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Die deutschen »Gelben Westen«: Die Volksseele trägt Gelb
Dossier
„… Nachdem in Frankreich teils militante Massenproteste gegen die steigende Kraftstoffsteuer ausgebrochen waren, deren Teilnehmer diese Westen trugen, wurde die extreme Rechte hierzulande aufmerksam. Bei der Jungen Freiheit, deren Macher sonst keine Freunde brennender Barrikaden sind, schafften es die gilets jaunes mit ihrer »Wut auf die Elite« auf die Titelseite. »Aus der Tiefe der Volksseele« sei die Bewegung erstanden, schwärmt das Blatt. Die Sezession begeistert sich für die Bewegung aus der weißen Mittelschicht in einem bereits stark »umgevolkten« Frankreich. Hierzulande wurde die Symbolik umgehend für eine Kampagne gegen den UN-Migrationspakt adaptiert, der am 10. Dezember auf einer UN-Konferenz unterzeichnet werden soll. In den einschlägigen Ecken des Internet kursieren Rücktrittsultimaten an die Bundesregierung, andernfalls soll unter der Parole »Deutschland macht dicht« der Verkehr blockiert und eine »Revolution« ausgerufen werden. Vor allem liest sich der Forderungskatalog der deutschen Warnwesten, als hätten einige Reichsbürger zu viel gekifft: Viel ist vom »eigenen Volk« die Rede, gefordert werden Austritte aus den UN, der EU, Nato und dem IWF, dazu die Abschaffung von Schulpflicht, Zinsen, Waffenfabriken und Gentechnologie. Cannabis hingegen soll legalisiert, die »deutsche Souveränität« wiederhergestellt werden. Am Ende aber geht es wieder um Migration. (…) Anders als in Frankreich ist der Unmut nicht einem ökonomischen Problem entsprungen, sondern wird von der AfD-Lobby angeheizt. Die Rechercheure der Initiative »Volksverpetzer«, die sich früh des neongelben Wahnsinns angenommen haben, machen eine signifikante Zahl von AfD-Aficionados in der Blase der Warnwesten aus…“ Artikel von Volker Weiß in der Jungle World vom 06.12.2018 , siehe dazu:
- Bei den Westen nichts Neues: Aktualisierter Blick auf die Wiesbadener Gelbwesten zur Demonstration am 25. Mai
„Für den 25.05.19 plant die Gruppe “Wir sind viel mehr” (WSVM) erneut eine Demonstration in Wiesbaden; der mittlerweile vierte Aufmarsch der Gruppe, die bereits in der Vergangenheit keine Probleme mit extrem rechten Akteuren auf ihren Veranstaltungen, mit rassistischer Propaganda in ihren Kommunikationskanälen oder mit verschwörungsideologischen und geschichtsrevisionistischen Posts in ihren Chats hatte. Trotz gegenteiliger Bekundungen und Bitten der Hauptorganisatorin Sandra Scheld, allzu offene Bezüge zur extremen Rechten zurückzustecken, zeigt sich immer wieder klar, wo die Organisator*innen wie auch das angesprochene Publikum zu verorten ist. Im Vorfeld der Demonstration am 25. Mai war eine Delegation von WSVM, darunter Sandra Scheld, Inge Steinmetz und Martina Sieler, in der Wiesbadener Innenstadt unterwegs, um Flyer zu verteilen und zur ihrem Aufmarsch zu mobilisieren. Auffällig war dabei, dass eine der anwesenden Personen ein Polo-Shirt mit dem Logo der “Identitären Bewegung” (IB) offen zur Schau stellte. (…) Trotz der eindeutigen Bezugnahme und bereits bekannten Vernetzung der WSVM-Organisatorin Sandra Scheld mit Akteuren der extremen Rechten wird sie nicht müde zu betonen, dass es sich bei WSVM um einen Protest aus der “Mitte” handle, der für soziale Gerechtigkeit eintrete. Öffentlich wird bekundet, man sei lediglich Opfer einer angeblich koordinierten Kampagne von den “Altparteien”, der “Lügenpresse”, antifaschistischen Bündnissen usw. Gleichzeitig werden jedoch Berichtende, die sich kritisch mit dem Demonstrationsgeschehen sowie der Gruppierung insgesamt auseinandersetzen, wie auch Gegendemonstrant*innen diffamiert und bedroht. (…) Zusammenfassend zeigt sich auch bei einem aktualisierten Blick, dass die Wiesbadener Gelbwesten um die Gruppe WSVM keine Kontaktscheu mit der extremen Rechten haben. Zwar wird vordergründig mit unverfänglichen Themen wie soziale Gerechtigkeit, Dieselfahrverbote oder der 5G-Netzausbau (hinter dem ein Plan zur Schädigung und Vernichtung der deutschen Bevölkerung vermutet wird…) versucht, möglichst viele Menschen zu erreichen. Der Kurs zeigte sich jedoch von Beginn an klar: Eingebunden in das regionale Netzwerk rassistischer Mobilisierung, finden sich in der internen Kommunikation sowie bei den Anhänger*innen von WSVM durchgängig rassistische, extrem rechte Ideologiefragmente, Anknüpfungen an (neu)rechte Diskurse und menschenverachtende Gewaltfantasien. Kurzum: Nichts Neues für die Wölfe im Gelbwesten-Schafspelz.“ Beitrag vom 19.05.2019 bei rewiu – Recherchegruppe Wiesbaden und Umgebung
- Deutscher Ableger der „Gilets Jaunes“: Mit Gelbweste und Marschmusik
„Längst demonstrieren auch in Deutschland verschiedene Gruppen in Warnwesten. Im Osten sind es vor allem Rechte. Ihr Protest ist diffus. (…) Heterogener könnten sie kaum zusammengesetzt sein: In Stuttgart demonstrierten Autofahrer in Warnwesten gegen Fahrverbote, in mehreren Städten protestieren Anhänger der Aufstehen-Bewegung in bunten Westen für eine bessere Sozialpolitik, und an verschiedenen Orten streifen sich längst auch rechte Gruppen Warnwesten über. Vor allem in einigen ostdeutschen Städten treffen sie sich regelmäßig und halten Kundgebungen mit zumeist zweistelligen Teilnehmerzahlen ab. Was ihre Anhänger eint: Sie sind zwar rechts, können mit den etablierten Mecker- und Panikbewegungen aber trotzdem nichts anfangen. (…) Und noch etwas gilt für alle: Auf Nachfrage offenbaren sie völlige Unkenntnis ihrer französischen Vorbilder, der Gilets jaunes. Irgendwie sozial wollen sie sein und gegen alles, was „bröckelt“. „Dass jemand eine Vierzigstundenwoche arbeitet und trotzdem auf das Existenzminimum aufstocken muss, geht überhaupt nicht“, spricht ein junger, aufgeschlossener, aber arbeitsloser Chemnitzer. „Im Verhältnis bekommen Asylanten mehr“, wiederholt er das bekannte Neidargument...“ Artikel von Michael Bartsch vom 17.5.2019 bei der taz online
