Mal hier „Kanake“, mal da „unbekanntes Hakenkreuz“, mal ständig: Rechter Korpsgeist bei der Polizei

Greift ein gegen Naziterror, staatlichen und alltäglichen Rassismus – Verfassungsschutz abschaffen!„… An dieser Stelle wird jedoch kein Nachhilfeunterricht dahingehend erteilt, was ein „bürgerkriegsähnlicher Zustand“ tatsächlich bedeutet – zur Not googlet man einfach „Kosovo“ oder „Syrien“. Vielmehr sollte die geneigte Leserin einem Audio-Mitschnitt ihre Aufmerksamkeit schenken, das genau solche Dramatisierungen hervorruft. Es handelt sich hierbei um ein Tondokument eines (vermutlich) Polizisten, der in der Krawallnacht angeblich vor Ort war. Aktuell ermittelt jedenfalls die Polizei in Stuttgart in den eigenen Reihen bezüglich des Dokuments; die Stimme eines Beamten sei bereits identifiziert, schreibt die „Stuttgarter Zeitung“.  Doch wie ist die Tonspur, die der Frankfurter Rundschau vorliegt, einzuordnen? (…) Aber das ist ein anderes Thema, unser (vermutlich) Polizist spricht immerhin von Krieg: „Das ist Krieg, wir befinden uns gerade heute Nacht im Krieg.“ Tonal unaufgeregt schafft er eine Dramatisierung und stilisiert aus jugendlichen Randalierern externe Feinde, die mit Waffengewalt (das ist dem Krieg implizit) sein Stuttgart zu unterjochen versuchen. Was natürlich auch nahe liegt, denn es seien „nur Kanaken“. Also nur „Kanaken“, mit denen wir es zu tun haben, was seine Kriegsrhetorik bereits ankündigt...“ – aus dem Beitrag „Tonspur eines Polizisten zeigt, warum Polizei zu recht Rassismus vorgeworfen wird“ von Katja Thorwarth am 25. Juni 2020 in der FR online externer Link – worin auch noch zu den Versuchen der Rechten, dies für sich auszunutzen einiges berichtet wird. Siehe dazu zwei weitere „Perlen“ aus dem rechten Polizeialltag – und einen Hintergrundbetrag:

  • „Burgstädt: Polizist und Neonazi wollen sich AfD-Bühne teilen“ am 24. Juni 2020 bei de.indymedia externer Link berichtet über Gesinnungsgenossen: „… Derzeit wird für die Kundgebung unverändert mit Kalbitz als Redner geworben, er ist das Zugpferd, das mehrere hundert Teilnehmende anlocken soll. Zum Vergleich: Mitte Mai kamen zu einer AfD-Kundgebung in Burgstädt, die sich gegen die Eindämmung der Corona-Pandemie richtete und keine Politprominenz aufbieten konnte, kaum 30 Leute. Das reichte nicht einmal für eine kleine Zeitungsmeldung. Neben Kalbitz und dem Gastgeber Hofmann soll nun außerdem der sächsische Bundestagsabgeordnete Jens Maier sprechen, ein Routine-Redner, der bis vor kurzem offizieller „Obmann“ des Flügels war. Ebenfalls ans Mikrofon will der Landtagsabgeordnete Lars Kuppi. Er ist weniger bekannt, könnte seiner Partei aber neue Probleme bescheren. Kommt die Kundgebung wie geplant zustande, wird nämlich mit Kuppi ein sächsischer Polizeibeamter auf öffentlicher Bühne einen amtsbekannten Rechtsextremisten unterstützten, als der Kalbitz den Verfassungsschutzbehörden gilt. Beide sind sich bereits begegnet, Kuppi bewirbt die Kundgebung auch selbst, mit einer Grafik, die ihn in einer Reihe mit Kalbitz zeigt. Das kommt nicht gut an in Teilen der Polizei: „Herr Kuppi sollte sich fragen, ob er in der richtigen Partei ist oder im richtigen Beruf“, sagte Jörg Radek, Vize-Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), dem Nachrichtenportal Tag24. Ein Polizist habe „in der AfD nichts zu suchen.“ Das sieht der 49-jährige Lars Kuppi wohl anders. Er stammt aus Döbeln, hat fünf Kinder, ist geschieden. Seit Anfang der 1990er Jahre arbeitete er als Streifenbeamter in Revieren in Bautzen, Döbeln und schließlich Chemnitz, zuletzt im Rang eines Polizeiobermeisters. Er war stets parteilos, bis er im Anfang 2016 dem AfD-Kreisverband Mittelsachsen beitrat. Dort kam er rasch in den Vorstand, war eine Weile stellvertretender Vorsitzender, übergangsweise leitete er den Verband sogar. Zeitweise war Hendrik Seidel einer von Kuppis Vorstandskollegen, ebenfalls ein Beamter, der lange beim Landesamt für Verfassungsschutz arbeitete und dort rausflog, weil er vor laufender Kamera die „Identitären“ lobte, die durch die Behörde beobachtet werden…“
  • Nur damit ihr nicht glaubt, wir erfinden das frei, das ist die Antwort darauf, ob das Hissen einer Hakenkreuzfahne möglicherweise politische Gründe haben könnteam 25. Juni 2020 im Twitter-Kanal des Lower Class Magazine externer Link dokumentiert die Antwort der Polizei Thüringen auf Äußerungen, Hakenkreuze flaggen in Langenorla seien eine Nazi-Aktivität. „Da die Beweggründe aber noch nicht geklärt und erwiesen sind, werden wir uns nicht an Mutmaßungen oder Spekulationen über subj. Tatbestandsmerkmale beteiligen“ – weiß diese Polizei, dass Hakenkreuze sozusagen jeder und jede verbreiten kann, muss noch lange kein Nazi sein, kennt man wohl aus den eigenen Reihen, oder?
