Rechte Gewalt, leere Kassen: Ostdeutsche Zivilgesellschaft unter Druck
„In der Bundespolitik ist das Entsetzen über den Erfolg der AfD bei der Bundestagswahl noch immer groß. In allen ostdeutschen Flächenländern und in 43 von 48 Wahlkreisen wurde die in weiten Teilen rechtsextreme Partei stärkste Kraft, in Görlitz und im Kreis Sächsische-Schweiz-Osterzgebirge erhielt sie beinahe 50 Prozent der Stimmen. (…) „Zwickau, Chemnitz, Zittau – da würde ich von extrem rechten Dominanzbestrebungen sprechen“, zählt die Expertin [Heike Radvan, Professorin für Rechtsextremismusforschung] für Sachsen auf. Die soziale Dynamik ziele darauf ab, den öffentlichen Raum für alle Personen einzuschränken, die nicht in ein rechtes Weltbild passen, beispielsweise durch dominantes Auftreten von AfD-Abgeordneten im Kommunalparlament – und durch Bedrohungen und Gewalt. (…) Exemplarisch für [die] AfD-Strategie stehen die Attacken auf das Bundesprogramm „Demokratie leben“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, das zivilgesellschaftliche Initiativen und Vereine fördert, die sich für Demokratie und gegen Extremismus engagieren…“ Artikel von Elisa Pfleger in den »Blättern« 4/2025
und mehr daraus:
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: „… Ginge es nach den Plänen des AfD-Landtagsabgeordneten Hans-Thomas Tillschneider, würde man in der Kulturpolitik Sachsen-Anhalts „alle Programme, die mit diesem Programm ‚Demokratie leben‘ zusammenhängen, streichen“ (…) Im ostdeutschen Salzwedel stimmte die CDU im März bereits mit der AfD gegen das vom Bund bewilligte Programm, 90 000 Euro jährlich fehlen nun bis 2033 für demokratische Jugendarbeit. (…) Auf der Suche nach Einsparungen nimmt die CDU explizit die Demokratieförderung ins Visier. Der Haushaltspolitiker Mathias Middelberg antwortete auf die Frage, wo die Union zu kürzen gedenke: „Das ist dieses Programm ‚Demokratie leben‘, wo wir exemplarisch genannt, wirklich große Probleme haben, weil wir nicht erkennen können, dass das Geld da irgendwie zweckmäßig eingesetzt wird.“ Middelberg folgt damit nicht nur inhaltlich einem Kernanliegen der AfD, sondern auch seine Argumentation ähnelt jener Partei, wenn diese im bayrischen Landtag moniert, das Programm sei zu „intransparent“ und werde „seinem Ziel nicht gerecht“. Dabei würde die Kürzung öffentlicher Mittel der Demokratieförderung gerade den Osten treffen – und damit jene Teile der Zivilgesellschaft, die unter beispiellosem Druck von Rechtsaußen stehen. (…) Eine solche Finanzierung zu sichern, wäre die Aufgabe der neuen Bundesregierung. Denn dass ein Erstarken des Rechtsextremismus und -radikalismus in Ostdeutschland zu Recht beklagt, gleichzeitig aber die rechte Raumnahme dort hingenommen wird, ist ein politisches Versagen. Spätestens nach den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern, wenn möglicherweise die AfD dort die Landesregierungen stellt, wird das auch die Bundespolitik nicht länger verdrängen können. Bis dahin spürt es vor allem die engagierte Zivilgesellschaft vor Ort – zum Beispiel in Limbach-Oberfrohna, wo junge Menschen für den Erhalt alternativer soziokultureller Räume sogar einem Brandanschlag trotzten und damit demokratische Grundlagen verteidigen – jeden Tag.“