- [Wiesbadener „Gelbwesten“] Unkenrufe von der Klassenfront
„Vor kurzem haben einige Linke zu einer kritischen Beteiligung bei den Wiesbadener „Gelbwesten“ aufgerufen. Dass deutsche „Gelbwesten“ bislang vor allem deutsch sind und mit einer „sozialen Bewegung“ nicht viel gemein haben, kritisiert die Antifa Kritik & Klassenkampf in ihrem Gastbeitrag am 14. April 2019 beim re:volt magazine : „Obwohl in der deutschsprachigen Linken der Klassenkampf wieder diskutiert und die „soziale Frage“ mit viel Kongress-, Vortrags- und Schreibtätigkeit bedacht wird, könnte man den Eindruck gewinnen, dass mit den buzzwords von „sozialer Frage“ und „Neue Klassenpolitik“ die grassierende Ideen- und Perspektivlosigkeit kommunistischer Politik eher verdeckt, als gehaltvoll bearbeitet wird. Dabei kam die „Neue Klassenpolitik“ aus gutem Grund auf die Tagesordnung. Spätestens in den 90er Jahren wurde in der radikalen Linken eine Perspektive populär, die sich vor allem auf Ideologiekritik konzentrieren wollte. Andererseits zwangen erstarkende und aggressiver auftretende neonazistische Kräfte die antifaschistische Aktion in Form von direktem Abwehrkampf auf die Tagesordnung linksradikaler Praxis. Die soziale Lage der Ausgebeuteten geriet damit aus dem Blickfeld. Dieser Marxismus ohne Klassenkampf mündete in seiner Konsequenz schließlich zu Beginn der 2000er Jahre in einem verhängnisvollen Fehler. Die rot-grüne Regierung setzte das um, wofür sich der bürgerliche Staat am liebsten Sozialdemokrat*innen hält: die Zerschlagung aller Errungenschaften der Arbeiter*innenbewegung. (…) Spätestens mit dem manifesten Ausbruch der Krise des Kapitals im Jahre 2008 und der Erfahrung der Wirkungslosigkeit der jahrelangen Krisenproteste wurde diese Haltung hinterfragt und eine breite Diskussion über eine Bezugnahme der Linken auf die Kämpfe der lohnabhängigen Klasse geführt. Gut gemeint ist jedoch noch lange nicht gut gemacht. Das hat nun ein Mitte Februar 2019 im re:volt mag veröffentlichter Text mit dem Titel „Die gelbe Weste und Wir“ [siehe auch weiter unten] deutlich gemacht. Der Text baut zunächst auf ebendem Befund auf, dass die deutschsprachige Linke sich in der Vergangenheit allzu ferngehalten hat von sozialen Auseinandersetzungen – soll heißen: konkreten Kämpfen um Lebens- und Arbeitsbedingungen. Es ist jedoch an Absurdität schwer zu überbieten, sich deswegen einer Demonstration von Faschist*innen anzuschließen, die mit den „Gilets jaunes“ gerade mal die gelben Westen gemein hat, und sich daraus eine klassenkämpferische Bewegung oder gar Revolte herbei zu phantasieren. Ihrer Kampagnenlogik verhaftet, halten die Autor*innen jede Demo schon für einen sozialen Kampf, der mit den aktuellen Auseinandersetzungen in Frankreich vergleichbar wäre. Es ist die Tragik der Verfasser*innen, die sich in ihrem Übereifer, jetzt endlich alles besser zu machen und soziale Kämpfe nicht mehr rechts liegen zu lassen, auf die erstbeste „Bewegung“ aufspringen und so auf einer Demo von organisierten Rechten landen. Dem Vorschlag, an Gelbwesten-Demonstrationen, wie denen von Wiesbaden, teilzunehmen, um „klar zu machen, dass die soziale Frage im Kern eine linke Frage ist und sein muss“ fehlt es sowohl an einer Analyse des konkreten Phänomens dieser Wiesbadener „WirSindVielMehr“- „Bewegung“, als auch an einem Begriff von Klassenkampf. (…) Das Problem ist: das gelbe Häufchen Volk in Wiesbaden hat mit den „Gelbwesten“ gerade mal ein Stück Sicherheitsbekleidung gemein. Die Autor*innen tappen also in die Falle, die ihnen von den aufrufenden Faschist*innen gestellt wurde. Eine mit gelben Westen verkleidete Demonstration in Wiesbaden in eins mit der Bewegung der „Gelbwesten“ in Frankreich zu setzen. Das führt dann dazu, die Strategien der französischen Linken im Umgang mit ihr auf die BRD übertragen zu wollen. Aber keine der Eigenschaften, die zu Beginn des Textes den „Gilets jaunes“ zugeschrieben werden und die Autor*innen dazu veranlassen, die „Revolte“ in Frankreich als „im Kern links“ zu beschreiben, trifft auf die Proteste in Wiesbaden zu. (…) Es handelt sich um rechte Symbolpolitik. Überhaupt gibt es keine wesentlichen Gemeinsamkeiten in der politischen Form zwischen Wiesbaden und Frankreich. Es haben schlicht ein paar Leutchen in Wiesbaden die Symbolik der „Gelbwesten“ gekapert. (…) Hier kann mitnichten davon gesprochen werden, dass irgendwelche Rechte auf einen Zug aufspringen, oder man es mit dem Problem von vereinzelten rassistischen Kleingrüppchen innerhalb einer aufkommenden, (noch) unorganisierten Revolte zu tun hätte. Aufrufe, Reden, Transparente offenbaren den völkischen, nationalistischen und verschwörungsideologischen Charakter der „Gelbwesten Wiesbaden“. Dass die Demonstration Rechte und organisierte Nazis anzieht, ist nur Resultat und Ausdruck ihrer politischen Ausrichtung. Es ist irreführend, dabei rein über Quantitäten zu diskutieren. Eine Handvoll Linke auf einer rechten Demo machen die Demo noch nicht links…“
