Racial Profiling

Dossier

Racial ProfilingAls racial profiling (auch „ethnisches Profiling“ genannt) bezeichnet man das Handeln von Polizei-, Sicherheits-, Einwanderungs- und Zollbeamten, wenn dieses auf allgemeinen Kriterien wie Rasse, ethnischer Zugehörigkeit, Religion und nationaler Herkunft einer Person basiert. Kritiker fordern, dass sich Verdachtsmomente nur auf das Personenverhalten und auf objektive Beweise gründen sollten. Das racial profiling wird dem institutionellen Rassismus zugeordnet. Der Ausdruck entstammt der US-amerikanischen Kriminalistik…“ (Wikipedia) – auch in Deutschland wird es ausgeübt! Siehe dazu:

  • [Studie in Open-Access] Folgenreiche Begegnungen mit der Polizei. Rassistische Verhältnisse raumtheoretisch untersucht New
    In ihrer Studie untersucht Svenja Keitzel rassistische Polizeiarbeit am Beispiel der Stadt Frankfurt am Main. Dafür beleuchtet sie Forschungsdebatten zu Rassismus, zum städtischen Raum und seiner Bedeutung für die Reproduktion von gesellschaftlichen Verhältnissen sowie die Polizei aus raumtheoretischer Perspektive. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit stehen die Perspektiven der betroffenen Personen – Schwarze Menschen, POC, migrantisch gelesene Menschen. Die Autorin erörtert die Frage, wie im Moment der Begegnung mit der Polizei rassistische Differenzierungen vermittelt werden und wie sich dadurch gesellschaftliche Ausschlüsse und Ungleichheitsverhältnisse (re-)produzieren. Unter der Maßgabe, dass Begegnungen stets räumlich sind und die soziale Produktion von Orten, Räumen und Grenzziehungen in Wechselbeziehung zur Produktion von Differenz entlang von Körpern steht, entwickelt Svenja Keitzel ihr Konzept der Geographien der Begegnung. Mit ihm können die gesellschaftliche Situiertheit, die Alltäglichkeit und Bedeutung des Raums als im Moment der Begegnung miteinander vermittelt gefasst werden: Im Moment der Begegnung werden gesellschaftliche Phänomene konkret.“ Verlagsinfo zur Doktorarbeit von Svenja Keitzel im Westfälischen Dampfboot Verlag externer Link erschienen (ISBN: 978-3-89691-096-7, 306 Seiten, Preis: 35,00 €, Erschienen: 2024) und herunterladbar externer Link als Open-Access-Publikation
  • Land Berlin wegen Rassismus verurteilt: Wer nach der „wirklichen“ Herkunft fragt, fragt nicht nur
    Weil die Antwort „Bochum“ nicht genügte, muss Berlin nun 750 Euro zahlen, entschied das AG Mitte (…) Syed N. war mit seinem Fahrrad in Berlin auf der Straße des 17. Juni in Berlin-Tiergarten unterwegs. Nach dem Überqueren einer Ampel wurde er von zwei Polizisten angehalten, weil er während des Fahrradfahrens telefoniert haben soll. N. verneinte das, das Gericht stellte später fest: N. holte nur ein schwarzes Brillenetui hervor, während er an der roten Ampel wartete. Der Polizist brummte ihm trotzdem ein Verwarnungsgeld in Höhe von 55 Euro auf. Als der Beamte die Daten von N. aufnahm, nannte dieser seinen Wohn- und Geburtsort. N. nannte als Geburtsort Bochum. Doch dem Beamten reichte diese Antwort nicht. Woher der Kläger „wirklich“ komme, wollte er wissen. Diese Nachfrage kostet das Land Berlin nun 750 Euro. Das Amtsgericht (AG) Berlin-Mitte sah darin eine Diskriminierung im Sinne des Berliner Landesantidiskriminierungsgesetzes (LADG) und sprach dem Mann Mitte April eine Entschädigung zu (Urt. v. 15.04.2024, Az. 21 C 252/23), wie mehrere Medien berichteten. LTO liegen nun die Entscheidungsgründe vor. (…) Durch die Frage „Wo kommen Sie wirklich her?“ werde der Kläger weniger günstig behandelt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation, so die Urteilsbegründung. Denn es gehe dabei nicht nur um die wortwörtliche Frage, sondern darum, welche Unterstellungen ihr vorangegangen sein müssen. Der Polizist habe diese Frage gestellt, nachdem der Kläger das erste Mal die Frage nach seinem Wohn- und Geburtsort beantwortet hatte. Die erneute Nachfrage lasse erkennen, dass der Polizist die bisherige Antwort „Bochum“ für „unwahr oder jedenfalls unzureichend“ gehalten habe. „Eine solche Annahme beruht überwiegend wahrscheinlich auf der Wahrnehmung des Klägers durch den Beamten als eine Person mit Migrationshintergrund und unter Zuschreibung von rassistischen Merkmalen“, heißt es in den Gründen. Die Richterin sieht den Kern des Verstoßes nicht nur in der Rückfrage an sich, sondern auch und insbesondere in der Art und Weise der Ansprache. Denn der Kläger beschrieb die gesamte Situation als „unfreundlich, rabiat, aggressiv, herabwürdigend, furchteinflößend, bedrohlich und übergriffig“. (…) Das Gericht zog außerdem ein Randgeschehen mit ein, um zu zeigen, dass der schroffe Umgang des Polizeibeamten gegenüber N. von rassistischen Zuschreibungen geprägt war: Während N. angehalten wurde, stand ganz in der Nähe ein Fahrzeug im Parkverbot, worauf die beiden Polizisten offensichtlich anders reagierten als auf N. Der blonde Falschparker wurde nur „freundlich und zuvorkommend“ aufgefordert weiterzufahren. Er musste nicht seinen Ausweis vorzeigen oder sich weitere Fragen gefallen lassen. (…) Zwar erkannte die Berliner Polizei im Gerichtsprozess – in einem Schreiben zum Prozesskostenhilfeantrag an, dass das Verhalten des Polizeibeamten auf den Kläger „diskriminierend gewirkt hat und belästigend“ für ihn gewesen sei. Das ließ die Richterin des AG Mitte jedoch nicht als Schuldeingeständnis ausreichen. Denn die Formulierung habe „den Eindruck erweckt, das Verhalten habe lediglich diskriminierend gewirkt, und zwar allein in der Wahrnehmung des Klägers. Mit anderen Worten sei er verantwortlich dafür, dass er sich diskriminiert gefühlt habe.“ Das Urteil des AG ist ein Novum: Zum ersten Mal wird die Polizei Berlin aufgrund des LADG zu einer Entschädigungszahlung verurteilt…“ Beitrag von Maryam Kamil Abdulsalam vom 16. Mai 2024 bei LTO externer Link
  • Rassismus-Verdacht gegen Bundespolizei erhärtet sich: Deutliche Zunahme von »Schleierfahndung« an den Grenzen
    „Im vergangenen Jahr hat die Bundespolizei allein im Grenzgebiet fast 2,1 Millionen »verdachtsunabhängige Personenkontrollen« durchgeführt, das ist ein Anstieg gegenüber 2022 um etwa ein Zehntel. Das teilte das Bundesinnenministerium der Linke-Abgeordneten Clara Bünger auf Anfrage mit. Gemeint sind Maßnahmen nach Paragraf 23 des Bundespolizeigesetzes (BPolG), die »bis zu einer Tiefe von dreißig Kilometern« erfolgen und beim Verdacht der irregulären Einreise der Identitätsfeststellung dienen. Die Polizei nennt dies »Schleierfahndung«. Mit der gleichen Norm kontrolliert die Bundespolizei auch an Flughäfen, dort ist die Zahl der durchgeführten Kontrollen auf rund 86 000 angestiegen. Die Zunahme passt zu den Ankündigungen der Bundesregierung vom vergangenen Herbst, »flexible Kontrollen« an der Grenze zu Polen und Tschechien verstärken zu wollen. Das schlägt sich auch in anlasslosen Personenkontrollen nieder, die sich mit 6878 sogar vervierfacht haben. Nach Paragraf 22 dienen sie der »Gewinnung polizeilich relevanter Informationen« und basieren unter anderem auf »grenzpolizeilichen Erfahrungen«. Insgesamt hat die Bundespolizei im vergangenen Jahr 61 393 unerlaubte Einreisen festgestellt, 2022 waren es noch 44 311. Bezogen auf sämtliche von der Bundespolizei durchgeführten, anlasslosen Kontrollen ergibt sich damit eine »Trefferquote« von 2,7 Prozent. Weil sie signifikant häufig Menschen betreffen, die als »Ausländer« gelesen werden, gelten die Kontrollen als rassistisch. Im November hatte eine Studie des Sachverständigenrats für Integration und Migration diese Kritik untermauert: Personen, die angeben, aufgrund von äußerlichen Merkmalen als ausländisch wahrgenommen zu werden, werden demnach doppelt so häufig (8,3 Prozent) von der Polizei kontrolliert als andere Personen. Das verstößt gegen das Diskriminierungsverbot in Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes. (…) »Das effektivste Mittel gegen Racial Profiling wäre es, die Befugnis zu verdachtsunabhängigen Kontrollen ein für alle Mal zu streichen«, fordert Bünger. So empfiehlt es auch der UN-Ausschuss gegen rassistische Diskriminierung, der die Praxis im November untersucht hatte.“ Beitrag von Matthias Monroy vom 25. März 2024 bei Neues Deutschland online externer Link
  • Racial Profiling in Hamburg: Kontrollen im Minutentakt 
    Die massive Polizeipräsenz auf St. Pauli erzeugt Unsicherheit und Angst. Wis­sen­schaft­le­r*in­nen haben die Situation vor Ort ausgewertet.
    „Wenn du Schwarz bist, will die Polizei dich hier nicht sehen. Sie folgt dir, egal ob du was Illegales gemacht hast. Du kannst wegrennen, dann kontrollieren sie dich, weil du weggerannt bist. Bleibst du stehen, kontrollieren sie dich auch. Es ist egal, was du machst.“ So klingen viele der Aussagen, die Forschende der Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften zusammengetragen haben. Professor*innen, Studierende, So­zi­al­ar­bei­te­r*in­nen und Anwoh­ne­r*in­nen haben zweieinhalb Jahre zu Racial Profiling im Stadtteil St. Pauli geforscht externer Link. Am Dienstag haben sie die Ergebnisse vorgestellt.
    Die Forschung bestätigt einen Missstand, den An­woh­ne­r*in­nen St. Paulis und andere Betroffene seit Jahren beklagen: Durch massive Präsenz und permanente Kontrollen Schwarzer Menschen dominiert die Polizei den Öffentlichen Raum auf eine Weise, die bei den Nut­ze­r*in­nen des Stadtteils Angst, Unsicherheit, Beklemmung und ein Gefühl von Unterdrückung auslöst. An einigen Orten kommen alle vier bis fünf Minuten Po­li­zis­t*in­nen vorbei. An­woh­ne­r*in­nen gucken aus dem Fenster und sehen zwölf Po­li­zis­t*in­nen auf einmal. Jedes einzelne Mal, wenn sie das Haus verlassen, treffen sie auf die Polizei. Seit 2016 patrouilliert die „Task Force Drogen“ auf St. Pauli, im Schanzenviertel und in der Nähe des Hauptbahnhofs, mit dem Ziel, die „öffentlich wahrnehmbare Drogenkriminalität“ einzudämmen. Mit den Jahren ist die Task Force gewachsen. (…) Die nicht repräsentative Studie der Hochschule besteht aus drei Teilen: Im ersten Schritt dokumentierten 45 Forscher*innen sieben Tage lang die Präsenz und Tätigkeiten der Polizei. Im zweiten Schritt führten sie fünf leitfadengestützte Gruppeninterviews mit 23 Personen aus der Zielgruppe durch, auf die die Polizeimaßnahmen gerichtet sind: junge, aus Westafrika geflüchtete Männer. Der dritte Teil besteht aus 13 Einzelinterviews mit Anwohner*innen des Stadtteils. Die ursprüngliche Idee sei gewesen, dass die Geflüchteten die Polizeimaßnahmen selbst dokumentierten, sagt Professorin Sabine Stövesand bei der Präsentation der Ergebnisse. Doch das habe sich als nicht praktikabel herausgestellt, weil die Betroffenen zu sehr unter Druck stünden und Angst vor der Polizei hätten. Auch bei der Präsentation der Forschungsergebnisse ist deshalb keiner der Geflüchteten anwesend. (…) Die Soziologin und Anwohnerin Simone Borgstede fasst die emotionalen Folgen zusammen, unter denen die Betroffenen der Polizeimaßnahmen leiden: Angst, Scham, Stigmatisierung, Unsicherheit, und das Gefühl, ausgeliefert zu sein, seien die vorherrschenden Emotionen. „Wenn ich vor der Polizei wegrenne, sehe ich weiße Menschen, die zugucken und das interessant finden. Ich schäme mich dann. Aber ich habe keine Wahl“, habe einer der Interviewten gesagt.
