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Branchengrößter (doch) nicht der Branchenbeste: Corona-Fälle nun auch bei Tönnies
Dossier
„Im Kreis Gütersloh wurden zum Stand 8. Juni, 0 Uhr, 705 (7. Juni: 695, 6. Juni: 694) laborbestätigte Coronainfektionen erfasst. Die Zahl der bestätigten Neuinfektionen hat sich damit seit Freitag um 13 erhöht. (…) Der Anstieg um zehn Fälle von Sonntag auf Montag stehe überwiegend im Zusammenhang mit Infektionen von Personen, die bei Tönnies tätig seien beziehungsweise die in deren Umfeld leben, teilt die Kreisverwaltung mit.“ Meldung „Überwiegend Tönnies-Mitarbeiter: 13 neue Corona-Fälle übers Wochenende“ vom 08.06.2020 im Haller Kreisblatt online – wir erinnern an „Tönnies Schlachthof, April 2020. Tausende Arbeiter – null Infektionsschutz.“ Video vom 15.05.2020 bei youtube vom arbeitsunrecht TV . Siehe dazu und danach:
- Rumänische Arbeitende in Fleischbetrieben: Nach der Arbeit hängen die Kleider ihre Menschen auf
„Im Frühjahr 2020 erkranken in den Sammelunterkünften der Firma Tönnies in und um Rheda-Wiedenbrück hunderte Schlachthofarbeiter:innen an Covid19. Die deutschen Medien berichten ausführlich. Politker:innen, Gewerkschafter:innen und Firmenvertreter:innen diskutieren in Nachrichtensendungen, Reportagen und Talkshows. Die Arbeiter:innen kommen so gut wie gar nicht zu Wort. Auf die Frage (an einen Journalisten), warum das wohl so sei, kommt die Antwort: wahrscheinlich Sprachprobleme. Die Autorin Senta Höfer kommt selbst aus Rumänien. In den wenigen O-Tönen, die in den Berichten eines Deutschlandfunk-Reporters zu hören sind, versucht sie, unter dem Voiceover die Aussagen der rumänischen und bulgarischen Arbeiter:innen zu verstehen. Dann spricht sie mit ihnen, in Deutschland und Rumänien. Und sie erzählen: von ihrem Leben in den Schlachthöfen – und ihren anderen Leben, zu Hause. Dabei zeigen sich Menschen und Schicksale, nicht bloß Arbeitskräfte, über deren Arbeitslohn und -stunden verhandelt wird – von ihren Arbeitgeber:innen, den Subunternehmer:innen, aber auch von den Gewerkschafter:innen und den Aktivist:innen, die ihnen helfen wollen, ihre Rechte zu vertreten und die Arbeitsbedingungen zu verbessern.“ Hörspiel-und-Feature von Senta Höfer vom 03.06.2023 beim Deutschlandfunk Kultur (Länge: ca. 54’30) - Spezialfall Tönnies? Behörden erlaubten laschere Regeln für infizierte Mitarbeiter – mit dem Wissen des NRW-Gesundheitsministeriums
„Eigentlich können sich Corona-Infizierte erst nach frühestens sieben Tagen freitesten. Doch ausgerechnet bei Tönnies soll es Ausnahmen gegeben haben – mit dem Wissen des NRW-Gesundheitsministeriums.
Es ist Anfang Januar, Omikron ist mit voller Wucht in NRW angekommen. Infizierte müssen in strenge Isolation – können sich eigentlich frühestens nach sieben Tagen freitesten. Viele Gesundheitsämter stellen die Nachverfolgung von Infektionsketten ein, kommen kaum noch nach. Und genau in dieser Zeit behandelte das Kreisgesundheitsamt Gütersloh Tönnies als „Spezialfall“, wie interne Anweisungen zeigen, die dem WDR vorliegen. Demnach sollen Corona-Positiv getestete Mitarbeiter früher als üblich aus der Quarantäne entlassen worden sein. Darüber berichtet ein Informant dem WDR-Magazin Westpol. Seine Informationen sind brisant, er ist Mitarbeitender im Kreisgesundheitsamt. „Es gab den Fall, dass jemand nach drei oder vier Tagen schon wieder aus der Quarantäne entlassen wurde, obwohl er einen ersten positiven PCR-Test hatte“, schildert der Informant. Denn es sei nach wenigen Tagen ein Nachtest gemacht worden. „Wenn dieser geringere Viruslast, aber immer noch Virus-Positiv anzeigte, konnten wir diese Person wieder entlassen.“ Freitesten nach zwei Tagen mit Hilfe der Behörden? Ein schwerwiegender Vorwurf. Die Kreisverwaltung in Gütersloh möchte dem WDR dazu kein Interview geben. Schriftlich dementiert man aber jegliche Sonderregelung für Tönnies. Eine „Sonderregelung Tönnies“ gebe es nicht – doch das Verfahren wird für Anfang Januar 2022 bestätigt. (…)
Doch der Mitarbeitende des Gesundheitsamts, der unerkannt bleiben möchte, schildert besondere Regeln – extra für Tönnies. „Eine Sonderregel in der Form gibt es für niemanden, außer für Tönnies. Es gab immer Mitarbeiter, die sich nur um die Tönnies-Fälle gekümmert haben. Das gab es bei vergleichbaren Unternehmen im Kreis Gütersloh sonst nirgends.“
Dem WDR-Magazin Westpol liegen zudem Aussagen eines weiteren Mitarbeiters und Anweisungen aus dem Intranet des Kreisgesundheitsamts vor, in denen vom „Spezialfall Tönnies“ gesprochen wird. Auch sieht man, dass praktisch alle Fälle von Tönnies eine hohe Priorität haben. (…)
Haben die Behörden also potenziell noch ansteckende Infizierte zurück ins Werk zu Tönnies geschickt? Experten halten das Vorgehen des Kreisgesundheitsamtes Gütersloh für medizinisch fragwürdig. (…)
Und es gibt weitere Ungereimtheiten: Auf die Frage, wie viele Mitarbeitende als sogenannte „Restpositive“ frühzeitig aus der Quarantäne entlassen worden sind, antwortet das Gesundheitsamt: 9 Personen. Die Firma Tönnies spricht dagegen von 20 bis 30 Fällen. Das Gesundheitsministerium des Landes gibt auf WDR-Nachfrage an, in die Vorgänge eingeweiht gewesen zu sein…“ Recherche von Sebastian Galle, Conor Körber und Bernd Neuhaus vom 20.02.2022 beim WDR - Anwälte wollten Dreharbeiten verhindern: Reportage „Mietwucher, Einschüchterung und Ausbeutung im System von Fleisch-Milliardär Clemens Tönnies“
- Mietwucher, Einschüchterung und Ausbeutung im System von Fleisch-Milliardär Clemens Tönnies
Video von SAT.1 investigativ: Die Sendung vom 14. Dezember (92 Min, gratis aber mit Anmeldung) - Anwälte wollten Dreharbeiten verhindern: Tönnies-Reportage sorgt für kurzfristige Programmänderung bei Sat.1
„… Am Dienstagabend nimmt der TV-Sender Sat.1 kurzfristig eine Reportage über den Fleischkonzern Tönnies und Inhaber Clemens Tönnies ins Programm. Die Sendung ist für 20.15 Uhr unter dem Titel „Sat.1 investigativ“ angekündigt. Nach Angaben des Senders hätten die Anwälte von Tönnies die Reportage „schon während der Dreharbeiten verhindern“ wollen. (…) Anfang November 2021 räumte Clemens Tönnies in einem Interview Fehler ein. Wie erst vor wenigen Wochen bekannt wurde, arbeitet Tönnies jedoch weiter mit früheren Subunternehmern zusammen.“ RND-Meldung vom 13. Dezember 2021 - Kurzfristige Programmänderung: SAT.1 investigativ: Die Sendung am 14. Dezember 20:15 Uhr
„Mietwucher, Einschüchterung und Ausbeutung im System von Fleisch-Milliardär Clemens Tönnies. Diesen Film sollte keiner sehen. Diesen Film sollten Anwälte verhindern. Unter der Marke „SAT.1 investigativ“ blicken SAT.1-Reporter:innen hinter die Fassade des Fleischriesen Tönnies, dessen Chef sich einst als Boss des FC Schalke 04 gerne volksnah inszenierte. Verdeckte Recherchen malen ein anderes Bild von Clemens Tönnies und seinem Unternehmen: Mietwucher, Einschüchterung und Ausbeutung seiner häufig osteuropäischen Arbeitskräfte gehören zum System von Fleisch-Milliardär Clemens Tönnies. Wie das Unternehmen Tönnies mit Kritik und Journalisten umgeht, zeigt die Reaktion auf eine simple Anfrage während der Dreharbeiten: Unsere Reporter:innen wollten die genaue Zahl der Arbeiter erfragen, die bei Tönnies zu Mindestlohnbedingungen beschäftigt sind. Statt einer Antwort landete eine Unterlassung auf dem Schreibtisch der Journalist:innen.“ Meldung bei sat1 investigativ
- Mietwucher, Einschüchterung und Ausbeutung im System von Fleisch-Milliardär Clemens Tönnies
- [Die Story im Ersten] Die Schlachtfabrik: Wie Tönnies um seinen Ruf kämpft
„Clemens Tönnies ist Deutschlands bekanntester und umstrittenster Schlachter. Im Juni 2020 hatten sich in seiner Fleischfabrik in Rheda-Wiedenbrück mehr als tausend Arbeiter und Arbeiterinnen mit Corona infiziert, ganz Deutschland schaute damals auf Tönnies. Der Ausbruch lenkte die Aufmerksamkeit nicht nur auf die Zustände beim Branchenprimus Tönnies, sondern auch auf die Fleischindustrie insgesamt: Es ging vor allem um die Hygienemaßnahmen in den Fabriken, die Unterkünfte der Arbeiter und Arbeiterinnen und die umstrittenen Werkverträge. Zunehmend wurden aber auch die Lebensbedingungen der Tiere, die Situation der Bauern und die Umweltfolgen der Fleischproduktion thematisiert. Heftig unter Beschuss geraten, kündigte Clemens Tönnies im Sommer 2020 radikale Reformen an: Er wolle treibender Motor der Fleischwende sein und versprach: „Wir werden diese Branche ändern.“ Doch was hat sich seitdem getan? Ist Tönnies tatsächlich dabei, sein Unternehmen und die deutsche Fleischindustrie insgesamt zu modernisieren, nachhaltiger und grüner zu machen? Und wie weit ist er schon gekommen? Die Dokumentation zeigt, was an den Versprechungen und dem neuen Image dran ist.“ Reportage von Tatjana Mischke und Tom Ockers am 22. November 2021 (Videolänge: ca. 44 Min., in der ARD-Mediathek verfügbar bis zum 22. November 2022) - Ein Jahr nach Corona-Ausbruch bei Tönnies: Arbeitssituation kaum verbessert
„Ein Jahr nach dem Corona-Ausbruch beim Fleischkonzern Tönnies ist die Aufarbeitung noch immer nicht abgeschlossen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nach rund 50 Anzeigen und Kritiker werfen der Politik vor, dass sich die Wohn- und Arbeitsbedingungen kaum verbessert haben. Was ist seit dem Fleischskandal passiert? (…) Werksverträge sind inzwischen im Kernbereich der Branche verboten, doch die Arbeitssituation der Menschen habe sich kaum verbessert, beobachtet Pfarrer Peter Kossen. Er kämpft seit Jahren gegen die prekären Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie in Deutschland und sagt dem RedationsNetzwerk Deutschland (RND): „Es fehlt an Druck und Anreiz.“ Kossen fordert: „Die Politik muss mehr Druck auf die Fleischkonzerne ausüben.“ Dies betreffe etwa die Unterkünfte: „Konzerne sollten verpflichtet werden, sich besser um die Wohnungssituation zu kümmern“, fordert er im Gespräch mit dem RND. „Wenn fünf oder sechs Leute in einer Wohnung sind und jeder 200 oder 300 Euro für das Bett zahlt, ist das einfach Mietwucher“, meint der Pfarrer und appelliert an die Politik: „Das muss man einfach regulieren.“ Er beobachtet, dass Verdienstausfälle derer, die mit Menschen gehandelt haben, nun durch Mietwucher kompensiert werden würden. Immerhin höre er aber aus dem Tönnies-Betrieb in Rheda-Wiedenbrück, dass sich die Wohnsituation verbessert habe. (…) Problematisch sei laut NGG, dass alte Hierarchien weiter bestehen, „da viele der alten Vorgesetzten der Subunternehmer von Tönnies übernommen wurden“. Daher gebe es häufig ein problematisches Vorgesetzten-Verhalten, was zu Unruhe und Unzufriedenheit in der Belegschaft führe. (…) „Viele der Subunternehmer haben ihre Gesellschaften abgemeldet und unter neuem Namen angemeldet, um Ansprüche ihrer ehemaligen Beschäftigten nicht erfüllen zu müssen“, sagt Kleile. Dort wo es erlaubt ist, arbeite Tönnies weiterhin mit Subunternehmen, sagt die Gewerkschaft. Dies betrifft zum Beispiel die Reinigung. „Dort sind teilweise auch monatliche Arbeitszeiten weit über das vertragliche Maß bekannt, was dann nur schwer mit dem Arbeits- und Gesundheitsschutz vereinbar ist“, so der Vorwurf des Gewerkschaftssekretärs. Bei der Vermittlung von Arbeitskräften würde Tönnies ebenfalls weiterhin mit Subunternehmen zusammenarbeiten…“ Artikel von Sven Christian Schulz vom 15.06.2021 bei RND - Das Leben der Fleischarbeiter: Die zwei Welten bei Tönnies – heftige Missstände bleiben
“ Ein neues Gesetz soll die Ausbeutung in der Fleischindustrie beenden. Plötzlich geht, was jahrelang unmöglich erschien: Tausende Arbeiter erhielten feste Verträge, Unterkünfte werden renoviert. Doch heftige Missstände bleiben – ein Lokaltermin. (…) Rund 6000 Mitarbeiter habe Tönnies von früheren „Dienstleistern“ übernommen und fest angestellt, 3500 allein am Stammsitz hier in Rheda. „Niemand wurde schlechtergestellt, alle verdienen mindestens das Gleiche, und jeder hat seinen sozialen Status wie etwa die Betriebszugehörigkeit behalten“, sagt Reinkemeier. Eine „enorme Kraftanstrengung“ sei das gewesen, auch finanziell. In der Etage, in der früher das konzerneigene Fitnessstudio untergebracht war, sitzen jetzt die neuen Mitarbeiter der Personalabteilung. Außerdem habe Tönnies „für einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag“ 500 Wohnungen und Häuser gemietet oder gekauft und renoviert, rund 2000 Wohnplätze stelle das Unternehmen jetzt selbst, und zwar „nach festem Ausstattungs- und Wohnstandard“, wie Reinkemeier betont. 190 Euro zahlen die Mitarbeiter im Schnitt dafür. 150 Küchen habe Tönnies angeschafft, dazu 1500 Betten. Wer hier, in der Zentrale, dem Sprecher länger zuhört, bekommt den Eindruck, als habe Tönnies selbst dieses Gesetz in den Bundestag gebracht. „Wir haben der Politik schon Anfang 2020 angeboten, auf Werkverträge zu verzichten, wenn das für die gesamte Branche gilt“, sagt Reinkemeier. Bei einem Alleingang jedoch „wären wir den Mitbewerbern gegenüber schlichtweg nicht mehr wettbewerbsfähig gewesen“. Es gibt in den gläsernen Büros über den Schlachthöfen ein ausgeprägtes Gefühl, in der Vergangenheit selbst Unrecht erlitten zu haben. Fälschlich als Buhmann dargestellt worden zu sein. Tatsächlich gebe es bei Tönnies schon länger die Bereitschaft, über Reformen zu reden, hält Achim Wiese, Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten in Ostwestfalen, dem Konzern zugute. Nur sei das Umdenken eher die Folge der Not: „Die merken, dass ihnen sonst die Leute abhauen.“ Auch bei den Unterkünften sei einiges in Bewegung: „Man sieht das Bemühen.“ Nur nicht überall. Es ist die Gegenwelt zum sanierten Fleischarbeiterinnenidyll von Irina und ihren Kolleginnen, zu denen uns eine Informantin dann führt, selbst Rumänin. Auch sie habe früher bei Tönnies gearbeitet und wolle den anderen Teil der Wirklichkeit zeigen, jenseits der Fassade, den es nach wie vor gebe. „Auch das muss man sehen!“, sagt sie. Das zweistöckige weiße Haus, vor dem sie hält, liegt an einer schmalen Straße auf dem Land, ein matschiger Weg davor, Garagen. An der Haustür Dutzende rumänische Namen, teils auf handgeschriebenen Zetteln, verwittert. Von den drei Wohnungen darin ist keine auch nur annähernd modernisiert. Vergilbte bis bräunliche Wände, aufgerissene Kacheln in der Küche. Eine nackte Glühlampe hängt an der Wand, das Kabel um einen Pfeiler geknotet. In zwei der drei Wohnungen klagen die Bewohner über Ungeziefer, in einer laufen Schaben über Boden und Wände, krabbeln an den Ritzen der Kühlschranktüren entlang. In mehreren Zimmern gibt es keinen Strom, auch nicht in der Küche. Ein Bewohner zieht die Kühlschranktür auf, zeigt auf die Ware darin, „warm“, sagt er. Zwei Tage lang sei gerade wieder die Heizung ausgefallen, es gibt auch kein warmes Wasser. Zu zehnt schlafen sie in den drei Zimmern, je zu viert in zwei Räumen, in Stockbetten. (…) Die Subunternehmen, die früher die Menschen beschäftigten: Sie sind, in anderen Rollen, noch immer im Geschäft. (…) Tönnies kümmert sich, soll das heißen. Aber die meisten Arbeiter wohnen in privaten Unterkünften, über die niemand einen Überblick hat. Sie kenne viele ähnliche Unterkünfte, sagt die Informantin…“ Reportage von Thorsten Fuchs vom 22.01.2021 beim Redaktionsnetzwerk Deutschland - Arbeitsbedingungen bei Tönnies & Co.: Fleischarbeiter trotz neuem Gesetz unzufrieden