Und wichtig darin: „… Ein aus dieser Erfahrung erwachsender Klassenkampf, wie wir ihn verstehen, wäre eine Antwort auf die soziale Frage, die sowohl anti-bürgerlich, als auch anti-faschistisch ist und damit faschistischen Antworten diametral entgegen gesetzt wäre. Dass die soziale Demagogie des Faschismus auf soziale Ängste eingeht, Unbehagen an den bestehenden Verhältnissen adressiert und ideologisch zur autoritären Revolte kanalisiert, ist nun wirklich nicht neu. „Der Faschismus sieht sein Heil darin, die Massen zu ihrem Ausdruck (beileibe nicht zu ihrem Recht) kommen zu lassen“ [4]. Dass nicht jede Bewegung, die sich aus den Leiderfahrungen von Elend und Mangel speist, in Richtung Emanzipation weist, ist eine Erkenntnis der Geschichte, hinter die zurückzufallen von dumpfer Ignoranz zeugt…“
- Aufmarsch der „Gelbe Westen München“ am 30. März 2019
„Akteur_innen aus dem extrem rechten Telegram-Kanal „Gelbe Westen München“ wollen unter dem Label „Gelbe Westen Deutschland“ einen Aufzug durch München veranstalten (13.00 Uhr, Isartor. Route über Tal, Marienplatz, Dienerstraße und Theatinerstraße zum Odeonsplatz).“ Termin-Meldung beim aida-Archiv
- Bei den deutschen »Gelben Westen« sammeln sich Rechtsextreme und Verschwörungsideologen: Das Volk trägt Neonuniform
„… Die deutschen »Gelben Westen« zu beobachten, ist ein wenig wie einem Autounfall zuzuschauen. Es fällt schwer wegzusehen, schmerzt allerdings, wenn man hinschaut. Seit Ende November wollen auch in Deutschland Menschen den Protesten in Frankreich nacheifern. (…) Spannender als die Auftritte der Gelben Westen ist, worüber sie diskutieren, über welche Netzwerke sie sich informieren und welche Nachrichten in ihren Chat-Gruppen geteilt werden. In einer Gruppe, die für den Protest in Dortmund maßgeblich ist, äußerte sich zum Beispiel ein Nutzer mit dem Pseudonym »Kastanienmännchen«. In einer Sprachnachricht beschwerte er sich über die »gleichgeschaltete Mainstreampresse«, regte sich über den Mord in Chemnitz auf, wo »auf Gräbern« für »Überfremdung« getanzt worden sei. Dahinter stehe ein Plan: »Merkel als Jüdin verleumdet alle Deutschen als rechtsradikal.« Diese »Scheiße« hätten »die Juden« schon einmal gemacht, deswegen habe Deutschland den Krieg verloren. Es folgten Verschwörungstheorien über die Vorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung, Anetta Kahane, und die Behauptung, mit Merkel und Kahane gebe es zwei Jüdinnen, die »hier den Ton angeben«. Für »Gutmenschen« wünschte er sich: »Alles, wie es da ist, an die Wand stellen und weg mit dem Rotz.« Das »Kastanienmännchen« ist kein Einzelfall. In den Gruppen der Gelben Westen kursieren Gewalt-, Mord- und Vernichtungsphantasien, die sich meist gegen die Regierenden richten, aber auch Migranten oder Journalisten zum Ziel haben können. Widerspruch liest man hingegen selten, gelegentlich ein »So kannst du das aber nicht sagen«, das war es dann auch schon. (…) Zwar sind längst nicht alle Gelben Westen Nazis oder Verschwörungstheoretiker, vielen kann sogar ein irgendwie linkes Bauchgefühl unterstellt werden. Doch an der Bereitschaft, sich klar von den Rechten in den eigenen Reihen abzugrenzen, mangelt es…“ Beitrag von Sebastian Weiermann vom 21. Februar 2019 aus Jungle World 2019/08
- Mit der sozialen Frage fremdeln. Höckes »Flügel« und Sellners »Identitäre« kommen nicht voran, Abhilfe sollen die »Gelbwesten« schaffen.
„Im völkischen »Flügel« der AfD um Björn Höcke kriselt es, darüber kann auch das notorisch zur Schau getragene Selbstbewusstsein nicht hinwegtäuschen. Die Friktion zwischen Völkischen und Rechtspopulisten in der AfD führt zu Parteiaustritten auch auf der oberen Ebene: Uwe Kamann aus der Bundestagsfraktion, in Bremen Hinrich Lührssen, einstmals Aspirant auf die Führung der Landespartei. Die Partei ist unter Druck, und das liegt auch an ihrer Nähe zu neurechten Figuren. Das verlangt nach Klärung. So hat das neurechte Magazin Sezession einen Austausch zwischen seinem Leiter Götz Kubitschek und Martin Sellner über die Identitäre Bewegung (IB) dokumentiert. (…) Angesichts der sich verstärkenden Spannungen im eigenen Lager beruhigt sich die Sezession mit dem Blick in andere Länder. Im Moment hat immer noch Frankreich Konjunktur, auch wenn sich die gilets jaunes weiterhin kaum auf einen politischen Nenner bringen lassen. Autoren wie Benedikt Kaiser versuchen in der Sezession weiter, die agileren Franzosen von rechts zu interpretieren. Da passt es gut, dass Eléménts, das Traditionsblatt der französischen Nouvelle Droite, das wesentlich mehr Einfluss hat als seine deutschen Epigonen, der Protestbewegung gerade eine Schwerpunktausgabe gewidmet hat. Kaiser präsentiert die Übersetzung eines Gesprächs, das zwei Eléménts-Redakteure miteinander über die »Gelbwesten« geführt haben. Beide sind darin recht großzügig mit der Eingemeindung der sozialen Forderungen in den rechten Kanon. Begrüßt wird der Affekt gegen die Eliten, den das brutale Vorgehen der französischen Polizei noch verstärkt hat. Man erhofft nun nach italienischem Vorbild ein Bündnis der Populisten. (…)Das kommt allerdings bei den deutschen Lesern nicht gut an, wie die Debatte unter dem Beitrag zeigt. Mit der sozialen Frage fremdelt die »intellektuelle Elite« der deutschen Rechten nach wie vor. Das Leistungsethos ist zu tief verankert, da hilft auch die national-soziale Rhetorik wenig. Die Kosten des sozialen Populismus werden nicht durch die Abschiebung von Migranten gedeckt, dämmert es den Lesern; sie halten sich mit ihrer Begeisterung für Frankreich merklich zurück…“ Kolumne von Volker Weiß in der Jungle World vom 28.02.2019 , Notizen aus Neuschwabenland, Teil 34
- Antifa-Standards auf dem Prüfstand: Was machen wir hierzulande eigentlich? Die gelbe Weste und Wir
