Warum werden nach so vielen Jahren plötzlich rechte Gewalttäter „entdeckt“?
„Die Meldungen überschlagen sich: In einer »vertraulichen Analyse«, die umgehend an Medien durchgestochen wurde, warnte das Bundesamt für Verfassungsschutz am vergangenen Wochenende vor »rechtsterroristischen Ansätzen und Potentialen«. Neonazis bereiteten sich auf ein Bürgerkriegsszenario vor und trainierten Sprengstoffanschläge. Der erhoffte Aufschrei erfolgte wohl nicht im gewünschten Umfang, also wurde am Freitag nachgelegt. Mehr als jeder zweite Rechtsextremist, so die Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der FDP, sei gewaltbereit. 12.700 insgesamt. Was, bitteschön, ist neu an diesen Meldungen? Nach dem NSU sind allein in Sachsen drei terroristische Gruppierungen bekannt geworden, und es gab Sprengstoffanschläge von Einzeltätern, wie die eines früheren Pegida-Redners in Dresden. Da war die Oldschool Society (OSS), die aufflog, bevor sie Anschläge verüben konnte. Es gab Anschläge und Überfälle der »Gruppe Freital«, gegen die erst wirksam eingeschritten wurde, nachdem die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen an sich gezogen hatte. Und schließlich die Gruppe »Revolution Chemnitz«, in jener Stadt, in der es keine Hetzjagden gegeben haben soll. Eines der Mitglieder war Anführer des »Sturm 34«, bis zum Verbot hatte dieser eine ganze Region terrorisiert. Wer heute, nach mehr als 180 Todesopfern durch rechte Täter seit 1990, Gewaltbereitschaft und Rechtsterrorismus als Neuigkeit verkauft, verharmlost sträflich…“ – aus dem Kommentar „Entdeckung der Gewalt“ von Kerstin Köditz am 04. Mai 2019 in der jungen Welt in dem das Mitglied der Parlamentarischen Kontrollkommission für den sächsischen Verfassungsschutz die „Sache“ ziemlich deutlich auf den Punkt bringt. Siehe dazu auch einen weiteren aktuellen Beitrag:
- „Innenministerium zählt 24.000 Rechtsradikale in Deutschland“ am 04. Mai 2019 bei Perspektive Online zu denselben „Entdeckungen“: „In Deutschland gibt es laut Angaben des Bundesinnenministeriums (BMI) etwa 24.000 Rechtsradikale, von denen 12.700 Personen dem Kreis der „gewaltorientierten Rechtsextremisten“ zugeordnet werden. Das ging aus einer kleinen Anfrage der FDP im Bundestag hervor. Bei der Radikalisierung soll insbesondere das Internet eine immer wichtiger werdende Rolle spielen. Der Verfassungsschutz prüfe regelmäßig „mehrere Hundert relevante Internetpräsenzen, Profile und Kanäle der rechtsextremistischen Szene“, um zu diesem Ergebnis zu kommen. Auf Internet-Plattformen wie der Spiele-Plattform ‚Steam‘ oder in verschiedenen Chat-Gruppen können die Faschisten weitgehend frei agitieren. Die Anfrage im Bundestag richtete sich gezielt auf die Vernetzung der rechtsterroristischen Szene mittels des Internets. So hat der faschistische Attentäter von Christchurch, der im März 51 Menschen in zwei Moscheen ermordete, auf Steam offen fremdenfeindliche Hetze betrieben. Ebenso hat der Attentäter von München, David S., auf dieser Plattform seine Tat angekündigt…“