“… Mihai heißt eigentlich anders, er will seinen wahren Namen hier nicht nennen – er will keinen Ärger. Fünf Jahre lang hat er für verschiedene Subunternehmer als Schlachter bei Tönnies gearbeitet. Seit Dezember ist er bei der Firma fest angestellt, erzählt er. Eine Folge der gesetzlichen Änderungen: „Die Arbeitsverträge sind genau wie die alten. Ich verdiene Mindestlohn 9,35 Euro. Wenn ich 200 Stunden pro Monat arbeite, bleiben vielleicht 1.300 Euro übrig. “ Die Arbeitsbedingungen hätten sich seitdem nicht verbessert. Im Gegenteil, sagt der 25-Jährige. Auch weil Tönnies im Betrieb offenbar mit weniger Mitarbeitern auskommen muss. „Es ist viel härter geworden, sie haben viel weniger Leute, aber genau so viel Arbeit. Die gleiche Menge Schweine“, sagt Mihai. „Das Schlachtband läuft fast genauso schnell wie immer, 73 Schweine pro Stunden müssen wir zerlegen. Mit viel weniger Leuten. Und wenn die Frauen schwere Palletten nicht heben können, sagen die Vorarbeiter – scheißegal. Weg, hau ab. Die Chefs, die Vorarbeiter sind genau dieselben, nur dass sie jetzt bei Tönnies arbeiten – solange die nicht gehen, wird sich nichts ändern.“ Auch Mihais Kollege, der ebenfalls anonym bleiben möchte, hatte auf bessere Arbeitsbedingungen gehofft – bislang vergeblich: „Jeden Tag neun Stunden, bei vier Grad über Null.“ „Wir müssen sehr schnell am Band arbeiten – jeden Tag neun Stunden, bei vier Grad über Null. Und Pausen gibt es kaum. Zwei Mal 15 Minuten pro Schicht, mehr nicht“, sagt der Fleischarbeiter. (…) André Vielstädte, der Unternehmenssprecher von Tönnies, bestreitet das. Die Wohnungen der Subunternehmer seien bei Kontrollen nicht beanstandet worden. Jetzt kümmere sich das Unternehmen selbst um die Unterbringung der Arbeiter. Vielstädte: „Es war zuvor so, dass 70 Prozent in privaten Wohnungen gelebt haben, 30 Prozent wohnten vom Dienstleister sozusagen organisiert. Und diese 30 Prozent müssen wir jetzt organisieren. Wir haben dazu in den letzten zwei Monaten über 2.000 Wohnplätze selber geschaffen. Haben Häuser gekauft, Häuser angemietet und sind mit Kommunen im Gespräch was Neubauten angeht.“ 20 Prozent verdienen den gesetzlichen Mindestlohn von nun 9,50 Euro, der Durschnitt liege bei 11 Euro. Und selbstverständlich halte sich das Unternehmen an alle arbeitsrechtlichen Vorgaben, sagt Vielstädte: „Wir halten uns an das deutsche Arbeitsrecht, so wie wir es von unseren Dienstleistern erwartet haben. Jetzt in voller Justiziabilität von uns selbst.“…“ Beitrag von Manfred Götzke vom 14.01.2021 bei Deutschlandfunk - Fleischfabrik Tönnies: Neuer Anstrich, alte Schweinereien
„Wenn ein tödliches Virus auf nackte Ausbeutung trifft: Im Sommer stand die Fleischfabrik Tönnies am Pranger und mit ihr eine ganze Industrie. Nun soll alles besser werden, sauberer, fairer. Lässt das System das überhaupt zu? (…) Überall im Kreis Gütersloh kauft eine Tochterfirma des Konzerns gerade Häuser auf, um künftig Wohnungen zu vermieten: „Wir kümmern uns jetzt selbst um die Unterkünfte“, sagt Vielstädte, das sei „Bestandssicherung“. Tönnies wolle so Mitarbeiter ans Unternehmen binden. Nur, freiwillig steuert Clemens Tönnies, der Fleischbaron, nicht um. (…) Wirklich verdaut haben sie bei Tönnies den Corona-Schock bis heute nicht. Die Politik habe „die Situation ausgenutzt“, um das neue Kontrollgesetz durchzuboxen, beklagt Konzernsprecher Vielstädte: Der Corona-Ausbruch habe „nichts mit Werkverträgen, Wohn- oder Arbeitsbedingungen zu tun“. Tönnies habe in seinen Kühlhäusern im Hochsommer nur erlitten, „was Deutschland nun in diesem Winter erlebt“. (…) Nach Reue, nach Umkehr klingt das nicht. Armin Wiese, der regionale Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung-Genussmittel-Gaststätten (NGG), erkennt zwar an, dass Tönnies seit Oktober über 3000 bisherige Werkvertragsarbeiter angestellt hat. Die genauen Konditionen blieben jedoch oft undurchsichtig, „und ob für die Kollegen mehr herausspringt, wissen wir frühestens, wenn Mitte Februar die neuen Lohnabrechnungen kommen“. Die Arbeiter selbst bleiben skeptisch. Sorin Matei (Name geändert), der bei Tönnies in der Fleischzerlegung arbeitet, berichtet von hohem Akkorddruck. Das Werk hat im Dezember wieder seine frühere Schlachtkapazität erreicht: bis zu 25 000 Schweine am Tag. Seit der Corona-Zwangspause im Juni stauen sich die Tiere in den Stallungen, deutschlandweit wurden 2020 rund 1,5 Millionen Schweine weniger als im Vorjahr geschlachtet. Matei hat zwar 300 Euro Corona-Bonus erhalten, sonst habe sich finanziell nichts verändert. Im Video-Chat zeigt er seine Abrechnungen in die Kamera: Netto rund 6,50 Euro die Stunde, und trotz 200 Arbeitsstunden im Monat kommt er selten weit über 1000 Euro. Vom neuen Vertrag mit Tönnies erhofft er sich mehr freie Tage, auch Urlaubsgeld – doch bis vorige Woche hatte er noch keinen. Ähnlich klingt der Frust, den rumänische Arbeiter über Facebook aus Rheda miteinander teilen. Viele warten auf neue Verträge – aber wer schon angestellt wurde von Tönnies, ist enttäuscht: Selten gibt es mehr Geld, es bleibt beim Mindestlohn (9,35 Euro) oder maximal zehn Euro die Stunde. (…) Tönnies schneidet sich da ins eigene Fleisch: Beim Küchenhersteller, im neuen Amazon-Center oder im Warenlager eines Discounters verdienen angelernte Arbeiter schnell mehr, mit weniger Stress. Viele Rumänen, Polen oder Bulgaren, die länger bleiben, wechseln irgendwann. (…) Hält Clemens Tönnies Wort? Im Juni, als das Virus im Werk tobte, versprach der Unternehmer, er werde „die Kosten für einen freiwilligen, flächendeckenden Corona-Test im Kreis Gütersloh“ übernehmen. Bisher, so bestätigt der Landrat, bezahlte Tönnies – nichts. Man verhandelt…“ Artikel von Lina Verschwele und Christian Wernicke, Rheda-Wiedenbrück vom 25.12.2020 im Spiegel online - Sachsen-Anhalt: Mehr als hundert Corona-Infektionen in Tönnies-Fleischfabrik
“… Beim Schlachtbetrieb Tönnies haben sich erneut viele Mitarbeiter mit dem Coronavirus angesteckt. In einem Schlachtbetrieb der Firma in Weißenfels in Sachsen-Anhalt sind derzeit 172 Angestellte mit dem Virus Sars-CoV-2 infiziert. »Zuvor hat es einen groß angelegten Reihentest bei den Beschäftigten des Unternehmens gegeben«, sagte Ariane Körner vom Burgenlandkreis. Das Unternehmen wolle die Betroffenen nun in einer gesonderten Quarantäneeinrichtung unterbringen. Zudem soll es Ende der Woche erneute Tests geben. Der Landkreis hoffe, dass so das Infektionsgeschehen eingedämmt werden könne. Das Werk soll jedoch weiter geöffnet bleiben. Am Tönnies-Standort in Weißenfels arbeiten nach Unternehmensangaben rund 2200 Mitarbeiter. Der Fleischkonzern hat in Weißenfels seinen zweitgrößten Standort im Bundesgebiet…“ dpa-Meldung vom 02.12.2020 beim Spiegel online - Stand vom 2.12. nach unseren Informationen: Die 172 infizierten Tönnies Arbeiter wurden aufgefordert, freiwillig eine Zentralquarantäne aufzusuchen. Völlig unklar, wie man diese vielen Menschen freiwillig dazu bringen will, sich 2 – 3 Wochen komplett in einer Massenunterkunft zu isolieren.
- Gemeinsame Pressemitteilung der NaturFreunde LSA e.V. und der Kreisgruppe BLK des BUND (Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland)
„Nachdem bereits bei der ersten Welle der Corona-Pandemie die Befürchtung bestand, dass im Schlachthof Weißenfels durch die bestehenden Arbeits- und Wohnbedingungen der vor allem migrantischen Beschäftigten eine drastische Erhöhung an Infektionszahlen wie im Stammwerk Rheda Wiedenbrück eintritt, drohen diese Befürchtungen nun wahr zu werden. „Auf unsere Anfrage vom Frühjahr, ob in WSF gleiche Maßnahmen wie in Rheda Wiedenbrück eingeleitet wurden, haben wir keine Antwort erhalten.“ sagt Diana Harnisch, stellv. Vorsitzende der BUND KG BLK. „Auf Grund der jetzigen prekären Infektions-Situation und den scheinbar unveränderten örtlichen Gegebenheiten fordern wir eine sofortige Teilstilllegung des Schlachthofs WSF.“ so Oliver Wendenkampf, Landesvorsitzender der NaturFreunde Sachsen-Anhalt e.V.“ Pressemitteilung vom 2.12.20 per e-mail - [Schlachthof Weidemark in Sögel] DGB kritisiert Arbeitsquarantäne für Schlachthof-Mitarbeiter
„Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat die Arbeitsquarantäne für Werkarbeiter des Schlachthofs Weidemark im emsländischen Sögel kritisiert. „Besser wäre es auf jeden Fall, die Beschäftigten könnten wie normalerweise üblich zu Hause bleiben, um so ihre Gesundheit nicht weiterhin aufs Spiel zu setzen“, sagte Piotr Mazurek vom DGB-Projekt „Faire Mobilität“ in Oldenburg. Er schloss sich damit der zuvor schon von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) geäußerten Kritik an. Aufgrund von hohen Corona-Infektionszahlen unter Mitarbeitern des zum Tönnies-Konzern gehörenden Weidemark-Schlachthofes in Sögel wollte der Landkreis Emsland den Betrieb zunächst bis zum 3. November schließen. Dann hatte sich die Behörde mit dem Unternehmen auf eine Arbeitsquarantäne geeinigt, wonach sich die betroffenen Mitarbeiter nur zwischen Unterkunft und Arbeitsstelle bewegen dürfen. Das Unternehmen Weidemark hatte dabei zugesagt, die Umsetzung dieser Art der Quarantäne engmaschig zu kontrollieren. Nach Anordnung des Landkreises müssen die Beschäftigten des Betriebs in Sögel feste Gruppen bilden, die nicht ge- und vermischt werden. (…) Auch der Oldenburger NGG-Regionalgeschäftsführer Matthias Brümmer beklagte, dass die Ursachen der Infektionen in den Schlacht- und Zerlegebetrieben noch nicht bekannt seien. Dass sich die Schlachthofmitarbeiter vor allem außerhalb der Arbeit im Privatleben ansteckten, sei nicht bewiesen. „Das sind durch nichts nachgewiesene Behauptungen, die natürlich gemacht werden, um die Industrie in einem bestimmten Licht stehen zu lassen, damit es nicht dazu kommt, dass die Diskussion über sie weitergeführt wird“, sagte Brümmer. Die Arbeitsquarantäne sehe er kritisch. Eine rechtliche Handhabe habe die Gewerkschaft dagegen nicht. Auf Zustimmung stieß das Konzept der Arbeitsquarantäne hingegen bei der Landesregierung…“ Meldung vom 21. Oktober 2020 beim rtl (sorry) - [Schlachthof Weidemark in Sögel] Kritik an Öffnung von Schlachthof. Auf Druck der Agrarlobby darf ein coronaverseuchtes Fleischwerk wieder schlachten. Gewerkschafter fordern, nicht nur Schweinehalter zu schützen.
„Gewerkschafter kritisieren, dass der Schlachthof im niedersächsischen Sögel trotz coronainfizierter Arbeiter am Montag wieder den Betrieb aufgenommen hat. „Wir lehnen die Vorgehensweise des Landkreises ab“, der nach massiver Kritik der Agrarlobby Schlachtungen erlaubt hat, sagte Matthias Brümmer, Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten in der Region Oldenburg/Ostfriesland. „Die Beschäftigten werden durch eine Verordnung in der Unterkunft gebunden und müssen trotzdem zur Arbeit auf den Schlachthof“, so Brümmer. „Wir erwarten ein umfassendes Arbeitsschutzkonzept, das erst den Beschäftigten dient und nicht nur der Landwirtschaft.“ Die Gewerkschaft wolle wissen, welche Maßnahmen gegen Corona-Infektionen der Betreiber, das Tochterunternehmen Weidemark des Fleischkonzerns Tönnies, bereits umgesetzt hat. (…) Der Lockdown der Anlage, der bis 3. November angesetzt war, sollte verhindern, dass sich das Virus weiter ausbreitet. Doch Landwirte protestierten mit Traktoren gegen die Schließung, weil sie ihre Schweine nicht mehr verkaufen konnten. Auch andere Schlachthöfe mussten ihre Produktion wegen des Infektionsschutzes reduzieren und trugen so zum „Schweinestau“ in den Ställen bei. Im Niedersächsischen Landtag sagte Agrarministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) den Tränen nahe, dass die Bauern verzweifelt seien. Tönnies ging gerichtlich gegen die Schließung vor. Daraufhin gab der Landkreis am Sonntag nach und erlaubte wieder Schlachtungen…“ Artikel von Jost Maurin vom 12.10.2020 in der taz online - 112 Corona-Fälle: Landkreis schließt Schlachthof Weidemark in Sögel – Unternehmen will Schließung verhindern
„Der Schlachthof Weidemark in Sögel wird vorübergehend geschlossen. Inzwischen sind dem Landkreis Emsland zufolge 112 Beschäftigte mit dem Coronavirus infiziert. Damit keine Ware verdirbt, werde bis Freitag noch geschlachtet und bis Sonntag zerlegt, hieß es. Danach werde der Betrieb für voraussichtlich 22 Tage schließen. (…) Weidemark, eine Tochterfirma von Tönnies, will die Entscheidung des Landkreises allerdings nicht hinnehmen. Die Schließung sei nicht verhältnismäßig. Wie das Unternehmen mitteilte, will es eine einstweilige Verfügung beim Verwaltungsgericht beantragen…“ Meldung vom 07.10.2020 beim NDR - Corona-Alarm bei Tönnies-Ableger: 81 Infizierte – Landkreis verschärft die Maßnahmen sofort
“… In Sögel im Emsland haben sich mindestens 81 Beschäftigte des Schlachtbetriebs Weidemark mit Covid-19 infiziert. Der Betrieb gehört zum Tönnies-Konzern. Alle im Schlachthof beschäftigten Corona-Patienten sowie ihre Kontaktpersonen, die zu einem Großteil in Sögel wohnen, befinden sich derzeit in Quarantäne. Die ersten Fälle hatten sich bei Tests durch den Betriebsarzt bestätigt. Die neuen Fälle haben unterdessen auch Auswirkungen auf das gesamte Emsland. Im gesamten Kreisgebiet sei nun „ein dynamisches Infektionsgeschehen“ zu beobachten, „so dass wir bei derzeit 137 Fällen die kritische Marke von 35 Corona-Neufällen pro 100.000 Einwohner* innerhalb von sieben Tagen überschritten haben“ erklärte Landrat Marc-André Burgdorf in einer Mitteilung. (…) Untersagt seien darüber hinaus der Trainings- und Wettkampfbetrieb in Mannschafts- oder Kontaktsportarten sowie der Schulsport. Für Veranstaltungen in der Samtgemeinde Sögel gibt die Allgemeinverfügung eine maximale Teilnehmerzahl von 100 Personen vor. Es gilt dort ein Verbot des Ausschanks von Spirituosen ab 18 Uhr und von sonstigen alkoholischen Getränken ab 22 Uhr…“ Artikel von Andreas Schmid vom 05.10.2020 bei Merkur.de - Fleischindustrie: Ausbeutung stoppen! Ein Arbeiter aus der Fleischindustrie packt aus
„Ein Arbeiter aus der Fleischindustrie packt aus. Vor einem großen deutschen Schlachthof berichtet ein rumänischer Arbeiter anonym, wie er von seinen Chefs ausgebeutet wird.“ NGG-Video vom 01.10.2020 bei youtube , diese dazu bei Twitter am 5.10.20 : „Apropos #Corona bei #Tönnies: „Von 12 Tagen werden 6 bezahlt, von täglich 12 Stunden werden nur 10 ausbezahlt.“ Das erzählte uns erst vor knapp 4 Wochen ein rumänischer Arbeiter vor einem großen deutschen Schlachthof des Marktführers„ - [Tönnies-Tochter Weidemark] 36 Corona-Infektionen in Schlachthof in Sögel
