Terror in Waldkraiburg: Wohin es führt, wenn Nazis frei gesprochen, polizeilich begleitet und medial schön geredet werden
Dossier
„Weiterer Anschlag auf türkeistämmiges Geschäft im oberbayerischen Waldkraiburg. Laut Polizei wurden am frühen Mittwochmorgen mehrere Fenster eines Imbissgeschäfts eingeschlagen. Verletzt wurde bei dem Anschlag offenbar niemand“ – so der Tweet „Vierter Anschlag in Waldkraiburg“ am 07. Mai 2020 im Twitter-Kanal von Yeni Özgür Politika Deutsch über eine Terror-Serie in der bundesdeutschen Provinz, die in dieser „Ausdauer“ ihres gleichen sucht. Rekapitulieren: Bei zwei weiteren Taten waren im April bei einem Friseursalon und bei einer Gaststätte Fensterscheiben eingeworfen worden. Am 27. April brannte dann ein türkischer Lebensmittelladen nieder – dabei waren auch sechs Menschen verletzt worden… Siehe dazu weitere aktuelle Beiträge – auch über erste antifaschistische Reaktionen auf die Anschlagsserie:
- (Einer der?) Täter in Waldkraiburg gesteht: Auch Isis-Fans sind nichts anderes als Nazis…
„… Eine Serie von Anschlägen erschütterte in den letzten Wochen das in der Nähe von München gelegene Waldkraiburg. Die Anschläge eskalierten von eingeworfenen Fensterscheiben und dem Einsatz von Buttersäure bis hin zur Brandstiftung an einem Gemüseladen. Bei dem letzten Anschlag wurden sechs Menschen verletzt und es entstand ein Millionenschaden. Nun konnte möglicherweise eine weitere Eskalation durch die Festnahme eines 25-jährigen deutschen Staatsbürgers verhindert werden. Er war ohne Fahrschein in einem öffentlichen Verkehrsmittel erwischt worden und hatte zwei Rohrbomben in der Tasche. In einem in einer Tiefgarage abgestellten Fahrzeug wurden weitere dreizehn zündfertige Rohrbomben und zwanzig Kilogramm einer zur Sprengstoffherstellung geeigneten Chemikalie entdeckt. In seiner Wohnung wurden weiteres Material und eine scharfe Waffe gefunden. Nach seiner Festnahme war der Täter geständig und bekannte sich als „Anhänger und Kämpfer des IS“, wie Vertreter von Polizei und Staatsanwaltschaft am Sonntag auf einer Pressekonferenz mitteilten. Es sollen weitere Anschläge geplant gewesen sein. Aussagen von Opfern legen allerdings nahe, dass es sich bei den Anschlägen um mindestens drei Täter gehandelt habe…“ – aus der Meldung „Täter von Waldkraiburg bekennt sich zum IS“ am 10. Mai 2020 bei der ANF , worin auch noch darauf verwiesen wird, dass die Propaganda des türkischen Regimes sofort versucht habe, die Akte der organisierten kurdischen Opposition „in die Schuhe zu schieben“… Siehe dazu auch die offizielle Meldung – mit etwas anderen Orientierungen:- „Tatverdächtiger von Waldkraiburg bezeichnet sich als IS-Kämpfer“ am 10. Mai 2020 beim BR meldet zum Geständnis unter anderem: „… Die Anschlagsserie, die die oberbayerische Stadt Waldkraiburg drei Wochen lang in Atem hielt, ist aufgeklärt. Ein 25-jähriger Mann hat die Taten gestanden, wie die Ermittler auf einer Pressekonferenz bekanntgaben. Er bezeichnete sich in der Vernehmung als „Anhänger und Kämpfer des IS“. Durch seine Festnahme konnte wohl Schlimmeres abgewendet werden. Der Mann hatte nach eigenen Aussagen weitere Anschläge geplant. Bei ihm wurden mehrere Rohrbomben, Chemikalien und eine scharfe Waffe gefunden. „Es wurden weitere, schlimme Taten verhindert“, sagte der leitende Oberstaatsanwalt Georg Freutsmiedl. Der 25-Jährige, der sich selbst „Bombenleger von Waldkraiburg“ nennt, gab als Motiv für die Taten „Hass auf Türken“ an. Er verneinte einen Zusammenhang mit dem Kurden-Konflikt. Vielmehr bekannte er sich als Anhänger des Islamischen Staates (IS). Er habe ausgesagt, dass er sich vergeblich darum bemüht hatte, sich dem IS anzuschließen, sagte Freutsmiedl. Nun werde ermittelt, ob es Mittäter oder Mitwisser gebe…“