„Antifa-Standards auf dem Prüfstand. In der Auseinandersetzung mit der Gelbwesten-Bewegung zeigt sich: Wir müssen uns stärker in den sozialen Kämpfen einbringen. Das bedeutet auch, klassische Antifa-Strategien neu zu diskutieren. (…) Ja, es waren und sind unter den Gelbwesten auch Rechte und Faschisten. Wie könnten sie es auch nicht sein? Schließlich wurde hier nicht von organisierten politischen Kräften eine Demo geplant, sondern es haben hunderttausende Menschen entschieden, die Verhältnisse so wie sie sind, nicht mehr zu hinzunehmen. Diese anhaltende Revolte verweist auf etwas, das wichtiger und entscheidender ist als der Blick darauf, ob Rechte auf den Zug aufspringen. Sie hat mit Vehemenz die soziale Ungerechtigkeit wieder erlebbar gemacht – und einen Willen, diese nicht weiter hinzunehmen. Sie hat die Erinnerung an eine selbstbestimmte und kämpfende Subjektivität, an Praxen und Organisationsformen, die die Linke in Frankreich antizipiert, wieder für Viele auf den Plan gerufen. Für uns ist sie daher im Kern links. Auch ohne, dass es dafür der alten Parolen, Banner und eingeübten Verhaltensweisen bedarf. Es ist die wichtigste Revolte im kontinentalen Europa der letzten Jahrzehnte. Sie hat die Träume von einer Subversion abseits der Regeln des politischen und staatlichen Betriebs wieder vorstellbar gemacht. Die Frage danach, in welche Richtung sich innerhalb dieser Revolte die Bewegung entwickelt, ist somit zentral. Sie ist es, die viele aus der deutschen radikalen Linken wahrscheinlich umtreibt, wenn sie darauf verweisen, dass dort auch Faschisten am Start sind, und sie sich deshalb davon distanzieren. Es bringt nichts, sich vorzugaukeln, dass sich die Gelbwesten automatisch in eine emanzipatorische Richtung entwickeln würden. Dass Rechte versuchen, in den Protesten Terrain zu gewinnen, ist natürlich eine Bedrohung. Wie groß diese jedoch wird, liegt auch an der Vehemenz und der Sichtbarkeit der emanzipatorischen und antifaschistischen Kräfte. Sie stehen in Frankreich glücklicherweise nicht naserümpfend daneben, sondern sind mitten drin, leisten wortwörtlich Kritik im Handgemenge. Immer wieder wird die antifaschistische Konfrontation gesucht und oft auch gewonnen. (…) Dass in der deutschsprachigen Linken die Debatten um die Kämpfe der französischen Gelbwesten so zögerlich geführt werden, offenbart zweierlei: Eine deutliche Unwissenheit über selbige sowie eine generelle Verdrossenheit, was soziale Auseinandersetzungen angeht. Statt sich die unterschiedlichen Positionierungen der Akteur*innen anzusehen, wird sich zuallererst an faschistischen und rassistischen Kleingrüppchen innerhalb der Proteste abgearbeitet. (…) Es handelt sich um eine Bewegung, welche sicherlich umkämpft ist, von rechts, von links und auch von der Mitte. Tatsächlich haben es unsere französischen Genoss*innen aber geschafft, vielerorts die Handlungsmöglichkeiten von rechten Gruppen massiv einzuschränken und konnten viele handfeste Auseinandersetzungen gewinnen. In vielen Städten ist es Rechten nicht mehr möglich, offen aufzutreten oder zumindest nicht ohne handfeste antifaschistische Gegenwehr, etwa wie in Lyon. Es war abzusehen, dass das Symbol der gelben Warnwesten auch hier aufgenommen werden würde. Und so gab es schon Ende letzten Jahres die ersten deutschen Gelbwesten-Gruppen. Manchmal aus einfach nur wütenden Dieselbesitzer*innen, Unzufriedenen oder auch direkt von organisierten Rechten. Sowieso schon beflügelt durch AfD-Wahlerfolge und Rechtsruck in Staat und Gesellschaft, war es für die Letzteren hierzulande ein leichtes, sich an die Spitze zu stellen und die Unentschlossenen hinter sich laufen zu lassen. So auch in Wiesbaden. (…) Es ist an Absurdität schwer zu überbieten, auf einer Demo zu sein, die vorne von den eigenen Genoss*innen blockiert wird. Es ist auch nicht von der Hand zu weisen, dass dort viele organisierte Rechte dabei waren – aber eben nicht nur. Wir sind davon überzeugt, dass eine linke und antifaschistische Intervention dann von Erfolg gekrönt ist, wenn wir die sozialen Kämpfe bestimmen und beeinflussen, statt sie zu blockieren. Nazis werden dabei schnell lernen, dass dort für sie kein Platz ist, entweder in weiser Voraussicht oder durch direkte antifaschistische Aktion. (…) Wir haben selber viele Nazidemonstrationen blockiert und wir werden es auch weiter tun, wo immer es nötig ist. Aber es ist doch interessant, dass die einzige antifaschistische Strategie auch in anders gelagerten Situationen – etwa den Protesten in gelb – die der Blockade sein soll. Die Gretchenfrage wäre hier: Ist die Demonstration/Bewegung noch bündnisfähig im Klassenkampf, haben wir Potential die Hegemonie zu erringen, um so dem rechten Spuk ein Ende zu bereiten? Oder geht es um rechtsdominierte Bündnisse, die an sich bekämpft werden müssen, wie die Genoss*innen der Antifa Wiesbaden meinen? Wenn wir also über Strategien reden, dann gehören dazu auch antifaschistische Praktiken, die in Situationen sozialer Umwälzungen vielleicht auch anders bestimmt werden müssen. Wir hätten es in diesem konkreten Fall für richtiger gehalten, klar zu machen, dass die soziale Frage im Kern eine linke Frage ist und sein muss. Das hätte zu den ersten Aufrufen passieren müssen, gerade als die Rechten noch nicht so zahlreich waren. Innerhalb von drei Wochen haben sich die Teilnehmer*innen verdreifacht und die Rechten darin verdoppelt – obwohl die Linke allein zahlenmäßig dem sehr schnell einen Riegel hätte vorschieben können. (…) Denn es handelt sich nicht nur um eine Frage nach den klassenkämpferischen Strategien, sondern auch um eine Frage für die antifaschistische Linke, wie man rechten Formierungen und Einflussnahmen in Deutschland und darüber hinaus erfolgreich begegnet. (…) Und da wir nicht nur in der Kistengröße von Nationalstaat denken wollen, sehen wir uns in einer weiteren Hinsicht verpflichtet, die Gelbwesten nicht den Rechten zu überlassen: aus Solidarität und Respekt gegenüber den französischen Genoss*innen. Im Zeichen des Internationalismus sind wir es ihnen schuldig, das Symbol der gelben Weste vor einer rechten Vereinnahmung zu schützen…“ U.E. wichtiger Diskussionsbeitrag von „Einige umherschweifende Gelbwesten“ vom 17.2.2019 bei revoltmag