“Erneut ist es in einem Schlachthof zu einem Massenausbruch des Coronavirus gekommen: In Sögel (Landkreis Emsland) sind 36 Beschäftigte der Firma Weidemark infiziert. Es handele sich überwiegend um Mitarbeiter von Subunternehmen des Betriebs Weidemark Fleischwaren, teilte der Landkreis Emsland am Donnerstag mit. Alle Betroffenen seien in Quarantäne. Die Fälle hätten sich bei Tests durch den Betriebsarzt ergeben. Nach Angaben der Gemeinde Sögel werden die etwa 2.000 Mitarbeiter des Schlachthofes regelmäßig auf das Coronavirus getestet. Wegen der neuen Fälle wurden vom Landkreis verschärfte Kontrollen sowie das Tragen von FFP-2-Schutzmasken auf dem gesamten Gelände angeordnet. In jüngster Zeit war es mehrfach zu massenhaften Infektionen mit dem Virus auf Schlachthöfen gekommen – unter anderem in Großenkneten bei Oldenburg und in Lohne . Die Firma Weidemark in Sögel gehört zur Tönnies-Unternehmensgruppe mit Sitz im ostwestfälischen Rheda-Wiedenbrück.“ Meldung vom 01.10.2020 beim NDR - [Interne Prüfberichte des Arbeitsschutzes] Vor Corona-Ausbruch: Gravierende Arbeitsschutzverstöße bei Tönnies
„Laut internen Prüfberichten des Arbeitsschutzes der Bezirksregierung Detmold, die dem WDR-Magazin Westpol vorliegen, sind in der Fleischfabrik Tönnies im Mai „gravierende Mängel“ festgestellt worden – deutlich mehr als bislang bekannt. Demnach trug kein einziger Mitarbeiter im Schlacht-Bereich einen Mund-Nasen-Schutz. Toiletten waren verunreinigt. Es ist eine lange Liste an Versäumnissen: Auf fünf Seiten hält die Bezirksregierung Detmold Mitte Mai fest, an welchen Stellen die Firma Tönnies wenige Wochen vor dem Corona-Ausbruch gegen die SARS-CoV2-Arbeitsschutzstandards verstößt und dabei das firmeneigene Hygiene-Konzept missachtet. Eine Kontrolle am 15. Mai 2020 ergab demnach: „Im gesamten Bereich der Schlachtung tragen die Mitarbeiter keine Mund-Nasen-Bedeckung.“ Das geht aus Berichten des Arbeitsschutzes hervor, die dem WDR-Magazin Westpol vorliegen. Demnach wurde Tönnies in der Pandemie zwischen Mitte März und Mitte Mai zunächst überhaupt nicht kontrolliert. Erst nach dem Corona-Ausbruch bei der Firma Westfleisch Anfang Mai rückten Kontrolleure in anderen Schlachtbetrieben an, so auch bei Tönnies. In Rheda-Wiedenbrück waren die Mängel offensichtlich: In der Kantine wurden „keine Maßnahmen getroffen, um die Anzahl der Sitzplätze zu reduzieren“, zudem sei keine Zwischenreinigung oder Desinfektion erfolgt. In allen kontrollierten Toilettenräumen fehlten laut Bericht Desinfektionsmittelspender. „Die Toiletten waren zum Teil erheblich verunreinigt“, stellten die Kontrolleure fest…“ Beitrag von Henrik Hübschen und Marc Steinhäuser in der Sendung Westpol am 20.9.2020 beim WDR - COVID-19: Was aus den Infizierten bei Tönnies wurde
„Als der Schlachthof von Tönnies in Rheda-Wiedenbrück im Juni Schlagzeilen machte, war schnell klar: Es geht um den bislang größten Corona-Infektionsherd in Deutschland. Über 2.000 Ansteckungen mit SARS-CoV-2 im Raum Gütersloh waren die Folge. Wie geht es den Infizierten heute? Eine Bilanz. (…) Laut NRW-Gesundheitsministerium lassen sich bis Ende Juli 2119 Corona-Fälle direkt dem Ausbruch bei Tönnies zuordnen. Die meisten Infizierten entwickeln milde Symptome oder können sich zu Hause erholen. Insgesamt 41 Personen erkranken in diesem Zeitraum aber so schwer, dass sie im Krankenhaus behandelt werden müssen. Zwei müssen sogar in eine Universitätsklinik verlegt werden. Heute gelten alle Infizierten als genesen und sind wieder zu Hause. Todesfälle, die direkt mit dem Ausbruch in Verbindung stehen, gibt es nicht, sagt Anne Bunte: „Wir hatten vor Tönnies 20 Fälle, wir haben heute noch 20 Fälle. Also wir haben keinen Todesfall gehabt. Aber man muss auch sehen: Es war eine bestimmte Gruppe Menschen betroffen – nämlich Menschen, die auch zum Teil schwer körperlich gearbeitet haben und damit natürlich auch eine andere gesundheitliche Voraussetzung mitbringen.“ Die meisten Tönnies-Infizierten waren also in robuster körperlicher Verfassung. Dennoch erkrankten einige so schwer, dass sie ins Krankenhaus mussten. (…) Für eine Studie, die die Kreisverwaltung Gütersloh angeregt hat, werden derzeit die Erbgutsequenzen der Viren aus den positiven Tests untersucht. Damit soll der exakte Verlauf des Ausbruchs rekonstruiert werden. Die Wissenschaftler erhoffen sich davon Antworten auf die Frage, wie der Corona-Hotspot bei Tönnies entstand und wie sich ähnliche Ausbrüche künftig am besten verhindern lassen. (…) Die Laufzeit der sogenannten Gütersloh-Studie, an der neben dem Robert-Koch-Institut die Universitätskliniken Bonn und Düsseldorf beteiligt sind, beträgt sechs Monate. Erste Ergebnisse werden noch im September erwartet.“ Beitrag von Magdalena Schmude vom 1.9.2020 beim Deutschlandfunk - Tönnies filetieren. Eine Kiste voller GmbHs: Fleischfabrikant gibt sich nach Skandalen geläutert und lässt Kritik zurückweisen
„Fehler eingestehen, Skandale kleinreden, Reformen und Wohltaten versprechen: Schlachthofkönig Clemens Tönnies kennt sich aus im System. Und er reagiert als Kapitalist präzise und schnell, um den Schaden der Coronapandemie – und den der in diesem Zusammenhang aufgedeckten Skandale – für seine Firma so gering wie möglich zu halten. So will er Wohnungen für Mitarbeiter bauen lassen, alle prekär über Werkverträge Beschäftigten zu richtigen »Arbeitnehmern« machen und sich intensiv um deren gesundheitliches Wohl kümmern. Und weil ein guter Unternehmer vorausschauend agiert, hat er gleich noch eine ganze Kiste voller GmbHs gründen und am 14. Juli beim Amtsgericht Gütersloh registrieren lassen. Das wurde unter anderem durch den Recherchedienst North Data bekannt. (…) Der Staat gilt als ideeller Gesamtkapitalist. Und er hat dafür zu sorgen, dass die Wirtschaft floriert. Es ist deshalb anzunehmen, dass der gut vernetzte Fabrikant Tönnies rechtzeitig über das Gesetzesvorhaben informiert war. Die »vorsorgliche« Gründung von 15 Kapitalgesellschaften mit beschränkter Haftung bietet in diesem Kontext Interpretationsmöglichkeiten. Eine davon ist die, dass auf diese Weise Schlupflöcher zur Umgehung gesetzlicher Regelungen nicht nur genutzt – sondern auch bewusst geschaffen werden. Das hat Tradition. Denn das bundesdeutsche Gesellschaftsrecht gewährt viele Freiheiten für jene, die sie sich leisten können. Verschachtelte Unternehmenskonstrukte sind beliebt, ob sie nun in Gütersloh oder auf den Kaimaninseln registriert sind. Man kann damit Steuern mindern oder vermeiden, die Mitbestimmung aushebeln und Besitzverhältnisse verschleiern. Und auch das Arbeitsrecht bis zum Gegenteil der darin zu lesenden Worte verbiegen. Hier gilt nicht automatisch die Unschuldsvermutung…“ Artikel von Klaus Fischer in der jungen Welt vom 31.07.2020 - Freiheitsberaubung? Tönnies-Mitarbeiter zu Unrecht in Quarantäne
„Im Kreis Gütersloh werden nach Monitor-Recherchen Tönnies-Beschäftigte zu Unrecht in Quarantäne gehalten – aufgrund von positiven Corona-Tests oder Krankheitssymptomen, die es in vielen Fällen nicht gab. Rheda-Wiedenbrück, 17. Juli 2020, kurz vor Mitternacht. In der Stadt sind Ordnungskräfte im Auftrag des Gesundheitsamts unterwegs, sie verteilen hunderte Briefe. Adressiert sind sie an Tönnies-Beschäftigte, die meisten aus Rumänien, Bulgarien oder Polen. Die Ordnungskräfte haben es offensichtlich eilig, Punkt Mitternacht läuft die vom Land Nordrhein-Westfalen angeordnete, allgemeine Quarantäne aus – die Menschen dürften dann wieder raus. Genau das soll offenbar verhindert werden. Die verteilten Briefe haben jedenfalls nur einen Zweck: die Adressaten in Quarantäne zu halten. (…) Etliche Briefe liegen noch ungeöffnet im Hausflur herum. Die Menschen, an die diese Briefe adressiert sind, leben allerdings schon lange nicht mehr hier. Vier Wochen nach dem Corona-Ausbruch bei Tönnies wissen die Behörden offenbar noch immer nicht, wo die Beschäftigten wohnen. Auf Monitor-Anfrage antwortet die Stadt Rheda-Wiedenbrück, die bereits aus der Quarantäne entlassenen Personen seien irrtümlich in den vom Kreis Gütersloh übermittelten Listen erfasst gewesen. Aufgrund der hohen Fallzahl hätten nicht alle Einzelfälle vollumfänglich vorab überprüft werden können. Nur Einzelfälle? Dagegen sprechen Recherchen in der Nachbarstadt Rietberg, in der am 17. Juli ebenfalls zahlreiche Briefe an Tönnies-Beschäftigte verteilt wurden, in denen eine Verlängerung der Quarantäne angeordnet wurde. Für die Betroffenen sind die Schreiben ein Schock: Sie seien positiv auf das neue Corona-Virus getestet worden, erfahren sie darin (…) Monitor ruft für Nicolae beim Gesundheitsamt an, um zu klären wie es zu dem Ergebnis kommen konnte. Nach stundenlangem Warten heißt es: Einen positiven Corona-Test hat es nie gegeben. Auch in weiteren Fällen stellt sich heraus: Positive Testergebnisse, von denen in den Schreiben die Rede ist, gab es nie. Die Quarantäne hätte also in keinem der Fälle verlängert werden dürfen…“ Text und Video des Monitor-Beitrags von Herbert Kordes und Traian Danciu am 30.07.2020 bei tagesschau.de - Tönnies betreibt Roßtäuscherei: Werkverträge mit konzerneigenen Firmen sind auch Werkverträge!
„Herr Tönnies weiß genau, um was es geht. Aber vermutlich hat er „grünes Licht“ von den verantwortlichen Landespolitikern, die zu seinem jüngsten Coup einfach schweigen. Das Getöse wegen der Ausfallforderungen von Tönnies ist groß, obwohl am Ende, wenn sich der Sturm gelegt hat, Tönnies auf Kosten des Steuerzahlers Zahlungen erhalten wird. Nun jedoch täuscht er erst mal die Öffentlichkeit mit seinem Märchen, er schaffe die Werkverträge ab, indem er diese nur noch mit konzerneigenen Unternehmen abschließt. Lang und breit war in der Öffentlichkeit breitgetreten worden, um was es ging: Darum daß endlich diejenigen, die im Betrieb arbeiten, auch in einem Arbeitsverhältnis ZUM UNTERNEHMEN stehen. Plötzlich ist davon nicht mehr die Rede: Auch „konzerneigene Unternehmen“ sind Fremdfirmen, wie wir es sattsam von Autovision und Sitech bei VW erfahren haben. Zu diesen Firmen erklärte und erklärte VW stereotyp, man habe mit diesen Firmen nichts zu tun und wisse nichts von deren Geschäftsgebaren. Es seien unabhängige Unternehmen und daß sie dem Konzern angehören würden, habe gar keine Bedeutung. In den zahlreichen Prozessen auf Festanstellung von Fremdbeschäftigten in den letzten 7 Jahren wandte VW immer und immer wieder ein, man habe „keine Kenntnis“ von den Einzelheiten, die bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen eine Rolle spielten und bürdete – mt Zustimmung der meisten Arbeitsgerichte – die volle Darlegungs- und Beweislast den „Fremdbeschäftigten“ auf. Nun geht dasselbe Theater wieder bei Tönnies los, zumal die Löhne exakt wieder nicht denjeinigen der Stammbeschäftigten entsprechen werden. Wie lange wollen wir uns das Verwirrspiel des Herrn Tönnies noch bieten lassen. KEINE WERKVERTRÄGE MEHR BEI TÖNNIES ! AUCH NICHT MIT „KONZERNEIGENEN“ FIRMEN !“ Info Nr. 307 vom 21.7.2020 von und bei Institut für Arbeit – ICOLAIR (Rolf Geffken) - [Jetzt erst?] Tierwohllabel „Neuland“ will Zusammenarbeit mit Tönnies überprüfen
“… Aldi verkauft seit 2018 Schweinefleisch mit dem Tierwohl-Siegel ,,Neuland“. Produziert wird das Fleisch bei Tönnies. Das wirft Fragen auf. Denn zum Neuland-Verein gehören zwei bekannte Tönnies-Kritiker: Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und der Naturschutzbund BUND. AbL-Bundesgeschäftsführer Georg Janßen kommentierte die Corona-Fälle bei Tönnies und in anderen Schlachtunternehmen so: “Das System Billigfleisch hat viele Verlierer, es muss beendet werden.“ Der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt sagte: „Der Fall Tönnies ist nur die Spitze des Eisbergs. Er steht für ein menschenunwürdiges und Tierleid erzeugendes Agrarsystem.“ Dass man dennoch mit Tönnies zusammenarbeitet, erklären der Neuland-Verein und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft mit den Forderungen von Aldi. 2018 wollte Neuland mit seinem Siegel im Lebensmitteleinzelhandel Fuß fassen: bei Aldi. Der Discounter habe einen hohen Hygienestandard und bei Tönnies sei die Produktion auf dem neuesten Stand, heißt es von Neuland. ‚Alternativen sind geprüft worden“,sagte AbL-Geschäftsführer Janßen dem WDR. Aber Aldi habe mit Tönnies zusammenarbeiten wollen. (…) Aber es sei nicht so einfach, aus den Vereinbarungen herauszukommen: Die liefen noch bis 2023. Es werde auch Gespräche mit Tönnies geben, so Janßen. Der Vertrag ist attraktiv für Neuland: Eine Laufzeit über fünf Jahre und ein vereinbarter Festpreis seien ungewöhnlich für die Branche.“ Beitrag bei WDR Nachrichten vom 20.07.2020 - Aus für Werkverträge: Tönnies gründet 15 Tochterfirmen für die Produktion
„Der Fleischkonzern will Mitarbeiter über Tochtergesellschaften direkt anstellen. Kritiker fürchten, die neue Konstruktion soll das alte System aufrechterhalten…“ Artikel von Michael Verfürden vom 17.07.2020 beim Handelsblatt online – im Abo, die Ankündigung der Tochtergesellschaften statt Subs reicht aber bereits - Aktivist:innen blockieren Tönnies-Subunternehmen in Bielefeld: Kampagne „Shut down Schweinesystem“ prangert Ausbeutung von Arbeiter:innen an
„Aktivist:innen haben am Freitag Morgen im Rahmen der Kampagne „Shut down Schweinesystem“ das Bielefelder Unternehmen Ni.Ke. Fleischverarbeitung GmbH blockiert. Mit einer vorgefertigten Holzkonstruktion versperrten sie den Eingang des Ladenlokals in der Große-Kurfuersten-Str. 67. Anlass der Aktion sind die ausbeuterischen Arbeitsbedingungen und Rassismus beim Fleischkonzern Tönnies, von welchen auch das Subunternehmen mit Sitz in Bielefeld profitiert. „Während bei Tönniesdie Produktion nicht schnell genug wieder hochgefahren werden konnte versagten Tönnies und seine Subunternehmer komplett bei der Versorgung ihrer Mitarbeiter:innen in Quarantäne. An der prekären Arbeitssituation der Arbeiter:innen in der Fleischindustrie hat sich also nichts geändert“ (…) Die im Juni 2020 ins Leben gerufene bundesweite Kampagne „Shut down Schweinesystem“ möchte den desaströsen Lebensbedingungen in der Fleischindustrie ein Ende setzen. „Wir sagen: Schluss mit Leiharbeit, Lohndumping und Rassismus – bei Tönnies und überall“. so Thalberg abschließend. Die Kampagne kündigt an dieser Stelle weitere Aktionen an“ Pressemitteilung mit Bildern vom 17.7.2020 , siehe weitere Bilder und Berichte bei Twitter - Tönnies darf wieder Schweine schlachten und zerlegen lassen. Und wie geht es mit denen weiter, die das „Schweine-System“ am Laufen halten?
