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Anwälte wollten Dreharbeiten verhindern: Sat 1-Reportage „Inside Tönnies“
„Mietwucher, Einschüchterung und Ausbeutung im System von Fleisch-Milliardär Clemens Tönnies. Diesen Film sollte keiner sehen. Diesen Film sollten Anwälte verhindern. Unter der Marke „SAT.1 investigativ“ blicken SAT.1-Reporter:innen hinter die Fassade des Fleischriesen Tönnies, dessen Chef sich einst als Boss des FC Schalke 04 gerne volksnah inszenierte. Verdeckte Recherchen malen ein anderes Bild von Clemens Tönnies und seinem Unternehmen: Mietwucher, Einschüchterung und Ausbeutung seiner häufig osteuropäischen Arbeitskräfte gehören zum System von Fleisch-Milliardär Clemens Tönnies. Wie das Unternehmen Tönnies mit Kritik und Journalisten umgeht, zeigt die Reaktion auf eine simple Anfrage während der Dreharbeiten: Unsere Reporter:innen wollten die genaue Zahl der Arbeiter erfragen, die bei Tönnies zu Mindestlohnbedingungen beschäftigt sind. Statt einer Antwort landete eine Unterlassung auf dem Schreibtisch der Journalist:innen.“ Meldung vom 13.12.2021 bei sat1 investigativ , siehe Hintergründe und das Video und nun Teil 2:
- „Inside Tönnies“: Sat.1 veröffentlicht zweiten Doku-Teil der Enthüllungen: „Wir werden hier wie Sklaven behandelt. Es gibt dort nur Arbeit, sonst nichts“ (aus dem Beitrag)
- „… Für den zweiten Teil der Reportage ist das „akte.“-Reporterteam Hinweisen nachgegangen. Viele Mitarbeiter:innen hatten sich nach der Ausstrahlung der ersten Reportage gemeldet. Zudem wollten die Reporter:innen wissen: Was hat sich in den Schlachtbetrieben der Tönnies-Holding geändert? Wie haben sich die Arbeitsbedingungen entwickelt? Hat sich die Wohnsituation der Arbeitskräfte aus Osteuropa verbessert? Für die Reportage „SAT.1 investigativ – Inside Tönnies 2“ ändert SAT.1 am Donnerstag, 20. Juli, 20:15 Uhr, kurzfristig sein Programm. Im Anschluss an die Reportage zeigt SAT.1 den Talk „akte. Inside Tönnies 2„…“ Aus der Ankündigung bei Sat1 , siehe SAT.1 investigativ – Inside Tönnies 2 nur angemeldet (kostenlos) zu streamen
- „Wir alle essen infiziertes Fleisch“: Sat.1 deckt Missstände bei Tönnies auf
„Ekelfleisch, sexuelle Übergriffe, illegale Geldgeschäfte und unrechtmäßige Kündigungen: Eine neue Investigativ-Reportage soll diese Missstände nun beim Fleischkonzern Tönnies aufgedeckt haben. „Eigentlich müsste man das wegwerfen“, sagt ein ehemaliger Tönnies-Mitarbeiter, der seine letzten Arbeitstage mit versteckter Kamera filmte. Die Aufnahmen zeigen eitriges Fleisch, dessen infizierte Stellen nur grob entfernt werden, und im Behälter zur Weiterverarbeitung landen. Es ist nur einer von vielen Missständen, die laut der Sat.1-Investigativ-Reportage „Inside Tönnies 2“ beim größten Unternehmen der deutschen Fleischindustrie angeblich herrschen.
Mehr als 16 Millionen Schweine werden an den deutschlandweit acht Tönnies-Standorten geschlachtet. Das Fleisch wird von zahlreichen Marken verwendet, zu den bekanntesten zählen: Gutfried, Böklunder, Zimbo und Tilman’s. Sat.1 schätzt, dass etwa zwei Millionen Menschen Tönnies-Fleisch konsumieren.
Bereits 2021 hatte der Privatsender mit einer Reportage über teils marode Unterkünfte, die der Konzern seinen Mitarbeitenden zur Verfügung stellt, für Aufsehen gesorgt. Im zweiten Teil gibt es gleich eine ganze Reihe schwerwiegender Vorwürfe: Von mangelnder Hygiene bei der Produktion über illegale Geschäfte bis hin zu sexuellem Machtmissbrauch durch Führungskräfte.