    „Gefährlicher Ort“ erlaubt Kontrollen auch ohne Verdacht
    Die rechtliche Konstruktion des „Gefährlichen Ortes“, die es der Polizei erlaubt, verdachtsunabhängige Kontrollen durchzuführen, verletze die Geflüchteten. „Es klingt, als ob wir große Kriminelle wären, die Menschen kidnappen oder umbringen“, habe ein anderer im Interview gesagt. „Aber nichts davon stimmt. Es verletzt mich sehr, diesen Ort als gefährlich zu bezeichnen.“ Oft hätten die Befragten angegeben, sich entrechtet zu fühlen und den Eindruck zu haben, die Demokratie in Deutschland gelte nicht für sie…“ Artikel von Katharina Schipkowski vom 21.11.2023 in der taz online externer Link
  • Polizeikontrollen in Deutschland: Menschen mit ausländischem Aussehen werden häufiger kontrolliert
    Über diskriminierende Praktiken der Polizei wie das sogenannte Racial Profiling wird in Deutschland seit einigen Jahren diskutiert – wenn auch ohne eine belastbare, statistische Datengrundlage. Der wissenschaftliche Stab des Sachverständigenrats für Integration und Migration (SVR) hat nun anhand einer bundesweiten repräsentativen Umfrage erstmals den Zusammenhang zwischen wahrgenommener phänotypischer Differenz und Polizeikontrollen für Deutschland untersucht. Die Ergebnisse zeigen: Als ausländisch wahrgenommene Befragte werden etwa doppelt so häufig von der Polizei kontrolliert als solche, auf die das nicht zutrifft...“ PM vom 15. November 2023 externer Link von Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) zum SVR-Policy Brief vom November 2023 externer Link : „Racial Profiling bei Polizeikontrollen. Indizien aus dem SVR-Integrationsbarometer“. Siehe auch:

    • Racial-Profiling-Studie: Polizei kontrolliert ausländisch Aussehende häufiger
      Wer ausländisch wahrgenommen wird, wird in Deutschland von der Polizei häufigerer kontrolliert. Das geht aus einer neuen SVR-Studie hervor. Künftig sollen Betroffene sich Kontrollquittungen ausstellen lassen. (…) „Unsere Daten zeigen, dass es ein Ungleichgewicht bei polizeilichen Kontrollen im öffentlichen Raum gibt“, sagte Maximilian Müller, Autor der am Mittwoch veröffentlichten repräsentativen Untersuchung des Sachverständigenrats für Integration und Migration (SVR), „Racial Profiling bei Polizeikontrollen“. (…) Zu den auffälligsten Ergebnissen der Befragung zählt: 18,4 Prozent der Männer im Alter zwischen 15 und 34 Jahren, die nach eigener Einschätzung aufgrund äußerlicher Merkmale von ihren Mitmenschen als ausländisch wahrgenommen werden, berichteten, sie seien in den vergangenen zwölf Monaten von der Polizei kontrolliert worden. Von jungen Männern, die von ihrer Umwelt nach eigenem Bekunden als Menschen ohne ausländische Wurzeln eingeschätzt werden, betraf dies laut SVR lediglich 11,9 Prozent…“ Meldung vom 15.11.2023 im Migazin externer Link
  • Polizei prüft Beschwerden weiter selbst, Ampel verteidigt das Vorgehen der Bundespolizei 
    Die Ampel wollte unabhängige Möglichkeiten schaffen, gegen Kontrollen vorzugehen, die rassistisch sein könnten. Jetzt verteidigt sie das Vorgehen der Bundespolizei.
    Racial Profiling ist grundgesetzwidrig, weil es gegen den Grundsatz der Gleichheit verstößt – dennoch geht die Bundesregierung bisher nicht dagegen vor. In einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag verteidigt die Ampelkoalition sogar die Kontrollen nach Paragraph 22 Absatz 1a des Bundespolizeigesetzes (BPol). Dabei handelt es sich nicht nur um eine rein polizeiliche Praxis, am äußeren Erscheinungsbild, etwa Haut-, Haarfarbe, Gesichtsschnitt, anzusetzen, um Menschen zu kontrollieren oder gegen sie zu ermitteln. Vor allem diese Bestimmung kritisiert seit Jahren sowohl die UN als auch die EU-Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI), weil sie sie als Einladung zu Rassismus betrachten. Der Paragraf erlaubt der Bundespolizei, Personen zu kontrollieren, von denen sie „auf Grund von Lageerkenntnissen oder grenzpolizeilicher Erfahrung“ annimmt, dass sie unerlaubt eingereist sind. Diese Kontrollen erfolgten nicht, wie in der Kleinen Anfrage behauptet, „anlasslos“, sondern jeweils „lageabhängig“, schreibt das Haus von Ministerin Nancy Faeser (SPD). Genau dies ist allerdings der zentrale Punkt der Kritik: Dass nicht das konkrete Verhalten einer Person Anlass gibt, sie zu kontrollieren, sondern eine nicht näher bestimmte Einschätzung der „Lage“ und die ebenso unbestimmte „grenzpolizeiliche Erfahrung“ der Beamt:innen. Dies trifft dann oft Angehörige von sichtbaren Minderheiten, deren Dokumente geprüft und deren Gepäck untersucht wird. (…) Clara Bünger, [die] Sprecherin [der Linkspartei] für Flüchtlings- und Rechtspolitik im Bundestag, sagte dem Tagesspiegel, es sei „enttäuschend, dass sich in Bezug auf Racial Profiling im Bundesinnenministerium unter Leitung von Nancy Faeser nicht das Geringste geändert hat“. (…) Das „effektivste Mittel“, Polizeikontrollen zu beenden, die gegen das Diskriminierungsverbot aus Art. 3 des Grundgesetzes verstoßen, sagt Clara Bünger, wäre es, „die Befugnis zu verdachtsunabhängigen Kontrollen ersatzlos zu streichen“ – womöglich im Zuge der sowieso anstehenden Reform des Bundespolizeigesetzes.“ Beitrag von Andrea Dernbach vom 28. Dezember 2022 beim Tagesspiegel online externer Link
  • Europäischer Gerichtshof: Deutschland hat Racial-Profiling nicht ausreichend geprüft 
    Deutschland hat Racial-Profiling-Vorwurf nicht ausreichend untersucht. Gegen Beamte sei nur intern und nicht unabhängig ermittelt worden. Deutschland habe damit gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen, entschied der Europäische Gerichtshof. Schlappe für Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof. Es habe Racial Profiling nicht ausreichend untersucht und Ermittlungen gegen Polizeibeamte nur intern geführt. Das sei nicht ausreichend und unabhängig, entschieden Straßburger Richter externer Link am Dienstag in einem Fall, dass sich bereits vor zehn Jahren ereignet hat. Die Richter rügten zudem, dass die Klage des Betroffenen abgewiesen wurde, weil es vermeintlich kein ausreichendes Interesse an einer Entscheidung in der Sache gegeben habe. Damit habe Deutschland gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen. (Nr. 215/19) Über eine Entschädigung urteilten die Richter nicht, weil den Angaben zufolge keine beantragt wurde. In dem vorliegenden Fall geht es um eine Personenkontrolle, die in einem Zug kurz hinter der tschechischen Grenze von der Polizei durchgeführt wurde. Der Betroffene, deutscher Staatsbürger, gibt an, im Jahr 2012 seien er und seine Tochter die einzigen Schwarzen in dem Zugwaggon gewesen zu sein. Und die Polizei habe sie als einzige in dem Waggon überprüft…“ Meldung vom 19.10.2022 im Migazin externer Link, siehe dazu:

  • Nächste Eskalationsstufe bei Grenz-/Einreisekontrollen in Dresden: Nun auch Repression gegen BusfahrerInnen
    • Nächste Eskalationsstufe bei Grenz-/Einreisekontrollen: Zwei Flixbusfahrer wurden heute Nacht in #Dresden von der Polizei verhaftet! Ihnen wird illegale Schleusung und Waffenbesitz (vermutlich Taschenmesser vorgeworfen), weil sie einen Flixbus aus Budapest gefahren haben. Die Polizei kriminalisiert damit nicht mehr „nur“ die Geflüchteten sondern geht jetzt auch gegen berufstätige Busfahrer vor. So soll vermutlich der Druck auf Busfahrer*innen massiv erhöht werden, ihre Passagiere einer Passkontrolle zu unterziehen. Eine derartige Dimension der Repression bei Einreisekontrollen ist uns bisher nicht bekannt. Der Doppeldeckerbus sollte ursprünglich über Berlin weiter nach Hamburg fahren – doch steht vorerst weiter am Dresdner Hauptbahnhof fest. Ein Anwalt für die Busfahrer ist inzwischen eingeschaltet. Es ist anzunehmen, dass die Polizei in Zukunft häufiger vergleichbare Maßnahmen durchführen wird, um Geflüchtete an ihrer Einreise nach Deutschland abzuhalten. (…) Die Bundespolizei Mitteldeutschland bestätigt via Twitter externer Link die Kontrollen im Flixbus am Hbf Dresden und die Ermittlungen gegen mehrere Personen. Der Grund für die plötzlichen Maßnahmen geht dabei jedoch nicht hervor…“ Thread von vue.critique vom 18. Okt. 2022 externer Link
    • Faesers Ankündigungen, die Einreise von Geflüchteten zu stoppen wird Realität: Busfahrer:innen werden gezwungen, Racial Profiling selbst durchzuführen, wenn sie nicht riskieren wollen im Knast zu landen. #DresdenTweet von Clara Anne Bünger vom 18. Okt. 2022 externer Link
  • Kontrollen außer Kontrolle: Praktiziert die Bundespolizei an der deutsch-tschechischen Grenze Racial Profiling? Die Bundesregierung will davon nichts wissen 
    „Die Zahl der unerlaubten Einreisen an der deutsch-tschechischen Grenze ist „erheblich angestiegen“. In der Folge führt die Bundespolizei eine „intensivierte Binnengrenzfahndung“ durch. So steht es in der Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion, die der taz exklusiv vorliegt. Doch bei der zentralen Frage steht Aussage gegen Aussage: Gibt es auch immer wieder rechtswidriges Racial Profiling? Die Linken-Bundestagsabgeordnete Clara Bünger, die sich selbst am Dresdner Hauptbahnhof ein Bild von der Lage machte, geht als Fragestellerin fest davon aus. Nach ihrer Darstellung werden seit Ende August in aus Prag kommenden Zügen „augenscheinlich ausnahmslos People of Color und Schwarze Menschen“ kontrolliert und dann in Dresden aus den Zügen geholt. Das Bundesinnenministerium hält dagegen: Die Beamt:innen der Bundespolizei, die zum Teil schon in Bad Schandau in den Zug steigen, seien „angehalten, die Kontrollen nach objektiven Kriterien durchzuführen“. Merkmale wie das Geschlecht, die ethnische Zugehörigkeit „und vor allem die Hautfarbe“ seien „keine tragenden Kriterien bei Personenkontrollen der Bundespolizei“, betont die Behörde. Was allerdings durchaus zähle, seien „Erkenntnisse“ etwa zu genutzten Verkehrswegen, mitgeführtem Gepäck und Kleidung. „Ausschlaggebend für weitere Maßnahmen ist die individuelle Dokumentenlage der jeweils dokumentierten Person“, heißt es in der Regierungsantwort. (…) Die Zahl der Kontrollen erfasst die Bundespolizei nicht. Festgehalten aber wurde die Zahl der „vollzogenen Zurückschiebungen“ an der deutsch-tschechischen Grenze. Sie lag im Juli bei 134, darunter allein 103 syrische Staatsangehörige. In den Vormonaten pendelte die Zahl zwischen 35 und 63. Verstärkt kontrolliert wird auch in den Zügen aus Prag nach München, meist werden diese Züge in Furth im Wald für durchschnittlich 20 Minuten außerfahrplanmäßig angehalten. Dresden allerdings steht mit täglich mehreren aus Prag eintreffenden EC-Zügen besonders im Fokus. (…) Dass Racial Profiling bei der Bundespolizei ungeachtet der Beteuerungen des Bundesinnenministeriums vorkommt, hatte Anfang des Jahres ein Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden belegt, erstritten von der Dresdner Rechtsanwältin Kati Lang mit Unterstützung der Opferberatung RAA Sachsen…“ Artikel von Matthias Meisner vom 3. Oktober 2022 in der taz online externer Link – siehe mehr dazu hier weiter unten