“Das geht jetzt schneller, als die möglicherweise in Kurzarbeit und Homeoffice befindlichen Nachrichten-Redaktionen dies in Worte zu formen in der Lage sind. »Tönnies darf seit Donnerstag (16.07.2020) wieder schlachten – zunächst geringere Mengen und unter strengen Auflagen mit neuem Hygienekonzept. Ob sich dadurch für die Arbeiter nachhaltig etwas ändert, bleibt fraglich«, so die erste Meldung des WDR: Wiederaufnahme der Schlachtungen: Was ändert sich bei Tönnies? NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hatte am Morgen angekündigt, dass das Schlachtunternehmen ab sofort strenger von den Behörden kontrolliert werde: „Tönnies wird völlig anders arbeiten als vorher.“ »Die ersten Schweine sind bereits angeliefert worden, nach der Schlachtung folgt in der Produktionskette die Zerteilung der Tiere für die weitere Verarbeitung. Allerdings steht die Genehmigung für den zweiten Produktionsschritt noch aus. Diese hat die Stadtverwaltung von Rheda-Wiedenbrück noch nicht erteilt«, so diese Meldung aus der ersten Runde: Tönnies startet Schlachtbetrieb nach Zwangspause . Und dann einige Stunden später: Tönnies: Alle Produktionsbereiche wieder am Start : »Nach der Wiederaufnahme des Schlachtbetriebes am Donnerstag (16.07.2020) ist für das Tönnieswerk nun auch wieder die Schweine- und Sauenzerlegung frei gegeben. Ab Freitag dürfen die 2.714 Arbeiter das Werksgelände betreten und ihre Arbeit schrittweise wieder aufnehmen. Das teilt die Stadt Rheda-Wiedenbrück am Donnerstagabend mit.« (…) Nun könnte der eine oder andere berechtigterweise die Frage aufwerfen, was denn mit den Schlachthof-Arbeitern ist, deren skandalösen Arbeits- und Wohnbedingungen in den vergangenen Wochen im Windschatten der Aufregung über die Corona-Infektionen in den Medien (wieder einmal) thematisiert wurden – (…) Und wahrlich nicht beruhigend wird dann der Landrat des Kreises Gütersloh, Sven-Georg Adenauer, mit den aufschlussreichen Worten zitiert, »dass die Kommunen, in denen die Menschen leben, die Aufgabe hätten, die Wohnsitutation zu verbessern. „Als Kreis können wir uns da schlecht einmischen, dafür sind wir zu weit weg“, so der Landrat. Auch der Tönnies-Konzern sei dafür in die Pflicht zu nehmen.« Man hört ihn schon wieder wiehern, den bis aufs Skelett abgemagerten Gaul der (Nicht-)Zuständigkeit. (…) Und für diese skeptische Position bekommen wir derzeit einige Hinweise geliefert. »Um einem Verbot zuvorzukommen, will Tönnies bis Ende September 1000 Beschäftigte direkt, also mit Arbeitsvertrag von Tönnies und nicht bei Subunternehmen, einstellen. Bis Jahresende sollen die restlichen Arbeiter in der Schlachtung, Zerlegung und Verpackung folgen. Wie viele der bisherigen Werkvertragsarbeitnehmer unbefristet oder befristet angestellt werden wollen, könne Tönnies derzeit noch nicht absehen, sagte ein Sprecher. In Rheda arbeitet etwa die Hälfte der fast 7000 Beschäftigten für Subunternehmen«, berichten Katrin Terpitz und Michael Verfürden in ihrem Artikel Streit über die Werkverträge: Was die Branche vom geplanten Verbot hält . Das muss man auch vor diesem Hintergrund lesen: Lange hatte sich Clemens Tönnies, der geschäftsführende Gesellschafter der Tönnies-Holding, vehement gegen das geplante Verbot von Werkverträgen gewehrt. Der Unternehmer hatte noch Ende Mai in einem Schreiben an Heil gewarnt, dass ein entsprechendes Gesetz „die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Produzenten gefährden könnte – zugunsten von Konkurrenten in europäischen Nachbarländern wie Polen, Rumänien oder Spanien“. Offensichtlich haben sich die Zeiten geändert. (…) Wenn wir also ein System haben, in dem es eine flächendeckende Tarifabdeckung haben, dann können sich auch die schwarze Schafe der Branche dem nicht entziehen. Deshalb ist es auch keine Überraschung, dass Tönnies sich auch bereits seit langem an diese im Vergleich zur Situation in Deutschland traumhaften Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten selbstverständlich hält – und zwar in den beiden Schlachthöfen, die der Konzern des deutschen Schweinebarons in Dänemark betreibt. Zu den dortigen Bedingungen. Insofern wäre eine flächendeckende Tarifbindung in Deutschland anzustreben, über eine entsprechende Allgemeinverbindlicherklärung wäre das (theoretisch) möglich…“ Beitrag von Stefan Sell vom 17.07.2020 in seinem Blog Aktuelle Sozialpolitik - Demo am 17.7.20: Stoppt Tönnies & Co! Keine Wiederaufnahme des Schlachtbetriebs am Werkstor in Rheda-Wiedenbrück
„Der massive Corona-Ausbruch hat den Protest gegen den Fleischkonzern deutlich verschärft. Am Freitag will ein Aktivbündnis vor dem Werkstor in Rheda-Wiedenbrück demonstrieren. Die Linke fordert die Schließung des Schlachtbetriebs. Die Organisatoren erwarten 150 Demonstranten vor dem Tönnies-Werkstor. Das Bündnis aus Klimaschützern und Tierschützern protestiert gegen die Wiedereröffnung von Tönnies. Die Demo ist Freitag von 16 bis 18 Uhr geplant. Die Linke fordert die Schließung des Schlachtbetriebs und den Rücktritt von Clemens Tönnies. Für die linke Spitzenkandidatin für den Kreistag, Gloria Strothmann, ist die Fleischindustrie mitverantwortlich für die Klimakatastrophe.“ Meldung am 15.07.2020 beim Radio Gütersloh (attac ruft zu einer Demo um 17 Uhr auf) - 16.7.2020: Greenpeace-Protest am Fleischwerk Tönnies in Rheda
„Für einen grundlegenden Wandel in der Fleischindustrie demonstrieren heute Greenpeace-Aktivistinnen und Aktivisten am Fleischwerk des Branchenführers Tönnies in Rheda-Wiedenbrück. Dort ist heute Morgen der Schlachtbetrieb wieder angelaufen. Mit motorisierten Gleitschirmen sind die Aktivisten auf dem Dach des Hauptgebäudes gelandet und fordern auf einem 7 mal 14 Meter großen Banner neben dem Firmenlogo „Schluss mit dem Schweinesystem!“. Wegen massenhafter Corona-Infektionen unter den Beschäftigten wurde der Betrieb am 21. Juni eingestellt. Tönnies hatte hier bis zu 30.000 Schweine am Tag geschlachtet. „Das System Billigfleisch ist komplett krank und nicht nur für die Beschäftigten der Fleischindustrie in Corona-Zeiten ein Gesundheitsrisiko“, sagt Dirk Zimmermann, Landwirtschaftsexperte von Greenpeace. „So darf es nicht weitergehen. Die Produktion von Billigfleisch gefährdet uns alle – über die Verbreitung von Antibiotikaresistenzen, Nitrat im Wasser, Ammoniak in der Luft und klimaschädliche Emissionen.“…“ Presseerklärung vom 16.7.2020 - Wiederaufnahme der Schlachtungen: Was ändert sich bei Tönnies?
„Tönnies darf seit Donnerstag (16.07.2020) wieder schlachten – zunächst geringere Mengen und unter strengen Auflagen mit neuem Hygienekonzept. Ob sich dadurch für die Arbeiter nachhaltig etwas ändert, bleibt fraglich. (…) Menschen, die Werkvertragsarbeiter beraten und für deren Probleme da sind, haben große Zweifel daran, dass sich an deren Lebens- und Arbeitsbedingungen viel verändern wird. Armin Wiese von der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) war überrascht, dass der Betrieb so schnell wieder aufgenommen werden durfte: „Gespannt sind wir auf jeden Fall, ob das alles so funktioniert und eingehalten werden kann, aber leider haben wir darin keinen Einblick.“ Viele Beschäftigte machen sich laut Wiese Sorgen um ihre Arbeitsplätze. Weil weniger Fleisch verarbeitet wird, werden auch weniger Mitarbeiter benötigt. Diejenigen, die auch jetzt – nach der Quarantäne – noch nicht arbeiten dürfen, fragen sich, ob sie trotzdem bezahlt werden. Auch ob sich durch regelmäßige Kontrollen die Unterbringungen von Werkvertragsarbeitern verbessern, fragen sich viele…“ Beitrag vom 16.07.2020 beim WDR - Subunternehmer in der Fleischindustrie: Diese Männer liefern Tönnies die Werkarbeiter
„Ohne Dumitru Miculescu, Markus Sander oder Josef Besselmann stünden bei Tönnies die Bänder still. Ihre Unternehmen holen ständig neue Werkarbeiter nach Deutschland – und verdienen daran, wo sie nur können. Doch das angekündigte Ende der Werkverträge in der Fleischbranche bedroht das System. Es gibt einen Grund, dass im rumänischen Lokalfernsehen manchmal Werbespots für den deutschen Schlachtkonzern Tönnies laufen. Dieser Grund heißt Dumitru Miculescu. In einem Spot ist er selbst zu sehen: In blauem Jackett, mit leicht hochgegelten Haaren, erklärt er zwei Bewerbern die Vorzüge der Arbeit in der deutschen Fleischindustrie. Dann ein Schnitt ins Tönnies-Werk. Schweinehälften schwingen durchs Bild. Ein Schriftzug erklärt: Miculescus Unternehmen MGM „beschäftigt qualifizierte und ungelernte Arbeitskräfte“. Die Zuschauer müssen nur noch zum Hörer greifen. Dumitru Miculescu ist das, was man in Rumänien einen Lokalbaron nennt. Der Lokalfernsehsender gehört zu seinen Besitztümern, ebenso wie zahlreiche weitere Unternehmen. (…) Sein Unternehmen MGM ist eines der insgesamt 25 Subunternehmen von Tönnies. Er stellt Arbeitskräfte ein, die im Auftrag des Schlachtkonzerns in dessen Hallen Schweine zerlegen oder Grillspieße zusammenstecken. Mit etwa 1700 Beschäftigten ist Miculescu der wahrscheinlich wichtigste Partner von Tönnies. Konkurrenz um diesen Titel machen ihm nur zwei andere Firmen: Das Unternehmen DSI, dessen Eigentümer Markus Sander und Christian Doits beste Verbindungen nach Polen haben – und der auf Reinigungskräfte spezialisierte Unternehmer Josef Besselmann. Ohne diese Männer wäre die deutsche Fleischindustrie eine andere. In Deutschland lassen sich kaum noch Arbeitskräfte finden, die in der Kühle der Fabriken die körperlich schwere Arbeit leisten wollen, vor allem, wenn dabei kaum mehr als der Mindestlohn herausspringt. Deshalb werben Subunternehmer unablässig Arbeitskräfte aus Osteuropa an, legen ihnen Arbeitsverträge vor, karren sie nach Deutschland, bringen sie in eigens gemieteten Wohnungen unter – und versuchen aus jedem einzelnen Schritt auf diesem Weg ein Geschäftsmodell zu machen. (…) Umgerechnet nur etwa 18 bis 19 Euro die Stunde zahlen Tönnies und Co den Subunternehmern für die Arbeit der meist ungelernten Kräfte, heißt es in der Branche. Davon müssen die Subunternehmer nicht nur den Mindestlohn, sondern auch Steuern und Sozialabgaben zahlen. Hinzu kommen die Kosten für Anwerbung der Arbeitskräfte oder die Verwaltung. Viel übrig bleibt in der Regel nicht. Wer zu teuer ist, kann Aufträge verlieren. Deshalb nutzen die Subunternehmer auch ihre Angestellten, um Geld zu verdienen: So besitzen MGM oder Besselmann gleich mehrere Immobilienfirmen, über die sie Wohnungen an Mitarbeiter vermieten. Auch den Transport zum Werk und zurück lassen sie sich oft bezahlen, Besselmann etwa verlangt dafür 100 Euro pro Monat von seinen Angestellten. Als besonders trickreich gilt DSI. Der Name steht für Datenservice International. Den Ursprung hat das Unternehmen in der Lohnabrechnung. Statt Gehaltsabrechnungen verarbeitet DSI heute eher Werkarbeiter…“ Artikel von Jacqueline Goebel vom 15. Juli 2020 in der Wirtschaftswoche online - [ZDFzoom] Tönnies und die Werkverträge – Ausbeutung mitten in Deutschland
“Die deutsche Fleischindustrie ist zum Brennglas für prekäre Arbeitsverhältnisse, gierige Unternehmer und machtlose Gewerkschaften geworden. Ist der deutsche Arbeitsmarkt ein moderner Sklavenmarkt? „ZDFzoom“ beleuchtet die Hintergründe. Die Tönnies Holding ist Deutschlands größter Schlachtbetrieb. Rund 25 000 Schweine werden täglich im Stammwerk in Rheda-Wiedenbrück getötet und verarbeitet. Die überwiegende Zahl der Produktionsmitarbeiter kommt aus Osteuropa und ist mit Werkverträgen beschäftigt. Sie sind oft bei Subunternehmen angestellt, die ihre Mitarbeiter häufig in ausbeuterische Arbeitsverhältnisse drängen. Werkverträge sind nicht nur in der Fleischindustrie üblich, sondern auch zum Beispiel im Bausektor, der Logistikbranche, bei Gebäudereinigern oder in der Automobilindustrie – also überall dort, wo Arbeitgeber ihre Beschäftigten nicht fest anstellen wollen, um hohe Lohnkosten zu vermeiden. Das kritisiert Prof. Dr. Marcel Fratzscher vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung scharf. Inflationsbereinigt seien die Unternehmensgewinne in den vergangenen 30 Jahren um fast 80 Prozent gestiegen, die Reallöhne dagegen nur um rund 15 Prozent. Das verursache ein gefährliches Schrumpfen der Mittelschicht. Deutschland hat heute den größten Niedriglohnsektor in ganz West-Europa. Ursache dafür ist auch die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes unter Gerhard Schröder im Rahmen der Agenda 2010. Heute versucht die SPD unter Arbeitsminister Hubertus Heil gegenzusteuern, doch in den Augen vieler Experten, wie zum Beispiel Prof. Stefan Sell, Direktor des Instituts für Sozialpolitik und Arbeitsmarktforschung der Hochschule Koblenz, greifen Heils Reformvorschläge nicht weit genug. Dass es auch anders geht, zeigt ein Besuch in Dänemark, ebenfalls einer der ganz großen Schweinefleischproduzenten in Europa. Trotzdem gibt es in der dänischen Fleischindustrie keine vergleichbaren Corona-Ausbrüche wie beim deutschen Marktführer Tönnies. Ein Grund dafür: Werkverträge mit Subunternehmern gebe es nicht, alle Mitarbeiter sind beim Unternehmen fest angestellt und in der Regel gewerkschaftlich organisiert. „In Dänemark muss kein Mitarbeiter befürchten, wegen Krankschreibung seinen Job zu verlieren“, so Jensen von der dänischen Lebensmittel-Gewerkschaft, das sei in Deutschland anders. Die Autoren der Dokumentation sprechen mit Werkverträglern, Gewerkschaftsvertretern, Wissenschaftlern, Aktivisten und Politikern. Sie gehen dabei der Frage nach, ob die prekären ausbeuterischen Beschäftigungsverhältnisse den Sozialstaat aushöhlen und zur Gewinnmaximierung der Unternehmen im großen Stil missbraucht werden.“ Film von Oliver Koytek, Jochen Schulze und Anja Marx in ZDFzoom am 15.07.2020 (Video verfügbar bis 15.07.2021) - Tönnies beantragt Lohnkostenerstattung
“Der Schlachtbetrieb Tönnies und weitere Subunternehmer haben beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) Anträge auf Erstattung von Lohnkosten durch das Land Nordrhein-Westfalen gestellt. Das bestätigte ein Sprecher des LWL dem SPIEGEL. Hintergrund sind die Quarantänemaßnahmen, nachdem sich nachweislich rund 1400 Tönnies-Arbeiter am Stammsitz in Rheda-Wiedenbrück mit dem Coronavirus infiziert hatten. Das Infektionsschutzgesetz sieht die Erstattung der Lohnkosten vor, wenn Gesundheitsämter einen Betrieb schließen und Quarantäne anordnen. Die Löhne müssen vorerst von den Unternehmen bezahlt werden und können bis zu einem Jahr rückwirkend erstattet werden. Die Anträge würden jetzt nach Eingang abgearbeitet, sagte der LWL-Sprecher. Es sei noch völlig offen, um welche Summen es sich handelt. Dabei gibt es Hinweise, dass die vielen Corona-Fälle in dem Unternehmen auch mit den Bedingungen dort zu tun haben könnten…“ Meldung vom 10.07.2020 beim Spiegel online , siehe dazu:- Tönnies und die doppelt vergessenen Unsichtbaren an den Fließbändern der Fleischindustrie
„… Wirklich interessant an den Ausführungen von Stegner sind nicht die Träumereien von einem inhaftierten Fleischbaron, sondern dieser Passus: „So jemand braucht nicht staatliche Hilfe durch Steuergelder.“ Also das ist doch das Mindeste, werden die in den Details unbelasteten Bürger an dieser Stelle unterstreichen, hervorheben und als Selbstverständlichkeit abheften wollen. Irrtum. Denn genau um Steuermittel geht es jetzt – und Tönnies hat, wohl auch vor dem Hintergrund der Debatte seine Person betreffend, den Finger auf eine große, offene Wunde für die Politiker gelegt (was er nicht hätte machen müssen, er hätte das auch auf sparsamer Flamme betreiben können und würde dennoch an den Tropf mit den Steuergeldern kommen). Um was genau geht es?…“ Beitrag vom 13. Juli 2020 von und bei Stefan Sell
- Tönnies und die doppelt vergessenen Unsichtbaren an den Fließbändern der Fleischindustrie
- Tönnies – So steht Deutschlands größter Schlachtereikonzern finanziell da
“Wegen des Corona-Ausbruchs drohen Tönnies hohe Entschädigungsforderungen. Doch Unternehmer Clemens Tönnies macht es schwer, die Ertragslage seines Imperiums zu entschleiern. (…) Für den ostwestfälischen Schlachtereikonzern, in dem sich mehr als 1550 Mitarbeiter mit dem Coronavirus infizierten, könnte es in den kommenden Wochen tatsächlich teuer werden: Eine Kostenübernahme für Corona-Tests in den Landkreisen Gütersloh und Warendorf hat das Unternehmen bereits zugesagt, Vertragskündigungen von Handelsketten könnten folgen. Möglicherweise drohen sogar Entschädigungszahlungen an Barbesitzer oder Fitnessstudios, wie sie zuletzt Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) ins Spiel brachte. Selbst die Bundeswehr wird Tönnies für ihren umfangreichen Einsatz möglicherweise eine Rechnung schreiben. (…) Doch Geschäftszahlen, die dem Handelsblatt vorliegen, zeigen: Den Bestand des Unternehmens, mit einem Marktanteil von 30,3 Prozent größter Schweineschlachter Deutschlands, dürfte dies alles kaum gefährden. Zum Jahresende 2018, so zeigt der Geschäftsbericht, lagen 335 Millionen Euro an flüssigen Mitteln in der Konzernkasse der Ostwestfalen. Zudem fanden sich zum Bilanzstichtag 778 Millionen Euro Eigenkapital in der Konzernbilanz. (…) Dabei macht es Tönnies Beobachtern schwer, die Ertragslage seines Imperiums zu entschleiern. Wer nach Angaben über den Gewinn sucht, muss unter anderem in Kopenhagen beim „Erhvervsstyrelsen“ vorstellig werden, dem dänischen Gewerbeamt, in dessen Register die „Tönnies Holding Verwaltungs ApS“ als persönlich haftender Gesellschafter eingetragen ist. Seit 2017 residiert die Komplementärgesellschaft des Konzerns nicht mehr in Rheda-Wiedenbrück, sondern im dänischen Brörup. Doch so verschachtelt der als „ApS & Co. KG“ geführte Gesamtkonzern auch immer aufgebaut ist, sicher ist eines: Für Schäden durch den Corona-Ausbruch haftet zunächst allein das Unternehmen. Persönlich würden die Gesellschafter erst dann zur Kasse gebeten, wenn es zur Insolvenz käme – wonach es nicht aussieht. (…) Dabei glaubt das US-Wirtschaftsmagazin „Forbes“, dass Clemens und Robert Tönnies jeweils ein Vermögen von zwei Milliarden Euro besitzen. Ein Teil des familiären Immobilienvermögens befindet sich laut Geschäftsbericht außerhalb des Konzerns. So hat Clemens Tönnies in den vergangenen Jahrzehnten in seiner Doppelrolle als Geschäftsführer und Gesellschafter offenbar gut verdient…“ Artikel von Christoph Schlautmann und Katrin Terpitz vom 29.06.2020 im Handelsblatt online - Tönnies-Beschäftigte in Quarantäne: Das große Warten