  • „Death in Custody: Rassismus ist in der Polizei ein Problem“ von david Rojas Kienzle am 24. Juni 2020 im Lower Class Magazine externer Link zu den grundlegenden Verhältnissen bei solchen Vorgehensweisen im Interview mit einem Aktivisten der Kampagne, worin dieser unter anderem ausführt: „… Niko: Seit 1990 sind mindestens 159 POC und Schwarze in Gewahrsam umgekommen. Angesichts der Öffentlichkeit, die rassistische Polizeigewalt gerade hat, wolten wir unsere Ergebnisse so schnell wie möglich veröffentlichen. Wir haben bis jetzt nur Namen und Todesdaten veröffentlicht, unsere Daten sind aber noch umfangreicher was Einzelfälle betrifft, mit den Todesumständen und beispielsweise dem gerichtlichen Nachspiel. Die Kampagne kam durch Todesfälle in den letzten Jahren auf, wie Amad Ahmad in Kleve, der in der Zelle verbrannt ist, oder Rooble Warsame der in Schweinfurt in Gewahrsam starb – angeblich durch Suizid. Bei der Recherche haben wir gemerkt, dass es Sinn macht den Begriff von Gewahrsam zu erweitern. Unsere Definition ist, dass Menschen durch Polizei oder andere staatliche Institutionen in eine Situation gebracht werden, aus der sie aus eigener Kraft nicht mehr rauskommen. Das kann eben auch sein, dass die Polizei Schusswaffen einsetzen, und die Person nicht mehr aus dem Schussfeld rauskommt, oder dass die Polizei Leute hetzt, die dann einen „Unfall“ haben und dabei ums Leben kommen. Oder auch Todesfälle in Gewahrsam, die als Suizid gelabelt werden. Aus zwei Gründen: Im Knast kann es keinen Freitod geben, weil in dieser Situation Leute so zermürbt werden, dass man nicht mehr von einer Freiwilligkeit sprechen kann. Außerdem kann man den Behördenangeben einfach nicht trauen. Wenn behauptet wird es sei Suizid, wird das nicht wirklich überprüft. Wie beim Fall von Oury Jalloh, wo ganz klar ist, dass das kein Suizid war, dieser aber die ganze Zeit als solcher bezeichnet wurde. / Was waren denn eure Probleme bei der Recherche? Weil von offiziellen Stellen werden solche Fälle ja nicht systematisch erfasst. /Eben! Es gibt keine systematische Erfassung. Man muss davon ausgehen, dass die Dunkelziffer noch viel höher ist, als diese 159, die wir jetzt gerade haben. Wir rufen auch dazu auf, dass Leute uns Fälle, die wir nicht kennen zuschicken. Es werden auf jeden Fall noch einige Fälle dazu kommen. Die Recherche war generell nicht immer einfach. Es gibt generell wenig Informationen und zum anderen wird auch selten erfasst, ob die Person POC oder Schwarz war. Zum Teil konnten wir das indirekt rausfinden, in einem Fall z.B. über einen Polizisten, der zitiert wird und eine rassistische Aussage macht. Es gibt auf jeden Fall Unschärfe. Es fällt auch auf, dass es bestimmte Jahre gibt, in denen unglaublich viele Fälle dokumentiert sind, z.B. 1994/1995 oder 2019. 2003 haben wir hingegen keinen einzigen Fall. Das ist relativ unwahrscheinlich und weist darauf hin, dass die Datenlage mittelmäßig ist. Die Recherche ist der Versuch zumindest herauszufinden, wie groß das Problem eigentlich sein könnte. Und es ist deutlich größer, als es in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen wird und erst recht als es von den Behörden beschrieben wird...“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=174558
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