  • Europarat: Anti-Rassismus-Kommission rügt Deutschland wegen Untätigkeit gegen „Racial Profiling“ bei Polizei  „… Schon Ende 2019 sei ein solches Verfahren beanstandet worden, beklagte das Gremium. Die damalige Empfehlung an Polizeibehörden des Bundes und der Länder, Gegenmaßnahmen zu entwickeln, sei nicht umgesetzt worden. Positiv vermerkte die Kommission die Zusicherung der Bundesregierung, zivile Anti-Diskriminierungs-Initiativen zu fördern und auch finanziell zu unterstützen. Als Racial Profiling wird ein auf Stereotypen und äußerlichen Merkmalen basierendes Agieren bezeichnet, nach dem Personen anhand von Kriterien wie etwa ethnischer Zugehörigkeit, Religion oder nationaler Herkunft bewertet werden.“ Meldung vom 20. September 2022 beim Deutschlandfunk externer Link
  • Seit Donnerstag, den 25.08.2022: Massives Racial Profiling der Bundespolizei am Hauptbahnhof Dresden  
    „Am Donnerstag, den 25.08.2022, führte die Bundespolizei im großen Ausmaß rassistische Polizeikontrollen am Hauptbahnhof Dresden durch. Dabei wurden gezielt Züge aus Tschechien durchsucht. Unter anderem wurden Menschen in Erstaufnahmeeinrichtungen transportiert. Von den Kontrollen sind auch viele Kinder betroffen, welche getrennt von ihren Begleitpersonen vom Hauptbahnhof weggefahren wurden. Zusätzlich behinderte die Bundespolizei die Pressearbeit und hielt einen Pressefotografen fest. Bekannt wurde das Ganze vor allem durch eine Meldung auf Twitter, in der das Vorgehen der Polizei dokumentiert wurde. Die Polizei verfolgt hier eine rassistische Praxis und demütigt Menschen auf Basis ihres Aussehens. Sie selektiert Personen für ihre Kontrollen aufgrund von Hautfarbe und Sprache und unterstellt anhand dessen einen Pauschalverdacht des illegalen Aufenthaltsstatus. Dieses Vorgehen ist zwar nichts Neues, nur ist es in diesem Fall durch die großangelegte und über mehrere Tage andauernde Maßnahme sehr sichtbar. (… )Wir, die Kooperation gegen Polizeigewalt, verurteilen dieses Vorgehen zutiefst. Racial Profiling ist eine menschenfeindliche Praxis. Mit diesen Eingriffen schützt die Polizei Machtinteressen und das Eigentum wohlhabender Menschen. Sie zerstört Lebensgrundlagen und Existenzen ganzer Familien, die nicht in ein homogen weißes Gesellschaftsbild passen. Das muss ein Ende haben! Noch ist unbekannt, wie lange die Bundespolizei die Maßnahmen fortführen wird. Es könnte sein, dass sie sich Tage ziehen werden. Meldungen zufolge gab es heute Morgen, am Freitag, den 26.08., schon weitere Kontrollen. Informiert euch und eure Mitmenschen und unterstützt Betroffene in den Kontrollen.“ Meldung der KGP-Sachsen vom 26. August 2022 externer Link, siehe dazu u.a.:

    • Pro Asyl: Rassistische Kontrollen durch die Bundespolizei auf der Bahnstrecke von Tschechien nach Deutschland und am Hauptbahnhof Dresden müssen sofort beendet werden! 
      „… Seit Ende August kontrolliert die Bundespolizei auf der Bahnstrecke von Tschechien nach Deutschland und am Hauptbahnhof Dresden gezielt nicht-weiße Menschen. Diese werden aus den Zügen geholt, mehrere Stunden festgehalten und bis zu zwei Stunden lang verhört. PRO ASYL und der Sächsische Flüchtlingsrat bezeichnen die Kontrollen als rassistisch und fordern ein Ende des diskriminierenden Vorgehens. „Diese Kontrollen verstoßen gegen das Diskriminierungsverbot aus Artikel 3 des Grundgesetzes und müssen sofort eingestellt werden. Bundesinnenministerin Faeser darf eine solche offen rassistische Praxis nicht dulden“, erklärt Wiebke Judith, rechtspolitische Referentin bei PRO ASYL. (…) Dass nicht-weiße Menschen in Zügen und Bahnhöfen anlasslos kontrolliert werden, ist kein neues Phänomen, aber: „Die jetzige Aktion hat eine ganz andere Dimension. Etwas Vergleichbares haben wir noch nicht erlebt“, sagt Dave Schmidtke vom Flüchtlingsrat Sachsen. Pro Zug werden durchschnittlich zwanzig Menschen von der Polizei herausgezogen und befragt. Darunter sind auch viele unbegleitete Minderjährige, nach Beobachtung des Sächsischen Flüchtlingsrats rund 30 Prozent. (…) Schmidtke, der gemeinsam mit anderen Aktivist*innen immer wieder selbst am Dresdner Hauptbahnhof ist, berichtet, dass die Bundespolizei Kontakt zwischen dem Flüchtlingsrat und den Menschen verhindert. Den Betroffenen steht bislang vor Ort auch keine anwaltliche Unterstützung zur Verfügung. (…) „Es ist besorgniserregend, dass Beobachter*innen des Racial Profilings von der Polizei massiv eingeschüchtert werden und die Arbeit der Presse behindert wird“, erklärt Wiebke Judith. So wurde ein Journalist mehrere Stunden lang an der Berichterstattung gehindert, was auch die Deutsche Journalistinnen- und Journalistenunion (dju) Berlin-Brandenburg kritisiert. Aktivist*innen, die das Vorgehen der Polizei an den Bahnsteigen beobachten, erhalten Hausverbote von bis zu einem Jahr. „Es ist fragwürdig, ob solche Hausverbote verhältnismäßig sind, und das aktuelle Vorgehen gegen zivilgesellschaftliches Engagement ist eines Rechtsstaates unwürdig“, kritisiert Judith. (…) Die meisten der Betroffenen bekommen eine Anzeige wegen illegaler Einreise. Ein entsprechendes Strafverfahren sollte bei Asylantragstellung zwar in der Regel eingestellt werden, doch um das sicherzustellen, sollten die Betroffenen eine anwaltliche Vertretung haben…“ Pressemitteilung vom 5. September 2022 von und bei Pro Asyl externer Link
    • den Twitter-Account von Dresden Nazifrei externer Link und den von Willkommen in Dresden externer Link sowie (als erste) den von vue.critique externer Link
    • Dauerkontrolle am Dresdner Bahnhof. Selektive Überprüfungen der Bundespolizei: Kritiker sehen unzulässiges Racial Profiling
      „Alle zwei Stunden fährt am Dresdner Hauptbahnhof ein Eurocity-Zug aus Prag ein. Die Züge sind vor allem im Sommer bei Touristen beliebt und entsprechend gut gefüllt. Seit einigen Tagen entsteigen ihnen auch Beamte der Bundespolizei, die ab dem Grenzbahnhof Bad Schandau mitgefahren waren und Fahrgäste in Augenschein genommen hatten. Etliche von diesen werden auf dem Bahnsteig von deren Kollegen in Empfang genommen und nach einer ersten Überprüfung von Papieren in einem hinter Sichtschutz verborgenen Bereich in der Bahnhofshalle weiter kontrolliert. Pro Zug, sagt Dave Schmidtke vom Sächsischen Flüchtlingsrat (SFR), seien etwa 15 bis 20 Personen betroffen. Auffällig ist: Praktisch keiner hat eine weiße Hautfarbe. »Was wir erleben«, sagt Schmidtke, »ist Racial Profiling.« (…) Nach Angaben von SFR-Sprecher Schmidtke wurden bereits seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine Ende Februar verstärkte Kontrollen der Bundespolizei auf Bahnverbindungen nach Dresden beobachtet. Allerdings habe die jetzige Aktion eine gänzlich andere Dimension: »Etwas Vergleichbares haben wir noch nicht erlebt.« Die Reisenden würden zunächst im Bahnhof registriert und einem Corona-Schnelltest unterzogen. Personen ohne Visum würden dann in einem Dresdner Polizeirevier befragt. Zudem werde Anzeige wegen illegaler Einreise erstattet. Wer ein Asylgesuch stellen wolle, werde in eine Erstaufnahmeeinrichtung gebracht. Die Umstände der Kontrollen kritisiert der SFR scharf. Abgesehen von deren rassistischem Charakter würden die Betroffenen teils über Stunden festgehalten, ohne Verpflegung und auch ohne Rechtsberatung durch eine unabhängige Stelle. »Diese würden wir uns dringend wünschen«, sagt Schmidtke. Er verweist darauf, dass die Anzeigen für erhebliche Probleme in einem weiteren Asylverfahren sorgen. (…) [Clara Anne Bünger, Bundestagsabgeordnete der Linken,] verwies auf nd-Anfrage auf die Gefahr, dass im Dresdner Bahnhof faktisch »eine Grenzkontrolle eingeführt wird«, was an einer EU-Binnengrenze unzulässig sei. Sie wollte sich am Montag in Dresden mit Vertretern der Bundespolizei treffen. Zudem begehrt sie per Kleiner Anfrage an die Bundesregierung Auskunft unter anderem dazu, auf welcher Rechtsgrundlage und für welche Dauer die »temporäre Einlasszentrale« in Dresden eingerichtet wurde. Diese stößt zunehmend auf Protest. Am Sonntag gab es eine Kundgebung am Hauptbahnhof; zudem begleiteten Aktivisten etwa vom Bündnis »Willkommen in Dresden« die Aktionen der Beamten – sehr zu deren Unwillen. In Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn wurden Hausverbote erteilt; mindestens ein Fotojournalist wurde wiederholten Kontrollen unterzogen. Jörg Reichel von der Deutschen Journalistinnen- und Journalistenunion (dju) Berlin-Brandenburg sieht eine »Behinderung von Pressearbeit«. Schmidtke kündigt indes an, man werde die Aktivitäten der Bundespolizei in Dresden auch in den nächsten Tagen »weiter kritisch begleiten«.“ Artikel von Hendrik Lasch vom 29. August 2022 in neues Deutschland online externer Link
    • Schluss mit Racial Profiling am Dresdner Hauptbahnhof, Bundespolizei in die Schranken weisen!