- Für Dieselqualm und dichte Grenzen. Übernahmeversuch mit Hindernissen: »Gelbwesten«-Proteste in Karlsruhe und rechte Verstrickungen
„In mehreren deutschen Städten kommt es aktuell zu Vereinnahmungsversuchen der französischen »Gelbwesten«-Bewegung durch die politische Rechte und dubios anmutende Aktivisten. Nachdem Einzelpersonen und Kleinstgruppen, die in der Vergangenheit durch rassistische Stimmungsmache aufgefallen sind, in Düsseldorf und Essen damit gescheitert sind, »Gelbwesten«-Proteste zu etablieren, gibt es aktuell in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz Versuche, unter diesem Label diffus unzufriedene Bürger zu mobilisieren. (…) Unter dem Label der »Gelbwesten« gingen am Samstag auch in Stuttgart mehrere hundert Menschen auf die Straße – hier gegen Dieselfahrverbote. Unterstützt wurden sie dabei von etablierten Parteien wie CDU, FDP und den Freien Wählern.“ Artikel von Markus Bernhardt in der jungen Welt vom 13.02.2019 , siehe zu Karlsruhe unten:
- [Nächste Demo am 9. Februar] Die Gelbwesten in Karlsruhe – Eine Übersicht
„… Die Gelbwesten Karlsruhe sind seit Anfang Dezember in Karlsruhe aktiv. Am 8. Dezember fand ihr erster Infostand am Kronenplatz statt. Am 22. Dezember dann der Zweite auf dem Marktplatz. Viel Aufmerksamkeit erregten sie jedoch nicht und ihre Forderungen schienen auf den ersten Blick nicht denen zu entsprechen wie wir sie zum Beispiel von Marco Kurz‘ Gelbwesten gewohnt sind. Das Thema Flüchtlingspolitik kam in den Flyern die verteilt wurden nicht vor und der Stand warb lediglich mit einem nichtssagenden Transparent auf dem stand „Er, Du, Sie, Ich – Wir sind Europa. Gemeinsam sind wir stark.“. Alles in allem sah die Aktion sehr spontan aus. In persönlichen Gesprächen mit den dortigen Gelbwesten wurde jedoch schnell klar woher der Wind weht. Es war unter anderem die Rede von hohen Benzinpreisen deren Ursache Geflüchtete seien und den Rothschilds die die Weltpolitik im Hintergrund steuern. Der Organisator dieses Standes war Pascal Völlinger. Er ist auch derjenige der die Demo am 9. Februar organisiert. Dafür erstellte er am 28. Januar eine Facebookveranstaltung und lud dazu auch AfD-PolitikerInnen ein. (…) Seit Anfang Januar bestand Kontakt zu den Gelbwesten Südpfalz. Die Köpfe dahinter sind Michael Faberaus Germersheim, Energiesparberater bei der EVS Energie GmbH und Kevin Kießling. Beide große Unterstützer vom Frauenbündnis Kandel sowie der AfD. Kießling hat darüber hinaus auch eine Vorliebe für Rechtsrock, zum Beispiel die Band Nordwind und ist Fan der NPD. Da ist es dann auch nicht verwunderlich, dass er ein Bild und Zitat von Adolf Hitler posted. Doch nicht nur die Planung und Organisierung ist von rechten AkteurInnen geprägt. Auch die Mobilisierung zur Demo am 9. Februar läuft hauptsächlich über Kanäle der AfD zum Beispiel über die Facebookgruppe Freundeskreis AfD Karlsruhe und andere Gelbwestengruppen die im rechten Spektrum anzusiedeln sind. (…) Die bisherigen Recherchen ergeben also, dass die Demo der Gelbwesten am 9. Februar vor allem rechtes Publikum anziehen wird. Auch wenn die OrganisatorInnen etwas anderes behaupten gibt es starke Verbindungen zur AfD…“ Beitrag von Antifaschistische Aktion Karlsruhe vom 06.02.2019 bei indymedia . Siehe dazu:- Eine Nachlese zum 9.2 in Karlsruhe wie auch eine Vorausschau zur Gelbwestendemo in Mannheim am 23.2.
Dossier vom 12. Februar 2019 beim Karlsruher Netzwerk gegen Rechts - Gegendarstellung der Libertären Gruppe Karlsruhe zum Artkel „Gelbwesten wollen weitermachen“ vom 11.02.2019
„Im Artikel „Gelbwesten wollen weiter machen“ vom 11.02.2019 werden die Organisatoren der Demonstration vom 09.02.2019 unserer Meinung nach erneut aus einseitiger Perspektive dargestellt. Es wird beschrieben, dass der Anmelder Pascal Völlinger bedauert, dass sich zu viele Rechte und Linke in die Demonstration eingebracht hätten. Dieses Bild versucht der Organisator seit Beginn aufrecht zu erhalten und sich selbst als Teil der sogenannten gesellschaftlichen Mitte zu präsentieren. Schon vor dem Wochenende machten Recherchen deutlich, dass dem nicht so ist. Wir verweisen auf die Recherchen des Karlsruher Netzwerk gegen rechts (Ngr), einem breit aufgestellten zivilgesellschaftlichen Bündnis . Der Organisator und Anmelder Pascal Völlinger und seine Mitstreiter hatten im Vorfeld der Demonstration Kontakt mit verschiedenen rechten und rechtsextremen Netzwerken und Personen geknüpft und diese zur Demonstration eingeladen (siehe Dossier Netzwerk gegen rechts S.1,4,6,10,11 ). Dies bestätigt er auch in einer Stellungnahme nach der Demonstration, zu der er von mehreren Menschen aufgefordert wurde (siehe unten). Interessant zu erwähnen ist, dass nur Personen und Netzwerke der rechten und rechtsextremen Szene geladen wurden. (…) Der Libertären Gruppe Karlsruhe geht es mit dieser Gegendarstellung nicht um eine Diffamierung von Personen. Sie sieht diese faktenbasierte Darstellung als Teil ausgewogenem und aufklärerischem Journalismus und bittet daher, diese in der öffentlichen Berichterstattung aufzugreifen. Dem Anmelder obliegt es dazu Stellung zu nehmen und auf die dargestellten Inhalte einzugehen…“ Gegendarstellung der Libertären Gruppe Karlsruhe vom 11.02.2019 zum Artkel von Tina Mayer: „Gelbwesten wollen weitermachen“ vom 11.02.2019 bei Badische Neueste Nachrichten online – siehe darin u.a.: „… Norbert Göbelsmann, Zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Offenburg, ist auch bei der Demo. Er sieht besonders die Anhänger aus der rechten Szene kritisch. Es gebe Anlass, zu überprüfen, „ob es sich bei den Kundgebungen um einen authentischen Versuch handelt, einen den französischen Gelben Westen ähnlichen Protest zu initiieren“, so Göbelsmann. „Oder ob nicht einfach das Label für ganz andere Ziele genutzt werden soll.“…“ - Erfolgreiche anarchistische und antifaschistische Intervention bei Demonstration der Gelben Westen am 09.02.2019 in Karlsruhe
