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Am Beispiel Torgau: Ausbeutung von Rom*nja in der Fleischindustrie
„Besonders Rom*nja werden in der deutschen Fleischindustrie ausgebeutet. Ein Gesetz sollte eigentlich Abhilfe schaffen. Am Beispiel in Torgau sehen wir, dass sich wenig verändert hat. Auffällig viele Arbeiter*innen kommen aus dem „Roma-Ghetto“ aus Bulgarien. In der sächsischen Kleinstadt Torgau brodelt es. Im Mittelpunkt des Unmuts steht der Stadtteil Nordwest. Dort wird das Problem in zwei weiß-blauen Wohnblöcken verortet. Hier sind etwa 250 Menschen unterschiedlichster Nationalitäten gemeldet, die meisten EU-Bürger*innen…“ Artikel von Kira Ayyadi vom 20. Oktober 2023 in Belltowernews , siehe mehr daraus:
- Weiter aus dem Artikel von Kira Ayyadi vom 20. Oktober 2023 in Belltowernews : „… Weil die beiden Wohnblöcke privat vermietet sind, hat die Stadt wenig Handlungsspielraum. In den Zeitungen wird von Kriminalität geschrieben, Ruhestörungen, Vandalismus und illegalen Mülllagern. Die Anwohner*innen sorgen sich um das Image des Viertels. Als Verursacher dieser Problemlage werden „die“, „die anderen“ und „die Ausländer“ ausgemacht. So auch auf einem Bürgerdialog Anfang September in einer Sporthalle in Torgau. „Ob die sich da selber wohlfühlen“, „die verdrängen unsere Kinder“, „die arbeiten in der Lebensmittelindustrie“ und das sei doch eklig. Die Torgauer*innen in der Sporthalle beim Bürgerdialog meinen hauptsächlich Roma-Familien, die hier leben.
Viele der Menschen, die in den beiden Torgauer „Problem-Blöcken“ wohnen, kommen hier her, weil sie hier recht einfach einen Job bekommen, erklärt Timea Capusneanu vom Verein „Romano Sumnal e.V.“, die mit Kindern und Jugendlichen arbeitet. Nur wenige Kilometer von Torgau entfernt liegt die Gemeinde Mockrehna. Hier lässt die „Gräfendorfer Geflügel- und Tiefkühlfeinkost Produktions GmbH“ Hühner rupfen, schlachten und abpacken. Viele der Bewohner*innen der beiden Wohnblocks arbeiten dort, oder haben dort gearbeitet. Hier sei es recht leicht, einen Job zu bekommen. (…)
Viele Rom*nja wandern aus ihren Heimatländern aus, weil sie dort häufig rassistisch diskriminiert werden. Oft mit der Folge, dass sie in ärmlichen Verhältnissen, am Rande der Stadt leben und vor Ort keine Arbeit finden. Auch gewalttätige Übergriffe gegen Roma-Familien sind oft auf der Tagesordnung. „Viele der Familien kommen nach Deutschland, weil sie hier überhaupt etwas verdienen können, im Gegensatz zu ihren Herkunftsländern“, erklärt Timea Capusneanu gegenüber Belltower.News. Skrupellose Geschäftsleute nutzen diese prekäre Situation aus und werben die Menschen für den deutschen Billiglohnsektor an. Viele deutsche Fleisch- und Wurst-Unternehmen müssen billig produzieren. Ohne osteuropäische Arbeiter*innen gehe das nicht. Warum so viele Osteuropäer*innen diesen Job machen? Weil Deutsche ihn nicht machen würden, munkelt man in Torgau. (…)
In der Fleischindustrie werden besonders häufig Fälle von Ausbeutung von Arbeitskräften und Menschenhandel gemeldet. Rom*nja befinden sich am untersten Ende der Ausbeutungsskala so der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma in einer Untersuchung von 2019. „Die Opfer der Ausbeutung von Arbeitskräften haben berichtet, dass sie Geldstrafen zahlen müssen, wenn die Tiere nicht gemäß den Angaben des Arbeitgebers geschlachtet werden.“ Die Arbeiter*innen leben oft in sehr prekären Verhältnissen.
Das Töten der Tiere, der Gestank und mutmaßliche Verstöße gegen das Arbeitsrecht: Die Arbeitsbedingungen sollen unzumutbar sein, so berichten es zumindest Beobachter*innen. Generell ist die schlecht bezahlte Lohnarbeit im Fleischgewerbe eine enorme Belastung für die Angestellten, physisch und psychisch. Auch die Arbeiter*innen aus Torgau hätten Angst, in den Konflikt zu gehen und für ihre Rechte einzustehen. „Zu groß ist die Angst vor Sanktionen, die ganze Familien hart treffen würden“, so Timea Capusneanu.
Krankschreibungen sollen in der Fleischindustrie schon mal zu Kündigungen geführt haben, wie verschiedene Reportagen berichteten, die Unternehmen widersprechen. Drei Abmahnungen und schließlich die Kündigung landen hier auch schon mal zeitgleich im Briefkasten. (…)
Vor der Gesetzesverschärfung kamen viele der Arbeiter bei Gräfendorf aus einem Ort in der Slowakei. Vermutlich warben dort die Subunternehmer nach billigen Arbeitskräften. Nach 2021 änderte sich die Situation. Seither kommen auffällig viele Arbeiter*innen aus dem Ort Sliwen in Bulgarien. Etwa 25.000 Rom*nja leben hier unter prekären Bedingungen…“