Fleisch falle 20-mal am Tag auf den Boden
Eine der wichtigsten Quellen für die Investigativ-Crew ist der eingangs erwähnte Ex-Mitarbeiter in der Fleischverarbeitung, der in der Doku Sorin genannt wird. Sorin wurde laut eigener Aussage mit der angeblichen Arbeit in einer Spielzeugfabrik nach Deutschland gelockt. Anderen sei erzählt worden, sie würden in einer Schokoladen- oder Popcornproduktion Arbeit bekommen. Erst vor Ort zeigte sich, dass sie in einem Schlachtbetrieb landen würden. Einen Rückzieher hätten sich viele aus finanziellen Gründen nicht leisten können, heißt es.
„Wir werden hier wie Sklaven behandelt. Es gibt dort nur Arbeit, sonst nichts. Normen, Zahlen, null Wertschätzung, nur Demütigung“, beschreibt Sorin die Tätigkeit bei Tönnies. Die hohe Belastung sorge dafür, dass Arbeiter:innen immer häufiger in die Messer geraten würden, die das Fleisch verarbeiten. Bei Unfällen werde oft nicht mal ein Rettungswagen gerufen. Ein Jahr habe es Sorin im Betrieb durchgehalten. An seinen letzten Tagen ging er mit versteckter Kamera in die Arbeit. Seine Aufnahmen zeigen eitriges Fleisch, das laut einem Hygieneexperten in der Doku komplett entsorgt werden müsste, dennoch aber in einer Kiste für die Weiterverarbeitung lande. Außerdem ist zu sehen, wie Fleisch auf den Fabrikboden fällt. „Boden, auf dem wir mit dreckigen Schuhen herumlaufen und auf den die Arbeiter spucken“, betont Sorin. Dies würde etwa 20-mal am Tag passieren, ohne dass das Fleisch aus dem Verkehr gezogen würde. (…)
Auch sexuellen Machtmissbrauch soll es bei Tönnies geben. Eine Betroffene berichtet davon, wie sie von ihrem Vorgesetzten gegen ihren Willen im Gesicht und an den Brüsten angefasst wurde. Den Investigativ-Journalist:innen liegen außerdem zahlreiche Sexvideos vor, wie es in der Doku heißt. Es handele sich dabei um einen leitenden Tönnies-Angestellten, der sich ein- bis zweimal pro Monat bei sexuellen Handlungen mit Frauen in Tönnies-Unterkünften oder Firmengebäuden filmte. (…)
Wie die Dokumentation außerdem behauptet, habe es bei Tönnies System, langjährige Mitarbeitende zu entlassen, wenn sie sich krankmelden – als Begründung würden etwa „verhaltensbedingte Gründe“ genannt. Eine Betroffene wehrt sich dagegen vehement: „Ich drehe den ganzen Tag Schweine um. Ich habe mit niemandem zu tun. Ich rede mit niemandem.“ Kündigungen wie diese seien nicht rechtsmäßig, versichert eine Rechtsanwältin gegenüber Sat.1. In der Reportage heißt es, dass der Konzern möglicherweise die fehlende Sprach- und Rechtskenntnis der oft aus Osteuropa stammenden Arbeiter:innen ausnutze, um mit unrechtmäßigen Kündigungen Erfolg zu haben…“ Beitrag von Benjamin Hecht vom 21. Juli 2023 in utopia.de
- Mietwucher, Einschüchterung und Ausbeutung im System von Fleisch-Milliardär Clemens Tönnies
Video von SAT.1 investigativ: Die Sendung vom 14. Dezember (92 Min, gratis aber mit Anmeldung) - Anwälte wollten Dreharbeiten verhindern: Tönnies-Reportage sorgt für kurzfristige Programmänderung bei Sat.1
„… Am Dienstagabend nimmt der TV-Sender Sat.1 kurzfristig eine Reportage über den Fleischkonzern Tönnies und Inhaber Clemens Tönnies ins Programm. Die Sendung ist für 20.15 Uhr unter dem Titel „Sat.1 investigativ“ angekündigt. Nach Angaben des Senders hätten die Anwälte von Tönnies die Reportage „schon während der Dreharbeiten verhindern“ wollen. (…) Anfang November 2021 räumte Clemens Tönnies in einem Interview Fehler ein. Wie erst vor wenigen Wochen bekannt wurde, arbeitet Tönnies jedoch weiter mit früheren Subunternehmern zusammen.“ RND-Meldung vom 13. Dezember 2021