      Artikel von und bei luna vom 30. August 2022 externer Link
  • Racial Profiling: Bundespolizei weitet Kontrollen in Zügen, Bahn­hö­fen und Flug­hä­fen aus 
    Wer in Deutsch­land mit dem Zug im Grenz­ge­biet oder an einem Flug­ha­fen unter­wegs ist und kei­ne wei­ße Haut­far­be hat, muss in man­chen Fäl­len damit rech­nen, in eine Per­so­nen­kon­trol­le zu gera­ten. Die­se Zahl der ver­dachts­un­ab­hän­gi­gen Per­so­nen­kon­trol­len in Zügen, Bahn­hö­fen und Flug­hä­fen auf Grund­la­ge des Bun­des­po­li­zei­ge­set­zes hat sich nun offen­sicht­lich sogar von 263 000 im Jahr 2020 auf 512 000 im ver­gan­ge­nen Jahr nahe­zu ver­dop­pelt. Dies geht aus einer Ant­wort der Bun­des­re­gie­rung auf eine Klei­ne Anfra­ge der Lin­ke-Abge­ord­ne­ten Gökay Akbu­lut hervor. »Zwar wäre noch zu prü­fen, wel­che Aus­wir­kun­gen dabei pan­de­mie­be­ding­te Ände­run­gen in der Kon­troll­pra­xis auf die Sta­tis­tik haben«, teil­te die Poli­ti­ke­rin dem »nd« mit. Von Stich­pro­ben­kon­trol­len kön­ne ange­sichts die­ser Zah­len aber kei­ne Rede mehr sein. »Die­se ver­dachts­un­ab­hän­gi­gen Mas­sen­kon­trol­len zur Ver­hin­de­rung rechts­wid­ri­ger Migra­ti­on sind abso­lut unver­hält­nis­mä­ßig«, kri­ti­sier­te Akbu­lut. Sie wirft dem Innen­mi­nis­te­ri­um und der Bun­des­po­li­zei vor, immer noch nicht über ein nach­voll­zieh­ba­res, dem ver­fas­sungs­recht­li­chen Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bot genü­gen­des Kon­troll­sche­ma bei Per­so­nen­kon­trol­len zu verfügen. Die Bun­des­re­gie­rung schreibt hin­ge­gen in ihrer Ant­wort, dass das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Koblenz im Jahr 2016 fest­ge­stellt habe, dass der ent­spre­chen­de Para­graf des Bun­des­po­li­zei­ge­set­zes ver­fas­sungs­recht­lich und euro­pa­recht­lich nicht zu bean­stan­den sei. Auch das Ver­wal­tungs­ge­richt Dres­den sehe in sei­nem Urteil vom 18. Janu­ar die­ses Jah­res kei­nen Anlass zu Zwei­feln an der Ver­fas­sungs­mä­ßig­keit oder der Euro­pa­rechts­kon­for­mi­tät. Ein dis­kri­mi­nie­ren­des »Racial Pro­filing« sei schon nach gel­ten­der Rechts­la­ge rechts­wid­rig und ver­bie­te sich in der poli­zei­li­chen Pra­xis. Aller­dings stellt sich ange­sichts der zahl­rei­chen Kon­trol­len die Fra­ge, ob die­se Pra­xis nicht doch zum All­tag der Bun­des­po­li­zei gehört. Nach der Kla­ge eines Man­nes mit einem soge­nann­ten Migra­ti­ons­hin­ter­grund hat­te das Ver­wal­tungs­ge­richt Dres­den in einem Urteil fest­ge­legt, dass die Kon­trol­le eines Bahn­rei­sen­den durch die Poli­zei auf­grund sei­ner Haut­far­be nicht erlaubt ist. (…) Gökay Akbu­lut sieht das Pro­blem auch in der Geset­zes­la­ge. »Tat­säch­lich sind die poli­zei­li­chen Befug­nis­se zum Zwe­cke der Migra­ti­ons­kon­trol­le im Bun­des­po­li­zei­ge­setz so unbe­stimmt for­mu­liert, dass dis­kri­mi­nie­ren­de, auf äuße­re Merk­ma­le fokus­sie­ren­de Kon­trol­len kaum ver­hin­dert wer­den kön­nen«, monier­te sie. Hier bedür­fe es daher einer grund­sätz­li­chen Reform des Poli­zei­rechts, »denn nach mei­ner Auf­fas­sung darf es in einem Rechts­staat anlass­lo­se Per­so­nen­kon­trol­len gar nicht geben«, erklär­te Akbulut. Auf­fäl­lig ist in der Ant­wort der Bun­des­re­gie­rung, dass es kaum Beschwer­den über die Kon­trol­len der Poli­zei gibt. In den ver­gan­ge­nen Mona­ten wur­den ledig­lich 44 regis­triert. Die­se nied­ri­ge Zahl an Beschwer­den wegen dis­kri­mi­nie­ren­der Kon­trol­len reflek­tie­re in kei­ner Wei­se die Lebens­rea­li­tä­ten und Dis­kri­mi­nie­rungs­er­fah­run­gen der Betrof­fe­nen…“ Artikel von Aert van Riel vom 31.05.2022 im ND online externer Link

  • Gegenkontrolle: Während die Polizei noch diskutiert, ob Racial Profiling existiert, entwickeln Betroffene Strategien dagegen. Auf der Straße und in Parlamenten.
    „Tareq Alaows ist nicht überrascht, als zwei Polizisten auf ihn zukommen. Es passiert nicht zum ersten Mal. Es ist Mitte Dezember vergangenen Jahres in Berlin. Alaows ist gerade aus dem Bus gestiegen und auf dem Weg zur S-Bahn. (…) An dem Tag Ende 2021 fragen die Polizisten nach seinem Ausweis, dann wollen sie seinen Rucksack und seine Kleidung durchsuchen. Sie sagen, dass sie bei solchen Kontrollen nach Messern und Waffen suchen. Keiner der weißen Menschen um ihn herum wird angehalten. Alaows ist Jurist, aktiv bei den Grünen, er kennt seine Rechte. Er zeigt ihnen seinen Rucksack nicht. Warum er diesmal kontrolliert werde, fragt er. Bei ihm sei eine Gefährdung nicht auszuschließen, antwortet ein Polizist, so erinnert Alaows sich. (…) Hier könnte das neue Berliner Antidiskriminierungsgesetz helfen. Dieses Gesetz sieht eine Beweislastumkehr vor, wenn eine betroffene Person eine Ungleichbehandlung überwiegend glaubhaft machen kann. Dann muss die Behörde beweisen, dass sie nicht diskriminierend gehandelt hat. Ein entsprechendes Urteil gibt es bisher noch nicht. Tareq Alaows will das ändern. (…) Es ist der 11. November 2021, und Biplab Basu steht im Regen. Basu ist aktiv bei Reach Out und der Kampagne für Opfer von rassistischer Polizeigewalt – kurz KOP. An diesem Tag startet er eine neue Kampagne. Gemeinsam mit einer Handvoll Aktivist*innen steht er an einer großen Straße in Berlin, es regnet in Strömen. Eine Pappmaché-Kamera auf zwei Beinen läuft umher. Unter der Regenjacke und Maske erkennt man ihn kaum, umso deutlicher ist zu verstehen, was Basu ins Mikro spricht: “Go, film the police“. Das Ziel der Kampagne mit diesem Titel ist, eine Debatte zu rassistischen Polizeieinsätzen zu entfachen, indem mehr Zeug*innen mit ihren Handys Kontrollen dokumentieren. Es braucht Videos, die belegen, dass es Racial Profiling gibt. (…) Zum Tag gegen Polizeigewalt am 15. März hat die Initiative KOP ihre Chronik vorgestellt. Sie dokumentiert rassistische Vorfälle von 2000 bis 2021, in die Polizeibeamt*innen verwickelt waren. Die Fälle basieren vorwiegend auf Berichten von Betroffenen und Zeug*innen. Die Chroniken sollen helfen, eine Gegenerzählung aufzubauen. (…) Vor etwa zwei Jahren beginnt die Initiative Wrangelkiez United mit einer Telegram-Gruppe. Judith und David, die Initator*innen, wollen aufgrund ihres Engagements ihre Nachnamen nicht öffentlich nennen. (…) David hat schon viele Kontrollen beobachtet. Einmal hat er zum Beispiel anschließend die Person gefragt, weshalb sie kontrolliert wurde. Die Antwort: Ja nix, wir saßen hier.’ Die Erklärung der Polizist*innen zu, Grund dieser Kontrolle: Verweilen ohne Grund im öffentlichen Raum. „Es war Freitagnachmittag. Es war knalle heiß und die Sonne schien. Alle saßen ohne Grund draußen rum“, sagt David. (…) Obwohl es schon seit 40 Jahren organisierte Strukturen gegen Racial Profiling aus der Zivilgesellschaft gibt, steht die Debatte noch am Anfang.“ Artikel von Sarah Hüther und Ibrahim Karci vom 24. März 2022 in der taz online externer Link
  • Verdächtige Hautfarbe: Schwarze Menschen, die in Gegenden wie St. Pauli wohnen, müssen scheinbar hinnehmen, dass sie weniger Rechte haben als andere 
    „Wie verhält man sich möglichst unauffällig, während man sich als Schwarzer Mensch durch ein Stadtviertel bewegt, in dem andere Schwarze Menschen auf der Straße Drogen verkaufen? Die Antwort ist leider: Es ist nicht möglich. Das zeigen nicht nur Schilderungen Schwarzer Bewohner*innen und Besucher*innen dieser Viertel, sondern das hat nun auch das Hamburger Oberverwaltungsgericht bestätigt. Geklagt hatte der 35-jährige Barakt H., der ehemals aus Togo nach Deutschland kam und seit mehreren Jahren auf St. Pauli wohnt – wo er ständig auf Drogen und Ausweispapiere kontrolliert wird. Zu Unrecht, hatte das Verwaltungsgericht Ende 2020 geurteilt: Auch an „gefährlichen Orten“ dürfe die Polizei nicht völlig anlasslos kontrollieren. „Es müssen gewisse Anhaltspunkte für einen Bezug der kontrollierten Person zur entsprechenden Gefahr – hier also der Betäubungsmittelkriminalität – vorliegen“, so der Richter. Das ließ die Innenbehörde, die nicht gerade für starke Nerven bekannt ist, was ihr eigenes Ansehen betrifft, nicht auf sich sitzen. Sie ging in Berufung – und bekam Recht. Im Januar hob das Oberverwaltungsgericht das erstinstanzliche Urteil auf und begründete die Entscheidung damit, dass das Verhalten des Klägers in der entsprechenden Situation durchaus Anlass für einen Verdacht gegeben habe. Was hatte H. verdächtig wirken lassen? (…) Doch das Gericht glaubte den Polizist*innen. Das tun Gerichte bis auf seltene Ausnahmen immer und verantworten damit eine riesige Lücke in der demokratischen Gewaltenteilung. In den Augen des Richters stand somit fest, dass H. und R. sich konspirativ und typisch für die Szene der Drogenkriminalität verhalten hätten. Zwar seien es einzeln betrachtet alltägliche Handlungen gewesen, die für sich genommen keinen Anlass zur Identitätsfeststellung lieferten, jedoch „in Zusammenschau mit dem Alter von Anfang/Mitte 30 Jahren“ sehr wohl Anhaltspunkte für mögliche Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz darstellten. Nun zum Elefanten im Raum: Welcher weiße Mensch wird kontrolliert, weil er Anfang/Mitte 30 ist und mit seinem Freund zu eng aneinander läuft und die Sporttasche von einer auf die andere Schulter verlagert? Richtig, nur einer, der mit einem Schwarzen Menschen unterwegs ist. Wenn dieses Alltagsverhalten aber für Schwarze Menschen ausreicht, sich verdächtig zu machen, kann man als Schwarze Person auf St. Pauli nicht mehr leben. Das heißt, man kann, aber nur, wenn man dafür, wie jetzt vom Gericht für gesetzeskonform erklärt, seine Rechte abgibt. Es ist die Bankrotterklärung eines Rechtsstaats, der vorgibt, vor dem Gesetz seien alle gleich…“ Artikel von Katharina Schipkowski vom 27. Februar 2022 in der taz online externer Link
  • Keine Kontrolle wegen Hautfarbe – Gericht verbietet Polizei Racial Profiling 
    „… Die polizeiliche Kontrolle eines Bahnreisenden basierend auf seiner Hauptfarbe – auch Racial Profiling genannt – ist nach einem Gerichtsentscheid nicht zulässig. Die Richterinnen und Richter des Verwaltungsgerichts Dresden gaben mit dieser Entscheidung vom 18. Januar der Klage eines aus Guinea stammenden Mannes recht, wie das Gericht mitteilte. (…) Der Mann und sein Begleiter waren im März 2018 in Chemnitz von einer Streife der Bundespolizei für eine Personenkontrolle angesprochen worden. Die Beweggründe dafür hinterfragte der Mann. Die Kontrolle habe laut Gericht daher mit einem Übergriff und einem zweistündigen Aufenthalt auf der Polizeiwache geendet. Der im Jahr 1999 geborene Mann hatte dem Gericht zufolge auf dem Rückweg von einem Praktikum am Bahnhof in Chemnitz umsteigen müssen. Der Mann habe „die Herausgabe seiner Papiere zu Recht verweigern können“, hieß es in dem Urteil. Der Kläger und sein Begleiter hätten aufgrund ihres Verhaltens oder anderer Auffälligkeiten keinen Anlass zur Kontrolle gegeben. (…) Da allein Personen schwarzer Hautfarbe kontrolliert worden seien – was ein Beamter in dem Strafverfahren eingeräumt habe -, sei die Maßnahme rechtswidrig gewesen und habe den Kläger in seinen Grundrechten verletzt, so das Gericht. Die Kammer habe feststellen müssen, „dass die Hautfarbe des Klägers für den Entschluss, ihn einer Befragung und Kontrolle zu unterziehen, zumindest mitursächlich gewesen ist und nicht festgestellt werden kann, dass die Maßnahme auch ohne diesen Aspekt in gleicher Weise durchgeführt worden wäre“. (…) Auch die körperliche Durchsuchung sei „unverhältnismäßig und nicht zweckmäßig gewesen“, ein Hochziehen an den Haaren „in besonderer Weise herabwürdigend und auch unnötig“. (…) Gegen das Urteil kann binnen eines Monats ein Antrag auf Zulassung der Berufung durch das Sächsische Oberverwaltungsgericht gestellt werden.“ Agenturmeldung vom 1. Februar 2022 beim ZDF externer Link – siehe weitere, seltene positive Meldungen der letzten Zeit:

    • Rassismus bei der Polizei Chemnitz: Schikane war Unrecht
      Ein Schwarzer wird immer wieder von Polizisten kontrolliert – dann widerspricht er und wird überwältigt. Das war rechtswidrig, sagt ein Gericht…“ Artikel von Michael Bartsch in der taz online vom 19.1.2022 externer Link
    • Rassistische Kontrollen in Hamburg: Berufung wegen Racial Profiling
      Die Hamburger Innenbehörde nimmt nicht hin, dass das Gericht einem Schwarzen Menschen Recht gab, der sie verklagt hatte. Er erzielte einen Teilerfolg. Es war ein in Deutschland bis dahin einmaliger Erfolg, als das Verwaltungsgericht im November 2020 einem Schwarzen Menschen Recht gab, der wegen Racial Profilings gegen die Hamburger Innenbehörde geklagt hatte externer Link. Die Behörde wollte das so jedoch nicht stehen lassen und ging in Berufung. Am Mittwoch trafen sich der Kläger Barakat H. und die Ver­tre­te­r*in­nen der Innenbehörde also in der zweiten Instanz, am Oberverwaltungsgericht…“ Artikel von Katharina Schipkowski in der taz online vom 19.1.2022 externer Link – siehe dazu die Meldung hier unten:
  • Fall mit Signalwirkung: Nach erfolgreicher Klage gegen Racial Profiling von Polizisten wird Berufung der Hamburger Innenbehörde verhandelt 
    „… Seit einigen Jahren hat sich für diese Praxis der Polizei oder anderer Behörden der aus der US-amerikanischen Kriminalistik stammende Begriff »Racial Profiling« eingebürgert. Gemeint sind Maßnahmen wie Identitätsfeststellungen, bei denen das Kriterium für die Auswahl einer Person nicht ein bestimmtes Verhalten ist, sondern Merkmale des Aussehens. Barakat H. dürfte einer der ersten in der BRD sein, der gegen diese Praxis mit Erfolg geklagt hat. Als er im November 2016 und im Januar 2017 innerhalb von nur acht Wochen mehrmals von derartigen Kontrollen betroffen war, zog er vor das Verwaltungsgericht Hamburg (VG) – und bekam recht. Das Gericht stellte fest, dass H. in drei Fällen zu Unrecht kontrolliert worden war. Für Hamburgs Polizei und die Innenbehörde war das eine schwere Schlappe, die aber nicht etwa zu einer Kurskorrektur bei der »Taskforce Drogen« führte. Die Behörde legte vielmehr Berufung gegen das Urteil des VG ein, die an diesem Mittwoch vor dem Oberverwaltungsgericht Hamburg verhandelt werden soll. Ein Argument der Behörde ist, dass St. Pauli als »gefährlicher Ort« eingestuft ist und die Bürger dort mit Grundrechtseinschränkungen wie einer niedrigeren Schwelle für Identitätsfeststellungen leben müssten. Die Gruppe Copwatch Hamburg warnte am Montag in einer Mitteilung, ein Erfolg der Berufung vor dem OVG könne »einen Präzedenzfall schaffen, der zur Legitimation von rassistischem Profiling beiträgt und eine Einschränkung des Verbots von rassistischer Diskriminierung darstellt«. Barakat H. wird darin mit den Worten zitiert, er wohne seit 2016 auf St. Pauli und habe »seitdem viele rassistische Kontrollen und mehrere Verhaftungen erlebt, nur, weil ich schwarz bin«. Seine weißen Freunde würden hingegen »nur kontrolliert, wenn sie mit mir gemeinsam unterwegs sind«. (…) Ulla Jelpke, langjährige Innenpolitikerin von Die Linke im Bundestag, wies am Montag gegenüber jW darauf hin, dass Themen wie Antidiskriminierung in der Aus- und Weiterbildung bei der Polizei mittlerweile mehr Raum bekämen. All das nütze aber nichts, wenn die rechtlichen Grundlagen für das Vorgehen der Polizei dieselben blieben. Die Befugnis zu anlass- und verdachtsunabhängigen Kontrollen sei zum Beispiel im Fall der Bundespolizei als eine »unausgesprochene Aufforderung zur Diskriminierung zu betrachten« und müsse »endlich ersatzlos gestrichen werden«, so Jelpke…“ Artikel von Kristian Stemmler in der jungen Welt vom 18. Januar 2022 externer Link
  • Racial Profiling als Alltagsproblem 
    Erstmals wurde in Deutschland in einer bisher ungewohnten Intensität über Racial Profiling und strukturellem Rassismus bei der Polizei diskutiert. Ein Überblick über die wichtigsten Fragen zum Thema. In der polizeilichen Alltagspraxis werden Menschen, die als migrantisch gelesen werden, immer wieder mit stereotypen und rassistischen Stigmatisierungen konfrontiert. Davon sind Schwarze Menschen in besonderem Maße betroffen. Die Tötung von George Floyd durch die Polizei führte zu Protesten in den USA, die unter dem Leitsatz „Black Lives Matter“ auch in Deutschland stattfanden. So wurden auch hierzulande Polizeigewalt, struktureller Rassismus und auch Racial Profiling thematisiert. (…) Dadurch, dass Polizeibeamt*innen People of Color (PoC), aber auch als „Muslim“ gelesene Menschen ins Visier der Kontrolle nehmen, während als „deutsch“ gelesene Menschen von derartigen Kontrollen verschont bleiben, erwecken sie das Gefühl, dass von den kontrollierten Personen eine Gefahr ausgehe. Durch diese Stigmatisierung wird ein gesellschaftlicher Raum der Ungleichheit geschaffen, weil die Betroffenen als „bedrohlich“ und „fremd“ adressiert werden. (…) Gibt es Studien und Daten zu Racial Profiling? Nein. In Deutschland fehlt eine solche Datensammlung. Gegen solch eine Studie sprechen sich oftmals führende Politiker*innen aus externer Link, weil sie „keinesfalls einen strukturellen oder latenten Rassismus oder Extremismus“ innerhalb des Polizeiapparats sehen. Eine Studie, die das Problem eingehend untersucht, wäre ein wichtiger Versuch auf dem Weg der Bekämpfung des Phänomens und könnte gezielt auf die Notwendigkeit der statistischen Erfassung von Racial Profiling aufmerksam machen. Die Bundespolizei hatte bereits im Jahr 2019 Racial Profiling als rechtswidrig bezeichnet externer Link.“ Gastbeitrag von Taner Aksoy vom 15. April 2021 in Belltower News externer Link
  • Kontrollieren und vertreiben: Hamburg: Polizei setzt trotz Gerichtsurteil sogenanntes Racial Profiling fort 
    „Sogenanntes Racial Profiling ist im Hamburger Stadtteil St. Pauli insbesondere in der Gegend der Hafenstrasse seit Jahren ein Problem. Erst im November 2020 hatte Barakat H., ein aus Togo stammender junger Mann vor dem Verwaltungsgericht Hamburg Recht bekommen. Er war in den Jahren zuvor auf dem Nachhauseweg unzählige Male kontrolliert worden. Zwei Kontrollen, gegen die er symbolisch Anzeige erstattete, wurden von den Richtern als verfassungswidriges Racial Profiling angesehen. Eigentlich sollte die Polizei auf Grundlage der Entscheidung des Verwaltungsgerichts seither nicht mehr anlasslos Personalien prüfen. Anwohner der Hafenstraße beschreiben jedoch, dass seit gut zwei Monaten die Kontrollen ganz im Gegenteil extrem zugenommen haben. Täglich würden nichtweiße Menschen von Polizeiaufgeboten in Uniform und in Zivil kontrolliert, oftmals regelrecht gejagt. Zweimal im vergangenen Monat sei zudem der Garten eines Hausprojekts mit Drogenhunden durchwühlt worden. »Insbesondere betroffen sind unsere gambischen Nachbarn, die in einem Garten einen Rückzugsraum haben. Es gibt Sitzplätze und die Möglichkeit, sich die Hände zu waschen oder zu desinfizieren. Und es gibt ein Heizungsrohr zum Aufwärmen. Das ist nicht viel, aber hier sind sie willkommen«, so eine Anwohnerin gegenüber jW. Wenn sie sich vor den andauernden Kontrollen durch Polizeibeamte in den Garten flüchteten, bekämen sie in den vergangenen Wochen Bußgelder wegen verbotenen Ansammlungen im Zusammenhang mit Verletzung der Coronaabstandsauflagen. Ein junger Gambier sagt, dass er schon rund zwanzig Bußgeldbescheide über 170 Euro bekommen habe: »Wie soll ich das je bezahlen? Sie nehmen Corona als Vorwand, um uns zu kontrollieren und uns zu vertreiben.« Die Polizei »jagt uns in den Garten«, dann sagt sie, »wir wären zu viele und zu dicht beieinander und verteilt Strafen«, so ein weiterer Betroffener. (…) Parlamentarische Anfragen der Fraktion Die Linke in der Bürgerschaft zum Thema zeigen regelmäßig, dass bei über 90 Prozent der Kontrollierten lediglich Personalien festgestellt, jedoch keine Drogen gefunden werden. Anwohner und Experten, wie der Kriminologe Sebastian Scheerer, kritisieren die durch diese »ungeeignete Maßnahme« erhöhte Repression gegen ohnehin ausgegrenzte Menschen…“ Artikel von Martin Dolzer in der jungen Welt vom 3. Februar 2021 externer Link
  • Racial Profiling: Polizei darf nicht mehr ohne Verdacht kontrollieren 
    „Ein Mann aus Togo hat dagegen geklagt, dass er immer wieder auf St. Pauli von der Polizei kontrolliert wird. Das Hamburger Verwaltungsgericht gab ihm Recht. Gibt es einen verdächtigen Blick? Ein Gehtempo, das nichts Gutes verheißt? Nach Aussagen der Hamburger Polizei haben solche Verhaltensweisen Anani Kassim (Name geändert) zu einem potentiellen Drogendealer gemacht. Der 35-Jährige wohnt im Süden von St. Pauli. Wenn er auf dem Weg nach Hause war, wurde er in den vergangenen Jahren immer wieder von Beamtinnen und Beamten der Taskforce Drogen kontrolliert. (…) Rechtsanwalt Carsten Gericke ist davon überzeugt, dass es eigentlich um etwas anderes geht. Kassim kommt aus Togo. Seine Hautfarbe ist schwarz. Das mache ihn für die Polizei verdächtig, ist sich Gericke sicher. Er wirft der Polizei Racial Profiling vor: Kontrollen, weil jemand schwarz ist. Der Anwalt hat die Polizei im Namen seines Mandanten verklagt – und nun vor dem Hamburger Verwaltungsgericht gewonnen. Das Gericht hat Identitätskontrollen ohne wirklichen Anhaltspunkt für eine Straftat für rechtswidrig erklärt. (…) Für seinen Mandanten sei es ein großer Erfolg, dass das Verwaltungsgericht die Personalienfeststellungen für rechtswidrig erklärt habe, sagt Gericke: „Wir erwarten, dass die Hamburger Politik diesen neuerlichen Denkzettel ernstnimmt und dafür sorgt, dass sich die Kontrollstrategien ändern.“ Er und Anani Kassim hatten sich vom Urteil allerdings noch mehr erhofft: dass das Gericht ein klares Statement zu Racial Profiling abgibt. Dazu ist es aber gar nicht gekommen, weil es schon einen Schritt zuvor die anlasslosen Kontrollen per se verboten hat. Es musste also gar nicht mehr über die Frage entscheiden, ob Kassim wegen seiner Hautfarbe seine Papiere vorzeigen musste – ob die Kontrollen also rassistisch waren. Ein kleiner Dämpfer, der Kassims Freude laut seinem Anwalt aber nicht mindert. Er sei einfach froh darüber, dass er von nun an unbehelligt durch St. Pauli laufen kann.“ Artikel von Elke Spanner vom 11. November 2020 in der Zeit online externer Link
  • Debatte um Studien zur Polizei: SPD-Länder wollen nicht auf Seehofer warten 
    Der Druck auf Seehofer wächst, Studien zum Rassismus bei der Polizei in Auftrag zu geben. Doch offenbar sieht der Innenminister trotz der Vorfälle in NRW dafür keinen Grund. In den Bundesländern gibt es dagegen Bewegung. Ungeachtet des Rechtsextremismus-Skandals bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen sieht Bundesinnenminister Horst Seehofer offenbar keine Notwendigkeit für eine Studie zu rassistischen Vorurteilen bei der Polizei. „Dieser Vorgang bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen tut weh“, sagte Seehofer zwar der „Süddeutschen Zeitung“. Er sei aber überzeugt, „dass die überwältigende Mehrheit unserer Polizistinnen und Polizisten solche Machenschaften ablehnen“. Diese Mehrheit stehe „zweifelsfrei zu unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung“, sagte Seehofer. Der Verfassungsschutz werde „zu diesem Themenkomplex Ende September einen Bericht vorlegen“. Dieser Lagebericht zu Rechtsextremismus im öffentlichen Dienst war allerdings unabhängig von den aktuellen Entwicklungen schon lange geplant…“ Beitrag vom 18.09.2020 bei tagesschau.de externer Link – siehe zum aktuellen Hintergrund unser neues Dossier: 29, 30, … Polizei-Beamte in NRW suspendiert – endlich Schluss mit den „Einzellfällen“?
