[Aufruf] „Solidarität statt Heimat.“ Nennen wir das Problem beim Namen. Es heißt nicht Migration. Es heißt Rassismus.
„Vom „gefährdeten Rechtsstaat“ in Ellwangen über die „Anti-Abschiebe-Industrie“, vom „BAMF-Skandal“ über „Asylschmarotzer“, von der „Islamisierung“ bis zu den „Gefährdern“: Wir erleben seit Monaten eine unerträgliche öffentliche Schmutzkampagne, einen regelrechten Überbietungswettbewerb der Hetze gegen Geflüchtete und Migrant*innen, aber auch gegen die solidarischen Milieus dieser Gesellschaft. Die politischen Debatten über Migration und Flucht werden seit Monaten von rechts befeuert und dominiert – und kaum jemand lässt es sich nehmen, auch noch mit auf den rechten Zug aufzuspringen. Doch nicht nur das. Inmitten einer immer noch lebendigen Willkommens- und Unterstützungsbewegung, inmitten der großen und wachsenden Proteste gegen die AfD, inmitten der beeindruckenden Kämpfe von Geflüchteten für ihr Recht auf ein gutes Leben und inmitten wachsender Bewegungen für eine nachhaltige, globale Gerechtigkeit wird vielerorts so getan, als sei der Rechtspopulismus der einzig maßgebliche Ausdruck der aktuellen gesellschaftlichen Stimmungslage. Diese Behauptung ist falsch. Und sie ist politisch fatal. Es ist daher für uns an der Zeit, gemeinsam und eindeutig Stellung zu beziehen. Wir verweigern uns ausdrücklich der politischen Logik einer sich verfestigenden rechten Hegemonie. Wir wenden uns gegen eine Politik des Ressentiments – und gegen Strategien, die hieraus Kapital schlagen wollen für eine nur dem Anschein nach progressive oder soziale Politik. Wir sind uns sicher, dass es keine fortschrittlichen Antworten auf reaktionäre Fragen gibt. Der rechte Diskurs formuliert keine Probleme. Er ist das Problem. Nennen wir das Problem beim Namen. Es heißt nicht Migration. Es heißt Rassismus. (…) Das Ausblenden der sozialen Realitäten wird nicht funktionieren. Mit Zuschauen und Schweigen muss endlich Schluss sein: Wir werden Rassismus und Entrechtung konsequent beim Namen nennen. Wir werden uns dem neuen völkischen Konsens entziehen und uns allen Versuchen entgegenstellen, die Schotten der Wohlstandsfestung dicht zu machen. Unsere Solidarität ist unteilbar – denn Migration und das Begehren nach einem guten Leben sind global, grenzenlos und universell.“ Gemeinsamer Aufruf von Netzwerk Kritische Migrations- und Grenzregimeforschung [kritnet], medico international & ISM zum Mitzeichnen – wir haben bereits! Siehe nun auch einen Kommentar:
- IG-Metall-Vorstand Hans-Jürgen Urban: „Anti-Rassismus und eine versteckte Agenda“
IG-Metall-Vorstand Hans-Jürgen Urban erklärt in einem Interview mit Johannes Schulten bei der Freitag Ausgabe 26/2018 : „was er am Aufruf „Solidarität statt Heimat“ gut findet – und warum er ihn trotzdem nicht unterzeichnet (…) Wenn Menschen ihre Stimme gegen einen Rassismus erheben, der bis weit in die Mitte der Gesellschaft hineinragt, dann können es nicht genug sein. (…) Sie selbst haben aber bisher nicht unterzeichnet. (…) Weil dieser Aufruf neben den offenkundigen anti-rassistischen Botschaften, denen ich mich anschließe, auch eine versteckte Agenda enthält. Diese will nicht nach außen einigen, sondern nach innen polarisieren und spalten. Und diese Agenda will ich nicht unterstützen, ich halte sie für fatal. (…) Die Subbotschaft des Aufrufs zielt auf eine innerlinke Kontroverse. Sein Anlass war offenbar die Auseinandersetzung in der Partei Die Linke um Migration und Sozialstaatspolitik, die auf dem letzten Parteitag eskaliert ist und weiter schwelt. Die einen werfen den anderen vor, mit falschen Schwerpunktsetzungen die Verlierinnen und Verlierer des Neoliberalismus den Rechtspopulisten zu überlassen. Und die anderen antworten darauf, dass diese Analyse und die darauf beruhende Politikstrategie rassistisch seien und deshalb bekämpft werden müssten. Der Aufruf stellt sich in diesem Konflikt auf eine Seite und bezichtigt in einer äußerst pauschalen Art einen Teil der Linken des Rassismus. (…) Es macht aber überhaupt keinen Sinn, schon die kleinsten Abweichungen von diesem Standpunkt mit dem Bannstrahl des Rassismus zu ächten. Diese Art von Diskursfeindlichkeit ist arrogant und schlichtweg dämlich. (…) Und mit der Keule des Rassismusvorwurfs erschlägt man jeden Diskurs…“