR-Forschungsbereich anonymisierte Bewerbungsverfahren und verstärkte interkulturelle Schulung auf betrieblicher Ebene…“ Pressemitteilung des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration vom 26. März 2014 externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=55892
nach oben