  • [Quorum der Petition überschritten] Racial Profiling bei der Polizei: Tausende fordern Studie
    Erst kündigte die Regierung sie an, dann sagte sie sie ab. Nun fordern Zehntausende sie ein: eine Studie zu Racial Profiling in Deutschland. Eine noch bis Donnerstag laufende Onlinepetition an den Deutschen Bundestag hat am Wochenende das Quorum von 50.000 Unterschriften geknackt und inzwischen sogar weit überschritten; bei Redaktionsschluss hatten 67.518 Menschen unterzeichnet. Damit wird das Anliegen wohl öffentlich im Petitionsausschuss des Bundestags beraten werden. (…) Racial Profiling ist in Deutschland verboten. Im Frühjahr hatte jedoch die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) Indizien dafür festgestellt, dass die Praxis hierzulande dennoch „ausgeprägt“ sei, und die Durchführung einer Studie zum Thema empfohlen externer Link. Denn empirische Untersuchungen fehlen bislang. (…)Einige Bundesländer erwägen nun Alleingänge. Er wolle die Studie anpacken, „mit oder ohne den Bund“, hatte Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) erklärt externer Link, von dem diese Initiative ausging. Die in Berlin mitregierenden Grünen nannten eine solche Studie „überfällig und dringend geboten“ externer Link. (…) Das Petitionsrecht ist in Deutschland im Grundgesetz verankert. Grundsätzlich wird jedes eingereichte Anliegen vom Petitionsausschuss des Bundestags geprüft. Wird das Quorum von 50.000 Unterschriften innerhalb von vier Wochen erreicht, geschieht dies in der Regel in einer öffentlichen Sitzung. Der oder die Petent*in hat dann persönlich die Möglichkeit, dem Anliegen vor den Abgeordneten noch einmal Nachdruck zu verleihen.“ Artikel von Dinah Riese vom 17.8.2020 in der taz online externer Link

    • Siehe aktuell zum Thema ein geniales Video zu Racial Profiling externer Link bei Twitter (Video für „funk“ von Aurel externer Link) und dazu:
    • Doppelstandards und rechte Heuchelei. Ein satirisches Video von »funk« über Polizeigewalt sorgt für Empörung bei konservativen Politikern
      Zwei Polizisten, ausgestattet mit Ferngläsern, Farbfächern wie aus dem Baumarkt und vor allem einer Frage: Ist es ein Ausländer, der sich dort am Fahrrad zu schaffen macht? Das ist der Ausgangspunkt eines Videos des von ARD und ZDF finanzierten Jugendangebots »funk«, das für große Empörung unter Konservativen gesorgt hat. Denn in dem Video widmet sich der Komiker Aurel Mertz den Themen Racial Profiling und Rassismus bei der Polizei und nimmt diese auf satirische Weise auseinander. (…) Was darf Satire? In jedem Fall nicht die Polizei aufs Korn nehmen, meint die CDU in Sachsen-Anhalt. Deren Generalsekretär Sven Schulze twitterte, das Video sei »ein Schlag ins Gesicht aller Polizisten in Deutschland«. Sein Parteifreund Markus Kurze erklärte, »solche Videos zeigen eindrucksvoll, wie mit öffentlichen Geldern nicht umgegangen werden sollte«. Zustimmung kam von der AfD im Landtag. Auch der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) äußerte Kritik. (…) Der Deutsche Journalistenverband (DJV) äußerte scharfe Kritik an dem Verhalten der sachsen-anhaltischen CDU. So werde suggeriert, dass unerwünschte Inhalte von öffentlich-rechtlichen Sendern zu Kürzungen der Finanzierung führen könnten. Landesverbandschef Gajowski sprach im Deutschlandfunk von einer unverhohlenen Drohung durch die CDU Sachsen-Anhalts und einem Zensurversuch. DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall empfahl ihnen, sich mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vertraut zu machen, das strikt untersagt habe, den Rundfunkbeitrag an inhaltliche Aspekte des Programms zu koppeln…“ Artikel von Birthe Berghöfer vom 20.08.2020 im ND online externer Link
  • [Petition – noch 7 Tage zum Mitzeichnen!] Durchführung einer Studie zum „Racial Profiling“ bei den Polizeibehörden des Bundes/der Bundesländer 
    Text der Petition: Mit der Petition wird die Durchführung einer Studie zum „Racial Profiling“ bei den Polizeibehörden des Bundes und der Bundesländer gefordert.
    Begründung: Durch die Black Lives Matter Bewegung ist auch in Deutschland erneut die Debatte entfacht, ob Racial Profiling stattfindet. Das Innenministerium hat die ursprünglich angedachte Studie auf Empfehlung des ECRI (Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz) abgelehnt. Es wird argumentiert, das Racial Profiling rechtwidrig ist, was aber nicht bedeutet, dass er nicht trotzdem stattfindet. Eine aufschlussreiche Studie ermöglicht eine auf Fakten, nicht Meinungen basierte Grundlage um festzustellen, ob Handlungsbedarf besteht.“ Petition 113349 vom 06.07.2020 bei epetitionen.bundestag.de externer Link noch bis zum 20.08.2020
  • [Deutsches Institut für Menschenrechte] Stellungnahme zu Racial Profiling: Bund und Länder müssen polizeiliche Praxis überprüfen 
    „Das Deutsche Institut für Menschenrechte empfiehlt Bund und Ländern, ihre polizeiliche Praxis mit Blick auf Racial Profiling zu überprüfen. „Die Methode des Racial Profiling ist grund- und menschenrechtswidrig“, erklärte Beate Rudolf, Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte. „Eine (selbst-)kritische Auseinandersetzung mit polizeilicher Praxis sollte im Rechtsstaat selbstverständlich sein.“ Denn das Gewaltmonopol des Staates sei nur wegen seiner Bindung an Grund- und Menschenrechte legitim, so Rudolf weiter. „Eine diskriminierungsfreie polizeiliche Praxis ist deshalb auch im Interesse der Polizei. Sie ist auf das Vertrauen aller Menschen in unserer Gesellschaft angewiesen.“ Der Gesetzgeber sowie die Innenministerien und Polizeiführungen sollten deshalb alles in ihren Kräften Stehende tun, um Racial Profiling zu erkennen und zu verhindern. „Was unter Racial Profiling als grund- und menschenrechtswidrige Praxis zu verstehen ist und welche Grenzen das Verbot rassistischer Diskriminierung polizeilichem Handeln setzt, ist hier wesentlich“, sagte Hendrik Cremer, Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts und Autor einer heute veröffentlichten Stellungnahme des Instituts zu Racial Profiling. „In der Bundesregierung, in den Innenministerien wie auch in der Polizei werden derzeit Positionen vertreten, die ein unzureichendes Verständnis des im Grundgesetz und zahlreichen Menschenrechtsverträgen verankerten Verbots rassistischer Diskriminierung erkennen lassen“, so Cremer weiter. Nach Ansicht des Instituts befördern auch polizeiliche Ermächtigungsnormen die polizeiliche Praxis des Racial Profiling. Ein Beispiel für eine solche gesetzliche Grundlage sei Paragraf 22 Absatz 1a des Bundespolizeigesetzes, der bereits explizit vom UN-Ausschuss gegen rassistische Diskriminierung (CERD) sowie von der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) des Europarats kritisiert worden sei…“ Pressemitteilung des Deutschen Instituts für Menschenrechte vom 24. Juli 2020 externer Link zur Stellungnahme: Racial Profiling: Bund und Länder müssen polizeiliche Praxis überprüfen externer Link
  • Siehe auch unser Dossier: Wir sind voll auf Seehofer Kurs: Studie über Rassismus bei der Polizei ist unnötig, da er ohnehin verboten – endlich! Daraus logisch: Polizei auflösen, da Verbrechen ohnehin verboten
  • Bundesregierung plant Studie zu Racial Profiling: Institut für Menschenrechte fordert explizites Verbot der Praxis / Wir müssen unabhängig erforschen, wie die Polizei politisch tickt
    • Bundesregierung plant Studie zu Racial Profiling: Institut für Menschenrechte fordert explizites Verbot der Praxis
      „… Details zur geplanten Studie, über die zuerst die »Welt« berichtete, wurden noch nicht genannt. Das Studiendesign stehe im Einzelnen noch nicht fest, sagte der Innenministeriumssprecher. Der Sprecher des Justizministeriums erläuterte, eine solche Studie sei Deutschland auch von der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz empfohlen worden. (…) Trotz des verfassungsmäßigen Verbots gibt es immer wieder Vorfälle, bei denen sich die Polizei dem Vorwurf des »Racial Profiling« aussetzt. Der Antidiskriminierungsstelle des Bundes wurden seit ihrer Schaffung im Jahre 2006 insgesamt 200 solcher Fälle gemeldet. Daten der Bundespolizei weisen aber auf ein viel höhere Dunkelfeld hin. 2018 etwa hatten die Beamten fast 2,3 Millionen Mal Personen kontrolliert, die Trefferquote dabei war sehr gering. Nur in 2,3 Prozent der Kontrollen wurde ein Gesetzesverstoß oder eine Straftat festgestellt. Das Deutsche Institut für Menschenrechte hatte bereits 2013 eine Studie zum Racial Profiling veröffentlicht, in der konkrete Gesetzesänderungen vorgeschlagen werden. Unter anderem setzt sich das Institut für eine Streichung eines Absatzes im Bundespolizeigesetz ein, das Kontrollen zur Verhinderung unerlaubter Einreisen unter anderem an Bahnhöfen erlaubt. In der Praxis bedeute das eine Auswahl nach Hautfarbe oder anderen äußeren Merkmalen, hieß es zur Begründung. Das aktuelle Studienvorhaben begrüßte das Institut grundsätzlich, forderte aber gleichzeitig, dass unabhängige Wissenschaftler dabei die Möglichkeit haben müssten, die bestehende Polizeipraxis zu untersuchen. Von entscheidender Bedeutung sei außerdem, dass bei Konzeption und Ausführung Rassismusbetroffene oder deren Vertretungen mitwirken können, sagte der damalige Studienautor Hendrik Cremer dem epd. Er forderte auch eine gesetzliche Verankerung des Verbots von Racial Profiling…“ Meldung vom 11. Juni 2020 bei neues Deutschland online externer Link, siehe dazu:
    • Rassismus und Rechtsradikalismus: Wir müssen unabhängig erforschen, wie die Polizei politisch tickt
      „… Noch heute löst die nicht besonders gewagte Feststellung, dass es „latenten Rassismus innerhalb der Sicherheitskräfte“ gibt, einen Sturm der Empörung aus – wenn sie aus dem Munde einer SPD-Vorsitzenden kommt. Dabei beschreibt Saskia Esken nur, was offensichtlich ist. Latent, das heißt nach dem Duden: „vorhanden, aber [noch] nicht in Erscheinung tretend; nicht unmittelbar sichtbar oder zu erfassen“. Genau hier liegt das Problem: Wir wissen als Gesellschaft nicht, wie rassistisch die Institution Polizei ist. Wir wissen nicht, ob Rechtsradikalismus, antidemokratische oder autoritäre Einstellungen überproportional zur Gesamtgesellschaft in der Polizei vertreten werden. Umgekehrt gibt es sehr viele Indizien, die darauf hinweisen, dass es ein Problem gibt. (…) Polizeien und Innenminister aus Ländern und Bund haben sich seit Jahren mit Händen und Füßen gegen Studien unter Polizist:innen zu diesen Themen gewehrt. Die Verhinderung solcher Untersuchungen und das empörte Wegschieben aller Vorwürfe haben den Eindruck erweckt, dass es etwas zu verbergen gibt. Eine der wenigen Studien zum Thema beauftragte das Innenministerium in Hessen: Darin wurde „vergessen“, die Bereitschaftspolizei zu befragen – also ausgerechnet die überwiegend jungen Polizist:innen, die bei Demonstrationen eingesetzt werden. (…) Keine Institution des Staates darf einen uneingeschränkten Vertrauensvorschuss genießen oder gar ein Anrecht auf bedingungslosen Rückhalt haben, wie es konservative Innenpolitiker, Polizist:innen und ihre Gewerkschaften immer wieder postulieren. In einer Demokratie müssen wir die Probleme der staatlichen Institutionen erforschen, damit wir wissen, wie wir darauf angemessen reagieren können. Wir können als Demokratie nicht zulassen, dass Institutionen ein politisches Eigenleben entwickeln, das sich im schlimmsten Fall sogar gegen die Demokratie selbst richten kann. Das gilt insbesondere für Institutionen, die das Gewaltmonopol innehaben. Lasst endlich unabhängige und repräsentative Studien zu.“ Kommentar von Markus Reuter vom 11. Juni 2020 bei Netzpolitik.org externer Link