„Zu einer Demonstration sogenannter Gelbwesten hat Pascal Völlinger für den 09.02.2019 aufgerufen. Im Vorfeld wurde ihm für seine Selbstdarstellung viel Platz in der lokalen Presse geboten. Was einige Antifaschist*innen und Anarchist*innen schon ahnten, entpuppte sich die Demonstration als Sammelsurium überwiegend rechtsgerichteter Personen. Unter den Teilnehmern waren sowohl Vertreter der Berserker Pforzheim, der Identitären Bewegung als auch dem Umfeld der AfD. Völlinger selbst suchte im Voraus den Kontakt zu Marco Kurz, der seit langer Zeit rassistische Aufmärsche organisiert und zu Thomas Rettig, der vor ein paar Jahren einen Pegida-Ableger in Karlsruhe initiierte. Einem anonymen anarchistischen Aufruf folgten etwa 40-50 Anarchist*innen und Antifaschist*innen, die sich mit Transparenten, Fahnen und Flyern an der Kundgebung beteiligten. Erklärtes Ziel war es, rechten Gruppierungen keine sozialpolitischen Anliegen zu überlassen. Zum Start der Demonstration dominierten Parolen die zu Solidarität zwischen allen Menschen aufriefen und Kritik am gegenwärtigen Wirtschaftssystem, welches als Grund der sozialen Spaltung und Armut in der Bevölkerung ausgemacht wurde. Nach einigen Metern wurden alle Personen, die nicht dem rechten Spektrum zuzuordnen waren aus der Demonstration ausgeschlossen und teilweise mit Innenstadtverboten belegt. Von nun an war Sozialpolitik kein Thema mehr und es dominierten die üblichen Parolen aus dem Umfeld von Pegida und der rechten Szene. „Merkel muss weg“, „frei sozial und national“, sowie „Wir sind das Volk“. „Was Antifaschist*innen im Vorfeld schon wussten wurde wahr. Ein neuer rechter Aufmarsch in Karlsruhe“, so Petra Schwarz, Pressesprecherin der Libertären Gruppe Karlsruhe. „Mit der Intervention vor Ort haben wir es dennoch geschafft eine politische Auseinandersetzung zu führen und einigen Menschen sozialpolitische Inhalte zu vermitteln.“, so Schwarz weiter...“ Pressemitteilung vom 09.02.2019 von und bei libertäre gruppe karlsruhe , darin auch der Text des Flyers: „Gilets Jaunes Karlsruhe“: „… In Deutschland versuchen vor allem rechte und rechtspopulistische Gruppierungen diese Bewegung für sich zu nutzen und somit sozialpolitische Themen und Begriffe zu besetzen. Dies gilt es entschieden zu verhindern. Neben wichtigen und unterstützenswerten sozialpolitischen Forderungen werden nebenbei stets rassistische und nationalistische Themen integriert. So soll nach außen der Eindruck vermittelt werden zwar Politik machen zu wollen, gleichfalls jedoch unpolitisch zu sein. Eine Positionierung gegen politische und ökonomische Ausbeutung und Unterdrückung findet nicht statt. Man beschränkt sich auf plumpen Populismus, in dem jeder seine Unzufriedenheit ausdrückt und ganz im Sinne des bestehenden Systems nach den nächsten tritt. Am heutigen 09.02.2019 haben wir uns entschieden uns dem Protest der Gelben Westen in Karlsruhe anzuschließen. Wir tun dies um unseren Rückhalt für sozialpolitische Forderungen auszudrücken und unsere Solidarität mit der sozialen Bewegung in Frankreich zu demonstrieren. Gleichzeitig kritisieren wir politische Inhalte, die sich zum einen widersprechen (kostenloser ÖPNV und Kitaplätze – keine Steuern für niemand) oder gar in rassistische und nationalistische Ausgrenzung zielen…“ - [Gilets Jaunes -KA] Anarchistischer Aufruf zur Demonstration am 09.02.2019
„Seit dem letzten Jahr gehen in Frankreich regelmäßig Menschen auf die Straßen, um gegen den Sozialabbau und die neoliberale Politik des Präsidenten Macrons zu demonstrieren. In Deutschland versuchen vor allem rechte und rechtspopulistische Gruppierungen diese Bewegung für sich zu nutzen und somit sozialpolitische Themen zu besetzen. Dies gilt es entschieden zu verhindern. Auch in Karlsruhe ist für den 09.02.2019 eine Demonstration angekündigt. Auch hier werden wir den sozialpolitischen Protest nicht irgendwelchen verqueren Spinnern überlassen. Daher rufen wir zur massenhaften Beteiligung an der Demonstration auf. Zum Protest gegen den stetig voranschreitenden Sozialabbau und die rein wirtschaftsorientierte Politik der letzten und vermutlich auch kommenden Jahre. Die Politik der Spaltung ist nicht unsere Politik! Wir tragen die Politik der Ausbeutung nicht mit. Die Konkurrenz basierte Wirtschaft führt zur Einteilung der Menschen in Arme und Reiche, sie führt zu steigendem Nationalismus, schafft Fluchtursachen und stärkt rassistische und antisemitische Ressentiments. (…) Gegen jegliche Form der Ausbeutung und Unterdrückung – Solidarität statt Spaltung! Auf die Straße – am 09.02.2019 – 14 Uhr – Marktplatz – Karlsruhe“ Aufruf von einige Anarchist*innen vom 28.01.2019 bei indymedia
- Eine Nachlese zum 9.2 in Karlsruhe wie auch eine Vorausschau zur Gelbwestendemo in Mannheim am 23.2.
