Geheimdienst schwer belastet – Bericht des Thüringer NSU-Ausschusses: Fahndung gegen Rechtsterroristen sabotiert
Dossier
„Der Untersuchungsausschuß des Thüringer Landtages zum »Nationalsozialistischen Untergrund« (NSU) erhebt schwere Vorwürfe gegen die Ermittlungsbehörden. Bei der Suche nach den mutmaßlichen NSU-Mitgliedern Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt seien derart viele falsche Entscheidungen gefällt oder einfache Standards mißachtet worden, daß der »Verdacht gezielter Sabotage oder des bewußten Hintertreibens des Auffindens der Flüchtigen« naheliege, heißt es im Abschlußbericht des Gremiums…“ Artikel in der jungen Welt vom 18.08.2014 und der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses 5/1 „Rechtsterrorismus und Behördenhandeln“ zum Download . Siehe dazu auch:
- NSU-Debatte in Thüringen. Lieberknecht: „Ich verneige mich mit Scham“
„Auf 1800 Seiten listet der Thüringer Landtag das Versagen der Behörden auf der Suche nach dem Terrortrio NSU auf. Ministerpräsidentin Lieberknecht räumt das Versagen des Staates und der Behörden ein. Und so mehren sich die Stimmen nach weiteren Untersuchungsgremien…“ Artikel vom 22. August 2014 bei n-tv . Aus dem Text: „… Die Ausschussvorsitzende Dorothea Marx sprach mit Blick auf die drei mutmaßlichen NSU-Mitglieder von Landeskindern, „die unter unseren Augen groß geworden sind“. Lieberknecht sagte, „sie gingen hier zur Schule, sie glitten hier ab“. In Thüringen habe die Spur ihren Anfang genommen. Einmal mehr beklagte Marx Fehlleistungen bei der Fahndung nach dem Trio. Sie attestierte den Behörden im Namen des Gremiums ein „umfassendes Versagen“. Im schlimmsten Fall stehe dahinter sogar Desinteresse. Es dränge sich ihr teils der Verdacht „gezielter Sabotage“ auf. Die Suche sei ein „einziges Desaster“ gewesen, sagte sie. Die Taten hätte es „wohl nicht gegeben, wenn die Fahndung entschiedener betrieben worden wäre“. Zugleich übte Marx scharfe Kritik an etlichen Zeugen: Der Ausschuss hätte sich mehr Befragte gewünscht, „die sich zu Fehlern bekennen und dafür entschuldigen“. Ein falsch verstandener Korpsgeist habe die Aufklärung massiv behindert. Sie forderte, dass der Schutz von Quellen der Geheimdienste nicht über dem Schutz des Lebens und der Würde von Menschen stehen dürfe…“
- Der NSU-Abschlussbericht aus Thüringen – Was bislang als Verschwörungstheorie abgetan wurde, liegt nun in amtlicher Form vor
„Beachtenswert an ihm ist , dass er sich – auch in den Sondervoten – in einigen zentralen Punkten von anderen Abschlussberichten unterscheidet. In aller Regel beginnt und endet die politische Aufklärung mit der Führung durch einen Märchenwald aus bedauerlichen Pannen, Missgeschicken und individuellen Fehlern – die die dreizehnjährige Terror- und Mordserie des NSU erklären sollen. In Abschlussbericht des Berliner NSU-Untersuchungsausschusses wurde noch ein kleines Zugeständnis gemacht: Man gab auch dem (institutionellen) Rassismus eine gewisse Mitschuld…“ Beitrag von Wolf Wetzel vom 21.08.2014 bei indymedia linksunten
- Gravierende Fahndungsfehler: Thüringer Untersuchungsausschuss prangert NSU-Ermittlungen an
„Ein einziges Desaster“: Der NSU-Ausschuss des Thüringer Landtags kommt in seinem Abschlussbericht zu einem vernichtenden Urteil über die Arbeit der Sicherheitsbehörden. Sogar von gezielter Sabotage ist die Rede. Die Abgeordneten wollten es wirklich wissen. Ein Untersuchungsausschuss des Thüringer Landtags hat zweieinhalb Jahre intensiv gearbeitet, um das Versagen der Behörden im Fall der Terrorgruppe NSU aufzuklären. In seinem fast 1800 Seiten starken Abschlussbericht stellt der Ausschuss nun der Polizei, der Justiz und dem Verfassungsschutz des Bundeslandes ein vernichtendes Zeugnis aus. Die Geschichte der Fahndung nach den drei untergetauchten Neonazis aus Jena sei „ein einziges Desaster“…“ Artikel von Tanjev Schultz in der Süddeutschen online vom 18. August 2014
- Ausschuss hält Kooperation von Behörden mit NSU für möglich
Thüringer Landtagsgremium erhebt schwere Vorwürfe zu Fahndungspannen und äußert Verdacht der Sabotage von Ermittlungen / Abschlussbericht soll Donnerstag vorgestellt werden. Artikel im Neues Deutschland vom 16.08.2014 Aus dem Text: „(…) Den früheren Chef der Geraer Staatsanwaltschaft, Arndt Koeppen, zitiert der Bericht mit der Vermutung, die Zielfahnder der Polizei seien immer wieder »verraten worden«. »Wenn die sich irgendwo angepirscht und versucht haben, jemanden festzunehmen, seien die Zielpersonen vorher offenbar gewarnt worden.« Polizeifahnder hätten sich gewundert, dass »immer, wenn man an eine Adresse komme«, an der man Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt vermutet habe, »die gerade weg gewesen« seien. Der Ausschuss wirft den Verfassungsschutzämtern außerdem die »mittelbare Unterstützung« und »Begünstigung« rechtsextremer Strukturen vor…“
- Keine Pannen: Schuld
Thüringer NSU-Ausschuß legt Zwischenbericht vor. Unterschiedliche Einschätzungen zur Rolle des Geheimdienstes. Breiter Raum für antikommunistische Deutungsmuster. Artikel von Sebastian Carlens in junge Welt vom 12.03.2013