  • Berliner Landes-Antidiskriminierungsgesetz: Meilenstein in der Bekämpfung von Racial Profiling und struktureller Diskriminierung 
    „In Berlin wurde gestern das erste Landes-Antidiskriminierungsgesetz (LADG) externer Link Deutschlands beschlossen. (…) Das Gesetz richtet sich somit auch explizit gegen Racial Profiling und Diskriminierung durch die Polizei. (…) Das Gesetz ist nicht zuletzt auch das Ergebnis jahrzehntelanger Bestrebungen von Verbänden und zahlreichen zivilgesellschaftlichen Organisationen in und um Berlin. ndo-Vorstandsmitglied Armaghan Naghipour dazu: „Mit dem ersten Landes-Antidiskriminierungsgesetz Deutschlands geht Berlin einen historischen Schritt hin zur Abschaffungstruktureller Diskriminierung und nimmt seine Verantwortung als Hauptstadt der Vielfalt ernst.“ Das LADG schließt Schutzlücken, die das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) als Bundesgesetz offengelassen hat. Gleichzeitig bleiben kopftuchtragende muslimische Frauen trotz LADG weiterhin struktureller Diskriminierung ausgesetzt: durch das sogenannte Berliner Neutralitätsgesetz wird ihnen der Zugang zu öffentlichen Ämtern weiterhin systematisch verwehrt. Hier bedarf es dringender Nachbesserung. Deutschland hat sich verpflichtet, internationale Menschenrechte einzuhalten und wirksamen Schutz vor allen Formen der Diskriminierung zu bieten – uneingeschränkt für alle. Die neuen deutschen Organisationen begrüßen daher den Vorstoß, den Berlin mit dem LADG macht. Gleichwohl gibt es auf dem Gebiet des Antidiskriminierungsrechts noch einige Hürden, die zu nehmen sind. Die Vorsitzende der ndo, Ferda Ataman, betont: „Die deutsche Gesellschaft ist super divers, der Schutz vor Diskriminierung muss selbstverständlich sein. Andere Bundesländer sind jetzt aufgefordert, ebenfalls Landes-Antidiskriminierungsgesetze einzuführen. Wir brauchen überall wirksamere und umfassendere Maßnahmen gegen Diskriminierung“…“ Pressemitteilung vom 5. Juni 2020 von und bei neue deutsche organisationen externer Link
  • Die gefährlichen Orte in Berlin: Da, wo sich der institutionelle Rassismus austobt… 
    Die Polizist*innen können durch ihre Sonderbefugnisse an vermeintlich »gefährlichen Orten«, die sich in der Regel weniger durch ihre Gefährlichkeit als durch einen hohen Anteil migrantischer Bevölkerung auszeichnen, tun und lassen, was sie wollen. Weder müssen sie sich rechtfertigen noch müssen sie dokumentieren, wen sie aus welchen Gründen eigentlich kontrollieren. Wer sich ein wenig mit den rechten Umtrieben innerhalb der Berliner Polizei beschäftigt, kann sich denken, welche Menschen von der Staatsgewalt ins Visier genommen werden: Richtig, es ist nicht der weiße Bauarbeiter mit Thor-Steinar-Klamotten, der biertrinkenderweise Migrant*innen beschimpft, sondern die Migrant*innen selbst, die, ohne etwas getan zu haben, aufgrund ihrer Hautfarbe kontrolliert werden. An der Kriminalität ändert sich dadurch wenig, dafür wird die Zugänglichkeit von Orten der sozialen Begegnung für nicht-weiße Menschen massiv eingeschränkt. Für diese Schikane gibt es einen Namen: institutioneller Rassismus. In den USA und in Großbritannien ist die Diskriminierung durch Racial Profiling zumindest offiziell verboten, in Deutschland leider nicht…“  – aus dem Beitrag „Das Problem heißt Rassismus“ von Marie Frank am 13. Mai 2019 in neues deutschland externer Link, worin aber auch ein sehr freundlicher Kommentar zum Senat angehängt ist…
  • Einsicht nach fünf Jahren: Bundespolizei erkennt kurz vor Gerichtstermin ‚Racial-Profiling‘ als rechtswidrig an 
    Überraschende Wendung: Kurz vor dem Gerichtstermin hat die Bundspolizei die Rechtswidrigkeit einer vor fünf Jahren durchgeführten verdachtsunabhängigen Personenkontrolle zugegeben. Experten fordern jetzt Maßnahmen.
    Anfang Januar 2014 fuhr der Wissenschaftler Dr. Andreas S. (Name geändert), der aus einer deutsch- indischen Familie stammt, mit dem Zug von Kempten nach München. In der Nähe von Kaufbeuren stiegen Bundespolizeibeamte zu und führten bei Herrn Dr. S. anlasslos eine sogenannte verdachtsunabhängige Personenkontrolle durch. Im Waggon kontrollierten die Beamten keine weiteren Personen. Der Betroffene, der bereits wiederholt ähnliche Erfahrungen gemacht hatte, vermutete, wegen seiner Hautfarbe kontrolliert worden zu sein (Racial Profiling). Hierdurch fühlte er sich diskriminiert. Außerdem rügte er einen Verstoß der maßgeblichen Vorschrift im Bundespolizeigesetz für Personenkontrollen gegen Vorgaben des Europarechts und legte Klage beim Verwaltungsgericht München ein. Das erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichts München wurde nach drei Jahren und einer Verzögerungsrüge des Klägers gefällt. Das Verwaltungsgericht konnte damals keine Rechtswidrigkeit erkennen. Der Kläger beantragte die Zulassung der Berufung. Darüber sollte am 8. April 2019 vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof verhandelt werden. Doch es kam nicht dazu. Kurz vor der Verhandlung teilte die Bundespolizeidirektion München mit, dass „die von ihren Beamten durchgeführte Personalienfeststellung des Klägers vom 07.01.2014 sowie der unmittelbar fernmündlich durchgeführte Personalienabgleich rechtswidrig waren.“ (…)Vera Egenberger, Geschäftsführerin des Büros zur Umsetzung von Gleichbehandlung e. V. (BUG), erklärt: „Der Einsicht der Bundespolizeidirektion München müssen Taten folgen. Die interne Verwaltungsvorschrift der Bundespolizei BRAS 120 muss nun zügig ergänzt werden, um den Bundespolizeibeamten eine klare Orientierung zu geben, unter welchen Bedingungen sie verdachtsunabhängige Personenkontrollen wegen der möglichen illegalen Einreise durchführen dürfen.“ Wenn nicht, sei das Eingeständnis eine reine Vermeidungsstrategie, um die Sachlage einer höchstrichterlichen Einschätzung zu entziehen
    …“ Beitrag vom 11.4.2019 beim Migazin externer Link
  • Racial Profiling ist struktureller Rassismus? Auch. Und auch: Erlebter Polizei-Rassismus 
    „… Das hat zwar auch mit dem Rassismus der Polizist_innen zu tun, rassistischer Polizeigewalt liegt aber vor allem ein strukturelles Problem zugrunde, dass über die (rassistischen) Einstellungen individueller Polizist_innen hinaus geht. Gesetzliche Regelungen wie § 22 Abs. 1a BPolG und § 23 Abs. 1 Nr. 3 BPolG, sind die Rechtsgrundlage für Racial Profiling, sie ermöglichen verdachtsunabhängige Kontrollen und Befragungen. Vor allem der Phararagraph 22 Abs. 1 erlaubt der Bundespolizei lediglich eine Befragung von Reisenden in Zügen, Bahnhöfen und Flughäfen und nur in tatsächlichen Verdachtsmomenten auch eine Identitätsfeststellung. Die Realität sieht jedoch so aus, dass vor allem Schwarze Menschen unmittelbar aufgefordert werden sich auszuweisen. Dies stellt einen klaren Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgesetz dar und wurde entsprechend von mehren Verwaltungsgerichten entsprechend untersagt. Die Kampagne „Ban Racial Profiling: Gefährliche Orte abschaffen“, an der die ISD maßgeblich und initiativ beteiligt ist, wird durch viele antirassistische, migrantische sowie Schwarze Organisationen getragen und wendet sich gegen die polizeiliche Praxis, einige Gebiete zu „kriminalitätsbelasteten Orten“ zu erklären. An diesen Orten ist die Polizei mit Sonderrechten ausgestattet, und das hat zur Folge, dass migrantische und nicht-weiße und vor allem Schwarze Menschen gezielt kontrolliert werden. Die Abschaffung dieser völlig intransparenten Einstufungen ist das vornehmliche Ziel...“ – aus dem Beitrag „Schwarze Perspektiven auf institutionellen Rassismus“ von Bafta Sarbo und Tahir Della (Initiative Schwarze Menschen in Deutschland Bund e.V. – ISD) bereits 2018 bei berlin rechtsaußen externer Link, aus dem beide Dimensionen polizeistaatlichen Rassismus deutlich werden
  • Racial Profiling – Oberverwaltungsgericht NRW erklärt Personenkontrolle am Bahnhof Bochum für rechtswidrig 
    Am heutigen Dienstag, dem 7. August 2018, verhandelte das Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen in Münster einen Fall von ‚racial profiling‘ (Az. 5 A 294/16). Ein Schwarzer Deutscher war am Bahnhof Bochum einer verdachtsunabhängigen Personenkontrolle unterzogen worden. Er fühlte sich rassistisch diskriminiert und legte Klage gegen die Bundespolizei ein. Die Verhandlung endete mit einem Erfolg des Klägers und der Aufhebung des erstinstanzlich zum Teil klageabweisenden Urteils. Das Gericht verurteilte die Kontrolle des Klägers als Diskriminierungsverstoß. (…) Bei der Verhandlung wurde durch das Oberverwaltungsgericht klargestellt, dass die Hautfarbe auch als lediglich ein Kriterium unter mehreren grundsätzlich keine Rolle bei der Auswahl der zu kontrollierenden Person spielen darf. Deswegen war die Kontrolle des Klägers als nicht verfassungsgemäß einzustufen. Der Kläger äußerte: „Ich bin sehr froh über die heutige Entscheidung. Zwar glaube ich nicht, dass derartige Kontrollen nun aufhören, das Urteil ist jedoch ein großer Schritt in die richtige Richtung.“ Der Anwalt Sven Adam schätzt ein: „Mit dem heutigen Urteil hat das OVG deutlich gemacht, dass das Verbot rassistischer Diskriminierung bei Polizeikontrollen streng beachtet werden muss. Deswegen hat die Bundespolizei heute verloren und das ist erfreulich. Wenn das Gericht allerdings – wenngleich unter strengen Voraussetzungen – Ausnahmen von diesem Verbot andeutet, werden wir in weiteren Verfahren auch gegen solche Ausnahmen kämpfen, damit Kontrollen anhand der Hautfarbe aufhören.“ (…) Seit 2011 wurden vermehrt Klagen bei Verwaltungsgerichten verhandelt, die die Praxis des ‚racial profiling’ hinterfragen. Die gerichtliche Einschätzung geht zunehmend dahin, solche  verdachtsunabhängigen Personenkontrollen, aufgrund der Hautfarbe – auch wenn dies nur ein Kriterium unter mehreren darstellt – als nicht mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes (Art. 3 Abs. 3 GG) vereinbar, einzustufen.“ Pressemitteilung vom 07.08.2018 von und bei der Anwaltskanzlei Sven Adam externer Link – wir gratulieren zum Urteil!