- Tarnungsversuche von ganz rechts. »Bürgerwehren« und Neonazis versuchen unter anderem Symbolik französischer Gelbwestenbewegung zu kapern
„Extrem rechte und rassistische Mischszenen versuchen sich unter verschiedenen Labels auszubreiten. Dafür inszenieren sie sich als »Bürgerwehren« und missbrauchen auch die Symbolik der französischen »Gelbwesten«-Bewegung, die sich im Nachbarland für die Belange einkommensschwacher Schichten einsetzt. Teile Nordrhein-Westfalens, allen voran das von Deindustrialisierung und somit von überdurchschnittlicher Armut geprägte Ruhrgebiet, werden von extremen Rechten verschiedener Couleur zunehmend als Spielwiese für rassistische Aufmärsche und Aktionen genutzt. So versuchen verschiedene rechte Kleinstgruppen und Mischszenen aktuell in mehreren Städten des bevölkerungsreichsten Bundeslandes an politischer Deutungshoheit hinzuzugewinnen. Vor allem in Düsseldorf kam es in den letzten Monaten mehrfach zu verschiedenen Aktivitäten von Splittergruppen wie der extrem rechten »Patrioten NRW« und der »Bruderschaft Deutschland«. (…) Angeblich, um für »Ruhe und Ordnung« zu sorgen, so das antifaschistische Bündnis »Düsseldorf stellt sich quer!« (DSSQ) in einem kürzlich veröffentlichten Demonstrationsaufruf für kommenden Samstag (9. Februar, 13 Uhr, Gertrudisplatz). Dann wollen die Antifaschisten gegen die Aktivitäten der extremen Rechten auf die Straße gehen. (…) Ähnlich wie in Essen und Düsseldorf, wo Versuche der extremen Rechten in der jüngsten Vergangenheit scheiterten, nach französischem Vorbild unter dem Label der »Gelbwesten« aufzumarschieren, ist eine ähnliche Entwicklung aktuell auch in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zu beobachten, wo unter anderem das extrem rechte »Frauenbündnis Kandel« regelmäßig aufmarschiert.“ Artikel von Markus Bernhardt in der jungen Welt vom 06.02.2019
- Gekaperte Proteste in Berlin: Außen Gelbweste, innen Reichsbürger
„… Nun protestieren sie auch hier. Stehen in gelben Westen auf dem Rasen vorm Reichstag, beteuern ihre Solidarität mit den Aufständischen in Paris und rufen Passanten dazu auf, sich anzuschließen. Für Neugierige haben sie zusätzliche Westen mitgebracht. Eine Mitstreiterin fordert, den Reichstag zu besetzen, ein anderer ruft „Revolution!“. Der Wortführer stolziert mit französischer Flagge umher und verkündet: „Ihr müsst wütend werden!“ Was der Mann nicht erwähnt: Mit den Zielen der französischen Bewegung haben die Berliner Gelbwesten wenig gemein. Die regelmäßigen Proteste auf dem Platz der Republik werden von Reichsbürgern organisiert. Federführend ist eine Gruppierung namens „Staatenlos“, die seit Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Bei ihrem Wortführer handelt es sich um einen ehemaligen NPD-Kader, der wegen versuchten Mordes mehrere Jahre im Gefängnis saß…“ Beitrag von Sebastian Leber vom 25. Januar 2019 beim Tagesspiegel online
- „Gelbe Westen NRW“ protestieren regelmäßig in Dortmund
„Seit Anfang Januar 2019 läuft jeden Samstag eine kleine Gruppe der „Gelben Westen NRW“ durch die Dortmunder Innenstadt- auch an diesem Samstag (26.01.2019). Sie demonstrieren gegen die Politik der Bundesregierung und wollen für alle politischen Richtungen offen sein. Die Anmelderin der Dortmunder Gelbwesten-Demonstrationen ist eine 35-jährige Frau aus Kamen, die im öffentlichen Dienst arbeitet. Sie und etwa 30 Mitstreiter gehen unter anderem gegen die wachsende Armut, für niedrigere Steuern, gegen Dieselfahrverbote, einen höheren Mindestlohn, gerechtere Renten und niedrigere Mieten auf die Straße. (…) Die wenigsten „Dortmunder“ Gelbwesten kommen auch aus Dortmund. Einige reisen aus dem Sauerland an, aus Bochum, Duisburg oder dem Kreis Unna. Eine Massenbewegung sind die Gelbwesten in Deutschland oder dem Ruhrgebiet nicht. Viele Gelbwesten-Gruppen im Internet sind von Rechtsradikalen und Rechtsextremen unterwandert, sagt der Dortmunder Blogger Robert Rutkowski. Er recherchiert seit fast zwei Monaten und hat viele Belege dafür gesammelt, auch aus geschlossenen Chat-Gruppen. Dort würden immer radikalere Links geteilt, bis man auf Kommentare von Holocaust-Leugnern oder aus der Reichsbürger-Szene stoße. Das bestätigen auch meine WDR-Recherchen. Viele Gelbwesten-Aktivisten im Internet teilen in ihren Profilen rechte bis rechtsextreme Inhalte. Die Gruppen haben Namen wie „Deutschland macht dicht“ oder „Sauerland macht dicht“. Manche gelbwesten-nahen Gruppen haben nur zehn oder zwanzig Mitglieder. Eine der größten deutschen Gelbwesten-Gruppen im Internet zählt mehr als 20.000 Mitglieder. Von Versuchen, von rechten Gruppen unterwandert zu werden, wollen die Dortmunder Gelbwesten, mit denen ich gesprochen habe, nichts mitbekommen haben. Die Anmelderin aus Kamen distanziert sich deutlich von jeglichem „braunen Zeug“. Sie würde solche Leute rausschmeißen. Man wolle für alle da sein. „Egal ob links oder rechts, Christ oder Moslem – unter der gelben Weste steckt erstmal ein Mensch“….“ Beitrag von Christof Voigt vom 25.01.2019 beim WDR
- „Gelbwesten“-Kopien von rechts. Große Teile der „Gelbwesten“-Proteste gegen die Unterzeichnung des „Vertrags von Aachen“ waren am Dienstag durch Vertreter aus der rechten Szene geprägt
„Am gestrigen Dienstag haben in Aachen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron den neuen deutsch-französischen Freundschaftsvertrag unterzeichnet. Dabei kam es vor dem Rathaus zu mehreren Kundgebungen. Laut Polizei war das EU-freundliche Netzwerk „Pulse of Europe“ mit rund 150 Menschen vor Ort, zudem demonstrierten 120 Vertreter der „Gelbwesten“. Sowohl Vertreter linker Gruppen und Parteien, als auch extreme Rechte waren in gelbe Westen gekleidet und hielten getrennte Versammlungen ab. Teilnehmer der rechtsextremen „Gelbwesten“ wurden dabei in den sonst von ihnen gehassten „Lügenmedien“ oft als deutsche Vertreter des französischen Originals dargestellt. Tatsächlich waren nach Recherchen von bnr.de unter dieser Gruppe der „Gelbwesten“ jedoch zahlreiche Rechtsradikale und Rechtsextremisten, vereinzelt Anhänger der AfD, Antisemiten, Verschwörungsgläubige und „Reichsbürger“. (…) Obschon in Aachen am Dienstag ein Aufmarsch von rechten beziehungsweise rechtsextremen „Gelbwesten“-Nutzern stattfand, erreichten diese gegenüber anderen Versammlungen aus den eigenen Reihen medial gesehen eine enorme Reichweite. Sie konnten ihre Inhalte zuweilen sogar per Interviews unter dem Deckmantel des unzufriedenen Normalbürgers verbreiten. Pressevertreter erkannten oft diese dubiose Mischung von Personen aus verschiedenen rechten und verschwörungsideologischen Spektren oft nicht, umschrieben sie zuweilen sogar eher hilflos als Linke und linksalternative Kapitalismuskritiker. Der mediale Hype um das Original in Frankreich schien zu verlockend zu sein: endlich konnten die Medien vermeintlich authentisch auch deutsche Vertreter der „Bewegung“ auf dem eignen Sender zeigen. Hinzu kam offenbar ein Mangel an Wissen darum, dass rechte Splitterparteien, Verschwörungsgläubige und verschrobene Einzelkämpfer die „Gelbwesten“ unterdessen kopieren, um so selbst Reichweite und Einfluss zu erlangen.“ Artikel von Michael Klarmann vom 23.01.2019 bei blick nach rechts