„Seit drei Wochen sind viele, die bei Tönnies arbeiten, in Quarantäne. Ihr Unmut richtet sich gegen die Behörden und gegen ihre Arbeitgeber. (…) Viele sitzen seit drei Wochen in ihren Unterkünften und sind schlecht gelaunt. Sie wissen nicht, wann sie wieder rausdürfen. Sie wissen nicht, ob sie für die Zeit der Quarantäne Geld bekommen. Manche kriegen nicht genug Essen, sagen sie, weil die Subunternehmen, bei denen sie angestellt sind, zu wenig liefern. (…) Bei den Rumänen eskaliert die Situation an diesem Montag, ein Mann schreit die Soldaten an, die Dolmetscherin versucht zu übersetzen: Immer nur Tests, keine Ergebnisse. Dann verschwindet er im Haus und kommt nicht wieder. Die anderen Bewohner protestieren ebenfalls, lassen sich dann aber den Wattestab in den Mund stecken. Zweimal die Woche testen Feuerwehrleute, Soldaten, Angestellte von sozialen Trägern und Freiwillige die Arbeiter und ihre Kontaktpersonen. Sie fahren in sogenannten mobilen Teams zu den Wohnungen, klingeln, fragen nach Symptomen, nehmen Abstriche und schicken sie ins Labor. Was sie nicht dabeihaben: Informationen. Wie lange dauert die Quarantäne noch? Warum darf mein Mitbewohner schon wieder raus und ich nicht? Werden wir diesen Monat bezahlt? Wann können wir wieder arbeiten? Sie verweisen dann auf eine Telefonnummer, die Hotline des Gesundheitsamts. Die Arbeiter sagen, dort erreichen sie selten jemanden, oft scheitere es auch an der Sprache. Brzozowski sagt, dass sich auch eine deutsche Freundin für ihn erkundigt habe – erfolglos. „Ich habe keine Informationen.“ (…) Eine Mitarbeiterin versucht, die unterschiedlichen Fälle zu erklären. Besonders kompliziert ist es bei denjenigen, die Kontakt zu Infizierten hatten, der Kreis schätzt die Zahl auf 4.500. Wann war der Kontakt? Und vor allem: Wie schafft man es, die Menschen in den engen Unterkünften zu isolieren? Wer mit Covid-19 aus Ischgl nach Hause kam, hatte sehr wahrscheinlich ein eigenes Zimmer für die Quarantäne. Was aber, wenn die Menschen in Stockbetten schlafen, sich Küchen und Toiletten mit bis zu einem Dutzend anderen teilen? Seit Anfang Juli isoliert der Kreis die positiv Getesteten in einer separaten Unterkunft. (…) Wie viele andere Arbeiter lebt Marek in einem geschlossenen System. Mitarbeiter von DSI überwachen die Arbeit im Werk, sie notieren Stunden und Strafen – und sie stellen die Unterkunft. Das ist nicht per se illegal, aber es führt zu Abhängigkeit. Die Miete und alle anderen Kosten werden direkt vom Lohn abgezogen. Am Ende des Monats bleiben den Arbeitern oft nicht viel mehr als 1.000 Euro, auch wenn sie sechs Tage die Woche arbeiten. „Die Miete kostet über 100 Euro im Monat“, sagt Marek. „Aber wir haben unterschrieben, dass sie für jeden Krankheitstag 10 Euro einbehalten dürfen.“ Ein Vertrag, der bis April 2020 lief und uns vorliegt, bestätigt Mareks Aussage. Wer unentschuldigt fehle, zahle 100 Euro Strafe pro Tag. So sagen es mehrere Mitarbeiter. Ein Arbeiter erzählt, dass dann ein DSI-Angestellter in die Unterkunft käme, mit einem Steckbrief, ein A4-Papier mit ausgedrucktem Foto. Die Arbeiter nennen diese Angestellten „Jagdhunde“. Man werde ausgeschimpft und nach den Gründen befragt. In einer aktuellen Lohnabrechnung finden wir den Posten „Abzug-Abmahnung“. Es sind 100 Euro. Marek sagt, DSI trickse, wo es gehe. Für die GEZ-Gebühr zahlen alle 5 Euro pro Monat – egal ob 4 Menschen in der Unterkunft wohnen oder 8. Auch dieser Posten taucht auf einer Lohnabrechnung auf, die wir einsehen können. Zudem sei die Abrechnung der Arbeitszeit oft nicht korrekt. (…) Die Arbeiter berichten auch von Kollegen, die auf der Straße landen, wenn sie gekündigt werden. „Wenn du arbeitest, ist alles gut“, sagt die Sozialarbeiterin Kukiełka über die Subunternehmer-Struktur. „Aber wenn du krank wirst, bist du nicht nur arbeitslos, sondern sofort auch obdachlos.“ In Quarantäne sind die Subunternehmen für die Versorgung der Arbeiter verantwortlich. Marek sagt, dass sie so lange Essen bekommen hätten, bis die Ersten aus der Quarantäne entlassen wurden. Die hätten für die anderen einkaufen sollen. Er rechnet damit, dass ihnen das Essen vom Gehalt abgezogen wird.“ Artikel von Jonas Seufert und Lukasz Grajewski vom 11.7.2020 in der taz online - „Zustände sind erbärmlich“: So müssen Tönnies-Arbeiter leben
„Verschimmelte Wände, bis zu acht Personen in einem Zimmer, eine Toilette für 20 Mann: Mit der Corona-Krise kommen die Bedingungen ans Licht, unter denen Werksarbeiter in der Fleischindustrie arbeiten. Die Initiative „WerkFAIRträge“ dokumentiert seit Jahren diese Zustände. Der massenhafte Corona-Ausbruch bei der Tönnies-Fleischfabrik in Rheda-Wiedenbrück hat ein Schlaglicht auf die Arbeitsbedingungen in dem Industriezweig geworfen. Die Unterbringung der Arbeiter, die mit Werkverträgen das Gros der Produktion stemmen, ist mitunter unwürdig. Ein Zustand, den die Interessengemeinschaft „WerkFAIRträge“ schon seit Jahren anprangert. Inge Bultschnieder kämpft seit 2012 für bessere Bedingungen für die zumeist osteuropäischen Beschäftigten. Während eines Krankenhausaufenthalts teilte sie sich ein Zimmer mit einer Bulgarin, die bei Tönnies arbeitete. Diese berichtete ihr von den schweren Arbeitsbedingungen, den vielen Überstunden und der miserablen Wohnsituation der Arbeiter aus Osteuropa. Bultschnieder gründete daraufhin eine Bürgerinitiative und organisierte Demonstrationen. Vor allem die Ignoranz, mit der Öffentlichkeit und Politik der Situation seit Jahren begegnen, bringt Bultschnieder auf: „Es interessiert niemanden, ob die Menschen hier in den Häusern krank werden. Die Zustände sind erbärmlich! Solche Bilder kennt man nur aus den ärmsten Ländern der Welt, nicht aber aus Deutschland“, sagt Bultschnieder schockiert. „Im Keller steht das Wasser, der Geruch ist abartig und die Wände sind schwarz.“ Fotos, die ntv vorliegen und in diesem Artikel zu sehen sind, dokumentieren exemplarisch die Mängel in der Unterbringung der Arbeiter. Vier bis acht Personen teilen sich ein Zimmer, schlafen in Doppelstockbetten, bis zu 20 Mitarbeiter nutzen eine einzige Toilette. Die Wände sind schimmelig – die Zustände der Wohnungen, in denen die osteuropäischen Werksarbeiter von Tönnies leben mussten, sind nicht nur katastrophal, sondern auch gesundheitsschädlich…“ Beitrag mit Bildern vom 09. Juli 2020 bei ntv.de , siehe auch: „IG WerkFAIRträge“ : Interessengemeinschaft für faire Lebens- und Arbeitsbedingungen für Werkvertragsarbeiter_innen in Rheda-Wiedenbrück und Umgebung - Shut Down Schweinesystem: Bündnis ruft zum bundesweiten Aktionstag gegen den Tönnies-Konzern auf
“… Unter dem Motto „Shut Down Schweinesystem! — Gegen Rassismus, Leiharbeit und Lohndumping!“ haben sich Gruppen aus Berlin, Köln, Bielefeld, Göttingen, Osnabrück und Münster zusammengeschlossen, um gegen die untragbaren Zustände in der Fleischindustrie aktiv zu werden und sich mit den Beschäftigten zu solidarisieren. Bereits an diesem Wochenende fanden Protestaktionen vor dem Tönnies-Werk in Rheda-Wiedenbrück, in Köln auf der Rheinbrücke und in Osnabrück statt (Bilder siehe unten). Für die kommenden Wochen kündigt die Kampagne weitere Aktionen und einen bundesweiten Aktionstag an. Anlass zur Gründung der Kampagne ist der Corona-Ausbruch beim Tönnies Konzern im Kreis Gütersloh. „Es ist keine Überraschung, dass sich das Coronavirus unter der Belegschaft des Konzerns ausbreitet, denn diese ist in Sammelunterkünften zusammengepfercht und muss sich im ‚Schichtsystem‘ Betten teilen“, sagt Jonas Thalberg, Sprecher der Kampagne. „Die nun empörten Stimmen aus der Politik, haben die ausbeuterischen Verhältnisse über Jahre unterstützt und von ihnen profitiert. So erhielt die lokale CDU Rheda-Wiedenbrück sechsstellige Summen an Spendengeldern von Tönnies. Dass Sigmar Gabriel vom SPD-Bundespolitiker zum bezahlten Berater von Tönnies geworden ist, spricht für das Verhältnis der Politik zur Wirtschaft.“ so Thalberg weiter. „Wir als Kampagne erklären uns daher ausdrücklich solidarisch mit den Arbeiter*innen des Schweinesystems Tönnies, die ökonomischer Ausbeutung und rassistischer Stigmatisierung ausgesetzt sind!“ …“ Pressemitteilung vom 05.07.2020 bei Shut Down Schweinesystem , siehe für weitere Infos die Aktionsseite des Bündnisses - Aktion gegen Arbeitsunrecht stellt Mietwucher-Sammelanzeige an Generalstaatsanwaltschaft Hamm
„Anzeigen wegen Mietwuchers durch Subunternehmen und Vermieter können von Jedermann gestellt werden. Die Aktion gegen Arbeitsunrecht hat mit ihrem Rechtsanwalt Eberhard Reinecke eine Sammelanzeige bei der Generalstaatsanwaltschaft Hamm gestellt (pdf hier). Dieses Vorgehen ist im Fall des Mietwuchers möglich, da Staatsanwaltschaften hier zur Aufnahme von Ermittlungen verpflichtet sind, sobald Hinweise auf diese Straftat vorliegen. Wir rufen ausdrücklich Jeden, der Kenntnis von Sammelunterkünften und Wuchermieten hat, dazu auf, unsere Anzeige als Muster zu nutzen und Anzeige bei der zuständigen Staatsanwaltschaften zu stellen. Auf gewerblich betriebenen Wucher stehen nach §291 Strafgesetzbuch (StGB) zwischen einem halben bis zu zehn Jahren Haft…“ Beitrag von Jessica Reisner vom 6. Juli 2020 bei Arbeitsunrecht - Tönnies soll Produktion erhöht haben – trotz Corona
“… Die Firma Tönnies soll in ihrem Schlachtbetrieb in Rheda-Wiedenbrück ab Mai die Produktion erhöht und damit die massenhafte Verbreitung des Coronavirus begünstigt haben. Das berichtet ein Fleischkontrolleur, der dort arbeitet. Es seien „pro Woche 10.000 Schweine mehr als zu dieser Jahreszeit üblich geschlachtet“ worden, sagt der Mann, der sich anonym an den SPIEGEL gewendet hat. Die Redaktion konnte sich anhand von Dokumenten von seiner Glaubwürdigkeit überzeugen. Anfang Mai wurde ein Schlachthof der Firma Westfleisch in Coesfeld aufgrund eines Corona-Ausbruchs geschlossen. Knapp 300 Beschäftigte hatten sich infiziert. Die Tiere, die dort nicht verarbeitet werden konnten, seien nach Rheda-Wiedenbrück gekommen, so der Kontrolleur. Die Beschäftigten im Zerlegebereich hätten „Schulter an Schulter“ gestanden, da bei solchen Produktionsmengen die Arbeitsschritte nur so in der geforderten Geschwindigkeit ausgeführt werden könnten. „Damit die Arbeiter eineinhalb Meter Abstand halten können, müsste das Förderband halb so schnell laufen. Stattdessen wurde zuletzt sogar noch mehr geschlachtet als sonst.“ Mitte Mai ließ der Kreis Gütersloh mehrere Tausend Beschäftige des Schlachthofs in Rheda-Wiedenbrück auf das Coronavirus testen. Es gab damals bereits sieben infizierte Arbeiter…“ Artikel von Lukas Eberle vom 03.07.2020 beim Spiegel online - Rumänische Tönnies-Arbeiter: „Bis zum lieben Gott fressen dich die Heiligen!“
“Immer mehr Menschen wagen es, über Zustände im Fleischbetrieb Tönnies und Machenschaften beteiligter Subunternehmen zu reden. Die rumänische DW-Redaktion ist den Informationen in Deutschland und Rumänien nachgegangen. (…) Einige unserer Gesprächspartner schildern ihre Erfahrungen ruhig, andere sind aufgeregt. Bei ihren Anrufen sind oft Stimmen im Hintergrund zu hören. Stimmen von Menschen, die auch zu Wort kommen wollen. Viele sind seit Jahren bei Tönnies beschäftigt, andere erst seit einigen Monaten. Über rumänische Subunternehmer seien sie nach Deutschland gekommen, erzählen sie. Subunternehmer, die – wie DW-Recherchen in Rumänien und Deutschland zeigen – über ihre Firmen zu Hause und hierzulande Zehntausende Frauen und Männer aus Rumänien in der gesamten Bundesrepublik als günstige Arbeitnehmer vermitteln. Die Masche läuft denkbar einfach: Über Anzeigen in Rumänien werden Arbeitskräfte gesucht – für Spargelstechen, Erdbeerernte oder Schlachthöfe. Dann wird noch im Herkunftsland ein Vertrag fertiggemacht. Der kostet den Arbeitnehmer für gewöhnlich 100 Euro. Auch die Transportkosten per Bus müssen oft vom Arbeitnehmer beglichen werden (240 Euro für Hin- und Rückreise). Der Mindestlohn von 9,35 Euro pro Stunde wird garantiert, heißt es in allen Annoncen. Allerdings werden 7 Euro pro Tag Wohnkosten – also rund 200 Euro für ein Bett in der Sammelunterkunft – und weitere „Nebenkosten“ fällig. Obwohl laut Vertrag versprochen wird, Überstunden extra zu bezahlen, finden sich diese nicht immer auf dem monatlichen Lohnzettel: viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erzählen, dass sie 700 bis 900 Euro netto pro Monat verdient hätten. In einigen Fällen sei ein Teil der Überstunden bar „auf die Hand“ ausgezahlt worden – also am deutschen Fiskus vorbei. (…) Den Mut, nachzufragen, ob auch alles auf dem Lohnzettel richtig sei, hatten die Wenigsten. Wagten sie es dennoch, hätten Schichtleiter, Vorarbeiter und Subunternehmer – allesamt ebenfalls Rumänen – immer und für alles eine Erklärung parat gehabt. Bis hinauf zu den deutschen Vorgesetzten oder gar zum „großen Chef“ hätte es sowieso keinen Zugang gegeben. „Bis zum lieben Gott fressen dich die Heiligen“ – dieser bekannte rumänische Spruch kehrt häufig in unseren Gesprächen zurück. Und noch etwas wird klar: nicht alle Subunternehmer stehen pauschal in der Kritik. Es seien aber die vielen „schwarzen Schafe“, denen endlich das Handwerk gelegt werden müsse, hören wir immer wieder. Ein Unternehmen wird dabei auffallend oft genannt: MGM, eine Agentur in Ostwestfalen, deren Eigentümer Dumitru Miculescu heißt. Die Recherchen in Rumänien zeigen, dass Miculescu mehrere Firmen in Deutschland und Rumänien kontrolliert, die von Arbeitsvermittlung bis hin zu Immobilien breit aufgestellt sind. Seine Karriere begann im südrumänischen Landkreis Dâmbovița mit einer Schweine- und Geflügelzucht. Laut übereinstimmenden Medienberichten wurde er 2011 in einem Korruptionsprozess rechtskräftig zu einer anderthalbjährigen Bewährungsstrafe verurteilt. Trotzdem liefen Miculescus Geschäfte ungehindert weiter. Gut vernetzt konnte der Geschäftsmann Familienmitglieder und Freunde in wichtige Ämter platzieren – und so ein Geflecht von Firmen, lokalen Medien und staatlichen Behörden kontrollieren. Als erfolgreicher Unternehmer wurde Miculescu auch politisch aktiv. Je nach Interessenslage in der Region wechselte er dabei mehrmals querbeet die Parteizugehörigkeit, von links nach rechts und zurück. Unliebsame Konkurrenten und politische Gegner soll er mehrfach unter Druck gesetzt und sogar bedroht haben, wird uns berichtet. Genützt hat es ihm scheinbar nicht viel: Ohne sichtliche Erfolge kehrte Miculescu der Politik 2016 den Rücken. Seitdem konzentriert er sich auf sein stetig wachsendes Firmen-Netzwerk in Deutschland. Miculescus Ruf, Kritiker zu bedrohen und Arbeitnehmer unter Druck zu setzen, begleitet ihn auch in Ostwestfalen. Mit seinem erfolgreichen „Geschäftsmodell“ – inklusive Lohndumping und Wuchermieten in den eigenen Immobilien für „seine“ Werkverträgler – geriet Dumitru Miculescu auch in Deutschland in die Schlagzeilen, vor fünf Jahren in der Zeit, in den letzten Tagen im „Kölner Stadt-Anzeiger“ oder im „Spiegel“. Eine Interviewanfrage der DW blieb leider erfolglos…“ Beitrag von Robert Schwartz (Berlin), Cristian Stefanescu (Bukarest), Adrian Mogos (Bukarest) vom 02.07.2020 bei der Deutschen Welle - „Shut down Tierindustrie“: 30 Aktivist*innen vom Bündnis „Gemeinsam gegen die Tierindustrie“ besetzten am 4. Juni die Tönnies-Schlachtfabrik in Rheda-Wiedenbrück
“30 Aktivist*innen vom Bündnis „Gemeinsam gegen die Tierindustrie“ besetzen seit den frühen Morgenstunden das Dach des umstrittenen Tönnies-Schlachthofs in Rheda-Wiedenbrück sowie dessen Hauptzufahrtsstraße. Sie fordern eine dauerhafte Schließung der Schlachtfabrik und die Abschaffung der Tierindustrie. Für 11:30 Uhr ist außerdem eine Kundgebung vor dem Schlachthof angemeldet. Die Aktivist*innen haben ein Transparent mit der Aufschrift „Shut down Tierindustrie“ vom Dach heruntergelassen. Auf der Zufahrtsstraße sind mehrere Personen aneinandergekettet. Die Polizei ist vor Ort. Der Schlachthof ist derzeit noch geschlossen: Mitte Juni war bekannt geworden, dass sich mehr als 1.500 Mitarbeiter*innen mit Corona infiziert hatten. Die umgebenden Landkreise mussten daher einen neuen Lockdown hinnehmen, die Wut ist groß. Heute ab 11:30 Uhr ist eine Kundgebung angemeldet, zu der über hundert Menschen erwartet werden. Trotz anhaltender Proteste wird befürchtet, dass der Betrieb bald wieder aufgenommen werden soll. Wir sind noch mitten in der Pandemie“, sagt Isa Suhr vom Bündnis gegen die Tierindustrie. „Um Arbeiter*innen und Anwohner*innen zu schützen, muss der Schlachthof dauerhaft geschlossen bleiben…“ Pressemitteilung vom 04.07.2020 von und bei bei Gemeinsam gegen die Tierindustrie , siehe auch:- Tönnies Schlachtfabrik besetzt, Ticker:
„17:25 Uhr: Die 3 Genoss*innen wurden soeben freigelassen und wurden unter Beifall von der Solidaritätsmahnwache empfangen.