  • [Polizeikontrollen und Racial Profiling] 2,3 Prozent Trefferquote: Bundespolizei kontrolliert fast nur Unschuldige – Trotz geringer Trefferquote will Bundesregierung verdachtsunabhängige Kontrollen nicht abschaffen 
    „… Fast 2,3 Millionen Mal hat die Bundespolizei im vergangenen Jahr Personen kontrolliert. Dabei hat sie nur wenige Gesetzesverstöße und Straftaten aufgedeckt. Um bei Polizeikontrollen Racial Profiling – Kontrollen nur oder hauptsächlich aufgrund der Hautfarbe – zu verhindern, fordern EU, Betroffenenvertreter und auch deutsche Gerichte, konkretere Vorgaben für Polizisten, wann und wie Reisende und Verdächtige kontrolliert werden können. Doch dazu sieht die Bundesregierung keinerlei Veranlassung. Das zeigt die Antwort auf eine Anfrage der Linkspartei-Abgeordneten Ulla Jelpke, die dem »nd« vorliegt. (…) Die meisten entdeckten Verstöße beziehen sich auf das Aufenthaltsgesetz, im vergangenen Jahr waren das 41 509. Damit liegt die Trefferquote beim Aufspüren von Verstößen gegen das Aufenthaltsgesetz bei unter zwei Prozent. Die Innenpolitikerin Jelpke fordert deswegen die Abschaffung verdachtsunabhängiger Kontrollen. Der »mageren Ausbeute« der Kontrollen stünden »gravierende Grundrechtseingriffe« gegenüber. (…) »In keinem einzigen Fall ist die Bundespolizei bisher bereit, einzugestehen, dass eine Kontrolle rassistisch motiviert war«, kritisiert Jelpke. Die Bundespolizei verweigere sich »hartnäckig einer Auseinandersetzung mit Rassismus in den eigenen Reihen« „ Beitrag von Moritz Wichmann unter Mitarbeit von Fabian Hillebrand vom 18. Mai 2018 bei neues Deutschland online externer Link
  • [Audiointerview] Millionenfache, oft rassistische Polizeikontrollen z.B. in Zügen im Dreiländereck waren rechtswidrig 
    Der Baden-Württembergische Verwaltungsgerichtshof hat am heutigen Mittwoch ein wegweisendes Urteil gegen das sogenannte racial-profiling bekanntgegeben, also gegen Kontrollen einzig aufgrund der Hautfarbe. Ein Deutscher mit dunkler Hautfarbe war während einer Geschäftsreise im Zug zwischen Baden-Baden und Offenburg von Bundespolizeibeamten einer sogenannten „verdachtsunabhängigen“ Personenkontrolle unterzogen worden. Außer ihm waren im Sichtfeld des Betroffenen keine weiteren Personen kontrolliert worden. Er klagte gegen die Polizeikontrolle. Vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart hatte die Polizei sich zur Begründung der Kontrolle auf die sogenannte Schleierfahndung gestützt. Doch das Gericht stufte diese Rechtsgrundlage im Bundespolizeigesetz als europarechtswidrig ein. Und das sah nun in der Berufungsverhandlung auch der Baden-Württembergische Verwaltungsgerichtshof so. Über die Bedeutung des Urteils haben wir mit dem Anwalt des Klägers, dem Göttinger Rechtsanwalt Sven Adam gesprochen, der immer wieder erfolgreich Klagen gegen racial profiling führt.“ Interview von Fabian vom RDL mit Sven Adam vom 21. Februar 2018 beim Audioportal Freier Radios externer Link Audio Datei (Audiolänge: 10:27 Min.). Siehe dazu auch: Teilerfolg gegen Racial Profiling. Gerichtsentscheidung könnte helfen, rassistische Praxis weiter zurückzudrängen. Artikel von Moritz Wichmann vom 23.02.2018 beim ND online externer Link
  • Wie man gefährliche Orte schafft – und abschafft 
    Vor einer Woche veröffentlichte das Berliner Polizeipräsidium auf Wunsch der Berliner Koalition zehn der sog. kriminalitätsbelasteten Orte (kbOs). Die Brisanz der Berichte von Betroffenen über Racial Profiling an diesen Orten bleibt bestehen. Zahlreiche antirassistische Berliner Organisationen und Initiativen haben sich daher zusammengetan, um die Landesregierung mit einer gemeinsamen Kampagne daran zu erinnern, Racial Profiling abzuschaffen und die polizeiliche Befugnis zur anlass- und verdachtsunabhängigen Kontrolle an den kbOs zurückzunehmen“  – aus dem Beitrag „Ban! Racial Profiling. Gefährliche Orte abschaffen“ am 16. Juni 2017 bei linksunten.indymedia externer Link, worin auch noch angekündigt wird: „Neben einer Pressekampagne werden wir eine Postkartenaktion starten um unsere Wut den Verantwortlichen auf den Schreibtisch zu bringen und zu zeigen, dass wir viele sind. Auch ein rechtliches Gutachten ist geplant, um den Druck zu erhöhen. Denn egal ob »gefährlicher Ort« oder »kriminalitätsbelasteter Ort«: Racial Profling bleibt Rassismus und der muss gestoppt werden!“ und auf Webseiten mit weiteren Informationen verwiesen wird.
  • Sicherheitsfalle: Racial Profiling
    Aber auch viele Menschen, die nicht blond und blauäugig sind, sind Deutsche. Ein rassistisches Konzept von Nationalität ist noch immer tief in den Köpfen verankert. Wie dramatisch die Blindheit ist, die aus diesem Scheuklappendenken entsteht, wurde deutlich, als die NSU-Morde ans Licht der Öffentlichkeit kamen. Die einseitigen Ermittlungen führten dazu, dass die Täter unter den Migranten gesucht wurden, statt deutsche Nationalisten und Rassisten zu verdächtigen. Offene Ermittlungen ohne Vorurteile hätten viele Morde verhindern können. Nicht zu unterschätzen ist auch, welche Wirkungen solche Kontrollen haben. Sie bestätigen der Umwelt, dass schwarze Menschen und People of Colour verdächtig sind…Beitrag von Elke Steven in der SoZ Nr 2/2017 externer Link
  • Polizei und Rassismus. Über einen unschönen, aber unvermeidlichen Zusammenhang
    „… Polizeirassismus hat Gründe: Der gesetzliche Auftrag zur Sortierung der Bevölkerung in staatlich anerkannte Rechtspersonen mit Aufenthaltstiteln einerseits und unerwünschte, d. h. »illegale« Ausländer andererseits übersetzt sich in der Praxis der polizeilichen Durchsetzung notwendigerweise in einen ethnischen Selektions- und Verdächtigungsprozess. Polizisten müssen das staatlich gewünschte Sortieren anhand von äußeren Merkmalen verinnerlichen, wollen sie ihre Aufgabe »vor Ort« erfolgreich bewältigen. Bereits hier zeigt sich, dass die beliebte Forderung nach einer Trennung von gesetzgeberischem Auftrag und ethnisch diskriminierendem Verhalten für Polizisten praktisch unmöglich ist. Kein Wunder, dass Polizisten dabei die feinen Unterschiede zwischen dem rechtsstaatlich gebotenen Verdacht gegen Ausländer und der geächteten Vorverurteilung von Menschen aufgrund von Rasse, Religion und Herkunft nicht immer ganz sauber auseinanderhalten. Die Übergänge von der vorurteilsfreien und möglichst humanen Durchsetzung der auf Abschottung, Abschreckung und Abschiebung orientierten Flüchtlingspolitik über die Übersetzung derselben in ein Feindbild vom Asylsuchenden bis hin zu den Abgründen rassistischer Misshandlungen sind keinesfalls zufällig, aber auch nicht zwangsläufig. Rassismus bei der Polizei ist eine Déformation professionelle und folglich auch kein speziell deutsches Phänomen. Den Rassismus bei der deutschen Polizei gibt es deshalb auch ohne die »ewig gestrigen Kollegen« aus alten Zeiten, die der frühen Bundesrepublik bei der Durchsetzung der demokratischen und freien Ordnung des westdeutschen Kapitalismus gedient hatten. In ihr nämlich hat er seine aktuelle Grundlage!…“ Artikel von Arian Schiffer-Nasserie, zuerst erschienen in der Jungen Welt vom 7. November 2014. Wir danken dem Autor!
  • Polizei-Kontrolle: Das Ende von Racial Profiling
    Eine groteske Kontrolle dunkelhäutiger Deutscher in einer Regionalbahn fordert eine richterliche Klarstellung heraus. Das Verwaltungsgericht Koblenz belehrt im Urteil die Bundespolizei, was eigentlich Einreise bedeutet. Die Folgen des Richtspruchs sind weitreichend – wenn er rechtskräftig wird…Artikel von Joachim F. Tornau in der  fr online vom 7. November 2014 externer Link. Aus dem Text: „…Verdachtsunabhängige Kontrollen sind in Deutschland grundsätzlich nur unter sehr eingeschränkten Bedingungen zulässig. Paragraf 22, Absatz 1a, des Bundespolizeigesetzes erlaubt jedoch das „Befragen“ von Bahnreisenden, wenn es dem Kampf gegen illegale Migration dient. So weit, so pauschal – und so umstritten, weil vor allem Menschen ins Visier geraten, die für die Streifenbeamten nicht „deutsch“ genug aussehen. Das Koblenzer Verwaltungsgericht aber verweist nun auf einen anderen, bislang kaum beachteten Passus des Paragrafen: Es darf nur in Zügen kontrolliert werden, von denen, wie es im Gesetzestext heißt, „auf Grund von Lageerkenntnissen oder grenzpolizeilicher Erfahrung anzunehmen ist, dass diese zur unerlaubten Einreise genutzt werden“. Und nach Ansicht des Gerichts kann davon bei einer fernab jeder Grenze verkehrenden Regionalbahn ganz offensichtlich nicht die Rede sein…“
  • Neue Verfahren gegen die Bundespolizei zu „racial profiling“ in Zügen und Bahnhöfen
    Das so genannte „racial profiling“, die Kontrolle von Menschen anhand äußerer Merkmale wie der Hautfarbe und anderer Zuschreibungen, wird die deutsche Justiz weiterhin beschäftigen. Erst im Oktober 2012 hatte des Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland Pfalz mit einer Entscheidung europaweit für Aufsehen gesorgt, nach der die Kontrolle eines Studenten einzig wegen seiner „Hautfarbe“ nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes vereinbar ist. Nun sind vor den Verwaltungsgerichten Stuttgart und Köln zwei neue Verfahren gegen die Bundespolizei anhängig – auch hier war wieder die „Hautfarbe“ der Kläger der Grund für die Kontrollen…” RAV- Pressemitteilung vom 18.12.13 externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=68804
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