- Gelbe Westen in Gießen machen weiter – Zweifel an Überparteilichkeit
„Die Demo der Gelben Westen am Sonntag war keine Einzelfall. Die Gruppe hat bis Ende März Kundgebungen angemeldet. Es bestehen jedoch Zweifel an der Überparteilichkeit. (…) Auch am kommenden Sonntag will die Gruppe am Nachmittag vor dem Rathaus Flagge zeigen. Zudem hat die Stadt bestätigt, dass die Gelben Westen bis Ende März an jedem Sonntagnachmittag am Berliner Platz eine Kundgebung angemeldet haben. »Eine Gegendemo ist derzeit nicht angemeldet«, hieß es aus dem Rathaus. Am vergangenen Sonntag waren knapp 50 Personen einem auf Facebook verbreiteten Aufruf zur Demonstration der Gießener Gelbwesten gefolgt. Die Gruppe war Anfang Januar von Ronny Böhm aus Buseck gegründet worden. Mittlerweile haben sich den Gelben Westen bei Facebook rund 100 Personen angeschlossen. In dem Aufruf zur ersten Demonstration hieß es: »Wir sind weder links noch rechts. Wir sind das Volk aus der Mitte.« An dieser Verankerung in der Mitte indes bestehen Zweifel, dies zeigt schon der Blick auf den Forderungskatalog, den die Gruppe in der vergangenen Woche veröffentlicht hatte. Es ist ein Sammelsurium an Themen, die in den letzten Jahren im Wesentlichen von der AfD und der Linkspartei [sic!] bestimmt wurden. (…) Auf der Facebookseite der GAZ wird von Usern darauf verwiesen, dass der Initiator im Internet auf rechtspopulistischen Seiten wie »Patriotischer Aufbruch – Familie, Heimat, Zukunft«, »Gegen Til Schweiger und die Gutmenschen«, »Keine weiteren Asylantenheime in Deutschland« unterwegs ist und Beiträge des rechten Netzaktivisten Henryk Stöckl teilt…“ Artikel von Burkhard Möller vom 24. Januar 2019 bei Gießener Allgemeine online
- Gelbe Westen missbraucht: Rechte Demos in Stuttgart und Wiesbaden / Rassismus und soziale Forderungen
„Dass bundesweit vernetzte rechte Kreise gezielt die äußere Form der französischen Gelbwestenbewegung für ihre Zwecke zu kapern versuchen, wurde am Samstag in Stuttgart deutlich. Dort war die AfD zusammen mit einer rechten Gewerkschaft treibende Kraft einer Kundgebung von »Gelbwesten« gegen das Dieselfahrverbot. In Wiesbaden demonstrierte gleichzeitig eine bislang in der Stadt nicht in Erscheinung getretene Gruppe in gelben Warnwesten sowie mit Deutschlandfahnen und Reichsadler gegen »regierungspolitische Missstände«, »abgehobene Politiker« und die »Diktatur der EU«. Die vorab über Internetdienste gestreuten Forderungen umfassten soziale Belange und den Protest gegen Altersarmut ebenso wie knallharte rassistische, gegen Geflüchtete gerichtete Parolen. (…) Auf dem Weg zum Landtag stellten sich zwei Dutzend Antifaschisten den rund 80 Demonstranten in den Weg. Mit einer friedlichen Blockade hinderten sie die Rechten für anderthalb Stunden am Weitermarschieren. Offenbar war die Polizei auf die Aktion nicht vorbereitet, denn sie wurde von den Antifaschisten von selbst beendet. Später seien zwei Antifaschisten am Hauptbahnhof von rechten »Gelbwesten« attackiert und verletzt worden, berichteten Aktivisten in Online-Netzwerken…“ Beitrag von Hans-Gerd Öfinger bei neues Deutschland vom 20. Januar 2019
- Gelbe Westen Dortmund: Die Bewegung der „Gelben Westen“ – Soziale Revolte oder nationalistische Mobilisierung?
„… Die gesellschaftlichen Widersprüche, die von der französischen Bewegung thematisiert werden, existieren im Prinzip auch in Deutschland. Dennoch gab es hierzulande bislang nur einige weitgehend erfolglose Versuche, an die Bewegung der „Gelben Westen“ anzuknüpfen. Die Aufrufe kamen meist aus dem politisch rechten Lager und riefen anstatt zum Protest gegen die soziale Misere eher zum Schutz des Abendlandes vor vermeintlicher Überfremdung auf. Wir wollen uns damit jedoch nicht kampflos abfinden! Deshalb haben auch wir uns gelbe Warnwesten angezogen und mischen uns ein, um andere Akzente zu setzen. Wir rufen alle freiheitlich gesinnten Menschen auf, es uns gleich zu tun. Sorgen wir dafür, dass eine möglicherweise entstehende Bewegung eine antifaschistische und antiautoritäre Ausrichtung hat! Der Aufruf aus Commercy könnte dafür eine gute Diskussionsgrundlage sein. Wir dokumentieren ihn im Wortlaut…“ Beitrag von Gelbe Westen Dortmund vom 06.12.2018 bei indymedia – siehe diese auf Twitter unter: @gelbwestenDort2
- Gelbe Westen [in Essen]
„Eigentlich entschied ich mich am 30. November, nachdem ich mal wieder eine Demo der Dortmunder Nazis begleitet hatte, den Tag darauf mal nichts mit Nazis zu machen. Mein Plan war mir die angekündigte “Revolution” der Gelben Westen am 1. Dezember 2018 anzuschauen. Davon ausgehend, dass es schon nicht so krass wird, dachte ich es würde mal für etwas Entspannung, ja vielleicht für leichte Unterhaltung sorgen. Es sollte leider anders kommen … (…) Hier, in Doitschland ist das anders. Es gibt genügend Belege, dass die “Gelben Westen” eindeutig aus dem rechten Spektrum kommt. Erstmalig bin ich durch Texte dazu des rechten “Frauenbündnis Kandel” aufmerksam geworden. Mittlerweile versuchen auch die Patrioten NRW sowie Dominik Roeseler, der Gründer von HoGeSa, diese “Bewegung” für sich zu vereinnahmen. Das bedeutet, allen die da mitmachen muss eigentlich klar sein, mit wem sie sich da gemein machen. Da findet keine Abgrenzung statt und im Gegensatz zu Frankreich steht hier in erster Linie der sogenannte Migrationspakt im Vordergrund. Wo wir dann wieder bei Hetze gegen Geflüchtete sind. Die Gruppe bewegte sich in Richtung Weihnachtsmarkt und verteilte ihre Flyer², ich begleitete sie und twitterte darüber, nachzulesen unter dem Hashtag #essen0112. Für mich war offensichtlich, dass hier keine mir bekannten Nazis handelten, eher so klassisches Wutbürgertum. Das auch ein bekannter Reichsbürger unter ihnen war habe ich erst später erfahren…“ Bericht vom 2. Dezember 2018 von und bei Robert Rutkowski