- „Erneuter Anschlag auf türkisches Geschäft in Oberbayern“ am 06. Mai 2020 bei pnp meldet zur Anschlagsserie: „… Die Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) hatte in dem Fall die Sachleitung übernommen, da ein extremistischer Hintergrund nicht ausgeschlossen wird. Sie und eine Sonderkommission aus 25 Beamten mit dem Namen „SOKO Prager“ ermitteln laut Polizei auf Hochtouren. „Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren“, sagte der Polizeisprecher. „Zu Motiven oder Hintergrund kann man noch nicht mehr sagen.“…“
- „Anschlagsserie auf Läden migrantischer Inhaber in Bayern“ von Johanna Treblin am 07. Mai 2020 in neues deutschland online zur Serie: „… Der Bürgermeister der Stadt, Robert Pötzsch, gehört der Unabhängigen Wählergemeinschaft (UWG) an. Im Wahlprogramm heißt es: »Die UWG Waldkraiburg steht für ein generationsübergreifendes, interkulturelles Miteinander, das es zu fördern gilt.« Pötzsch traf sich seit Beginn der Anschläge bereits mehrmals mit den Betroffenen sowie Vertretern der lokalen türkischen Gemeinde und versprach seine Unterstützung. Bei einem Runden Tisch erklärte er, »dass wir alles daransetzen, diese Tat mit allen notwendigen und möglichen Mittel aufzuklären«. Der Vorsitzende der türkischen Gemeinde Ahmet Baskent sagte, dass die türkischen Mitbürger große Angst hätten und sich mehr Sicherheit wünschten. Eine Sprecherin der Stadtverwaltung sagte dem »nd«, sie nehme die Vorfälle sehr ernst: »Ich kann nachvollziehen, dass die Bürger Angst haben.« Sie vertraue den 49 Beamtinnen und Beamten, »die seit letzter Woche beinahe rund um die Uhr ermitteln, um die Hintergründe aufzuklären und den Täter oder die Täter schnellstmöglich zu ermitteln.« Außerdem habe die Polizei die Präsenz in der Stadt erhöht. Der Inhaber des Früchtemarktes appellierte auf Instagram an die Stadt, »mir es zu ermöglichen, diese Übergangszeit mit einem Container, Laden etc. ohne viel Bürokratie und betteln zu überbrücken.« …“
- „Ist es rechter Terror?“ von Dominik Baur am 07. Mai 2020 in der taz online zu Reaktionen auf die Anschlagsserie: „… Die Soko ermittelt nun wegen Brandstiftung und möglichen versuchten Totschlags. Bei den anderen Anschlägen kamen keine Menschen zu Schaden, auch der Sachschaden war wesentlich geringer, entstanden vor allem durch eingeworfene Fensterscheiben. Aktuell erfahren die Opfer der Angriffe große Solidarität, wie der Ladenbesitzer vom Sartrouville-Platz berichtet. Am Wochenende rief das Netzwerk „Mühldorf ist bunt“ zu einer Mahnwache vor dem ausgebrannten Geschäft auf. Rund 50 Teilnehmer versammelten sich dort. Ein Sprecher des Netzwerks wies darauf hin, dass sich seit einigen Jahren im Landkreis eine negative Stimmung gegen Menschen mit Migrationshintergrund breitmache – auch in Form feiger Angriffe wie jetzt in Waldkraiburg...“