15:30 Uhr: Vor der Polizeiwache in Gütersloh versammeln sich einige Menschen um für die Freilassung der drei Aktivist*innen zu demonstrieren. Diese wurden vor etwa 2 Stunden mit Handschellen abgeführt und in Gewahrsam genommen.
13:45 Uhr: Die drei Aktivist*innen wurden mit Handschellen abgeführt und in die Polizeiwache in Gütersloh gebracht. Wir verurteilen dieses unnötige Verhalten der Polizei aufs Schärfste! (…)
12:20 Uhr: Die Aktivist*innen der Straßenblockade haben sich mit der Mahnwache zusammengetan. Mehr als 100 Menschen demonstrieren vereint gegen Tönnies.
12:10 Uhr: Die Aktivist*innen vom Dach sind jetzt alle frei.
11:50 Uhr: Die Polizei verhält sich durchgehend unkooperativ der Presse gegenüber. Journalist*innen wurden nicht in die Nähe der Aktion gelassen, dadurch wurde eine unabhängige Berichterstattung erschwert. Außerdem wurde einem Journalisten angedroht, die Kamera abgeben zu müssen, wenn er weiter ihre willkürliche Kontrolle dokumentiere.
11:45 Uhr: Die Dach-Aktivist*innen, wollten nach Absprache mit der Polizei ohne Repressionen das Gelände verlassen. Nachdem dies zugestanden wurde, wurden sie kurz darauf wegen “Verstoß gegen das Vermummungsverbot” gestoppt – eine Person wird derzeit festgehalten! (…)
04.10 Uhr: 25 Aktivist*innen blockieren die Hauptzufahrt
04.00 Uhr: 4 Aktivist*innen gelangen auf das Dach und dropen ein Banner mit der Aufschrift “Shut Down Tierindustrie!” Ticker vom 04.07.2020 bei Gemeinsam gegen die Tierindustrie - Fotos von der Aktion ebd.
- Tönnies Schlachtfabrik besetzt, Ticker:
- Subunternehmen: Aufregung um plötzliche Kurzarbeit bei Tönnies
„Gewerkschafter werfen Subunternehmen des Schlachthofs vor, Mitarbeiter mit fragwürdigen Methoden in Kurzarbeit zu drängen – und zwar „unverzüglich“. (…) MGM hat seinen Sitz in Bodes Nachbarort Schloß Holte-Stukenbrock und ist eines jener Subunternehmen, die für die Fleischfabrik Tönnies Arbeitskräfte zur Verfügung stellen. Gesellschafter Dumitru Miculescu ist zugleich Geschäftsführer der MTM Dienstleistung GmbH. Die beiden Unternehmen haben nicht nur dieselbe Adresse, sondern bieten auch die gleiche Leistung an, „die Fleisch-Grobzerlegung und Schlachtung in industriellen Betrieben“. Gewerkschaften schätzen, dass die beiden Firmen jeweils mehrere Hundert Arbeiterinnen und Arbeiter beschäftigen, die im Auftrag von Tönnies Schweine und Rinder zerschneiden. Seit dem massiven Coronavirus-Ausbruch im Tönnies-Werk müssen sie in ihren Unterkünften bleiben. Diese Subunternehmen wollen für ihre Mitarbeiter nun offenbar Kurzarbeit beantragen. Der Süddeutschen Zeitung liegt eine Mitteilung der beiden Geschäftsführer „an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Firma MTM“ vor, in der sie ankündigen, dass „ab dem 20. Juni 2020 bis auf weiteres Kurzarbeit eingeführt“ werde. (…) In dem Schreiben heißt es, „für den Arbeitnehmer“ solle nun „Kurzarbeit Null“ gelten. Man werde „unverzüglich“ bei der Arbeitsagentur einen Antrag stellen. Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte haben dann in der Regel Anspruch darauf, dass ihnen die Arbeitslosenversicherung mindestens 60 Prozent ihres Gehalts zahlt. Der Arbeitgeber spart sich diese Kosten. In der Mitteilung der MTM-Chefs heißt es sogar, dass alle Leistungen, die Arbeitnehmer „zu späteren Zeitpunkten“ bekämen, „entsprechend der verkürzten Arbeitszeit ermittelt“ würden. Gemeint seien etwa „Urlaubsentgelt“ oder „Entgeltfortzahlung“. Das heißt: Wer jetzt nicht arbeitet, hat später auch weniger Anspruch. Eine Regelung, sagt Armin Wiese von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, der in anderen Unternehmen wohl kaum ein Betriebsrat zustimmen würde. Der Gewerkschafter Szabolcs Sepsi vom DGB-Projekt „Faire Mobilität“ sagt, dass mehrere Mitarbeiter von MGM und MTM bereits gebeten worden seien, Kurzarbeitsbescheide zu unterschreiben – und zwar mit Nachdruck. Auf seiner Facebook-Seite warnt das Projekt die Arbeiter in rumänischer Sprache davor, sich auf solche Vereinbarungen einzulassen. Sie hätten ein Recht auf ihr volles Gehalt. Zumal dieses im Augenblick gar nicht von den Subunternehmen selbst gezahlt wird: Wenn ein Gesundheitsamt einen Betrieb schließt, muss der Staat laut Infektionsschutzgesetz für die Löhne aufkommen…“ Artikel von Kristiana Ludwig und Lina Verschwele vom 2. Juli 2020 in der Süddeutschen Zeitung online - Kreis Gütersloh: Tönnies-Subunternehmen lassen Mitarbeiter in Quarantäne im Stich
„Der Kreis Gütersloh kritisiert die Quarantäne-Versorgung durch die Subunternehmen des Tönnies-Konzerns. Nun haben die Behörden die Polizei eingeschaltet. (…) 7000 Tönnies-Mitarbeiter mussten Mitte Juni in Quarantäne. Das Unternehmen ist für die Versorgung der direkt bei dem Schlachtkonzern angestellten Mitarbeiter zuständig, die Subunternehmer für ihre jeweiligen Werkvertragsarbeiter. Adenauer hatte vor einer Woche Vertreter aller Tönnies-Subunternehmen einbestellt und sie aufgefordert, dieser Fürsorgepflicht nachzukommen. Der Landrat verdonnerte die Dienstleister außerdem dazu, die Auslieferungen an ihre Mitarbeiter zu dokumentieren und zuständige Ansprechpartner zu nennen. Am Ende hätten zwar alle Dienstleister zugesagt und ein entsprechendes Dokument unterschrieben, teilte der Kreis nun mit. Dennoch sei die Versorgung nicht spürbar besser geworden. „Es kann nicht sein, dass nun 60 Einsatzkräfte vom Roten Kreuz, dem Malteser Hilfsdienst, den Johannitern und dem THW im Dauereinsatz sind“, so Adenauer. Zudem würden den Krisenstab „immer wieder teils groteske Details“ vom Umgang der Subunternehmer mit ihren Angestellten und deren Angehörigen erreichen. Einige davon seien an die Polizei zur weiteren Veranlassung weitergeleitet worden, teilte der Kreis mit. Details zu den Vorkommnissen und dazu, um welche Subunternehmen es konkret ging, wollte ein Sprecher jedoch nicht kommentieren, solange die Vorwürfe nicht bestätigt sind. Das Polizeipräsidium Bielefeld verwies lediglich auf die Mitteilung des Kreises…“ Artikel von Michael Verfürden vom 1.7.2020 im Handelsblatt online (im Abo) - Kantinen-Video: Mitarbeiterin eines Caterers erhält fristlose Kündigung
„Klage vor dem Arbeitsgericht eingereicht – Frau soll Aufnahme von Tönnies-Kantine in sozialen Netzwerken verbreitet haben. Bei der Firma erhielt die Mitarbeiterin bereits Hausverbot, teilt das Arbeitsgericht Bielefeld mit. In einem Gütetermin habe die Klägerin am 9. Juni nicht bestritten, das Video gepostet zu haben. Das Kantinen-Video hatte im Internet für viel Wirbel gesorgt – insbesondere weil zunächst nicht klar war, wann die Sequenz aufgenommen worden war…“ Meldung vom 30.06.2020 im Westfalenblatt online - Neue Vorwürfe im Corona-Skandal um Tönnies: Fahrer in Quarantäne lieferten Waren aus
„Im Corona-Skandal um den Fleischkonzern Tönnies gibt es neue Vorwürfe: Fahrer einer Spedition sollen nach WDR-Recherchen am 20. Juni 2020, einem Samstag, per SMS Tourenaufträge erhalten haben, die am Sonntag (21.06.2020) starteten. Das Brisante: Diese Fahrer am Standort Rheda-Wiedenbrück standen eigentlich – wie alle anderen – unter Quarantäne. Sie wurden indes doch losgeschickt, um Waren auszuliefern. Ein Tönnies-Sprecher sagte dazu, dass an besagtem Sonntag 14 Touren von außerhalb des Betriebsgeländes gestartet sind. Die Fahrer seien noch am selben Tag aufgefordert worden, ihre Tour zu beenden. Über die Tourdaten, Kunden und Zielorte wollte der Sprecher keine Auskunft geben. Dass die Fahrer überhaupt losgeschickt wurden, erklärt das Unternehmen in einer Email mit Unklarheiten über den Status der Fahrer am Wochenende. „Nachdem geklärt werden konnte, dass hier eine Quarantäne vorliegt, wurden die Touren gestoppt“, sagte ein Tönnies-Sprecher. Damit widerspricht sich das Unternehmen selbst, denn zuvor hatte ein Sprecher dem WDR geschrieben, dass die Quarantäne bereits am Samstag (20. Juni) geklärt gewesen sei. Der Kreis Gütersloh will der Sache nun nachgehen. (…) Am gleichen Wochenende hatten Tönnies beziehungsweise Lkw der zum Konzern gehörenden Spedition Tevex in den Niederlanden für ein gewisses Aufsehen gesorgt. Auf einem Umschlagplatz für Obst und Gemüse in Venlo tauchten am Samstag zuerst vereinzelt, dann über die Tage bis zu 80 Lkw mit Aufliegern von Tönnies und Tevex auf. Fahrer des Spediteurs Matthias Weiße machen Fotos und Videos. Sie stellen sich Fragen: Corona-Alarm in Gütersloh und hier sitzen Fahrer vor ihren Tönnies-Anhängern? Der WDR fragte nach: Die Tönnies-Anhänger waren zu einem Geschäftspartner in die Niederlande gebracht worden. Der hatte die Ware umgepackt und für die Kunden zusammengestellt. (…) Externe Logistikpartner – mit solchen arbeitet Tönnies regelmäßig zusammen. Das weiß Gewerkschafter Michael Wahl, der speziell Arbeitskräfte in der Logistikbranche betreut. Er sagte, die externen Fahrer hielten sich auf dem Werksgelände auf, seien mit anderen Mitarbeitern in Kontakt. Gegenüber dem WDR betonte Wahl: „So wie wir die Fahrer immer wieder sprechen, erzählen sie uns, dass sie in die Betriebsabläufe genauso eingebunden sind, wie die Fahrer von Tevex-Deutschland.“ Die Anstellungsbedingungen bei den Subunternehmen seien einfach schlechter. Man entledige sich einem Teil der Verantwortung. „Und das ist ein System, das wir in der ganzen Logistik kennen, das sich sehr stark dem ähnelt, was wir aus der Fleischindustrie kennen“, so Wahl…“ Beitrag vom 30.06.2020 beim WDR - [Faire Mobilität bittet um Geschenkpakete für die in Quarantäne ausharrenden Mitarbeiter] Überwältigt von der großen Solidarität
„Im Zuge des Corona-Ausbruchs im Fleischkonzern Tönnies hat eine Gruppe von Gewerkschaften dazu aufgerufen, als Zeichen der Solidarität Geschenkpakete für die in Quarantäne ausharrenden Mitarbeiter zu packen. Die Unterstützung durch die Bürger ist groß. Szabolcs Sepsi von der Beratungsstelle Faire Mobilität fordert mehr Respekt für die harte Arbeit der Tönnies-Beschäftigten: „Sie trifft keine Schuld an der aktuellen Situation, aber sie haben sehr unter dieser zu leiden.“ Es habe bereits Rückmeldungen von Anfeindungen und Ausgrenzungen gegeben. „Rumänen und Bulgaren haben uns berichtet, dass ihnen der Zutritt zu Geschäften verwehrt wird“, sagt der 32-Jährige. „Wir haben bereits seit vergangener Woche überlegt, wie wir etwas für die Beschäftigten tun und die Öffentlichkeit mit einbeziehen können“, berichtet Sepsi. Da die Menschen in ihren Wohnungen festsitzen und mit Lebensmitteln bereits versorgt werden, entstand beim Deutschen Gewerkschaftsbund die Idee, die Paketaktion ins Leben zu rufen. „Als der Lockdown verkündet wurde, wollten wir das Projekt so zügig wie möglich auf die Beine stellen“, berichtet Helferin Nicole Panek von Pro Arbeit. Weitere Unterstützer der Aktion sind die Interessensgemeinschaft Werkfairträge, die Gewerkschaft Nahrung und Genuss, die IG Metall, Verdi und Annelie Buntenbach, ehemaliges Mitglied im DGB-Bundesvorstand...“ Meldung vom 26.06.2020 im Westfalenblatt online , siehe dazu:- „Im Zuge des #Corona-Ausbruchs im Fleischkonzern #Tönnies haben Gewerkschafter*innen dazu aufgerufen, als Zeichen der Solidarität Geschenkpakete für die in Quarantäne ausharrenden Mitarbeiter*innen zu packen. Die Unterstützung ist groß. Über 800 Pakete sind in etwa zwei Tagen auf unserem Solidaritätsaufruf hin gepackt worden! Der Kreis Gütersloh und OWL zeigen beeindruckende Solidarität mit den Beschäftigten des Tönnies Schlachthofes in Quarantäne.“ Faire Mobilität am 27.6. bei Twitter
- Das System Tönnies. Ausbeutung, Rassismus, kapitalistisches Massenschlachten
„Im März 2020 mussten zwei junge Männer je 250 Euro Strafe zahlen, weil sie (mit Abstand) zu zweit am Aasee in Münster gegrillt haben. Mir kam das absurd und willkürlich vor, während die Lokalzeitung „Westfälische Nachrichten“ (WN) die Kriminalisierung als angemessenes Durchgreifen geradezu abfeierte. Viele Menschen wurden in den letzten Wochen kriminalisiert, weil sie die aus meiner Sicht überwiegend sinnvollen Abstands- oder andere Corona-Regeln nicht eingehalten haben. Anders als die oben erwähnten Studenten, wurde der Fleischproduzent Westfleisch bisher nicht belangt, obwohl sich im Westfleisch-Schlachthof in Coesfeld im Mai 2020 mindestens 283 Arbeiter*innen mit dem Corona-Virus infiziert haben, weil Westfleisch nicht dafür gesorgt hat, dass die überwiegend aus Rumänien kommenden Schlachtarbeiter*innen die Hygiene- und Abstandsregeln einhalten können. Offenbar noch dramatischer ist die Situation für die Menschen, die für Tönnies in Rheda-Wiedenbrück unter extrem unwürdigen Bedingungen Tiere am Fließband töten und zerstückeln. „Die Tönnies Unternehmensgruppe hatte 2019 einen Jahresumsatz von 7,3 Milliarden Euro. Dafür mussten 20.800.000 Schweine und 440.000 Rinder gewaltsam sterben“, so die gemeinnützige Organisation „Liberation Now“ am 21. Juni 2020. (…) Welche Strafe muss nun der dafür verantwortliche Milliardär, Rassist und Superspreader Tönnies voraussichtlich zahlen? Nothing! Wie nennt sich das? Klassengesellschaft. Der Kampf für eine klassenlose, gewaltfreie, herrschaftslose Gesellschaft ist auch das solidarische Eintreten für Ökologie und eine sozial gerechte Welt, in der es keinen Kapitalismus, keine Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, keinen Rassismus und keine industriellen Massenschlachtungen mehr gibt.“ Kommentar von Bernd Drücke vom 23. Juni 2020 in der Graswurzelrevolution - Corona-Ausbruch bei Tönnies: Jetzt schon mehr als 2000 Infizierte
„Nach dem Corona-Ausbruch bei dem Schlachthof Tönnies ist die Zahl der nachweislich Infizierten weiterhin gestiegen. Lag die Zahl der Infizierten gestern noch bei 1952, stieg diese am Mittwoch auf 2054 an. Derzeit würden 27 Patienten in Krankenhäusern stationär behandelt – drei müssten beatmet werden…“ RND/dpa-Meldung vom 24.06.2020 - Tönnies-Arbeiter könnten sich bei WestCrown-Kollegen angesteckt haben
„Der Virus-Ausbruch bei Tönnies könnte in Zusammenhang mit Infizierten des Konkurrenten stehen. Mitarbeiter der Firmen sollen sich bei einem Gottesdienst getroffen haben. (…) Laut Darstellung des Unternehmens Tönnies und des Kreises Gütersloh infizierten sich einzelne Mitarbeiter bei dem Gottesdienst und kehrten danach in den Betrieb zurück. Der Erreger wurde möglicherweise von WestCrown-Mitarbeitern aus dem nahe gelegenen Dissen in die Kirche getragen. Während Tönnies nahezu den gesamten Ausbruch Mitte Mai auf die Kirchengemeinde zurückführt, antwortete die Kreisverwaltung dem Bericht zufolge, die Infektionskette sei nicht lückenlos aufgeklärt. Laut Auskunft des Landkreises Osnabrück sollen sich auch Mitarbeiter beider Unternehmen in einem Restaurant getroffen haben…“ Meldung vom 25. Juni 2020 in der Zeit online - Minister: Einige Tönnies-Arbeiter durch „Lappen gegangen“
„Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) kann nach eigenen Angaben nicht ausschließen, dass manche Tönnies-Mitarbeiter nicht auf Corona getestet worden sind. Es könne sein, dass „uns 20, 30 durch die Lappen gegangen sind“, sagte Laumann am Donnerstag in einer Sondersitzung des Gesundheitsausschusses. Er verteidigte aber das Vorgehen der Behörden…“ dpa-Meldung vom 25. Juni 2020 in der Süddeutschen Zeitung online - „In Kernbereichen“: Tönnies verspricht Abschaffung der Werkverträge [hatten wir schon mal vor Jahren]
„Clemens Tönnies zählte zu den lautesten Verfechtern von Werkverträgen in der Fleischindustrie. Nach dem Corona-Ausbruch in seinem Betrieb will er sie weitgehend streichen – dabei müsste er das bald ohnehin. (…) Deutschlands größter Schlachtbetrieb will demnach bis Ende 2020 alle Werkverträge „in allen Kernbereichen der Fleischgewinnung“ abschaffen und die Mitarbeiter in der Tönnies-Unternehmensgruppe einstellen. Das teilte Tönnies in Rheda-Wiedenbrück mit. Der Tönnies-Konkurrent Westfleisch hatte angekündigt, bis Ende des Jahres sogar sämtliche Mitarbeiter selbst einzustellen und auf Werkvertragsanbieter zu verzichten. Tönnies will laut Ankündigung noch weitere Schritte gehen, um die Situation seiner Arbeiter zu verbessern. So solle flächendeckend eine digitale Zeiterfassung an allen deutschen Standorten für die Arbeiter eingeführt werden. (…) Außerdem will das Unternehmen nach eigenen Angaben ausreichenden und angemessenen Wohnraum für die Beschäftigten der Unternehmensgruppe an den Standorten schaffen. Auch dieser Punkt soll möglichst bis zum 1. Januar 2021 umgesetzt werden. Nach Angaben eines Tönnies-Sprechers könne es aber beim Thema Wohnen in den verbleibenden sechs Monaten bis Ende 2020 ein Zeitproblem geben…“ Meldung vom 23.06.2020 beim Spiegel online , siehe dazu:- Nachhaltigkeitsstrategie: Tönnies schafft Werkverträge ab
„Nach Westfleisch verkündet auch Tönnies, keine Werkvertragsarbeiter mehr beschäftigen zu wollen und besseren Wohnraum zu schaffen. Die bayerischen Tönnies-Werke sind derzeit auch gestoppt. (…) Die Tönnies Unternehmensgruppe verkündete am Dienstag die Fortsetzung der t30-Nachhaltigkeitsstrategie, wozu auch die Themenbereiche Arbeit, Wohnen und Ressourcenschutz gehören: Abschaffung von Werkverträgen in allen Kernbereichen der Fleischgewinnung – Direkteinstellung dieser Mitarbeiter in die Tönnies Unternehmensgruppe; Zügige Schaffung von ausreichend und angemessenem Wohnraum für die Beschäftigten der Unternehmensgruppe an den Standorten; Flächendeckende digitale Zeiterfassung an allen deutschen Standorten der Unternehmensgruppe; Integrationsprogramme zur Stärkung der gesellschaftlichen Akzeptanz an unseren Standorten; Aus- und Fortbildungsprogramme mit Schwerpunkt für übernommener Mitarbeiter. Die genannten Regelungen werden ab sofort angegangen und sollen möglichst ab dem 1. Januar 2021 gelten, so das Unternehmen…“ Artikel von Alfons Deter vom 23.06.2020 bei topagrar.com - Hand drauf. Die frühen Versprechen des Clemens Tönnies
Artikel von Anne Kunze vom 24. Juni 2020 in der Zeit online (leider nur im Abo)
- Nachhaltigkeitsstrategie: Tönnies schafft Werkverträge ab
- Das Elend der Fleischarbeiter im reichen Deutschland
„Abhängigkeit. Ausbeutung. Konzerne der Fleischindustrie machen Kasse auf Kosten von Werkvertragsarbeitern. Ein Beschäftigter berichtet über seine Erlebnisse. Auch über mangelnden Corona-Schutz in der Tönnies-Fabrik. (…) Tönnies-Mitarbeiter: „Wenn ich keinen Beweis habe, dass ich Corona habe, soll ich trotzdem zur Arbeit gehen“ (…) Tönnies-Mitarbeiter ohne Testergebnisse nach Bulgarien zurückgekehrt…“ Beitrag vom 23. Juni 2020 bei web.de - Tönnies-Mitarbeiter müssen in Bulgarien in Quarantäne
„Erst kürzlich hat Bulgarien die Quarantänepflicht für Einreisende aus Deutschland aufgehoben. Für Heimkehrer, die bei Tönnies gearbeitet haben, gilt sie aber…“ Agenturmeldung vom 23. Juni 2020 in der Zeit online - [Mehr als 1500 nachweislich Infizierte] Lockdown in Gütersloh
„Nach dem Corona-Ausbruch beim Fleischverarbeiter Tönnies schränken die Behörden das öffentliche Leben im gesamten Kreis Gütersloh nun doch massiv ein. Erstmals in Deutschland werde ein Kreis wegen des Corona-Infektionsgeschehens wieder auf die Schutzmaßnahmen zurückgeführt, wie sie im März gegolten hätten, sagte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet. Die Maßnahmen gelten zunächst bis zum 30. Juni – auch für den benachbarten Kreis Warendorf, dort aber nicht flächendeckend. (…)Von 7000 Mitarbeitern der Firma Tönnies in Rheda-Wiedenbrück wurden 1553 positiv getestet, die meisten in der Abteilung Fleischzerteilung. Hinzu kämen laut Laschet einige Fälle aus dem familiären Umfeld der Betroffenen, deren Zahl aber noch nicht bekannt sei. Bei Nicht-Mitarbeitern von Tönnies im Kreis Gütersloh habe man nur 24 Infizierte, so Laschet. Der Ministerpräsident warf dem Branchenriesen mangelnde Kooperationsbereitschaft vor. Daher hätten die Behörden die Herausgabe von Daten der Werkarbeiter von Tönnies durchgesetzt. „Da wurde nicht mehr kooperiert, da wurde verfügt“, so Laschet. Dass das Unternehmen den Datenschutz angeführt habe, sei kein Argument. Aus Infektionsschutzgründen wäre Tönnies gesetzlich verpflichtet gewesen, die Daten der Beschäftigten zu übermitteln. Fragen des Schadenersatzes gegen die Firma Tönnies könnten nach der Krise geprüft werden…“ Meldung vom 23.06.2020 bei tagesschau.de - Übersicht für Verbraucher: Wo steckt das Tönnies-Fleisch drin?
“Schon bei dem Gedanken, ein Stück Fleisch auf dem Teller zu haben, welches zuvor im Schlachtereiunternehmen Tönnies verarbeitet wurde, ist vielen nicht wohl zumute. Schließlich entpuppte sich Deutschlands größter Schlachtbetrieb als Coronavirus-Brutstätte. Doch Tönnies-Fleisch ist nicht leicht auszumachen. (…) Und wenn es ganz dumm läuft, gibt es das Coronavirus noch oben drauf. Denn in Deutschlands größtem Schlachtbetrieb, Tönnies in Rheda-Wiedenbrück, wütet das Coronavirus. Eigenen Angaben zufolge werden hier pro Tag 750 Tonnen frisches Fleisch und 100 Tonnen Tiefkühl-Convenienceprodukte produziert und verarbeitet. Einen sehr hohen Marktanteil hat Tönnies im Schweinefleisch-Segment: Der betrug 2019 satte 30,3 Prozent, was rund 16,7 Millionen Schweine-Schlachtungen entspricht. Und eben hier wurden jüngst 1331 Mitarbeiter des Unternehmens positiv auf das Coronavirus getestet. Das entspricht einem Fünftel der Belegschaft, welche derzeit komplett unter Quarantäne steht. Lässt sich das Tierwohl beim Fleischkonsum meist noch ausblenden, hört für die meisten beim Coronavirus der Spaß auf. Sprich, viele Verbraucher wollen auf Produkte aus dem Hause Tönnies und generell auf Fleisch aus Großbetrieben verzichten. Aber wo steckt eigentlich überall Tönnies-Fleisch drin? Bei verpacktem Fleisch müssen Verbraucher auf dem Etikett eine Information darüber finden, in welchem Land beziehungsweise in welchen Ländern die Tiere aufgezogen und geschlachtet wurden, wie die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen informiert. Zudem muss sich bei Fleischprodukten ein Identifikationszeichen samt Code auf der Verpackung befinden. Laut Recherchen der Verbraucherschützer sind mit dem Tönnies-Unternehmen in Rheda-Wiedenbrück folgende Kennzeichen verbunden: (…) Tönnies beliefert täglich viele Supermärkte und Discounter wie Rewe, Aldi und Lidl. Bei den Discountern stehen die Produkte unter den Markennamen „Landjunker“ und „Meine Metzgerei“ im Frischeregal. Zu Tönnies gehört auch die „Zur Mühlen“-Gruppe, die seit 2017 vollständig Teil des Konzerns ist. Aus dem Hause „Zur Mühlen“ kommen folgende Marken…“ Beitrag bei ntv vom 22.06.2020 - Tönnies-Mitarbeiter berichtet über Corona-Verstöße im Mai
“… Noch vor drei Wochen habe man in der Fabrik – bis auf Maskenpflicht und aufgestellte Desinfektionsmittelspender – gearbeitet wie in „normalen Zeiten“– auch deshalb, weil es nach wie vor viele Aufträge gegeben hätte. „Wir haben eng an eng an den Fließbändern gearbeitet, ungefähr mit 50 Zentimetern Abstand. In der Kantine waren immer ungefähr 300 Leute, auf den Treppen war immer Gedränge“, erzählt der Mitarbeiter, der anonym bleiben will. Teilweise seien die Masken auch abgesetzt worden, ohne dass es geahndet worden sei. Zwar hat Tönnies offiziell ein Hygiene-Konzept, unterteilt zum Beispiel Mitarbeiter in Gruppen, hat Pausenzelte eingerichtet. Auf die Vorwürfe des Arbeiters reagierte die Firma trotz WDR-Anfrage bis Sonntagabend (21.06.2020) aber nicht. Doch auch der Arbeitssschutz fand Mängel: Zwischen dem 11. und 18. Mai wurden Kontrollen durchgeführt. Das Ergebnis: zu geringe Abstände. Erst bei einer späteren Überprüfung Ende Mai sei alles in Ordnung gewesen, teilte die Bezirksregierung Detmold mit. Die Staatsanwaltschaft ermittelt bereits seit einigen Tagen gegen Tönnies unter anderem wegen des Verdachts auf Verstoß gegen das Infektionsschutzgesetz. (…) Die besondere Rolle der Fleischfirma zeigt sich bei den Zugeständnissen der Behörden: In einer Antwort auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion an die Stadt Rheda-Wiedenbrück, die Westpol vorliegt, werden spezielle Regeln für Tönnies beschrieben. Der Kreis Gütersloh und das Land NRW „haben in Abstimmung festgestellt, dass Tönnies einen Versorgungsauftrag als Unternehmen mit kritischer Infrastruktur hat“. Dies führe dazu, dass „nicht an allen Stellen der Mindestabstand gewährleistet werden kann.“…“ Beitrag von Raphael Markert und Bernd Neuhaus vom 21.06.2020 beim WDR - [Mehr als 1300 positive Tests, die komplette Belegschaft in Quarantäne] Heil will Tönnies für Corona-Ausbruch zahlen lassen
„7000 Menschen sind bereits isoliert, Kitas und Schulen geschlossen: Der Corona-Ausbruch im nordrhein-westfälischen Rheda-Wiedenbrück beschäftigt die Behörden vor Ort – aber auch die Politik in Berlin. (…) Nach Angaben des Kreises Gütersloh, in dem Rheda-Wiedenbrück liegt, wurden die Reihentests auf dem Tönnies-Gelände am Samstag abgeschlossen. Demnach lagen zunächst 5899 Befunde vor. Davon waren 1331 positiv, also mehr als ein Fünftel. Die komplette Tönnies-Belegschaft steht derzeit unter Quarantäne…“ Artikel vom 22.06.2020 beim Spiegel online - Tönnies und Corona: „Ein Staat im Staat“
„Die Arbeitsbedingungen in vielen Fleischbetrieben sind ein Problem, nun leiden Arbeiter auch noch unter wachsendem Rassismus. Zwei Tönnies-Mitarbeiter berichten. Nach wenigen Minuten ploppt die erste Whatsapp-Nachricht auf, sie kommt von einem Mann, der hier Marius Popescu* heißen soll. Die SZ hat in einer Facebook-Gruppe für Rumänen in Nordrhein-Westfalen nachgefragt, wer über die Arbeit in der Fleischindustrie sprechen will. Seit 2015 hat Popescu für die Firma Tönnies gearbeitet, bis er vor rund drei Wochen in Quarantäne musste. Auf das Fleischunternehmen blicken nun viele im Land, weil sich mehr als 1000 Mitarbeiter mit Covid-19 infiziert haben. Popescu spricht ruhig und abgeklärt. Es sei ja nicht alles an der Branche schlecht, sagt er. Vieles, was er berichtet, erklärt allerdings, warum kaum jemand in Schlachtfabriken arbeiten will. Für Tönnies hat Popescu erst Fleisch verpackt, später selbst geschnitten. Er berichtet von 200 Stunden Arbeit im Monat und Unterkünften, in denen sich vor der Pandemie drei bis sieben Personen ein Zimmer teilten. Beides scheint ihn nicht zu schockieren. „Natürlich ist die Arbeit hart.“ Früher war Popescu Soldat, das sei leichter gewesen. Er habe vielleicht ein Zehntel so schwer gearbeitet wie bei Tönnies. Anfangs habe er geglaubt, die Arbeit nicht zu schaffen – das industrielle Schlachten erschien ihm zu brutal. Mittlerweile sieht er seinen Job bei Tönnies als Rampe. Über die Arbeit dort will er in Deutschland einen besseren Job in einer anderen Branche finden. Wirklich verwundert klingt Popescu nur bei einem Thema. Schon vor rund sechs Wochen seien er und seine Frau auf Corona getestet worden. Danach seien sie weiter zur Arbeit gegangen. Erst zwei Wochen später hätte ihnen jemand die Ergebnisse mitgeteilt: Popescus Frau war positiv. Warum die Auswertung so lange dauerte, kann er nicht verstehen. Auch nicht, dass es danach keine weiteren Tests gegeben habe, und auch keine Informationen. (…) Auch andere Arbeiter sagen der SZ und der Beratungsstelle Faire Mobilität, dass es schon seit Längerem einzelne Corona-Fälle bei Tönnies gegeben habe. Nach Marius Popescu melden sich weitere Arbeiter bei der SZ, die meisten sind aufgebracht. Andrei Amariei* schreibt, er wolle Menschen warnen – vor der Ausbeutung auf Schlachthöfen wie dem von Tönnies. Amariei ist aus dem Geschäft ausgestiegen. (…) Besonders empört seien die Betroffenen in Quarantäne jetzt über die Behauptung, sie seien am langen Wochenende verreist und hätten so bei ihrer Rückkehr das Virus eingeschleppt. De facto hätten viele gearbeitet: „Es gab kein langes Wochenende für die Fleischindustrie“, sagt Sepsi. „Die Aussage ist einfach falsch und sie schürt Rassismus.“ Schon jetzt gebe es mehr Ausgrenzung: Menschen berichteten ihm, dass Arztpraxen keine Tönnies-Mitarbeiter mehr hinein ließen. Supermärkte sollen Menschen abgewiesen haben, die sie für Rumänen hielten. „Auch in Cosfeld war das schon so“, sagt Sepsi. Für Andrei Amariei ist das keine große Überraschung. Er sagt: „Rumänen standen immer schon am untersten Ende der sozialen Leiter, auch Polen und Türken schauen auf uns herab.“…“ Artikel von Lina Verschwele vom 21. Juni 2020 in der Süddeutschen Zeitung online - Das Tönnies-Desaster
„Mehr als 1000 Infektionen, fehlende Adressen und verlorenes Vertrauen: Nach dem Corona-Ausbruch in der Fleischfabrik lassen die Behörden ihrem Ärger über den Konzern freien Lauf. Chef Clemens Tönnies versucht die Vorwärtsverteidigung. (…) Am Donnerstag hatten die Behörden alle Kräfte und sogar die Bundeswehr mobilisiert, um der Masseninfektion in dem Schlachthof Herr zu werden. Am Freitag verfügte der Kreis, dass alle rund 6500 Tönnies-Mitarbeiter am Standort Rheda-Wiedenbrück mitsamt allen Haushaltsangehörigen in Quarantäne müssen – auch die Verwaltung, das Management und die Konzernspitze. (…) Der Krisenstab, das ist zumindest die Version von Kuhlbusch, bat die Werksleitung um eine komplette Liste. Sie kam wohl am Freitag um die Mittagszeit. Doch es fehlte ein Drittel. Was folgte, war „gutes Zureden“, das aber zu nichts führte. „Irgendwann sagt man so: Feierabend“, poltert Kuhlbusch. Man habe sich die nötigen Befugnisse gesichert, den Werkschutz mitgenommen und sei in die Verwaltung eingedrungen. Um 1.30 Uhr in der Nacht fanden Kuhlbuschs Mitarbeiter in den vorhandenen Unterlagen schließlich die gesuchten Adressen. Ein seltsamer Vorgang. Warum fehlten die Adressen? Waren sie nicht zu finden, oder wollte man sie nicht hergeben? Handelte es sich bei den Betroffenen überhaupt um festangestellte Mitarbeiter, oder nicht vielmehr um jene mobilen Fleischhauer-Truppen, die an mehreren Orten in Nordrhein-Westfalen gleichzeitig arbeiten und eher verstreut wohnen? Allerdings könnte der ostentative Zorn der Behörden auch dazu dienen, eigene Versäumnisse zu übertünchen…“ Artikel von Thomas Kirchner vom 20.6.2020 in der Süddeutschen Zeitung online - Tönnies: NRW-Mitarbeiter dürfen nicht in Sachen-Anhalt aushelfen
“Der Schlachthof des Tönnies-Konzerns in Weißenfels (Burgenlandkreis) darf vorerst keine Mitarbeiter des stark von Corona betroffenen Standorts in Nordrhein-Westfalen bei sich arbeiten lassen. Das teilte der Landkreis am Freitag mit. Das Verbot betreffe alle Arbeitskräfte, die seit dem 5. Juni in dem Tönnies-Schlachthof im nordrhein-westfälischen Rheda-Wiedenbrück gearbeitet hätten. Bis zum 3. Juli dürften die Betroffenen die Schlachterei in Weißenfels nicht betreten. Ziel sei es, Menschen im Burgenlandkreis vor einer potenziellen Infektion mit dem Coronavirus zu schützen, teilte der Landkreis mit. (…) Auch in Weißenfels gab es vor knapp einem Monat knapp 1200 Tests für die Mitarbeiter, die beim Fleischkonzern in Weißenfels oder Subunternehmern angestellt oder zur Veterinär- und Lebensmittelüberwachung unmittelbar im Schlachtbetrieb tätig waren. Damals verliefen alle Tests negativ.“ Beitrag vom 19.06.2020 bei Tag24 - Corona-Ausbruch bei Tönnies: Druck auf Fleischindustrie wächst
“… Nach der vorübergehenden Schließung des größten deutschen Schlachtbetriebs von Tönnies in Rheda-Wiedenbrück nach einem Corona-Ausbruch mit aktuell 730 Infizierten geraten die Fleischproduktion und ihre Arbeitsbedingungen stärker in die Kritik. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil nannte die Nachrichten aus Rheda-Wiedenbrück „schockierend“. Dort sei zu erleben, was passiere, „wenn mit Arbeitnehmern aus Mittel- und Osteuropa bei uns nicht fair umgegangen wird“. In der ARD sagte er, die Branche müsse Verantwortung übernehmen „für anständige und menschenwürdige Arbeitsbedingungen“. Er fühle sich bestätigt, den Kurs, in der Fleischindustrie aufzuräumen, konsequent umzusetzen, so der SPD-Politiker. Werk- und Leiharbeitsverträge werde es in den Fleischfabriken nicht mehr geben. „Wir werden das Grundübel beenden“, so Heil. Im Sommer wolle er auch ein Gesetz vorlegen, das eine digitale Erfassung der Arbeitszeit in der Fleischindustrie vorschreibt. (…) NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann kündigte an, die Branche wissenschaftlich untersuchen zu lassen. „Mein Ministerium wird eine wissenschaftliche Expertise auf den Weg bringen, die den Ursachen des Ausbruchs in Gütersloh epidemiologisch auf den Grund geht“, so der CDU-Politiker. Ausgewertet wurden nach Informationen vom Donnerstag bisher 1106 Ergebnisse eines von den Behörden angeordneten Reihentests. Im Tönnies-Stammwerk müssen in den nächsten Tagen noch rund 5300 Mitarbeiter getestet werden…“ Beitrag vom 19.06.2020 bei tagesschau.de - Pressekonferenz und Buchvorstellung am 18.6.2020 in Rheda-Wiedenbrück: Nicht nur Clemens Tönnies steht am Pranger sondern auch das „System Tönnies“
„Die Stadt Rheda-Wiedenbrück war am Donnerstag in ziemlichem Aufruhr. Die Zentrale des Tönnies-Werkes ist in Rheda-Wiedenbrück, mit 7.000 Beschäftigten, in der Mehrzahl WerkvertragsarbeiterInnen. Der Landrat Adenauer hatte die Schließung der Schulen und Kitas verfügt, weil über 6.000 Corana-Infizierungen festgestellt worden waren, und längst noch nicht alle waren getestet worden! Kinder und Eltern aus Rheda-Wiedenbrück machten zwei Protestaktionen gegen Tönnies, einmal vor den Toren des Betriebes und eine zweite im Zentrum der Stadt. Die Wut auf Tönnies ist groß. Schon wieder dürfen die Kinder nicht zur Schule und in die Kitas! Und dem Kreis droht womöglich ein neuer lock down. Clemens Tönnies hat in seiner Villa Polizeischutz bekommen! Am Donnerstag war auch die Buchvorstellung und Pressekonferenz zum Buch: Das Schweinesystem. Aufhebung der Werkverträge und des Subunternehmertums! Zu zweit fuhren wir von Hamburg nach Rheda-Wiedenbrück. Wir waren ja Herausgeber dieses Buches. Schon die Taxi-Fahrerin sagte: Ich hasse Tönnies! Bisher war Clemens Tönnies sehr beliebt als großer Mäzen und großzügiger Spender, mit Ehrungen der Stadt und des Kreises überhäuft! Aber die Stimmung ist umgeschlagen…“ Bericht von Dieter Wegner vom 19.6.2020 bei Jour Fixe Gewerkschaftslinke Hamburg von Pressekonferenz und Buchvorstellung am 18.6.2020 in Rheda-Wiedenbrück von „Das Schweinesystem“, herausgegeben von Jour Fixe Gewerkschaftslinke Hamburg bei Die Buchmacherei (Siehe Details zum Buch und eine Leseprobe) - Tönnies: Corona-Fälle im Kreis Gütersloh kein Wunder. Jetzt Ursachen bekämpfen!
„Mietwucher, Schein-Werkverträge und industrieller Rassismus / Kriminogenen Sumpf jetzt austrocknen: Illegale Arbeitnehmerüberlassung und Mietwucher bekämpfen! / Warum unternehmen die zuständigen NRW-Behörden nichts? / Industrieller Rassismus: Wir verurteilen die Äußerungen des Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU). Die Aktion gegen Arbeitsunrecht wundert sich nicht über die Corona-Fälle rund um den Tönnies-Schlachthof in Rheda-Wiedenbrück. Im Gegenteil: Wir wundern uns darüber, wie es dem größten europäischen Schweineschlachter gelungen ist, solange ohne registrierte Corona-Fälle durch zu kommen. Wir fragen uns warum die zuständigen Behörden nichts gegen die zu Grunde liegenden Vergehen unternehmen: illegale Arbeitnehmerüberlassung und Mietwucher. Armin Laschet traut sich offensichtlich nicht, dem Schalke 04-Boss und Schweine-Baron Tönnies den Kampf anzusagen. Wir haben bereits am 15. Mai 2020 ein Video auf youtube verbreitet, das die Kantine im Tönnies-Stammsitz Rheda-Wiedenbrück zeigt. Mitten im Lock-down lässt man die Leute weiter arbeiten, als wäre nichts geschehen. Das zu Grunde liegende Problem ignorieren die zuständigen Behörden: illegale Arbeitnehmerüberlassung (Schein-Werkverträge) und Mietwucher. Am 23.4.2020 haben wir über unseren Anwalt Eberhard Reinecke Anzeige beim Hauptzollamt Bielefeld Anzeige wegen illegaler Arbeitnehmerüberlassung gestellt. Zuvor haben wir den NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann informiert. (…) Wir sind zu der Überzeugung gelangt, dass rund um die industrielle Fleisch-Produktion in Deutschland ein kriminogenes Milieu aus General-Unternehmern und Sub-Unternehmern wuchert. Rund um deutsche Schlachhöfe geschieht systematische Ausbeutung von Menschen, denen Grundrechte aufgrund ihrer Herkunft verwehrt bleiben – weil sie aus abgehängten Regionen in Osteuropa stammen. Wir vermuten, dass dieser industrielle Rassismus durch Sonntagsreden, antrainierte Toleranz-Gesten und Multi-Kulti-PR lediglich verdeckt wird…“ Pressemitteilung der aktion ./. arbeitsunrecht vom 18. Juni 2020 - [Mindestens 730 Tönnies-Mitarbeiter in Rheda-Wiedenbrück mit dem Coronavirus infiziert] Wut auf Tönnies
„Mindestens 730 Tönnies-Mitarbeiter in Rheda-Wiedenbrück haben sich mit dem Coronavirus infiziert – die industrielle Fleischproduktion bietet gute Bedingungen für die Viren. Die Wut der Menschen in der Region wächst. (…) „Stoppt die Ausbeute bei Tönnies“, steht auf dem Schild, das Ritschel an ihr Lastenrad geklebt hat. Dutzende weitere Menschen halten Plakate hoch, „Wir woll’n zur Schule“ ist darauf zu lesen. Oder „Clemens spielt Onkel Dagobert, wir spielen wieder allein.“ Denn die Schulen und Kitas im Kreis sind geschlossen. Wegen Tönnies. Wegen seines Schlachthofs, derzeit Corona-Hotspot Nummer eins in Deutschland. (…) Der Ausfall in Rheda lässt sich womöglich kompensieren; andere Tönnies-Werke sollen nun umso mehr Tiere töten und verarbeiten. Und in manchen Schlachthöfen von Konkurrenten, die auch schon Masseninfektionen erlebt haben, wird inzwischen wieder gearbeitet. Doch der extrem große Corona-Ausbruch bei Tönnies wirft Fragen auf: Was, wenn sich die Beschäftigten nicht so stark in den Unterkünften anstecken, sondern in der Fabrik? Wie infektionssicher sind Schlachthäuser überhaupt noch, so wie sie derzeit betrieben werden?…“ Reportage von Claus Hecking und Florian Gontek aus Rheda-Wiedenbrück vom 18.06.2020 beim Spiegel online - 657 Tönnies-Mitarbeiter in Rheda mit Corona infiziert – (bisher nur) der Schlachtbetrieb eingestellt
- [Ticker] Corona-Ausbruch bei Tönnies: Die Entwicklung und die Reaktionen
“+++18:07+++ Kreis bestätigt: 657 Tönnies-Mitarbeiter mit Corona infiziert +++17.30+++ 7000 Mitarbeiter bei Tönnies in Quarantäne. Reaktion von NRW Gesundheitsminister Laumann erwartet. Eltern und Kinder im Kreis enttäuscht und traurig. Kreis will Shutdown unbedingt verhindern. (…) +++ 13.17 Uhr +++ Massenhafter Corona-Virus-Ausbruch bei Tönnies in Rheda. Wie der Kreis Radio Gütersloh bestätigt hat, ist bei 400 Mitarbeitern des Fleischkonzerns das Virus nachgewiesen worden. Der Krisenstab des Kreises tagt und sucht nach Lösungen. Landrat Sven-Georg Adenauer will alles dafür tun, um einen Shutdown zu verhindern. Der Betrieb bei Tönnies wird so weit wie möglich heruntergefahren. Nach HK-Informationen sollen Schulen und Kitas im Kreis Gütersloh wieder geschlossen werden. Um 15 Uhr wollen Landrat Adenauer, der Leiter des Krisenstabes und Vertreter von Tönnies in einer Pressekonferenz Einzelheiten schildern. Bei 400 von 500 getesteten Tönnies Mitarbeitern ist das Coronavirus nachgewiesen worden. 500 weitere Testergebnisse sollen noch folgen. Die Tönnies-Krisennachricht trifft nicht nur die Stadt Rheda-Wiedenbrück. Viele Tönnies-Fleischarbeiter sind auch in Unterkünften in Nachbarkommunen untergebracht: Zum Beispiel in Gütersloh, Herzebrock-Clarholz, Harsewinkel oder Langenberg. Was für Konsequenzen die aktuelle Entwicklung hat, auch darüber wird der Kreis in seiner Pressekonferenz ab 15 Uhr informieren…“ Ticker bei Radio Gütersloh ab dem 17.06.2020 - Corona-Ausbruch bei Tönnies: Mehr als 600 Infektionen in Fleischfabrik
„Beim Fleischverarbeiter Tönnies in Rheda-Wiedenbrück sind in der Produktion mehr als 650 Menschen positiv auf das Corona-Virus getestet worden. In manchen Teilen geht der Betrieb aber erst einmal weiter. Beim Fleischverarbeiter Tönnies in Rheda-Wiedenbrück sind in der Produktion mehr als 650 Menschen positiv auf das Corona-Virus getestet worden. Das hat der Kreis Gütersloh am Mittwochabend (17.06.2020) mitgeteilt. Rund 7.000 Mitarbeiter müssten in Quarantäne. (…)Der Kreis Gütersloh hatte am Mittwochnachmittag (17.06.2020) die Schließung des Betriebs verfügt. Schlachtschweine werden zwar nicht mehr angenommen. Die Zerlege-Abteilung ist geschlossen. Dennoch läuft die Produktion vorerst weiter. Am Mittwochabend erschienen mehrere hundert Beschäftigte zur Spätschicht. Sie sollen das in den Kühlhäusern gelagerte Fleisch verarbeiten. Das geschehe in Absprache mit dem Gesundheitsamt, sagte ein Konzernsprecher. Dies könne zwei Tagen dauern. Erst dann werde das Tönnies-Werk komplett geschlossen. Ob diese Mitarbeiter auch infiziert sind, müssen neue Tests ergeben…“ Beitrag vom 18.06.2020 beim WDR - Nach Corona-Ausbruch bei „Tönnies“: Laschet irritiert mit Aussagen über „Rumänen und Bulgaren“
„Schleppen „Rumänen und Bulgaren“ den Corona-Erreger ein? So wird eine Äußerung von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet nach einem Ausbruch in einem „Tönnies“-Schlachthof verstanden. Sein Gesundheitsminister muss ihm beispringen. (…) Im Fall des Ausbruchs bei „Tönnies“ ist noch vollkommen ungeklärt, wie „lokal“ das Geschehen bleibt und auch wie das Virus in den Schlachtbetrieb eingetragen wurde und sich dort ausbreiten konnte. Ob es beispielsweise an der Missachtung von Hygiene- oder Abstandsregeln durch Schlachthof-Mitarbeiter oder das Unternehmen lag, muss noch untersucht werden. „Tönnies“ selbst geht bislang davon aus, dass osteuropäische Beschäftigte das Virus aus ihrer Heimat mitgebracht haben könnten. Ein weiterer Faktor für die Verbreitung seien die niedrigen Temperaturen in den Zerlegebereichen. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) schloss sich dem Konzern an und legte sich bei der Ursache für den Ausbruch schon einmal fest – eine Äußerung von ihm sorgte für Irritationen, bisweilen sogar für Empörung. Am Rande eines Treffens in Berlin machte er auf eine Frage nach der Rolle der bisherigen Lockerungen für das Infektionsgeschehen bei „Tönnies“ die aus seiner Sicht Verantwortlichen aus: „Das sagt darüber überhaupt nichts aus“, sagte Laschet zu den Lockerungen. „Weil Rumänen und Bulgaren da eingereist sind und da der Virus herkommt. Das wird überall passieren. (…) Das hat nichts mit Lockerungen zu tun, sondern mit der Unterbringung von Menschen in Unterkünften und Arbeitsbedingungen in Betrieben.“…“ Artikel vom 18. Juni 2020 beim Stern online (siehe das Laschet-Video bei Twitter ) - Tönnies muss Produktion teilweise runterfahren
“Der Fleischkonzern Tönnies muss in Teilen seines Betriebes die Produktion herunterfahren. Das ist das Ergebnis eines Krisengesprächs zwischen Konzernchef Clemens Tönnies und Güterslohs Landrat Sven-Georg Adenauer am Dienstag (16.06.2020). Anlass ist die hohe Zahl an Corona-Infektionen im Werk Rheda – mittlerweile etwa 100. Das Corona-Virus hatte sich offenbar bei der Arbeit in der Schweinezerlegung und nicht, wie erst gedacht, in den Unterkünften der Werksarbeiter verbreitet. (…) Außerdem soll es weitere Massentests auf dem Firmengelände geben. Der Kreis Gütersloh will das alles beobachten und bei einem weiteren Anstieg der Infektionszahlen zusätzliche Maßnahmen ergreifen. (…) Sei ein Lockdown nötig, wenn Tönnies „die Dinge nicht in den Griff bekommt, dann würde ich einen Lockdown ins Auge fassen für die Firma Tönnies, aber nicht für Kommunen im Kreis“, ergänzte Adenauer.“ Beitrag bei WDR vom 16.06.2020 - Coronavirus in Tönnies-Fleischfabrik: „Unsere Betriebe sind nicht für die Pandemie gebaut“
„Mit über 650 Corona-Fällen ist ein Tönnies-Schlachthof bei Gütersloh zum Hotspot geworden. Anwohner protestieren, Manager versuchen zu beschwichtigen – doch der Fleischfabrikant bleibt für deutsche Supermärkte unentbehrlich…“ Artikel von Claus Hecking und Florian Gontek, Rheda-Wiedenbrück, vom 17.06.2020 beim Spiegel online
- [Ticker] Corona-Ausbruch bei Tönnies: Die Entwicklung und die Reaktionen
- Siehe zum Hintergrund unser Dossier: Corona-Infektionen: Politiker kritisieren Ausbeutung in Schlachthöfen – Verschärfung der Arbeitsschutzgesetze gefordert sowie das Dossier Fallen Werkverträge (leider nur) in der Fleischindustrie Corona zum Opfer?
- Und zur Konkurrenz: