Proteste gegen die AfD nach der Correctiv-Recherche über rechte Deportationspläne: Ist Antifaschismus wieder „in“ oder wird er zum Feigenblatt der übrigen Parteien?
Dossier
„Tausende Menschen stellen sich dem Rechtsruck entgegen. Initiativen schmieden Bündnisse, organisieren Proteste und diskutieren über ein AfD-Verbot. Fast fünf Jahre ist es her, als das letzte Mal so viele Menschen gegen die AfD und den gesellschaftlichen Rechtsruck in Berlin auf die Straße gingen wie an diesem Sonntag. (…) Doch danach blieben annähernd große Mobilisierungen aus, trotz der weiteren Radikalisierung der AfD zu einer Partei, in der der faschistische Flügel den Ton angibt, trotz Wahlerfolgen in Serie und ihrem Aufstieg zur stärksten Partei in den ostdeutschen Bundesländern samt der Übernahme erster kommunalpolitischer Machtposten. Als im Oktober 2022 erneut 10.000 AfD-Anhänger:innen im Regierungsviertel zusammenkamen, war vom Gegenprotest kaum mehr etwas zu vernehmen: Antifaschistische und zivilgesellschaftliche Strukturen schauten wie gelähmt auf die Rechten, die inzwischen offen von der Machtübernahme träumen. Seit diesem Wochenende aber ist das vorbei…“ Artikel von Luise Bartsch, Susanne Memarnia, Gareth Joswig, Erik Peter und Rainer Rutz vom 15.1.2024 in der taz online („Proteste gegen die AfD: Antifaschismus ist wieder „in“) – siehe mehr daraus, Terminübersichten und die Debatte:
- Nach den Wahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg: Abtauchen, Auswandern oder „Jetzt erst recht“? (nicht repräsentative gemischte Auswahl der Reaktionen)
- Nach den Wahlerfolgen der AfD: Zusammenschließen gegen Rechtsruck und Regierung!
„Die Ergebnisse der Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg sind keine Überraschung und dennoch ein politisches Erdbeben. Sie sind ein Erfolg für die AfD und bestätigen den Rechtsruck in Deutschland, der uns auf vielen Ebenen begegnet: Größeres Selbstvertrauen von Rassist:innen, immer mehr diskriminierende und rassistische Sprüche, aber auch immer offener auftretende Faschist:innen, während die Regierung selbst rassistische Abschottungspolitik betreibt. Das ist eine Situation, die wir nicht hinnehmen wollen. Als Linke, Gewerkschafter:innen, klassenkämpferische und revolutionäre Aktivist:innen liegt es in unserer Verantwortung, dieser Entwicklung etwas entgegenzusetzen. Die aktuellen Wahlen zeigen, was passiert, wenn es keine konsequente Opposition von links gegen die Politik der Herrschenden gibt. Daher müssen wir uns organisieren und massenhaften Widerstand gegen die Abschottungs-, Kürzungs- und MIlitarisierungspolitik von Ampel und Union ebenso wie den Aufstieg der extremen Rechten aufbauen…“ Aufruf vom 25. September 2024 bei Berliner Aktion gegen Arbeitgeberunrecht (BAGA) auch von Revolutionäre Internationalistische Organisation (RIO) und Revolutionär Sozialistische Organisation (RSO) - [Petition] Brandenburg, Thüringen und Sachsen: AfD von der Macht fernhalten!
„Erstmals seit 1933 gewinnt eine rechtsextreme Partei eine Landtagswahl in Deutschland. Jetzt müssen die Demokrat*innen zusammenarbeiten. Wir appellieren an alle demokratischen Parteien in Brandenburg, Sachsen und Thüringen: Verhindert, dass die faschistische AfD an die Macht kommt. Unterzeichne jetzt für Demokratie in Brandenburg, Sachsen und Thüringen! (…) Vor der Wahl haben alle Parteien eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen. Wir fordern: Halten Sie Ihr Versprechen! Keine Gespräche, keine Vereinbarungen, keine Koalitionen mit der AfD und auch keine Duldung durch die Rechtsextremen. Tun Sie alles, um die Faschist*innen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg von der Macht fernzuhalten…“ Petition bei Campact an PolitikerInnen der 3 Länder (hiermit dokumentiert) - Wahlen in Brandenburg: Es regiert die Angst
„Die AfD ist zwar unter 30 Prozent geblieben. Doch sie schafft eine Stimmung, in der Widerspruch ständige Gefahr bedeutet.
Bei den einen brennt es hinter dem Haus. Der andere wird auf der Straße geschubst. Die Nächste wird verprügelt. Es sind Freund:innen, denen so etwas passiert. Freunde von Freunden. Bekannte und Freundinnen von Bekannten. Es passiert ihnen in den Wochen vor der Wahl. Vor den 29,2 Prozent für die AfD, bevor sie zweitstärkste Partei hinter der SPD wird und damit eine Sperrminorität im Brandenburger Landtag hat.
Die Menschen, die diese Gewalt erfahren, sind schwul, sie haben Plakate aufgehängt, die nicht für AfD, Der III. Weg oder eine andere rechtsextreme Partei werben, sie arbeiten am Theater, betreiben das irgendwie linke, alternative Kulturding zwischen Jugendclub und Café in einer Kleinstadt, haben Eltern, die nicht aus Deutschland kommen, sind Politiker:innen im Stadt- oder Gemeinderat. Manche sind bedroht worden, bevor ihnen Gewalt angetan wurde, für andere kam es überraschend. Sie alle wollen nicht öffentlich reden. Sie wollen nicht, dass darüber geschrieben wird, jedenfalls nicht so, dass sie erkennbar sind. Sie alle haben keine Anzeige erstattet. (…) Die AfD wird in keinem ostdeutschen Bundesland mitregieren. Aber die Angst vor ihr regiert bereits. Oder genauer: Es regiert die Angst davor, was die Partei mit ihren Erfolgen im täglichen Miteinander befördert. Allem Nicht-Zustimmen, allem Streit, allem Sich-erkennbar-anders-Zeigen ist eine Drohung eingeschrieben. Man fragt sich: Ist das gerade eine politische Diskussion mit den Männern im Verein oder schon die erste Stufe einer Schlägerei? Sage ich in der Eltern-Whatsapp-Gruppe noch was zu denen, die darüber schreiben, alle Grünen aufzuhängen, oder bin ich lieber still? Warum ist die Lehrerin, die sonst immer den Mund aufgemacht hat, plötzlich so ruhig? (…)
Es kann sein, dass es in Brandenburg, in Ostdeutschland, erst einmal wieder leiser wird. Dass gar nicht so viel zu lesen und zu hören sein wird über Bedrohungen durch Rechtsextreme, über Einschüchterungen, über Gewalt. Dass man in den kommenden Wochen und Monaten in Berlin und Köln und vielleicht auch in Leipzig den Eindruck gewinnen könnte, es sei doch gar nicht so schlimm gekommen mit dieser AfD. Es wird in Ostdeutschland eine Realität geben, die sich nicht widerspiegeln wird in der Kriminalstatistik, in Zitaten in Zeitungen, in Gesichtern im Fernsehen. Verantwortlich dafür sind nicht allein die Rechtsextremen…“ Kommentar von Daniel Schulz vom 24.9.2024 in der taz online - Ärzte ohne deutschen Pass: bleiben oder gehen?
„Ein Viertel der Krankenhausmediziner in Thüringen sind Migranten. Der Rechtsruck macht ihnen Sorgen
So, wie Matthias Zenker sich windet, muss er fast schon körperliche Schmerzen verspüren. Fragen wie die, ob das starke Abschneiden der AfD bei der Thüringer Landtagswahl am 1. September die Anwerbung ausländischer Fachkräfte erschweren könnte, wollte der Hauptgeschäftsführer der Landesärztekammer am liebsten gar nicht beantworten, als er kürzlich in Erfurt auf einem Podium saß. Der Mediendienst Integration hatte zu der Veranstaltung neben Zenker auch Mediziner eingeladen, die von ihren Erfahrungen berichteten. Zenker findet, dass es so kurz nach der Wahl noch zu früh für Prognosen sei. Und betont: »Medizin ist zutiefst unpolitisch.« Dass die Wahlergebnisse den ohnehin dramatischen Ärztemangel im Freistaat verschärfen könnte, ist indes sehr wahrscheinlich. Und das wäre für alle Patienten fatal. Wie sich Ärzte fühlen, die Rassismus und Diskriminierung erleben, kann man ahnen. Zwei von ihnen, beide stammen aus Syrien, erzählen hier in Erfurt auch von ihren Erfahrungen damit.
Ohne Menschen wie sie wäre das Thüringer Gesundheitssystem längst zusammengebrochen. Nach den Zahlen, die der Mediendienst Integration zusammengetragen hat, hat inzwischen jeder vierte Arzt, der an einem Thüringer Krankenhaus arbeitet, keinen deutschen Pass…“ Artikel von Sebastian Haak vom 22.09.2024 in ND online , siehe auch:- Gute Ausländer, schlechte Ausländer: In Thüringen fühlen sich ausländische Fachkräfte nicht mehr sicher. Könnte das etwa am ressentimentgetriebenen Thüringer liegen?
„… Ich bin mir nicht sicher, ob, um einer besseren Zukunft willen, nicht auch einmal die überzogenen Ansprüche und die mangelhafte Anpassungsfähigkeit vieler Migranten zum Thema gemacht werden müssten. Es mag ja vielleicht ein bisschen verständlich sein, dass eine slowakische Ärztin oder ein indischer Krankenpfleger von Patienten, die sich beim Hitlergrußzeigen den Arm schlimm in der Fahrstuhltür eingeklemmt haben, in der Notaufnahme nicht mit »Na, du dreckiger Untermensch?« begrüßt werden wollen. Doch gälte es in solchen Fällen nicht, auch einmal ein Auge zuzudrücken? Muss einem Kranken oder Schwerverletzten gegenüber, der unter Umständen in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit Fremden gemacht hat, immer gleich die Rassismuskeule ausgepackt werden?…“ Aus dem Kommentar von Thomas Blum vom 23.09.2024 in ND online
- Gute Ausländer, schlechte Ausländer: In Thüringen fühlen sich ausländische Fachkräfte nicht mehr sicher. Könnte das etwa am ressentimentgetriebenen Thüringer liegen?
- Thüringer Widerstand: Mehr als 650 Thüringer Angehörige Thüringer Hochschulen und Forschungseinrichtungen haben eine Erklärung gegen die AfD unterzeichnet.
„Ein Signal vor dem Hintergrund der Landtags-Tumulte – und der Thüringer Geschichte. (…) Die Initiative „Uni gegen Rechts“ an der Friedrich-Schiller-Universität Jena (FSU) teilte mit, dass seit Montag über 650 Angehörige aller Thüringer Hochschulen und vieler außeruniversitärer Forschungseinrichtungen die Forderung nach einer stabilen Regierung „ohne die Beteiligung, Unterstützung oder Duldung der rechtsextremen AfD“ unterzeichnet haben. In der Erklärung heißt es: „Dass eine Partei vom äußersten rechten Rand in zwei Bundesländern über 30 Prozent der Wählerstimmen erhalten hat und der als gesichert rechtsextremistisch eingestufte Thüringer Landesverband der AfD stärkste Kraft im Parlament wird, war für viele ein Schock. Wir verstehen dieses Ergebnis auch als Aufgabe, mit verstärkter Überzeugungsarbeit dazu beizutragen, dass es sich nicht wiederholt. Zugleich fordern wir die demokratischen Parteien in Thüringen auf, jede Einflussnahme der AfD auf Regierungsentscheidungen im Land auszuschließen.“ (…) „Als zivilgesellschaftliche Gruppe sind wir in der Verantwortung, die aktuelle Bedrohung der liberalen Demokratie zu benennen. Zugleich sehen wir unsere Arbeit und das Grundrecht auf Wissenschaftsfreiheit gefährdet. Da die Länder die Hochschulen finanzieren, verfügt die Landespolitik über starke Druckmittel, welche die Regierung und das Parlament indirekt gegen politisch unliebsame Positionen oder Personen einsetzen können. Konkret sind zudem Institutionen wie der Studierendenrat, Gleichstellungs- und Diversitätsbüros bedroht. Angesichts dieser Gefahren ist jetzt auch eine vorausblickende Sicherung der Hochschulfinanzierung geboten. Wissenschaft lebt von Vielfalt und internationalen Kooperationen, weshalb wir an den Thüringer Hochschulen und in der Wirtschaft auf ein weltoffenes Klima im Land angewiesen sind.“ Beitrag vom 27. September 2024 von und bei Jan-Martin Wiarda- Sachen & Thüringen: Hochschulen warnen vor Normalisierung von Rassismus
„… Angesichts der Wahlergebnisse in Sachsen und Thüringen haben die Hochschulen in beiden Bundesländern für Weltoffenheit und gegen die Normalisierung von Rassismus plädiert. Sie seien stolz darauf, „dass an unseren Hochschulen Menschen aus aller Welt und mit den unterschiedlichsten Hintergründen studieren und arbeiten“, teilen die Landesrektorenkonferenz Sachsen, die Thüringer Landespräsidentenkonferenz und die Hochschulrektorenkonferenz in einer Erklärung mit. Dafür sei ein Umfeld erforderlich, „das den grundgesetzlich verbrieften Schutz vor Diskriminierung sicherstellt“. Weiter heißt es: Alle Parteien und Bürgerinnen und Bürger seien dazu aufgerufen, sich dafür einzusetzen, dass Wissenschaftsfeindlichkeit, Einschränkungen der Wissenschaftsfreiheit, Rassismus, Intoleranz oder auf Ausgrenzung fußende Ideen oder Feindbilder nicht normalisiert werden. „Wir setzen uns weiterhin dafür ein, den Zusammenhalt in der Gesellschaft und das Vertrauen in die freiheitliche Demokratie zu stärken.“ (…) In der Erklärung pochten die Vertreter außerdem auf die Wahrung der Hochschulautonomie und der Wissenschaftsfreiheit. Nur so entfalte Wissenschaft ihr Potenzial für die Gesellschaft. „Weltoffenheit ist hierfür ein wichtiger Faktor. Nur eine Hochschule, die international denkt und handelt, ist zukunfts- und wettbewerbsfähig.“ Meldung vom 16. September 2024 im MiGAZIN
- Sachen & Thüringen: Hochschulen warnen vor Normalisierung von Rassismus
- IG Metall fordert demokratisches Bündnis gegen rechts in Brandenburg
„Die IG Metall hat alle demokratischen Parteien in Brandenburg zur Zusammenarbeit gegen rechts aufgerufen. IG Metall-Bezirksleiter Dirk Schulze betonte: „Der Rechtsruck in Brandenburg besorgt mich zutiefst. Die starke Stellung der Rechtspopulisten im Potsdamer Landtag gefährdet die Demokratie und bedroht die Zukunft der Brandenburger Industrie. Umso dringender braucht Brandenburg nun eine starke demokratische Regierung für sozialen Zusammenhalt, für eine aktive Industriepolitik und gute Arbeit…“ Pressemitteilung vom 23.09.2024 beim IG Metall Bezirk Berlin-Brandenburg-Sachsen - Nach den Wahlen in Thüringen und Sachsen: Jetzt erst recht
„Neun gegen rechts engagierte Menschen berichten über ihre Angst vor einer Normalisierung der AfD – und über den eigenen Mut zum Widerstand…“ Artikel von Tobias Bachmann, Marie Sophie Huebner, Louise Ringel, Anne Fromm, Konrad Litschko und Dinah Riese vom 2.9.2024 in der taz online - Siehe auch:
- Erwartbar, aber dennoch schwer zu ertragen. AG Wahlbeobachtung zu den Wahlen in Sachsen und Thüringen. Auswertung der AG Wahlbeobachtung in express – Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit 9/2024 samt vielen Tabellen
- Die AfD verbieten? Erwägungen aus radikaldemokratischer Sicht. Online-Veranstaltung am 1.10.2024 – und neue Argumente nach 1. Sitzung des Thüringer Landtags
- Nach den Wahlerfolgen der AfD: Zusammenschließen gegen Rechtsruck und Regierung!
- Protest gegen AfD-Erfolg in vielen Städten nicht nur in Ostdeutschland: AntifaschistInnen demonstrieren noch am Wahlabend „Antifaschistische Gruppen in ganz Deutschland bereiten sich seit Wochen auf die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen vor. Noch am Samstag demonstrierten mehrere Tausend Menschen gegen den Wahlkampfabschluss der AfD mit Alice Weidel und Björn Höcke in Erfurt. Und auch am Wahlabend selbst blieb es weder in Thüringen noch Sachsen ruhig. Schon am späten Nachmittag hatten sich vor dem Erfurter Landtag Menschen versammelt, um gemeinsam die Wahlergebnisse anzuschauen. nd-Videojournalist Tim Lüddemann spricht von einer Gänsehautstimmung, als Hunderte Menschen gemeinsam »Wehrt euch, leistet Widerstand – gegen den Faschismus hier im Land!« singen. Große Teile der Sänger*innen schließen sich dann einer Demonstration unter dem Motto »Konsequent antifaschistisch!« an und demonstrieren durch die Thüringer Landeshauptstadt. Marlies Sommer aus dem Kreis der Demo-Organisator*innen spricht gegenüber »nd« von einer »kämpferischen Demo«, die sich nicht nur gegen den Erfolg der AfD, sondern auch gegen die »rechte Hegemonie« in der Gesellschaft wende.
Auch in Jena, wo Björn Höcke erst kürzlich aufgrund von Protesten nicht auftreten konnte, wurde am Abend demonstriert. Fenna von »Rechtsruck stoppen Jena« spricht gegenüber »nd« von 500 Teilnehmer*innen. (…)
Protest gegen das Wahlergebnis gibt es auch in Sachsen. In Leipzig versammeln sich am Abend rund 1000 Menschen vor dem Rathaus. Vorher sind sie aus verschiedenen Richtungen in kleineren Demonstrationen durch die Stadt gezogen. Durch Dresden zieht am Abend eine linksradikale Demonstration unter dem Motto »Wir bleiben unregierbar«. Etwa 300 Menschen sollen daran teilnehmen…“ Überblick von Sebastian Weiermann vom 01.09.2024 in ND online („Protest gegen AfD-Erfolg in vielen Städten: Antifaschisten demonstrieren noch am Wahlabend“) - (Mindestens) 10 gute Gründe, nicht die AfD zu wählen – und einige Werkzeuge für eine faschismussichere Gesellschaft in Sachsen und Thüringen
- 10 gute Gründe, nicht die AfD zu wählen
„Die AfD macht Stimmung gegen unsere Demokratie. Und trotzdem sind sie im Bundestag? Richtig, da stimmt doch etwas nicht. Demokratisch gewählt heißt nicht gleich demokratisches Verhalten. Aber Vorsicht: Im Artikel geht es zwar primär um die AfD. Aber rechtspopulistische Ansichten, Argumente, Aussagen und Positionen werden auch von anderen Parteien oder einzelnen Politiker*innen anderer Parteien vertreten. Wenn das der Fall ist, dann kann und sollte das auch benannt werden – und das tun wir auch…“ Argumentation der Initiative „Kleiner 5“ gegen Rechtspopulismus und für demokratische Teilhabe, die gut begründeten 10 Punkte lauten: 1) Gut für Reiche – schlecht für alle, die weniger haben! 2) Islamhasser*innen, die selbst keine Kritik verstehen 3) Klimapolitik à la Trump 4) Das Spiel mit der Angst 5) Rassistische Asylpolitik 6) Altbackenes Familienbild 7) Abgrenzung statt Europa 8) Mein rechter, rechter Platz 9) Money makes the hate go round 10) Protest, aber richtig - Wahlen in Sachsen und Thüringen: »Wir müssen eine AfD-Sperrminorität verhindern«
„Die Kampagne »Taktisch Wählen« ruft dazu auf, so zu wählen, dass die rechtsextreme Partei kein Drittel der Stimmen erhält – und zeigt, wie das geht…“ Interview von Pauline Jäckels vom 29.08.2024 in ND online zu https://taktisch-waehlen.de/ - [DGB] Kundgebungen und Demos zu den Landtagswahlen
„Im September wird in 3 Bundesländern gewählt. Wir rufen deshalb zu Demonstrationen und Kundgebungen auf und machen den Wahlcheck…“ DGB-Aktionsseite , siehe auch bei ver.di: Gemeinsam gegen Rechtsextremismus - INFOTICKER ZU RECHTEN MOBILISIERUNGEN AM WAHLABEND
„Die Landtagswahlen stehen vor der Tür und bereits die Ereignisse der letzten Wochen wie in Bautzen haben gezeigt, dass Zuspruch zur AfD und rechte Mobilisierung sich gegenseitig beflügeln. Es ist zu vermuten, dass es am Wahlabend zu Zusammenrottungen und Angriffen von Rechten kommen kann, etwa auf Geflüchtetenunterkünfte oder linke Projekte. Der Ticker versucht daher in Leipzig und Umgebung die Lage im Blick zu behalten und euch mit einem Infos zu potentieller rechter Mobilisierung auf dem Laufenden zu halten…“ Tweet von Kappa Leipzig vom 29. Aug. 2024 zu https://le0109.infoticker.org/ - Wahlwochenende in Erfurt
„Die Landtagswahl steht an, bei der sich das aktuelle autoritäre und faschistische Potenzial in Thüringen bei konstanten 30 % für die AfD manifestieren wird. Für das Wochenende plant die AfD ihren Wahlkampfabschluss in Erfurt auf dem Domplatz, dagegen gibt es mehrere Veranstaltungen und Mobilisierungen. Bundesweit mobilisiert ein antifaschistisches Bündnis „Zeit zu handeln“ nach Erfurt. Im folgenden wollen wir einige Text- und Debattenhinweise dokumentieren, die sich mit dem aktuellem Mobilisierungsgeschehen und den Wahlen auseinandersetzen…“ Beitrag vom 30.8.2924 bei Dissens – Antifaschistische Gruppe Erfurt - Von der Opposition zur Obstruktion: Die drohende Blockademacht der AfD in Thüringen
„… Und damit sind wir bei den Landtagswahlen in Thüringen. Sollte dort die AfD mehr als ein Drittel der Sitze erringen, hätte sie ganz neue Möglichkeiten zur Obstruktion und Delegitimierung – das gilt, etwas anders gelagert, auch in Sachsen und Brandenburg. Ohne Zweifel wird sie versuchen, diese Möglichkeiten zu nutzen. Eine Regierungsbeteiligung der autoritären Populisten ist nach den Landtagswahlen am 1. September nicht ausgeschlossen, aber unwahrscheinlich. Also wird die autoritär-populistische Strategie einstweilen ihre destruktive Wirkung weiter aus der Opposition heraus entfalten: Mit wachsenden Stimmenanteilen bekommt sie immer mehr Beteiligungs- und Verfahrensrechte an die Hand und damit immer mächtigere Möglichkeiten, ihrer Erzählung von der Korruptheit des „Systems“ und der „Eliten“, die es beherrschen, Plausibilität zu verleihen und so ihren eigenen Herrschaftsanspruch zu untermauern. Wo sie Einfluss auf Gesetzgebung und Gesetzesvollzug erlangt, multiplizieren sich diese Möglichkeiten: Jetzt hat sie die Verfassung im Rücken beim Sprechen für das „Volk“. Je größer der Wahlerfolg der autoritären Populisten, desto stärker wächst auch bei ihrer demokratischen Konkurrenz die Versuchung, sich ihnen mehr und mehr anzuverwandeln. So wird die autoritär-populistische Ermächtigung zur self-fulfilling prophecy. Dieser Strategie kann man nicht entkommen. Aber man kann ihr entgegentreten…“ Artikel von Maximilian Steinbeis in Blätter vom September 2024 - Landtagswahl Sachsen: Werkzeuge für eine faschismussichere Gesellschaft
„In der Landtagswahl in Sachsen am Sonntag könnte die AfD stärkste Kraft werden. Wie die anderen Parteien mit der Bedrohung von rechts umgehen wollen, zeigt ein Streifzug durch die verschiedenen Wahlprogramme – mit Blick auf die Netzpolitik und darüber hinaus…“ Beitrag von Martin Schwarzbeck vom 29.08.2024 in Netzpolitik - Landtagswahl Thüringen: Wie die Parteien die Demokratie abhärten wollen
„Die Tage der Minderheitsregierung unter Bodo Ramelow in Thüringen gehen zu Ende, niemand will ein derartiges Modell wiederholen. Doch Bündnisse werden nach dem kommenden Wahlsonntag nicht leicht und auf die Parteien kommt viel Arbeit zu, wenn sie die Demokratie im Netz und auf der Straße stärken wollen…“ Beitrag von Anna Biselli vom 29.08.2024 in Netzpolitik - Wer ist das Volk? (Re-)Etablierung eines rassistischen Volksbegriffs durch die AfD
„Der Begriff des Volkes ist zentral für unser Grundgesetz – und ist es auch seit jeher für rechte Parteien und Bewegungen. Auch die Funktionär*innen, Mitglieder und Anhänger*innen der „Alternative für Deutschland“ (AfD) beziehen sich immer wieder positiv auf den Begriff des Volkes und legen nahe, dass es ein „eigentliches“, über die Gemeinschaft aller Staatsangehörigen hinaus gehendes Volk gebe, das es zu erhalten gelte. Das Grundgesetz zieht dem Volksbegriff allerdings Grenzen. Dass es tatsächliche Anhaltspunkte dafür gibt, dass die AfD diese Grenzen durch eine ethnisch-kulturelle Definition überschreitet, hat das OVG NRW kürzlich bestätigt. Die Möglichkeiten der AfD, einen ethnisch-kulturellen Volksbegriff mit rechtlichen Mitteln durchzusetzen, sind begrenzt und beschränken sich darauf, was sie ohnehin schon fortwährend propagiert: eine restriktive Einbürgerungs- und Einwanderungspolitik. (…) Nach Art. 20 Abs. 2 GG geht alle Staatsgewalt „vom Volke“ aus. Aus seiner Stellung und dem Normenzusammenhang leitet das Bundesverfassungsgericht ab, dass die Vorschrift selbst bestimmt, wer das Volk ist (BVerfGE 83, 37 (50 f.)): Es setzt sich zusammen aus allen deutschen Staatsangehörigen und jenen, die ihnen nach Art. 116 Abs. 1 GG gleichgestellt sind. Ob das Grundgesetz dafür offen ist, auch Nicht-Staatsangehörigen das Wahlrecht zu erteilen, ist umstritten, wurde allerdings vom Bundesverfassungsgericht deshalb verneint, weil sich das Wahlrecht aus der Zugehörigkeit zum Staatsvolk und damit der Staatsangehörigkeit ableite (BVerfGE 83, 27 (52)). Die Kongruenz zwischen Herrschaftsunterworfenen und Inhaber*innen politischer Rechte müsse über die Regelung des Staatsangehörigkeitsrechts erreicht werden. Damit ist der politische Spielraum angesprochen, in dem Parteien Einfluss auf die Konstitution des Staatsvolkes nehmen können. (…) Als unentbehrliche elementare Grundprinzipien des freiheitlichen Verfassungsstaats gehören zu fdgo: das Prinzip der Menschenwürde als Ausgangspunkt, sowie das Demokratieprinzip und das Rechtsstaatsprinzip als dessen Konkretisierungen (BVerfGE 144, 20, Ls. 3). Das BVerfG urteilte, dass die NPD auf die Ersetzung der bestehenden Verfassungsordnung durch einen an der ethnischen „Volksgemeinschaft“ ausgerichteten autoritären „Nationalstaat“ ziele. Dieses Konzept „missachtet die Menschenwürde aller, die der ethnischen Volksgemeinschaft nicht angehören, und ist mit dem grundgesetzlichen Demokratieprinzip unvereinbar“ (BVerfGE 144, 20, Ls. 9 a)) (…) Die AfD könnte bei entsprechenden Mehrheiten versuchen, sich durch Austritte aus den wichtigsten Menschenrechtsabkommen und der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) dieser Verpflichtungen zu entledigen (für die GFK fordert sie schon eine Ablösung, Wahlprogramm, S. 91). Auch ihre Forderung nach einem „Europa der Vaterländer“ (Wahlprogramm 2021, S. 28) hängt mit der Rückerlangung von Hoheitsrechten zusammen, von der sie sich mehr Souveränität über die Flüchtlingspolitik erhofft. Übrig bliebe die Fortgeltung der unveräußerlichen Menschenrechte nach Art. 1 Abs. 2 GG, die auch völkergewohnheitsrechtlich binden. Einen minimalen Schutz verspricht zuletzt der Menschenwürdekern aller Grundrechte, der über Art. 1 Abs. 1 GG geschützt bleiben würde. Die AfD könnte einen ethnisch-kulturellen Volksbegriff also gar nicht direkt durchsetzen. Etwaige Deportationspläne sind nur illegal möglich. Damit bleibt ihr nur, die Rechte der ohnehin schon vulnerabelsten Menschen unserer Gesellschaft, also insbesondere solchen, die vor Krisen, Krieg und Verfolgung geflohen sind, noch weiter zu beschneiden. Die Frage ist nur, wie sehr sich eine Partei, die sich die ethnisch-kulturelle Identität des deutschen Volkes als „zentralen Orientierungspunkt“ in ihrem politischen Denken und Handeln gesetzt hat, bei entsprechenden Mehrheiten an das Recht gebunden fühlt.“ Beitrag von Berkan Kaya vom 26. August 2024 beim Verfassungsblog
- 10 gute Gründe, nicht die AfD zu wählen
- #WirSindDieBrandmauer: Spätestens der CSD in Bautzen hat gezeigt, dass die Brandmauer unsere Aufgabe ist – und es gibt nicht nur das Bündnis „Hand in Hand“…
- Umgang mit der AfD: Digitalpolitik muss Teil der Brandmauer sein
„Bei den kommenden Landtagswahlen in Ostdeutschland könnte die Alternative für Deutschland in gleich drei Bundesländern stärkste Kraft werden. Die digitale Zivilgesellschaft darf die rechtsradikale Partei nicht länger ignorieren, meint unsere Gastautorin. Stattdessen muss sie sich klar und deutlich gegen die AfD positionieren.
Am 1. September wird in Sachsen und Thüringen gewählt, am 22. September in Brandenburg. In allen drei Bundesländern hat die AfD laut Wahlumfragen gute Chancen, stärkste Kraft zu werden. Auch wenn wir die Wahlen noch nicht verloren geben dürfen, ist eines klar: Die Suche nach Koalitionen ohne die AfD wird in allen drei Bundesländern äußerst schwierig. Mehr denn je wird sich dann wohl auch die Frage stellen, ob die oft zitierte „Brandmauer“ – die auf lokaler Ebene vielerorts längst eingerissen wurde – auf Landesebene halten wird. Fest steht damit schon jetzt: Die bevorstehenden Landtagswahlen verleihen der Debatte um den Umgang mit der rechtsradikalen Partei neues Gewicht. Dieser Debatte muss sich auch die digitale Zivilgesellschaft verstärkt stellen. Denn viele digitalpolitische Diskussionen erübrigen sich, wenn extreme Rechte die Macht erlangen. (…) Damit greift die AfD auch zentrale Werte und Prinzipien der digitalen Zivilgesellschaft an. An ihrer Seite ist der Einsatz für eine progressive, menschenzentrierte und feministische Digitalisierung undenkbar. Nichtregierungsorganisationen, die sich diesen Zielen verpflichtet sehen, sind für die AfD ein Dorn im Auge. Es ist daher zu erwarten, dass die Partei, wenn sie einmal in Regierungsverantwortung ist, die Ziele der digitalen Zivilgesellschaft nicht nur inhaltlich, sondern auch organisatorisch bekämpfen wird – etwa indem sie versucht, NGOs gezielt die staatliche Förderung oder den Status der Gemeinnützigkeit zu entziehen. (…) Ich sehe drei Varianten im Umgang: Erstens, zur AfD schweigen oder die Partei ignorieren. Zweitens, sich sachlich mit ihren Positionen auseinandersetzen. Und drittens, ihre rechtsradikale Haltung und Politik offen problematisieren. Bislang überwiegt in der digitalen Zivilgesellschaft der erste Ansatz, teilweise auch der zweite. Beide Ansätze reichen aus meiner Sicht jedoch nicht aus. Viele von uns haben ein großes Interesse daran, die Themen und Inhalte, an denen wir arbeiten, im politischen Diskurs und Verfahren zu platzieren. Wir verfügen über die entsprechende Expertise und kämpfen für unsere Anliegen. Die Alternative dazu – eine konfrontative Auseinandersetzung mit der AfD und ihrer Rolle im Parteienspektrum – ist deutlich weniger verlockend. Denn sie könnte zulasten unserer Inhalte gehen. Die dritte Variante des Umgangs bewerten viele Vertreter:innen der Zivilgesellschaft aber auch deshalb als bedenklich, weil die AfD unsere Kritik gegen uns verwenden könnte. Auch deshalb bemühen sich viele Organisationen darum, ihre Positionierung zur AfD intern möglichst konsensual abzusichern. Solange nicht alle Beteiligten – etwa Mitarbeitende, Mitglieder und Spender*innen – eine solche kritische Positionierung befürworten, halten sich Organisationen häufig zurück. (…)
Der Wunsch, Digitalthemen konstruktiv zu gestalten und uns zugleich nicht angreifbar zu machen, kann leicht dazu verleiten, dass wir schweigen oder einen rein sachlichen Austausch auf thematischer Ebene suchen. Doch wie viele rechtsradikale, gewalttätige und menschenverachtende Äußerungen braucht es noch, damit offene Kritik aus der digitalen Zivilgesellschaft an der AfD als gerechtfertigt gilt? Eine Strategie, die sich auf den engen Rahmen digitalpolitischer Sachthemen beschränkt und die übergeordneten Demokratiefragen ausblendet, muss zwangsläufig ins Leere laufen. (…) Wer die Auseinandersetzung mit der AfD auf digitalpolitische Themen beschränkt – und dafür an ihren Veranstaltungen teilnimmt oder sich im Parlament von ihren Vertreter:innen befragen lässt – trägt unweigerlich zu ihrer Normalisierung bei. Einer Partei, die systematisch menschen- und demokratiefeindliche Ziele verfolgt und mit Mitteln des Populismus arbeitet, kann man nicht auf sachlicher Ebene begegnen. (…) Bei alledem dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren, dass wir als digitalpolitische Zivilgesellschaft vor allem eines tun müssen: den demokratischen Diskurs stärken. Wir müssen Position beziehen gegen jene, die Menschenwürde und Demokratie angreifen oder solche Angriffe legitimieren oder gar befeuern. Wir müssen Allianzen bilden mit jenen, die Gewalt und Intoleranz erfahren. Dafür aber müssen wir mehr tun als digitalpolitische Gemeinplätze bearbeiten. Stattdessen müssen wir uns klar positionieren, unbequeme Fragen stellen und offen Kritik äußern – über unseren engen Themenbereich hinaus. Nur so können wir auch digitale und analoge Freiheitsräume verteidigen, solange diese noch existieren.“ Gastbeitrag von Aline Blankertz am 22.08.2024 in Netzpolitik mit vielen praktischen Beispielen - [Kundgebung am 25.8. in Erfurt] Thüringen auf der Kippe – Deine Stimme gegen Rechts!
„Am ersten September ist in Thüringen Landtagswahl. Die rechtsextreme AfD mit dem Faschisten Höcke an der Spitze droht stärkste Kraft zu werden. Im Januar haben sich Millionen Menschen in ganz Deutschland über Rechtsextreme empört und sind auf die Straßen gegangen. Jetzt – vor der Landtagswahl – und hier – in Thüringen – ist die Gefahr konkret. Wir gehen deshalb eine Woche vor der Wahl gemeinsam auf die Straße. Lasst uns jetzt noch einmal besonders laut und viele werden! (…) Wir gehen am 25. August – eine Woche vor der Wahl – alle zusammen auf die Straße und stellen klar: Wer AfD wählt, wählt die Deportation von Millionen Menschen, wählt die Verharmlosung des Holocausts, wählt die Abschaffung von Demokratie und Rechtsstaat. Kurzum: eine faschistische und menschenverachtende Politik für Thüringen. Dieser Verantwortung müssen sich alle Wähler*innen bewusst sein und für eine solche Entscheidung gibt es keinerlei Rechtfertigung. Wir warnen vor jeglicher Zusammenarbeit von CDU, FDP und dem BSW mit der AfD. Dies werden wir nicht unwidersprochen hinnehmen! Denn wer mit der AfD zusammenarbeitet, ermöglicht den Durchmarsch der Rechtsextremen in Thüringen…“ Aufruf bei demokrateam.org zur Kundgebung am 25.8. um 13 Uhr am Landtag in Erfurt - Nach Drohungen von Rechts: Warum der CSD in Bautzen uns alle betrifft
„Die Einschüchterungsversuche der Rechtsextremen beim CSD Bautzen gehen uns alle an. Denn sie zielen nicht nur auf die Parade, sondern auch auf die freie Gesellschaft. (…) Am Sonnabend fand der zweite Christopher Street Day in der Bautzner Geschichte statt. 1.000 Menschen zogen durch die Stadt, demonstrierten für Vielfalt, Freiheit und Toleranz. Schlagzeilen machten aber nicht die Bilder fröhlicher https://x.com/MorePerfectUS/status/1825608718488420644Menschen auf dem CSD, sondern vor allem die der 700 Gegendemonstranten. Es war keine normale Gegendemonstration, kein Ausdruck einer anderen Meinung. Es war der Versuch einer Machtdemonstration von Rechtsextremen. Sie richtete sich nicht nur gegen den CSD, sondern gegen uns alle.
Bautzen war der Versuch, Menschen einzuschüchtern
Die Bilder und Videos aus Bautzen gingen durch das Land, viele überregionale Medien berichteten. Darauf zu sehen sind Menschen, die offen Erkennungszeichen der rechtsradikalen Szene tragen und „Ausländer raus“ und „Nazi-Kiez“ schreien. Sie zeigen den Versuch, Menschen einzuschüchtern, die ihnen nicht passen. Einen Teil der Veranstaltung musste der CSD absagen. Ohne das große Polizeiaufgebot hätte es wohl noch schlimmere Bilder aus Bautzen gegeben. (…) Dabei ist der CSD für die Rechtsradikalen nur ein willkommener Anlass, um ihre demokratiefeindlichen Parolen auf die Straße zu bringen. Dass sie in Bautzen „Ausländer raus“ und „Nazi-Kiez“ riefen, beweist das. Und genau deshalb sollten spätestens jetzt auch jene aufmerksam werden, die beispielsweise nicht schwul oder lesbisch sind. Jene, denen der CSD bisher noch nie wichtig war – die aber gern in einer freien Gesellschaft leben möchten, in der Minderheiten Schutz erfahren. (…) Spricht man mit Menschen, die schon viele Christopher Street Days besucht haben, vermissen sie bei den Veranstaltungen in Sachsen besonders eines: Menschen, die am Straßenrand stehen und den Demonstranten das Gefühl vermitteln, nicht allein zu sein. Menschen, die winken und zuhören. Es sind kleine Signale der Aufmunterung mit kaum zu unterschätzender Wirkung. Fehlen sie, kann das Folgen haben. Als vor einigen Wochen der mittelsächsische Landrat Dirk Neubauer öffentlichkeitswirksam seinen Rücktritt ankündigte, nachdem er wiederholt massiven Anfeindungen von Rechtsextremen ausgesetzt war, sagte er einen oft zitierten Satz. „Ich gebe auf, weil da draußen zu viele den Mund halten.““ Kommentar von Moritz Schloms vom 17.08.2024 in saechsische.de - Das Bündnis Hand in Hand #WirSindDieBrandmauer, in dem u.a. der RAV sich engagiert, ruft auf, sich vor den Landtagswahlen im Osten solidarisch mit Initiativen vor Ort zu zeigen, die sich für die Offene Gesellschaft, für Demokratie & gegen die AfD einsetzen. Konkret heißt das u.a.:
– Pirna: 24.8, Soli-Vernetzung, aus Berlin ab 11:30h
– Cottbus, 14.9., 16-20h, bundesweite Aktion und Konzert von #Unteilbar..
Siehe mehr IOnfos bei https://gemeinsam-hand-in-hand.org/ - #AfDnee: Damit aus einem Denkzettel kein Bumerang wird.
Eine Initiative von Demopuk e.V. – Verein zur Förderung demokratischer Politik und Kultur - Demos waren nur der Auftakt: In vielen Städten bilden sich Bündnisse gegen Rechtsextremismus
„Im bayerischen Fürstenfeldbruck, der Kreisstadt im Münchner Umland, ist etwas gewachsen. Und in Itzehoe, hoch im Norden. Und in Zeitz in Sachsen-Anhalt. Das Land ist in Bewegung gekommen seit der Demo-Bewegung gegen Rechtsextremismus vor einem halben Jahr. (…) Ein halbes Jahr nach den medienwirksamen Aktionen hat die Frankfurter Rundschau nachgefragt, was daraus geworden ist – gerade in kleineren Städten, wo es bisher keine Bündnisse gegen Rechtsextremismus gab. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. (…)Da ist etwas in Gang gekommen. In der Protestforschung wird der Eindruck bestätigt. „Da wurde etwas in Gang gesetzt, das bis heute nachhallt“, sagte der Konstanzer Wissenschaftler Sebastian Koos, der über die Demokratie-Bewegung geforscht hat, der Frankfurter Rundschau. „Die Strukturen haben sich ein Stück weit etabliert und institutionalisiert.“ Demonstrationen hätten „immer eine gewisse Zeitlichkeit“. Trotzdem „sollte man nicht von einem Strohfeuer sprechen“, findet Koos. Die rund vier Millionen Menschen, die zwischen Januar und März bei den Demonstrationen gegen rechts gezählt worden seien, seien sehr bemerkenswert. Damit hätten die Proteste nicht nur „eine große symbolische Kraft entfaltet“, sondern zugleich „ein latentes Mobilisierungspotenzial“ geschaffen. Das könne, etwa vor den Landtagswahlen im September, aktiviert werden. Häufig stilisierten sich Rechtsextreme gerade in Ostdeutschland als „diejenigen, die die Straße im Griff haben“, ergänzt der Dresdner Politikwissenschaftler Manès Weisskircher. Dieses Bild sei durch die Größe der Proteste durchbrochen worden. Und diese Proteste, so scheint es, waren nur der Anfang einer Bewegung, die inzwischen viel besser organisiert ist als zu Beginn dieses Jahres.“ Artikel von Pitt von Bebenburg vom 01.08.2024 in der FR online mit vielen örtlichen Beispielen - Zeit zu Handeln – Gemeinsame Erklärung antifaschistischer Strukturen zu den Wahlen in Ostdeutschland
„Das Jahr 2024 wird in die Geschichtsbücher der Bundesrepublik eingehen. Zum ersten Mal seit der Befreiung am 08. Mai 1945 werden Faschist:innen als stärkste Kraft in ein deutsches Parlament einziehen. Und das in gleich drei Bundesländern. Am 01. September stehen in Thüringen und Sachsen, drei Wochen später in Brandenburg Landtagswahlen an. In allen drei Bundesländern wird die AfD zweifelsohne als Siegerin hervorgehen. Diese Wahlabende im Spätsommer werden zur Zäsur. Zum historischen Moment für die neue faschistische Bewegung. Ihnen wird damit etwas gelingen, das für Republikanern, DVU und NPD auch zu ihren stärksten Zeiten in weiter Ferne lag. Deren Erfolg fällt nicht vom Himmel. Der Aufstieg von Höcke und Co. ist nur als Facette einer konsequenten Rechtsentwicklung der gesamten politischen Landschaft der BRD zu verstehen. Diese Entwicklung ist eine direkte Reaktion auf die tiefgreifende Krise des Kapitalismus. Um den Status Quo für die Herrschenden zu erhalten werden großflächig soziale Errungenschaften abgebaut, die Reallöhne gedrückt, Klimaschutzvereinbarungen missachtet, der Polizei immer mehr Möglichkeiten zur Gängelung und Überwachung an die Hand gegeben, die Militarisierung der Gesellschaft vorangetrieben und eine nie dagewesene Abschottung gegen Geflüchtete praktiziert. Flankiert und verschleiert wird der Klassenkampf von oben durch immer neue rassistische, antifeministische und chauvinistische Debatten. Kein Tag ohne Hetze gegen Geflüchtete, gegen Menschen, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, gegen Errungenschaften der feministischen Bewegung, gegen gesellschaftliche Minderheiten, … Die AfD fungiert in all dem als Eisbrecher in der Diskursverschiebung nach rechts. Macht das bisher Unsagbare nicht nur diskutierbar, sondern schafft einen Raum, in dem die alten „Volksparteien“ oben genanntes umsetzten können, ohne dabei das Gesicht zu verlieren. Dass ihre Forderungen aber Stück für Stück umgesetzt werden, nimmt ihr nicht etwa den Wind aus den Segeln, sondern verschafft ihren menschenverachtenden Positionen umgekehrt erst breite Legitimität. (…) Wir werden nicht tatenlos dabei zusehen, wie das erste Mal im Nachkriegsdeutschland ein Parlament gewählt wird, in dem eine faschistische Partei die größte Fraktion stellt. Dabei machen wir uns keine Illusionen: Bürgerliche Parlamente sind keine antifaschistische Bastion. Sie sind und bleiben Orte, an denen die falschen gesellschaftlichen Verhältnisse zementiert und legitimiert werden. Und auch an der gesellschaftlichen Stimmung, die hinter den Wahlergebnissen steht, können wir kurzfristig nichts ändern. Aber die Landtagswahlen im Herbst können nicht nur zur Zäsur für die Rechten werden, sondern auch noch einmal eine Gelegenheit sein, viele Menschen in konkrete Aktionen gegen Rechts zu bringen. Wir werden deshalb die Wahlsiege der Faschist:innen im September nicht unwidersprochen hinnehmen. Wir werden den Wahlkampf der AfD und ihre Wahlpartys stören, Proteste gegen das Erstarken der Rechten organisieren und den Faschist:innen im Osten nicht die Straße überlassen. Wir rufen bundesweit alle Antifaschist:innen auf, sich lokal wie überregional an den Protesten gegen die Wahlerfolge der AfD zu beteiligen und diese zu organisieren. Lasst uns damit den Startpunkt für eine neue Bewegung setzen, die mit langem Atem gegen die faschistische Gefahr kämpft. Die Zeit zu handeln ist jetzt. Geschichte wiederholt sich nicht. Sorgen wir dafür, dass es so bleibt.“ Gemeinsame Erklärung antifaschistischer Gruppen vom 26. Juni 2024 bei CAT Marburg online
- Umgang mit der AfD: Digitalpolitik muss Teil der Brandmauer sein
- Über 70.000 Menschen gegen den AfD Bundesparteitag – Bündnisse verurteilen die Kriminalisierung des demokratischen Protestes durch die Polizei NRW
- Zahlreiche Fälle von Polizeigewalt und Grundrechtsverletzungen bei Protesten gegen AfD-Bundesparteitag im Juni: Bündnis widersetzen fordert kritische Berichterstattung
„Das Bündnis widersetzen, das Ende Juni Aktionen zivilen Ungehorsams gegen den AfD-Parteitag organisiert hatte, stellte heute im Rahmen einer Pressekonferenz die Ergebnisse ihrer Aufarbeitung zahlreicher Berichte von Polizeigewalt und Grundrechtsverletzungen gegen Demonstrant*innen vor. Vor Ort waren von Polizeigewalt betroffene Demonstrant*innen, Jurist*innen sowie die Organisator*innen von widersetzen. Die Ergebnisse zeigten, so das Bündnis, ein schockierendes Bild einer intendierten Eskalation und Kriminalisierung der zivilgesellschaftlichen, friedlichen Demokratiebewegung. Die Vorkommnisse reihen sich ein in einen Diskurs über zunehmende Einschränkungen von demokratischen Protestbewegungen in Deutschland und Europa. Letzte Woche hatte beispielsweise die neuste Studie von Amnesty International vom 09.07.2024 gezeigt, dass gegen friedliche Aktionen zivilen Ungehorsams in Deutschland zunehmend mit Gewalt vorgegangen werde, um Protest zu beschränken und eine abschreckende Wirkung zu erzielen…“ Aus der Pressemitteilung vom Bündnis widersetzen vom 18.7.2024 (per e-mail), siehe dazu:- Erfahrungsberichte Polizeigewalt
„Im Nachgang des Protesttages am 29.06.24 erreichten uns unzählige Berichte von erlebter und beobachteter Polizeigewalt und Repressionen. In einem kritischen Aufarbeitungsprozess haben sich viele Betroffene und Zeug*innen an das Bündnis gewendet. Wir wollen einen Raum für diejenigen Stimmen schaffen, die diese Gewalt und traumatischen Erlebnisse erfahren haben oder vor Ort Augenzeug*innen wurden. Es wird hierbei nur ein Ausschnitt der über 100 Berichte gezeigt, wobei explizit körperliche, sowie psychische Gewalterfahrungen beschrieben werden…“ Erfahrungsberichte bei Widersetzen unter Presse – dort auch das Video zur Pressekonferenz am 18. Juli - AfD-Bundesparteitag in Essen: Schwere Vorwürfe gegen Polizei
„Beim AfD-Bundesparteitag kam es zu massiver Polizeigewalt, kritisiert die Zivilgesellschaft. Mehrere Demonstrierende hätten Knochenbrüche erlitten.
Nach den Massenprotesten gegen den AfD-Bundesparteitag in Essen erheben die Initiative „Widersetzen“ sowie das Bündnis „Gemeinsam laut“ schwere Vorwürfe gegen die Polizei. In mehr als 100 Fällen seien deren Beamt:innen mit Gewalt gegen friedlich Demonstrierende vorgegangen, erklärten die „Widersetzen“-Sprecher:innen Katharina Schwabedissen und Alassa Mfouapon am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Essen.
Protestierende seien mehrfach ohne jeden Grund eingekesselt, mit Pfefferspray eingedeckt und geschlagen worden. In mehreren Fällen sei es dadurch sogar zu Knochenbrüchen gekommen. Außerdem sei in Polizeigewahrsam Genommenen „das fundamentale Recht auf anwaltliche Vertretung“ verweigert worden, heißt es im Bericht des „Legal Teams“ der Demo, deren rund zehn Anwält:innen teilweise selbst eingekesselt worden seien. (…) „Widersetzen“-Sprecherin Schwabedissen kündigte an, durch Nachfragen bei der Stadt Essen, bei den Landesparlamenten in NRW, Hamburg und Bremen, deren Polizeieinheiten an dem Einsatz beteiligt waren, Aufklärung einfordern zu wollen. Wegen des Einsatzes der Bundespolizei gelte gleiches auch für den Bundestag, betonte Schwabedissen: „Wir lassen uns nicht kriminalisieren.““ Artikel vom Andreas Wyputta vom 18.7.2024 in der taz online
- Erfahrungsberichte Polizeigewalt
- Bilanz zu unverhältnismäßiger Gewalt mit vielen Verletzungen durch Polizeieinsatz am Protesttag 29.06. in Essen
„Nachdem am Wochenende über 70.000 Menschen erfolgreich mit bunten Protesten und Konzerten ein Zeichen gegen die menschenfeindliche Politik der AfD gesetzt haben, kommt es nun vielfach zu Berichten von Verletzungen durch Polizeihandlungen. Innerhalb eines Tages sind auf den öffentlichen Aufruf des ‚Aktionsbündnis widersetzen’ über 80 detaillierte Berichte über erfahrene oder beobachtete Gewaltausübung und daraus folgende Verletzungen eingegangen, Tendenz steigend. Das Bündnis bemüht sich um eine gute Betreuung der Betroffenen, die sich für die entgegengebrachte Solidarität bedanken. Aktuell werden diese Berichte zusammengetragen und dokumentiert, um das Ausmaß der Gewalt und eventuelle Rechtsbrüche erfassen zu können. Auch Rechtsanwält*innen haben eine Stellungnahme geschrieben . Nachdem zahlreiche Medienberichte sich um Ausschreitungen durch Demonstrierende und die zahlreichen verletzten Polizist*innen drehen, kritisiert das Bündnis widersetzen: “Wieder einmal behandeln Medien Polizeiaussagen als unabhängige Quelle für ihre Berichterstattung. Ohne Beweise erbringen zu müssen, werden friedliche Demokrat*innen dämonisiert und brutales Vorgehen von Polizist*innen legitimiert. (…)
Aus den bisher erfassten Berichten gehen Verletzungen wie Arm, Nasen- und Jochbeinbrüche, starke Augenreizungen, Atemnot und Bewusstlosigkeit hervor. Menschen beschreiben einen Einsatz von zum Teil behandschuhten Faustschlägen sowie Tritten, Pfefferspray, Schmerzgriffen oder Schlagstöcken, wobei die Handlungen teilweise gezielt auf Kopf, Hals, Brustkorb, Leber und Niere ausgeführt wurden. Hinzu kommen etliche Berichte von Prellungen, Stauchungen, Hautreizungen, beschädigten Zähnen und Platzwunden. Zu den Menschen, die Berichte gesendet haben, zählen neben Gewerkschafter*innen (ver.di Fachbereich B Hamburg, Erklärung im Anhang und auf der Website ) auch Menschen mit Migrationshintergrund, Minderjährige, Menschen mit Behinderung sowie Menschen höheren Alters.
Die Fassungslosigkeit gegenüber dem Einsatz der Einsatzkräfte am Samstag teilt auch Anja Rautenberg, Gewerkschafterin, die aus Hamburg angereist war, um mit zu demonstrieren: “Ich hatte zum ersten Mal in meinem Leben Angst auf einer Demonstration und bin zutiefst erschrocken über die einseitige öffentliche Darstellung. Während wir unsere demokratische Pflicht ernst genommen und uns den Faschisten friedlich widersetzt haben, hat die Polizei unverhältnismäßig harte Gewalt ausgeübt. Das können wir so nicht hinnehmen. (…)
Eine Vielzahl an zivilgesellschaftlichen Akteur*innen und Gruppen, die selbst Zeug*innen der Gewalt vor Ort geworden sind, fordern neben dem Bündnis widersetzen die kritische Aufarbeitung der polizeilichen Maßnahmen durch das Innenministerium.” Pressemitteilung vom 2.7.24 beim Bündnis widersetzen auf der Startseite, dort auch Links zu Videos und Berichten - RAV bestürzt über Polizeieinsatz in Essen
„Der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV) ist bestürzt über den Umgang der Polizei mit dem weitgehend friedlichen Protest gegen den AfD-Parteitag in Essen. Anlässlich der Demonstrationen gegen die extrem rechte Partei am Wochenende (28.-30.6.24) hatten Mitglieder des RAV als Anwält*innen in einem „Legal-Team“ aus insgesamt 13 Personen die Versammlungen beobachtet und begleitet. „Bei den Demonstrationen am Samstagmorgen mussten wir ein äußerst provokantes und gewaltbereites Auftreten der Einsatzkräfte und massive Polizeigewalt beobachten“, kritisiert Rechtsanwältin und RAV-Mitglied Anna Busl. Sie war Teil des Legal Teams und vor Ort dabei. „Die Kommunikation mit uns als Legal-Team wurde größtenteils verweigert. Ein lösungsorientiertes, deeskalierendes Handeln der Polizei konnten wir leider kaum feststellen“, so Busl. Stattdessen kam es zu Würgegriffen von hinten durch Polizeikräfte, Tritte der Einsatzkräfte gegen am Boden liegende Menschen sowie Faustschlägen ins Gesicht. Auch kamen Pfefferspray und Schlagstöcke zum Einsatz, was sich in den vom RAV beobachteten Fällen als vollkommen unverhältnismäßiges Vorgehen der Polizei darstellte. Mindestens eine Person, die an der Versammlung teilgenommen hatte, erlitt einen Armbruch. Hinzu kamen Schürfwunden, Prellungen und weitere Verletzungen. Mehrfach war der Einsatz von Sanitäter*innen erforderlich. In den meisten Medien sowie von der Polizei Essen wird jedoch vornehmlich erwähnt, dass Einsatzkräfte verletzt worden seien.
Polizei umzingelt Anwälte
Zeitweise wurden die anwaltlichen Mitglieder des Legalteams in einem Kessel von der Polizei umzingelt, gewaltsam daran gehindert, diesen zu verlassen und körperlich angegangen. Auch wurde eine Person durch Einsatzkräfte abtransportiert, ohne ihrem Wunsch nach anwaltlicher Unterstützung nachzukommen, obwohl dieser explizit geäußert wurde, und Anwält*innen vor Ort waren. Nach RAV-Informationen befanden sich insgesamt 23 Personen in Gewahrsam…“ RAV-Pressemitteilung vom 2. Juli 2024 - Größte Proteste, die Essen gesehen hat +++ Erfolgreichste Aktionen gegen einen AfD Bundesparteitag +++ Bündnisse verurteilen die Kriminalisierung des demokratischen Protestes durch die Polizei NRW
„Das Bündnis widersetzen blickt mit über 7000 Teilnehmer*innnen aus über 80 Städten aus dem gesamten Bundesgebiet auf erfolgreiche Aktionen zur Verzögerung des Bundesparteitages zurück. Zusammen mit Gemeinsam Laut bildeten sie mit 70.000 Teilnehmer*innen den größten Protest der Geschichte Essens. Mit Aktionen des zivilen Ungehorsams wollen sie sich einreihen in demokratische Bewegungen wie der Bürgerrechtsbewegung der USA oder dem Kampf gegen Apartheid in Südafrika. Sie kritisieren den Umgang der Polizei und des Innenministers mit den friedlichen Demonstrant*innen.
“Es macht uns einfach nur sprachlos, dass ein AfD Politiker in eine friedliche Demonstration geht und Demonstrant*innen anspuckt und Menschen in die Wade beißt. Wir kennen ein solches Verhalten nur aus dem Kindergarten. Es ist schockierend, dass die Polizei versagt hat, unseren friedlichen Protest zu schützen, während sie gewaltvoll den AfD Parteitag für offene Faschisten ermöglicht hat, Falschmeldungen über Schwerverletzte verbreitet und immer noch Menschen in Gewahrsam den Zugang zu einem Anwalt erschwert. Das ist ein Skandal!”, sagt Katharina Schwabedissen, ver.di-Gewerkschaftssekretärin und Sprecherin von widersetzen.
Es seien immer noch ca. 10 Demonstrant*innen in Gewahrsam. Ihnen werde ihr Recht auf anwaltlichen Beistand erschwert und sie wurden in sogenannte Unterbindungsgewahrsam genommen, also Präventivhaft. Diese soll bis heute Abend um 20 Uhr dauern. Die Menschen werden immer noch in Bochum festgehalten, obwohl sie vielleicht schon auf dem Nachhauseweg waren und die widersetzen Aktionen gestern für beendet erklärt wurden…“ Pressemitteilung von Widersetzen vom 30.6.2024 (per e-mail), siehe dazu auch die Aufzeichnung der Pressekonferenz vom 30.6. bei youtube - Fotos
- „Über 70.000 Menschen sind am Samstag in Essen auf die Straße gegangen, um u.a. ein Zeichen gegen Rassismus, Antisemitismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu setzen. Anlass für ihr Protest war der Bundesparteitag der AfD.“ Fotogalerie von PM Cheung auf flickr
- „Über 5.000 Meschen protestierten am 28.6.24 als Rave-Demonstration gegen den AfD-Bundesparteitag in Essen. In aller Frühe des 29.6.24 beteiligten sich tausende Menschen an ungehorsamen Aktionen gegen den AfD-Bundesparteitag in Essen.“ Fotogalerie von Kinkalitzken auf flickr
- So ging der AfD Parteitag in Essen nach hinten los
„Eigentlich wollte die AfD auf ihrem Parteitag in Essen nach den Skandal-geplagten EU-Wahlen nochmal Selbstbewusstsein tanken vor den wichtigen Wahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Aber das ging durchaus nach hinten los. Wegen dem, was auf und um den Parteitag herum geschah. Ein gigantischer Protest, peinliche Reden und eine Stärkung des gesicherten rechtsextremen Flügels dürften zwar leider naive und unkritische AfD-Kern-Wähler nicht davon abbringen, die Partei weiter zu wählen. Dieser Personenkreis ist so indoktriniert, dass er sich gegenüber sachlichen Argumenten sowieso hermetisch abgeriegelt hat. „Kritisches Hinterfragen“ gilt dort als illoyal und Zeichen, dass man nicht dazugehört. Für den Rest von uns und auch für AfD-Wähler, die das kritische Denken noch nicht völlig abgegeben haben, gab es auf dem Parteitag allerdings durchaus Gründe für starke Zweifel am Kurs der AfD, auch wenn sie sich fast ungewohnt harmonisch präsentiert hat…“ Beitrag von Thomas Laschyk, Philip Kreißel vom 30.6.2024 bei Volksverpetzer - Protest gegen AfD-Bundesparteitag: In Essen unerwünscht
„Zehntausende demonstrieren am Samstagvormittag gegen den Bundesparteitag. Am Morgen kommt es zu ersten Blockaden.
Eine schier unüberschaubare Menschenmenge ist am Samstagvormittag in Essen auf der Straße. Sie demonstriert gegen den AfD-Bundesparteitag der gerade in der Grugahalle angefangen hat. Friedlich und bunt macht sich ein Protestzug vom Hauptbahnhof aus zu einem Messparkplatz in die Nähe der Halle auf, wo ab 14 Uhr die zentrale Kundgebung der Proteste stattfinden soll. Nach einer Weile erstreckt er sich auf mehrere Kilometer Länge. Viele Teilnehmende halten selbstgebastelte bunte Plakate in die Höhe, Genaue Angaben zur Zahl der Demonstrierenden will die Polizei zunächst nicht machen, es seien auf jeden Fall „mehrere tausend“, sagt ein Sprecher. „Gemeinsam Laut“, das Aktionsbündnis, das zu der Großdemo aufgerufen hat, vermeldet 50.000 Teilnehmende. „Am Wochenende demonstrieren mehr Menschen lautstark gegen die AfD, als die Partei Mitglieder hat“, erklärt die Sprecherin von Gemeinsam Laut, Linda Kastrup. „Die AfD ist hier ganz klar nicht willkommen. Gemeinsam stehen wir für eine weltoffene und demokratische Gesellschaft.“ (…) Schon um sechs Uhr morgens stehen und sitzen an der Autobahnabfahrt Essen-Haarzopf ein paar hundert Demonstrierende in gelben Warnwesten auf der Straße – Zehntausende sollen es an diesem Samstag noch werden. Vor ihnen steht ein bunt angemalter Transporter, aus dem Musik ertönt. Ein großes Plüsch-Einhorn guckt vom Dach aus auf die Menge. In den nächsten Stunden werden es immer mehr, die „Alle zusammen gegen den Faschismus“ rufen. Sie haben ein Ziel: „Wir wollen die AfD stören und verhindern, dass sie ihre faschistische Ideologie weiterverbreitet“, sagt Alassa Mfouapon, Sprecher der Gruppe „Widersetzen“, die seit Wochen dazu aufruft, den AfD-Bundesparteitag zu „verhindern“. Die Demonstrierenden klatschen und jubeln immer wieder, denn sie wissen,dass über diese Autobahnausfahrt in den nächsten Stunden wohl kein AfD-Abgeordneter zum Parteitag anreisen kann. Aus der Ferne sind noch mehr Demonstrierende, Pfeifen und ein Trompetenspieler zu hören. (…)
Auch an der Joseph-Lenné-Straße hinter der Grugahalle haben sich einige Demonstrierende versammelt. „Hier mussten schon viele Abgeordnete wieder umdrehen“, freuen sie sich. Hinter ihnen stehen drei Mannschaftswagen der Polizei. Die Straßen in unmittelbarer Nähe sind mit Polizeiketten gesichert. Wer hier durch möchte, muss sich als Journalist:in oder Anwohner:in ausweisen. Es kommt an mehreren Stellen zu kleineren Auseinandersetzungen, auch weil teilweise Gruppen versucht haben, Polizeiabsperrungen zu durchbrechen. Sie wollten in den Sperrbereich rund um die Grugahalle gelangen. In unmittelbarer Nähe der Halle ist die Stimmung angespannter. Manche Abgeordnete kommen zu Fuß. Sobald sie erblickt werden, kommen Demonstrierende von mehreren Seiten angelaufen und stimmen laute Sprechchöre an. „Haut ab“, ist dann zu hören. Journalist:innen berichten, dass schon vor Beginn der Proteste Autos, davon viele dicke SUVs, an der Messe angekommen seien. Aller Aktionen zum Trotz: Die ersten Delegierten haben die Grugahalle also schon erreicht…“ Bericht von Andreas Wyputta, Gareth Joswig und Cedrik Pelka vom 29. 6. 2024 in der taz online - Proteste gegen AfD in Essen: Tausende bei Blockaden und Großdemo. AfD-Parteitag startet mit minimaler Verzögerung
„Antifa heißt früh aufstehen, war an diesem Samstag das Motto beim Protest gegen den AfD-Parteitag in Essen. Noch in der Nacht haben sich etwa 2000 Menschen im Osten der Ruhrgebietsstadt bei einem antirassistischen Camp aufgestellt. In den nächsten Stunden laufen sie mehr als zehn Kilometer, um in die Nähe der Grugahalle zu kommen, in der der Parteitag stattfindet. Sie haben das gleiche Ziel wie viele andere Gruppen, die an diesem Tag in Essen unterwegs sind: den AfD-Parteitag blockieren. Das Bündnis »Widersetzen« hatte im Vorfeld zu den Blockaden aufgerufen. Die AfD-Delegierten sollen daran gehindert werden, in die Grugahalle zu gelangen, um so den Parteitag aufzuhalten. Dafür wählten die Antifaschist*innen verschiedene Wege: Eine Gruppe von gut 300 Menschen läuft aus der Essener Innenstadt zu einem Hotel, in dem mehrere Delegierte untergebracht sind. Später wird sich herausstellen, dass darunter auch Beatrix von Storch ist. Die Polizei muss starke Kräfte einsetzen, um von Storch und andere AfD-Anhänger aus dem Hotel zu geleiten. Ähnliche Erfahrungen müssen auch andere machen, die zum AfD-Parteitag anreisen: Ein Taxi mit Erika Steinbach, Vorsitzende der Desiderius-Erasmus-Stiftung, muss an einer Blockade wenden. Delegierte, die sich noch in Bäckereien oder Supermärkten in der Nähe der Grugahalle mit Verpflegung versorgen, werden immer wieder von Antifaschist*innen blockiert oder wenigstens auf ihrem Weg in die Grugahalle begleitet und für die Inhalte ihrer Partei beschimpft. (…) Für manche Gegendemonstrant*innen hatten ihre Störungen jedoch schwere Konsequenzen. An mehreren Blockadepunkten griff die Polizei hart durch, setzte Pfefferspray und Schlagstöcke gegen die Demonstrierenden ein. Antifaschist*innen, die in mehreren Bussen anreisten, wurde von der Polizei pauschale Platzverweise für das Essener Stadtgebiet erteilt.
Zusätzlich zu den Blockaden, an denen sich laut dem Bündnis »Widersetzen« 7000 Menschen beteiligt haben, startete am Vormittag eine Großdemonstration mit rund 30.000 Teilnehmenden. Auch sie zog in Richtung der Grugahalle…“ Artikel von Sebastian Weiermann vom 29.06.2024 in ND online - Siehe auch: “Anti-AfD-Proteste: Zwei schwer verletzte Polizisten”… Ein kurzer Brief an die deutsche Presse
- Zahlreiche Fälle von Polizeigewalt und Grundrechtsverletzungen bei Protesten gegen AfD-Bundesparteitag im Juni: Bündnis widersetzen fordert kritische Berichterstattung
- Auf die Straße gegen den AfD Bundesparteitag in Essen 28. – 30. Juni
„Vom 28. bis 30. Juni 2024 will die AfD in der Grugahalle Essen – im Herzen des Ruhrgebiets – ihren Bundesparteitag abhalten. Wir lassen nicht zu, dass die AfD unwidersprochen ihren Rassismus verbreitet! Kommt nach Essen, um mit uns gemeinsam an allen drei Tagen mit unterschiedlichsten Aktionen gegen den Parteitag der AfD zu protestieren!…“ Aufruf bei Gemeinsam laut – und alle Infos auch unter https://widersetzen.com/ oder und beim bundesweitem Bündnis Aufstehen gegen Rassismus – siehe u.a. auch den Aufruf von ver.di NRW und weitere:- #NichtMeinParteitag: Kampagne des Zentrum für Politische Schönheit – leider nicht gewerkschaftlicher Aufruf
- „Letzte Chance, AfD-Parteitag zu verhindern! Unsere Gewerkschaft sucht in Essen mutige Menschen, die nicht beim „Bundesparteitag“ der AfD arbeiten wollen. – Flackert bei Phoenix das Licht? Ton weg? Die neue Gewerkschaft ist am Werk! NIemand muss für Rechtsextreme arbeiten“ Tweet von @politicalbeauty vom 27. Juni 2024 mit Video und zuvor:
- „BREAKING: Unser neuer Gewerkschafts-Stern ist in Essen vor Ort, um den Mitarbeitenden die Teilnahme am AfD-Reichsparteitag auszureden. Wenn das Licht bei Phoenix schlecht ist und der Ton ausfällt: Dann wisst Ihr, es waren die Mitglieder der Gewerkschaft des Flyerservice Hahn!“ Tweet von @politicalbeauty vom 26. Juni 2024 mit Fotos (siehe eines davon)
- „Stellt euch vor, es ist AfD-#Bundesparteitag, aber keine ist da, um zu arbeiten. – Niemand muss gegen seinen Willen Rechtsextreme unterstützen oder für sie arbeiten! Lasst euch krankschreiben! Der Personalservice Hahn betritt Sabotage-Neuland. Ab Freitag ist Parteitag in #Essen.“ Tweet von @politicalbeauty vom 25. Juni 2024 mit Fotos
- AfD-Bundesparteitag in Essen: Kein Bock auf Faschos
„Die extrem rechte Partei will am Wochenende in Essen einen neuen Vorstand wählen. Doch auf die AfD warten im Ruhrgebiet massive Proteste…“ Überblick der Aktionen von Andreas Wyputta am 27.6.2024 in der taz online - Live: #Widersetzen im Radio – Berichte und Hintergründe zum AFD-Parteitag in Essen – im Radio Nordpol oder Radio Corax und anderen
- Polizei schränkt Antirassismus-Camp in Essen ein: Mit Verzögerungen beim AfD-Parteitag ist zu rechnen
Artikel von Sebastian Weiermann vom 25.06.2024 in ND online - AfD-Parteitag in Essen: Mit Tanz und Kreide gegen die AfD
Aktionsüberblick im Artikel von Andreas Wyputta vom 17.6.2024 in der taz online - Neben vielen Aktionen ist v.a. geplant die Kundgebung am 29. Juni 2024 (Beginn der Demo um 10 Uhr am Essen Hauptbahnhof, Ausgang Freiheit; ab 14 Uhr startet die Kundgebung an der Grugahalle)
- Siehe für aktuelle Infos auch Essen stellt sich quer und Essener Allianz für Weltoffenheit
- #AfDBPTVerhindern / #TDGR / #nieWIEDERistJETZT
- Kein Platz für Antifaschist*innen beim AfD-Parteitag in Essen? VVN-BdA beklagt unkooperatives Verhalten der Polizei Essen vor AfD-Parteitag
„In etwas mehr als einem Monat will die AfD ihren Bundesparteitag in Essen abhalten. Eine wichtige Veranstaltung für die Partei. (…) Die Ereignisse der vergangenen Monate und der immer klarer faschistische Kurs der AfD dürften auch ihren Teil dazu beitragen, dass der Protest gegen den Parteitag weitaus größer ausfallen dürfte als in den vergangenen Jahren. Von einer Rave-Demo über Blockaden bis zur Kundgebung mit Essens CDU-Oberbürgermeister Thomas Kufen ist so ziemlich alles geplant, was man sich an Protestaktionen vorstellen kann. Eine Kundgebung will auch die altehrwürdige Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) durchführen. Angemeldet wurde die Kundgebung auf der Norbertstraße, nah an der Grugahalle, in der die AfD tagen will. Das passt der Essener Polizei nicht. Mitgeteilt hat die Polizei das Frank Laubenburg, der die Kundgebung für die VVN-BdA angemeldet hat, vor einer Woche per Telefon, verbunden mit dem Vorschlag, man könne sich doch am Samstag einer der anderen Anti-AfD-Demonstrationen anschließen und die eigene Kundgebung erst am Sonntag veranstalten. Der Ort, an dem die Kundgebung stattfinden soll, sei am Samstag jedenfalls nicht verfügbar. Das passe nicht in das »Sicherheitskonzept« der Polizei. Für Laubenburg, der schon in vielen Städten in Nordrhein-Westfalen Demos gegen rechts angemeldet hat, sind das dreiste Ansagen. Über das Sicherheitskonzept wollte die Polizei ihn nämlich nicht informieren. Das sei »intern«, hieß es. »Das ist aus meiner Sicht ziemlich unkooperativ von der Polizei«, ärgert sich Laubenburg. Läge das Sicherheitskonzept vor, hätte man ja wenigstens eine Diskussionsgrundlage, so der Antifaschist. Mehr Informationen als Anmelder*innen von Demonstrationen bekommt in Essen die »Westdeutsche Allgemeine Zeitung« (WAZ). In dem Blatt stellten Stadt und Polizei am Ende der vergangenen Woche nämlich den Rahmen ihres Sicherheitskonzeptes für das Parteitagswochenende vor. Darin spricht der Essener Ordnungsdezernent von der »schwierigsten Aufgabe« in seiner langen Dienstzeit. Um die AfD gut abzuschirmen, will die Stadt am Parteitagswochenende den Grugapark und das Grugabad schließen. So könne man Attacken auf den Parteitag »von hinten« verhindern. Auch warum die Kundgebung der VVN-BdA nicht auf der Norbertstraße stattfinden soll, wird aus dem Artikel der »WAZ« klar. Die Straße soll nur den Delegierten der AfD und anderen »Berechtigten« zur Verfügung stehen. Ziel des Ganzen: Die Rechten sollen sich der Stadt von Süden nähern, nicht vom Protest behelligt werden und quasi direkt vor dem Ort des Parteitags ihre Autos parken können. Die Polizei warnt Essener Bürger*innen wegen der Veranstaltung vor »erheblichen Einschränkungen«. Der lakonische Kommentar von Frank Laubenburg zu dem, was über das Sicherheitskonzept bekannt geworden ist: »Der letzte Parteitag, für den eine halbe Stadt abgesperrt wurde, dürfte 1938 in Nürnberg gewesen sein.«“ Artikel von Sebastian Weiermann vom 27. Mai 2024 in Neues Deutschland online - Nie wieder ist jetzt! Aufruf zu Protesten gegen den AfD Parteitag in Essen vom 28. – 30. Juni 2024
„Vom 28. bis 30. Juni 2024 will die AfD in der Grugahalle Essen – im Herzen des Ruhrgebiets – ihren Bundesparteitag abhalten. Wir unterstützen alle friedlichen Proteste, Kundgebungen und Demonstrationen gegen den AfD Parteitag vom 28. – 30. Juni 2024 in Essen. Wir rufen die Mitglieder im FB C NRW auf, sich dem AfD Parteitag entgegenzustellen. Wir fordern dazu auf, der AfD nicht den Raum zu geben, den sie Tag für Tag gegen unsere Interessen für sich einfordert und verbreitert. (…) Als Gewerkschafter*innen wissen wir, was es bedeuten kann, wenn eine rechtsreaktionäre Partei mit einem faschistischen Flügel einen Fuß in die Türen der Parlamente oder Regierungen stellt. Wir haben nicht vergessen, dass 1933 – nur drei Monate nach der Machtübernahme der NSDAP – die Gewerkschaften in Deutschland verboten, ihre Häuser angezündet, unsere Kolleginnen und Kollegen in Lagern gefangen und ermordet wurden. „Nie wieder ist jetzt“ ist für uns mehr als ein Slogan. Dieser Satz heißt für uns jetzt Verantwortung dafür zu übernehmen, dass „Nie wieder“ Realität bleibt. (…) Zum ersten Mal in der deutschen Nachkriegsgeschichte besteht mit der AfD die Gefahr der dauerhaften Etablierung einer faschistischen Massenpartei. Der faschistische Flügel um Björn Höcke dirigiert bereits die Partei und dominiert das Programm. (…) Dass die AfD ihren Bundesparteitag ausgerechnet im Ruhrgebiet plant, ist eine Kampfansage an eine Region, die seit über 200 Jahren von Migration geprägt ist. Sie trauen sich aus ihren Komfortzonen heraus und wollen neue, größere Räume erobern. Wir wollen ihnen diese Räume nicht geben. Wir wollen uns der Raumnahme durch die AfD massenhaft widersetzen: mit Kundgebungen, Demonstrationen und kreativen Aktionen. (…) Wir stehen an der Seite von Millionen Menschen, die in den letzten Monaten gegen die Deportationspläne der AfD auf die Straße gegangen sind. Wir sagen aber auch: Wenn wir der AfD nicht aktiv den Raum nehmen, den sie sich nehmen will, werden wir die Ausbreitung des Faschismus nicht verhindern. Wir wollen klar machen, dass es unsere Räume sind: Räume der Demokratie, der Vielfalt und der Menschlichkeit.“ Aufruf von ver.di Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft in Nordrhein-Westfalen vom April 2024 - Bundesweite Mobilisierung gegen AfD-Parteitag in Essen: Kampagne will Tausende gegen die AfD auf die Straße bringen
„Ein Blick neun Jahre zurück: Das erste Juli-Wochenende im Jahr 2015. Es ist heiß in Deutschland. Noch heißer ist es in der Essener Grugahalle. 4000 Mitglieder der AfD haben sich zum Bundesparteitag getroffen. Die Partei ist damals in einer Krise. Der EU-kritische Schwerpunkt der »Professorenpartei« ist am Ende. Rechtere Kräfte übernehmen in der AfD den Ton. In Essen wird Bernd Lucke gestürzt. Frauke Petry wird AfD-Chefin. Damals unterstützt vom Lager um Björn Höcke. Die AfD hat sich seitdem immer weiter ins Lager der extremen Rechten bewegt. Faschist*innen sind heute an zentralen Schalthebeln der Partei. Neun Jahre später, am letzten Juni-Wochenende, will sich die Partei wieder in Essen zum Parteitag treffen. Eine Gemeinsamkeit. Damals wie heute wird es Protest geben. 2015, als viele noch meinten, die AfD sei eine konservativere Variante der CDU, hielt sich der Protest in Grenzen. 70 Menschen kamen zu einer Kundgebung des Bündnisses »Essen stellt sich quer«. So klein soll und wird der Protest in diesem Jahr nicht ausfallen. Umfragespitzen für die Landtagswahlen in Ostdeutschland und die Correctiv-Recherchen haben viele Menschen aufmerksam werden lassen. Es gibt eine extrem rechte Partei in Deutschland, sie hat reale Machtoptionen und ist eine Gefahr für Millionen Menschen im Land. Ende April hat sich bei einem Online-Treffen mit über 170 Menschen und Organisationen das »Widersetzen«-Bündnis gegründet. Das Ziel ist einfach, möglichst viele Menschen gegen den Parteitag der AfD auf die Straße bringen. Das Protestbündnis will an die erfolgreichen Blockaden der großen Naziaufmärsche in Dresden vor einigen Jahren anknüpfen. Ein zentrales Element damals wie heute. Eine bundesweite, solidarisch finanzierte Busanreise. Mit einfachen Mitteln soll es vielen Menschen ermöglicht werden, den Weg zum Protest in Essen zu organisieren. In der Ruhrgebietsstadt soll dann mit Mitteln des zivilen Ungehorsams gegen den AfD-Parteitag vorgegangen werden. (…) Vieles, was das Protestwochenende in Essen betrifft, ist noch offen. Etwa ob es Camps geben wird. Einiges ist allerdings auch schon klar. Unter »gemeinsam-laut.de« informieren die Gruppen und Bündnisse über die Aktivitäten am Protestwochenende, das unter dem Motto »Gemeinsam laut – Gesicht zeigen gegen Hass und Hetze« stattfindet. Am Freitag, dem 28. Juni, geht es mit einer Rave-Demo los. Anschließend soll auch in zahlreichen Clubs der Stadt gegen die AfD getanzt werden. Samstag gibt es neben den Aktionen zivilen Ungehorsams eine Großdemonstration, Kundgebungen in der Nähe des Parteitags und einen Markt der Möglichkeiten, bei dem sich Initiativen aus ganz Deutschland vorstellen können. Am Sonntag endet das Protestwochenende mit einer Mahnwache vor der Grugahalle…“ Artikel von Sebastian Weiermann vom 3. Mai 2024 in Neues Deutschland online
- #NichtMeinParteitag: Kampagne des Zentrum für Politische Schönheit – leider nicht gewerkschaftlicher Aufruf
- Auf einen Blick: Aufstieg des Rechtspopulismus: Erklärungsansätze und Analysen
„Die Einflussnahme rechtspopulistischer Gruppen stellt die Grundlagen des gesellschaftlichen Zusammenlebens in Frage. Wie es dazu kam und welche Strategien dagegen helfen können, zeigt unser Forschungsüberblick…“ Beitrag der HBS vom 10.06.2024 - Das Zentrum wird nicht halten: Das Ergebnis der Europawahl macht den Antifaschismus zum zentralen Kampffeld in der voll einsetzenden Systemkrise. Ende Juni steht in Essen die erste große Bewährungsprobe an
„Das Zentrum wird weiter erodieren, die politische Mitte der spätkapitalistischen Metropolengesellschaften wird ihre faschistische Transformation fortsetzen. Die extremistische Rechte wird weiterhin Auftrieb erfahren. Diese Prozesse sind politischer Ausdruck der unlösbaren Systemkrise, in der sich der Kapitalismus befindet. Die ökonomische wie ökologische Agonie des Kapitals, an der die gegenwärtigen Funktionseliten scheitern müssen, treibt dem Faschismus die Wählermassen zu. Das ganze Geheimnis des Erfolgs der Neuen Rechten und des aufschäumenden Faschismus besteht darin, dass es hier kein Geheimnis gibt. Alles liegt offen zutage. Der Faschismus hat keine Tiefe. Er wuchert an der Oberfläche der krisengeplagten spätkapitalistischen Gesellschaften. Er gedeiht in den Gossen des Internets, in den sozialen Netzwerken und in der meinungsbildenden Kulturindustrie, in der Talkshow, auf den Kommentarspalten und im Leitartikel. Die argumentativen Peinlichkeiten, der plauderhafte Ton und die gemeinsame Sprache, mit denen bürgerliche Moderatoren an der postulierten „Demaskierung“ von AfD-Leuten in ihren jämmerlichen Talkshows scheitern, die jedes Mal Spitzeneinschaltquoten erreichen, wenn ein faschistischer Menschenhasser eingeladen wird, machen klar, dass hier tatsächlich die Mitte der Gesellschaft mit sich selbst spricht. (…) Der Neoliberalismus mit seinem Sozialdarwinismus und Wirtschaftsstandortnationalismus bildeten die Sprungbretter, derer sich die Neue Rechte bediente. Sie treibt den neoliberalen Konkurrenzzwang ins nationale und rassistische Extrem, indem sie in Reaktion auf immer neue Krisenschübe korrespondierende Feindbilder aufbaut. Es gibt keinen ideologischen Bruch zwischen der kapitalistischen Mitte und dem Faschismus, der in seiner Ideologie nur die Krisenlogik des Kapitals legitimiert, das auf seine sozioökologische Verwertungskrise mit einer Entgrenzung und einem Ins-Extrem-Treiben seines Verwertungszwangs reagiert. Der zivilisatorische Lack blättert nun auch in den Zentren ab, der barbarische Kern kapitalistischer Vergesellschaftung kommt in der Krise zum Vorschein. Der Faschismus ist der subjektive Träger dieser objektiven Krisentendenz, die einem Extremismus der Mitte hervorbring, der gerade deswegen bei seiner autoritären Revolte so erfolgreich ist, weil er keinen Bruch mit den Verhältnissen will, weil alles im eingefahrenen ideologischen Gleiß verbleibt. Der Kapitalismus fällt in seiner Agonie gewissermaßen in seinen barbarischen Urzustand, in die Zeit seiner „blut- und schmutztriefenden“ (Marx) Durchsetzung in der frühen Neuzeit zurück – nur dass jetzt Milliarden, und nicht Millionen von Menschenleben auf dem Spiel stehen. (…) Die breit angelegten Proteste vom 28. Bis 30. Juni gegen den AfD-Parteitag in Essen bieten in dieser Hinsicht durchaus Anlass zur Hoffnung. Im Gegensatz zu der Protestwelle gegen die faschistischen Massendeportationspläne zu Jahresanfang, die vom krisenbedingt erodierenden liberalen Konsens getragen wurde, ist das Essener Anti-AfD-Bündnis für unterschiedliche Protestformen offen, ähnlich den erfolgreichen Antifa-Protesten der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts, die von Gewerkschaften bis zu Autonomen reichten. Hier gilt es, nicht nur eine Vielfalt von Protestformen zur Entfaltung zu bringen, sondern auch eine radikale Kritik des Faschismus als Krisenideologie in die Proteste hineinzutragen, die auch die offen zutage liegende Notwendigkeit einer emanzipatorischen Systemtransformation offensiv thematisiert. Gerade weil das Kapital an sich selbst zerbrich und den Zivilisationsprozess mit in den Abgrund zu reißen droht, gerade weil das Zentrum nicht halten wird.“ Beitrag von Tomasz Konicz vom 23. Juni 2024 auf seiner Homepage - Botschaft der Nachkommen von Widerstandskämpfern und Widerstandskämpferinnen: Heute gemeinsam handeln! Den Vormarsch der extremen Rechten stoppen!
„Unsere Eltern und Großeltern traten meist schon vor 1933 dafür ein, Faschismus und Krieg zu verhindern. Sie kamen meist aus dem Arbeiterwiderstand – Gewerkschafter, Sozialdemokraten, Kommunisten – und gehörten zu den ersten, deren Organisationen zerschlagen und deren Mitglieder in Konzentrationslager verschleppt, ins Exil getrieben oder ermordet wurden, unter ihnen auch jüdisch Verfolgte. Zu ihren bittersten Erkenntnissen gehörte, dass die Faschisten 1933 nicht an die Macht kamen, weil sie stärker waren als ihre Gegner, sondern weil ihre Gegner sich nicht rechtzeitig zusammenfanden. Heute sollte jeder wissen, was „Faschismus an der Macht“ bedeutet! Heute gibt es keine Entschuldigung mehr, wenn wir den faschistischen Kräften nicht gemeinsam entschlossen entgegentreten. Viele der überlebenden Antifaschisten traten für ein demokratisches Deutschland, gegen ein Wiederaufleben des faschistischen Ungeistes ein. Sie stellten sich gemeinsam mit jüngeren Antifaschisten gegen gewalt- tätige Nazis und den rassistischen Mob, der Anfang der 1990er Jahre Überfälle auf Ausländerunterkünfte und „Fremde“ organisierte. Sie kämpften getreu dem Schwur der überlebenden Häftlinge des KZ-Buchenwald: „…Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung, der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“ Und sie leisteten Unglaubliches als Zeitzeug*innen, indem sie jungen Menschen aus eigenem Erleben von ihren Erfahrungen aus dem antifaschistischen Kampf und von den Folgen faschistischer Herrschaft, nicht nur in unserem Land, berichteten. Wir, die Nachkommen, halten es für unsere historische Pflicht, in dieser Zeit des wachsenden Rechtsextremismus zu warnen! In ihrem Sinne sagen wir deutlich: Wir brauchen das breite politische, zivilgesellschaftliche Bündnis aller Menschen, die sich für eine demokratische, friedliche, sozial gerechte Gesellschaft einsetzen, ohne Ausgrenzung und Kriminalisierung von Migranten oder Flüchtlingen. Damals die NSdAP und heute die AfD proftieren von der Unzufriedenheit der Menschen mit der sozialen Lage. Nur bei Absicherung der Lebensgrund- lage Aller, können die extremen rechten Gruppen und Parteien zurückgedrängt werden. (…) Sorgen wir gemeinsam dafür, dass der Raum für die extreme Rechte auf der Straße, im Betrieb und insgesamt in der Gesellschaft enger wird…“ Aufruf der Kinder des Widerstandes in Nordrhein-Westfalen vom 19. Juni 2024 bei der VVN-BdA – siehe auch den Aufruf der VVN-BdA gegen den Parteitag - Überlebende des 2. Weltkrieges richten dringenden Appell an Erstwähler: Nie wieder ist jetzt
„Dies ist ein Brief an unsere Enkelinnen und Enkel, an Erstwählerinnen und Erstwähler, an alle Demokratinnen und Demokraten. Für Millionen von Euch ist die Europawahl die erste Wahl in Eurem Leben. Für viele von uns könnte es die Letzte sein. Als die Rechten das letzte Mal an die Macht kamen, waren wir noch Jugendliche, teilweise Kinder. Sie versprachen, dieses Land wieder groß zu machen. Sie versprachen, dass die Deutschen zuerst kämen. Und sie fanden Schuldige für alles, was nicht funktionierte: Die Juden, die Sinti und Roma, die Homosexuellen, die Menschen mit Behinderungen, die engagierten Demokraten. Schritt für Schritt wurden Millionen Menschen ihre Rechte entzogen, bis zu ihrem Recht auf Leben. Wir konnten es damals nicht verhindern. Aber ihr könnt es heute. Es fing nicht mit Konzentrationslagern an. Die Rechten sind damals nicht durch einen Staatsstreich an die Macht gekommen, sondern auf demokratischem Wege. Zu viele haben sie unterschätzt, sie nicht ernst genommen. Und in wenigen Jahren wurde Frieden zu Krieg. Wurde aus unserer Demokratie eine Diktatur. Deshalb wenden wir uns heute mit einer einfachen Botschaft an Euch: Lang lebe die Demokratie. Tun wir alles in unserer Macht Stehende dafür. Denn so selbstverständlich, wie sie scheint, ist sie nicht. Wir müssen für sie kämpfen, jeden Tag. Wir müssen miteinander sprechen, aufeinander zugehen, den Schwächsten eine helfende Hand ausstrecken. Wir vertrauen dabei auf die Jugend. Wir vertrauen auf Euch! Wir bewundern Eure Lebensfreude, Euer Engagement für eine bessere und gerechtere Welt. Und wir verstehen auch Eure Frustration darüber, dass vieles in diesem Land und in dieser Welt nicht so läuft, wie es könnte. Doch glaubt uns, nicht zu wählen ist keine Lösung…“ Offener Brief Überlebender des Holocausts vom Juni 2024 bei AVAAZ.org - Aktionsaufruf des Bündnisses „Rechtsextremismus stoppen – Demokratie verteidigen“
„Wir stehen ein für eine demokratische, offene und vielfältige Gesellschaft, für Frieden und Freiheit, Vielfalt und Menschenrechte, die Wahrung der Menschenwürde, wirtschaftliche Sicherheit und soziale Gerechtigkeit. Jetzt vor den Europa- und Kommunalwahlen ist es wichtiger denn je, entschieden gegen Rechtsextremismus einzutreten. Wir schließen uns in der ganzen demokratischen Breite dagegen zusammen. Direkt vor der Europawahl am 9. Juni und den Kommunalwahlen in neun Bundesländern gehen wir deshalb gegen die extreme Rechte auf die Straße. Mit Großdemos in neun deutschen Städten und kleineren Demonstrationen an hunderten Orten im ganzen Land feiern wir die Demokratie. Wir rufen unsere Mitbürger*innen auf: Setzt mit uns ein starkes Zeichen gegen Rassismus und rechte Extremist*innen. Geht wählen und wählt demokratisch!“ Aufruf vom April 2024 mit Links zu den verschiedenen Demos- Das breite „Bündnis Rechtsextremismus stoppen“ plant zusammen mit lokalen Akteuren bis zu den Kommunal- und Europawahlen bundesweite Großdemos, u.a. am 25.05. in #Erfurt, 02.06. in #Cottbus & 08.06. in #Leipzig.
- Mehr Infos: https://www.rechtsextremismus-stoppen.de/
- „Wir müssen endlich in großem Stil diejenigen abschieben, die kein Recht haben, in Deutschland zu bleiben.“ (Olaf Scholz, 2023): „Remigration“ läuft schon!
„Im Januar und Februar 2024 gab es in nicht nur in großen Städten, sondern auch in kleineren Ortschaften und auf dem Land über 1.000 Demonstrationen mit über 3 Millionen Beteiligten gegen ein aufgedecktes „Geheimtreffen“ von AfD, Identitären und anderen Nazis bis hin zu CDU-Politikern. Dort ging es um einen nazistischen „Masterplan“ für die millionenfache Abschiebung und Vertreibung von Menschen aus Deutschland in den nächsten Jahren und Jahrzehnten, die nicht als „deutsch“ angesehen werden, ob sie einen deutschen Pass haben oder nicht. Die Proteste gegen diese von den Nazis als „Remigration“ bezeichneten mörderischen Pläne waren und sind unbedingt berechtigt und nötig. Doch diese Proteste wurden weitgehend ad absurdum geführt durch die Teilnahme von führenden Politikern des deutschen Staates wie Scholz und Baerbock. Diese haben nämlich mit dem annähernd zeitgleich am 27. Februar 2024 verabschiedeten „Rückführungsverbesserungsgesetz“ eine weitere Offensive der sowieso schon menschenfeindlichen deutschen Abschiebungs-, Vertreibungspolitik und Abschottungspolitik gestartet. Das „Lob“ von Scholz, Baerbock, Faeser und anderen für die Proteste gegen die Nazi-Pläne der „Remigration“ ist nichts als Heuchelei und ein Ablenkungsmanöver von der real betriebenen staatlichen Abschiebungs- und Vertreibungspolitik. Echte Solidarität mit Migrant*innen und Refugees kann es nicht geben, ohne diese Heuchelei zu entlarven. (…) Bei vielen der im Januar/Februar Demonstrierenden richtete sich der Protest also dagegen, dass der Nazi-„Masterplan“ mit seinen Abschiebungsplänen erklärtermaßen nicht an der Grenze der Staatsbürgerschaft Halt macht. Dabei wurde bestenfalls nicht überlegt, ob die ganze Abschiebungspolitik denn rechtens wäre, solange sich „korrekt“ durchgeführte Abschiebungen nur gegen Menschen ohne deutschen Pass richten und nicht gegen Leute mit deutschem Pass. Allerdings würde das Problem sowieso enorm unterschätzt, wenn es auf die AfD reduziert würde. Gerade dem gängigen und wie selbstverständlich verwendeten Schlagwort vom „Migrationshintergrund“ liegt deutscher Nationalismus zugrunde. Und damit wird deutschnationalistische Hetze in verschiedenen Abstufungen betrieben. Das fängt an mit der Frage: „Woher kommst du eigentlich?“ und geht über lapidare Meldungen von kriminalistischen Fällen „Der Täter hatte einen Migrationshintergrund“ bis hin zur Hetze, dass irgendetwas halt „mal wieder typisch für Leute mit Migrationshintergrund“ sei. „Migrationshintergrund“ ist in Deutschland sogar ein Begriff der offiziellen Bevölkerungsstatistik. (…) Die Kategorie „mit Migrationshintergrund“ bzw. „ohne Migrationshintergrund“ macht von vornherein schon den Raum auf für all die rechten, nationalistischen und Nazi-„Diskurse“ und Hetzereien, wer denn nun wirklich ins Deutsche „integriert“ ist oder nicht. Sie enthält von vornherein auch schon die fatale Schlussfolgerung: „Ja wenn das mit der Einbürgerung von Menschen mit Migrationshintergrund so wenig klappt, dann war und ist das halt ein Irrweg“. (…) Die Maßnahmen gegen Geflüchtete und Migrierende werden mit Sicherheit noch weiter verschärft. Das alles macht drastisch deutlich, wie nötig es ist, mehr denn je mit aller Energie und Konsequenz die Solidarität und den gemeinsamen Kampf mit allen von dieser inhumanen und mörderischen deutschen Politik Betroffenen zu verstärken! Gerade vor und am 1. Mai 2024 bekräftigen wir als Grundpositionen von uns: – Im Betrieb und auf der Straße – überall den Vormarsch der Nazis bekämpfen! – Gewerkschafter*innen und Antifa GEMEINSAM gegen Ausbeutung und Nazis, gegen Nationalismus, Rassismus und Judenfeindschaft! l Gemeinsam gegen staatlichen Abschiebungs- und Vertreibungsterror kämpfen gemäß der Position von Karl Liebknecht: „Völlige Gleichstellung der Ausländer mit den Inländern auch in Bezug auf das Recht zum Aufenthalt im Inland. Fort mit dem Damoklesschwert der Ausweisung!“ (Karl Liebknecht 1907)…“ Aus dem Flugblatt Nr.2/2024 vom April 2024 von und bei GewAntifa - Die Massendemos gegen rechts flauen ab – was haben sie gebracht? Aus, vorbei, abgehakt? Nicht ganz, sagen Experten
„… Was hat es gebracht, dass Hunderttausende bei Kälte und Regen hinter Bannern mit „Aufstehen für Demokratie“ herliefen und „Nie wieder ist jetzt“ riefen? „Es ist nicht zu vernachlässigen, welche Dimension diese Proteste haben“, sagt Teune. „Es ist wahrscheinlich die größte Protestmobilisierung seit Bestehen der Bundesrepublik.“ Anders als bei den Lichterketten der 1990er Jahre seien die Aktionen in die Fläche getragen worden – in Hunderte kleinere Orte in Ost und West. Was davon bleibt, kann auch Teune nicht genau einschätzen. Aber spurlos dürfte das alles nicht an Deutschland vorübergehen. (…) Die AfD sei verunsichert, beobachtet Protestforscher Teune. „Die Proteste haben dazu geführt, dass die AfD nicht mehr so uneingeschränkt das Heft des Handelns in der Hand hat.“ Das bedeute nicht, dass sich Menschen in Scharen von der AfD abwenden. „Aber wer nicht ideologisch überzeugt ist, könnte nach den Protesten noch einmal ins Nachdenken kommen und bei den Wahlen zu Hause bleiben, anstatt die AfD zu wählen.“ (…) „Erstmals in zehn Jahren des Aufstiegs der AfD gab es jetzt ein deutliches Nein“, sagt Daniel Mullis vom Leibniz-Institut für Friedens- und Konfliktforschung in Frankfurt am Main. In den Demonstrationen sieht er mehr als ein kurzes Aufbäumen. „Ich bekomme von vielen Gruppen und Organisationen die Rückmeldung, dass es vor Ort einen ordentlichen Zuwachs gibt, etwa bei den Omas gegen rechts“, berichtet der Forscher. „Man hört an vielen Stellen, dass es Interesse gibt, sich in Strukturen einzubringen und sich gegen rechts zu engagieren.“ So sieht es auch die Bewegung Fridays for Future, die vielerorts beim Organisieren der Demos gegen rechts half. „Sie haben vielen Aktiven vor Augen geführt, dass jahrelange Arbeit vor Ort keine vergebenen Mühen waren – und vielen Nicht-Aktiven, wie effektiv Engagement sein kann“, meint Sprecher Pit Terjung. „Auf den Demonstrationen sind Akteure aus allen Ecken der Zivilgesellschaft zusammengerückt, wir erleben ein dynamisches Aufleben vieler neuer Initiativen, Bündnisse und Netzwerke.“ Aus Sicht der Aktivisten ist es also noch nicht vorbei, auch wenn nun nicht mehr Massen Straßen und Plätze füllen. „Der Konflikt liegt jetzt auf dem Tisch“, sagt Forscher Mullis. „Das vor Selbstbewusstsein Strotzende der AfD ist erstmal dahin. Aber die Konfliktlinien der Gesellschaft, die sozioökonomischen Tendenzen, die Abstiegsängste, die Fragen von Migration und Klimakrise bleiben.“ Seine Erwartung: „Es ist eine sehr langfristige Auseinandersetzung, vor der wir stehen. Konkret droht bei den anstehenden Kommunal-, Europa- und Landtagswahlen eine sehr substanzielle Landnahme von rechts.“ Analyse von Verena Schmitt-Roschmann und Jörg Ratzsch vom 3. April 2024 im MiGAZIN - Proteste gegen die AfD: Im Osten gefährlich?
„Große Demonstrationen gegen Rechtsextremismus und die AfD bekommen aktuell viel Aufmerksamkeit – sehr zum Widerwillen von Höcke, Weidel & Co. Dabei ist es in kleinen Städten – gerade in Ostdeutschland – häufig viel schwerer und gefährlicher, Demos gegen Feinde von Verfassung und Demokratie auf die Beine zu stellen. Anmeldende und Teilnehmende werden bedroht oder verhöhnt. Selbst bürgerliche Kräfte wollen häufig nicht mitmachen. Und trotzdem: Auch in ostdeutschen Kleinstädten erhält der Protest gegen die AfD Zulauf. MONITOR war auf zwei Demonstrationen in Ostdeutschland unterwegs. In Wurzen kamen zum Beispiel 220 Menschen zur Kundgebung gegen Rechts, die von einem grünen Landtagskandidaten angemeldet wurde. Zur Gegendemo kamen 60 Rechtsextreme.“ Video des Beitrags von Lara Straatmann und Julius Baumeister in der Sendung MONITOR am 1.4.2024 bei youtube - Anti-AfD-Proteste: Welche Rolle sollten Gewerkschaften spielen?
„… Was könnten die Gewerkschaften denn tun? Mit Hinblick auf die Bewegung gegen rechts geht es vor allem darum, Antworten zu geben, wie an dieser angesetzt werden und ihr eine politische Stoßrichtung gegen die Politik der Regierung und der Abwälzung der unterschiedlichen Krisenlasten auf unsere Schultern gegeben werden kann. Diese Abwälzung muss verhindert werden. Sie verkörpert eine der realsten Zukunftsängste vieler Menschen. Es muss sich aktiv gegen die von der AfD (wie auch anderen konservativen Parteien) betriebene Sündenbockpolitik in Gestalt von „Ausländer:innen“, „Migrant:innen“, „Bürger:innengeldbezieher:innen“ oder „Arbeitslosen“ entgegenstellt werden, anstatt diese Erklärungsmuster wie beim BSW zu verinnerlichen. Die Probleme müssen klar angesprochen und offengelegt werden: Für die zunehmenden Krisen und Zukunftsängste ist das Kapital mit seinen internationalen Konkurrenzkämpfen, die sie auf unseren Rücken austrägt, verantwortlich, also wirklich Sündenbock.
Die Gewerkschaften könnten durch die Organisierung von Geflüchteten, Migrant:innen, Arbeiter:innen, Jugendlichen sowie Arbeitslosen und Rentner:innen Brücken schlagen zwischen diesen Menschen. Durch Massenmobilisierungen können diese zusammengeführt und unterschiedliche politische Themen angesprochen werden. Dadurch lässt sich zum Beispiel der Kampf gegen rechts im Betrieb mit dem gegen Lohnabbau und Sozialkürzungen gut verbinden. Hierbei kann doch aufgezeigt werden, dass nicht die Bezüge für Arbeitslose bzw. Migrant:innen schuld daran sind, dass es zu Reallohnverlusten während der Inflation kommt, sondern es daran liegt, dass das Kapital nicht mehr Geld lockermachen möchte, obwohl für Managerboni wie bei der Bahn die Millionen fließen können. Dies kann praktisch dadurch geschehen, dass wir für Verbesserungen für alle auf die Straße gehen – finanziert durch die Reichen – und dabei nicht zurückschrecken, klare antirassistische Positionen zu beziehen. Zentrale Forderungen für eine Kampagne, die unterschiedliche Proteste zusammenführen kann, könnten u. a. folgende sein:
– Mehr für uns: Anhebung des Mindestlohns für alle und Mindesteinkommen gekoppelt an die Inflation! Für das Recht auf Arbeit und die gewerkschaftliche Organisierung aller Geflüchteten, keine Kompromisse bei Mindestlohn und Sozialleistungen!
– Wohnraum muss bezahlbar bleiben: Nein zum menschenunwürdigen Lagersystem! Enteignung leerstehenden Wohnraums und Nutzbarmachung öffentlicher Immobilien zur dezentralen und selbstverwalteten Unterbringung von Geflüchteten und für massiven Ausbau des sozialen Wohnungsbaus statt Privatisierung! Nein zu Leerstand und Spekulation!“ Artikel von Christian Gebhardt in Neue Internationale 28. April 2024, in ArbeiterInnenmacht - Land in Sicht? Was bringen Proteste gegen die rechte Hegemonie in Ostdeutschland – ein Überblick in drei Akten „In Hamburg, Berlin oder Frankfurt am Main gehört es in postmaterialistischen Milieus zum guten Ton, gegen rechts zu demonstrieren. Engagement gegen die AfD ist akzeptiert. In ostdeutschen Städten riskiert zerstochene Reifen, psychische Einschüchterung oder direkte Bedrohung, wer sich erkennbar gegen rechts engagiert. Protest gegen rechte Dominanzräume im Osten? Geht da was? Ein Überblick in drei Akten.
Erster Akt: Die 1990er Jahre – Feuerwehr-Antifa
Rechte Dominanz- und Hegemonieräume sind in Ostdeutschland nicht vom Himmel gefallen. Sie wurden mit Gewalt durchgesetzt. Nach der deutschen Einheit verging keine Woche, in der Neonazis nicht Obdachlose anzündeten, Jagd auf Migrant*innen machten, Punks zu Tode prügelten oder Asylunterkünfte in Brand setzten. Sie setzten in Schulen und Jugendeinrichtungen, im Bus und auf Zeltplätzen ihren Anspruch auf Deutungshoheit mit massiver Gewalt und Einschüchterung durch. (…)Lokale alternative Jugendliche wurden montags nach einer Antifa-Demo von örtlichen Nazi-Schlägern für den antifaschistischen Besuch am Wochenende zur Verantwortung gezogen, Polizei, Innenministerien und Lokalpresse überschlugen sich nach einer kleinen Antifa-Demo in ostdeutschen Regionen ritualisiert mit Berichten: Nur dank massiver Polizeipräsenz sei es gelungen zu verhindern, dass linke Randalierende eine friedliche Kleinstadt ins Chaos stürzen. Die eigentliche Gefahr, so die Botschaft, gehe nicht von den rechten Jungs und deren Gewalt in der eigenen Stadt aus, sondern von zugereisten Chaot*innen aus Leipzig und Berlin. Auf diese Weise wurden der rechte Konsens vor Ort gestärkt und jene, die ihm widersprachen, gezwungen, zu schweigen oder den Ort zu verlassen. (…)
Zweiter Akt: Die fragmentierte Zivilgesellschaft Ost
Die Zivilgesellschaft im Osten ist fragmentiert. Große Akteur*innen fehlen. Seit Jahrzehnten wird das Engagement gegen die extreme Rechte im Osten weniger von großen Organisationen als vielmehr durch Netzwerke von kleinen Initiativen oder Einzelpersonen getragen. Seine Ursache hat dies in der bis heute andauernden Schwäche von Parteien, Gewerkschaften und Verbänden in den kleinstädtischen und ländlichen Regionen im Osten. (…) Es sind soziokulturelle Zentren, kleine Filminitiativen oder Menschen aus Kirchengemeinden, die das Engagement gegen rechte Hegemonie im Osten tragen. In deren Habitus und politischer Agenda kommt linke Radikalität nicht vor, oder sie steht nicht im Vordergrund. (…)
Dritter Akt: Aufbruch von unten?
Die Demonstrationen gegen die AfD sind in den ostdeutschen Kleinstädten angekommen. Sie sind ein kleiner, aber entschlossener Aufbruch von unten. Sie werden getragen von den verbliebenen linksbürgerlichen Akteur*innen, Schüler*innen und kulturellen Multiplikator*innen. Die wütenden Reaktionen aus dem Umfeld der AfD gerade auf Kundgebungen in Tangerhütte (Sachsen-Anhalt), Altenburg (Thüringen) oder Bautzen (Sachsen) zeigen, dass die Proteste die extreme Rechte schmerzen. Besonders dann, wenn sie in den rechten Hochburgen stattfinden, wo sich die extreme Rechte für unbesiegbar hält. (…)
Dass die rechten Akteur*innen die Sichtbarkeit ihrer Gegner*innen nicht hinnehmen, war zu erwarten. Es häufen sich Berichte über Angriffe auf Teilnehmende der Kundgebungen gegen die AfD, Versuche der Einschüchterung und Bedrohung. (…)
Die Demonstrationen in Ostdeutschland erreichen ganz gewiss nicht die AfD-Kernwähler*innenschaft oder den erweiterten Resonanzraum der Partei. Doch den verunsicherten Unentschiedenen machen die Kundgebungen in ostdeutschen Kleinstädten ein Angebot, sich gegen die AfD zu bekennen und damit nicht allein zu bleiben. Demonstrationen allein werden rechte Dominanzräume nicht aufbrechen oder gar beenden. Aber sie sind ein Zeichen, dass es in AfD-Hochburgen die Möglichkeit für Widerspruch gibt. Wie daraus regionale Anker gegen die rechte Omnipräsenz werden können, muss sich erweisen. Wer sich vor dem Horizont kommender AfD-Wahlerfolge in ostdeutschen Städten engagiert, wird Unterstützung und Solidarität aus den Metropolen brauchen, gerade dann, wenn die gegenwärtige Mobilisierung nachgelassen haben wird…“ Artikel von Friederike C. Domrös und Marcel Hartwig am 20. Februar 2024 in ak 701: Anti-AfD - Der AfD-Staat: Rechtsextremisten an der Macht?
„Was wäre, wenn die AfD in Deutschland an die Macht käme? Wenn AfD-Politiker wie der Thüringer Landesschef Björn Höcke regieren könnten? Was würde das bedeuten für Zugewanderte, für Minderheiten, für die soziale Gerechtigkeit, für Grundrechte wie Meinungs- und Pressefreiheit und die Demokratie? Wir haben ein Experiment gemacht und die Künstliche Intelligenz ChatGPT gefragt, wie unser Land aussähe, wenn die AfD regieren würde. Die Antworten der KI auf die Frage, wie ein von der AfD regierter Staat aussähe, fielen düster aus: Massenauswanderung, Wirtschaftskrise, Einschränkung von Grundrechten. Nur eine Dystopie? Klar. Natürlich kann ChatGPT nicht die Zukunft vorhersagen. Aber die KI wurde mit Millionen von Daten gefüttert. Mit Texten, Büchern, öffentlich zugänglichen Informationen. ChatGPT kennt also auch die Programme der AfD, weiß, was AfD-Leute sagen und schreiben und was über die Partei berichtet und geforscht wird. Und: Für den Film hat MONITOR die Antworten der KI mit der Realität abgeglichen. Ergebnis: Programmatik und konkrete Entscheidungen der AfD zeigen, dass die Realität von den Szenarien der KI in vielen Bereichen nicht weit entfernt ist.“ Video des Monitor-Beitrag vom 04.03.2024 bei youtube von Julia Regis und Véronique Gantenberg - Aktionstag gegen Rassismus am 21. März in Köln mit dem Aufruf zu 15 Minuten Arbeitsniederlegung: #15vor12FürMenschenwürde: Demokratie schützen, AFD bekämpfen
„Köln stellt sich quer“ ruft zur Aktion #15vor12FürMenschenwürde am 21. März auf
„Der Sprecherkreis von „Köln stellt sich quer“ ruft am Donnerstag, 21. März, dem internationalen Tag gegen Rassismus, zu der Aktion #15vor12FürMenschenwürde auf. Um 11.45 Uhr werden alle Kölnerinnen und Kölner gebeten, ihre Tätigkeiten für eine Viertelstunde in den Betrieben, Werkstätten, Büros, Verwaltungen, Schulen, Hochschulen und Kultureinrichtungen, Schulen und Hochschulen niederzulegen und ein Zeichen zu setzen für das unantastbare Recht auf Menschenwürde. Ab 17 Uhr werden Sternmärsche von verschiedenen Ausgangspunkten in Köln starten, die in einer gemeinsamen Abschlusskundgebung gegen 19.30 Uhr enden…“ Aufruf und alle Infos bei https://www.15-vor-12.de/ zum Aktionstag gegen Rassismus am 21. März in Köln / 15 vor 12 / Sternmarsch – siehe frühere Beiträge dazu hier weiter unten- KÖLN STELLT SICH QUER am 21. März 2024: Aktionstag gegen Rechts
„… Dieses Jahr sollten nach Vorschlag von KSSQ um 11.45 Uhr überall die normale Arbeit unterbrochen und Aktionen gegen Rassismus und rechte Umtriebe organisiert werden. Die größten Unternehmen der Metallindustrie beteiligten sich in einer von den Betriebsräten, den IG Metall-Vertrauensleuten und den Geschäftsführungen gemeinsam unterstützten Aktion. Bei Ford-Köln gab es eine Video-Gesprächsrunde von Betriebsrat und Vorstand, die überall übertragen wurde, während die Produktion ruhte. Bei den Deutz-Werken versammelten sich große Teile der Belegschaft und formierten sich vor den Werkshallen zu einem Schriftzug „Art. 1 GG“ (Die Würde des Menschen ist unantastbar), der mit einer Drohne von oben gefilmt wurde. Bei Atlas-Copco formierten sich die Kolleg:innen zu einem Schriftzug „Respect“. In vielen kleineren Betrieben gab es Gesprächsrunden oder digitale Call-ins. In zahlreichen Verwaltungen der Stadt, ebenso in der Lanxess-Arena, konnten sich die Beschäftigten arbeitsfrei nehmen, um an Aktionen teilzunehmen. Die Oberbürgermeisterin hielt eine überall übertragene oder verteilte Ansprache. Viele Schulen gingen mit selbst produzierten Schildern und Transparenten auf die Straße. Das Festkomitee der Karnevalsvereine rief ebenso zur Unterstützung auf wie die Fußballclubs 1. FC Köln und Viktoria Köln. Die Karnevalsvereine stellten eine riesige Figur des Kölner Bauern – Symbol der karnevalistischen Proteste – als Bühnendekoration zur Verfügung. Auf verschiedenen Plätzen in Köln gab es 15 Minuten vor Zwölf Aktionen von Gastro-Betrieben und Clubs. Die Ratsfraktionen trafen sich zu einer öffentlichen Aktion vor dem Rathaus. In Kölner Theatern gab es öffentliche Auftritte und Publikumsangebote. Für all diejenigen, die nicht zur Mittagszeit an Aktionen teilnehmen konnten und die unermüdlichen Aktiven wurde am Nachmittag ein Sternmarsch organisiert. Von fünf Sammelpunkten gingen Demonstrationszüge mit unterschiedlicher thematischer Ausrichtung zu einer gemeinsamen Abschlusskundgebung an der „Bastei“ am Rheinufer. Es gab Demonstrationen für die Migrant:innen, von „Köln-gegen-Rechts“, den verschiedenen Initiativen von der rechten Rheinseite und von der Gastro- und Clubszene. Aufrufe zum Sternmarsch gab es wie in Köln üblich von der gesamten Stadtgesellschaft, den Parteien, den Kirchen, den Karnevalsvereinen. Angesichts des breiten Aufrufs und bei den vielen Aktionen zur Mittagszeit war bei dem abendlichen Sternmarsch aber schon ein wenig die Luft raus. Es waren nicht die 70.000 Menschen, die sich noch vor wenigen Wochen aus gleichem Anlass in Köln versammelten, sondern nach meiner Schätzung nur noch ungefähr 3000…“ Artikel von Thies Gleiss vom 23.03.2024 bei ISO - Streikationen in Betrieben am 21. März, dem Internationalen Tag gegen Rassismus
Berichte in den Rote-Fahne-News und ebd. Köln: Mehrere Aktionen in Großbetrieben und intensive Diskussionen
- KÖLN STELLT SICH QUER am 21. März 2024: Aktionstag gegen Rechts
- Protestforscher zu AfD und Rechtsruck: „Die Unsicherheit muss eingefangen werden“
„Der Protestforscher Daniel Mullis über Türöffner zum Rechtsextremismus, toxische Migrationsdebatten und Ost-West-Unterschiede. (…) Die Proteste markieren ganz klar, dass es keinen Durchmarsch der extremen Rechten in Deutschland geben wird. Es wird aber darauf ankommen, wie sich diese Bewegung institutionalisiert und wie sie eine langfristige Basis entwickelt. Daraus kann sich ein starker Eckpfeiler für Demokratie entwickeln. Aber es ist zu früh, die Auswirkungen jetzt schon zu beurteilen. (…) Mit meiner Arbeit kann ich zeigen, dass es nicht zuletzt die in der Mitte der Gesellschaft seit Jahren voranschreitenden Prozesse in Richtung Individualisierung, Konkurrenz und Ungleichheitsdenken sind, die für die Rechte grundlegende Anknüpfungspunkte schaffen. Sie öffnen das Tor zu rechtsextremen Ideologien weit und schließen es in der Tendenz für progressive Positionen. Das bedeutet aber nicht zwingend, dass Menschen durch das Tor hindurchgehen. (…) Manche Leute wollen gar nichts mehr mit Politik zu tun haben. Andere gehen in soziale Bewegungen und tun etwas vor Ort. Die Wut ist ein Türöffner für die Rechte. Aber es gibt keine Automatismen. Man kann nicht allgemein sagen, dass sie Menschen dazu bringt, Rechte zu wählen. Allgemein feststellbar ist aber schon der Wunsch nach Ruhe, Stabilität und Sicherheit und dass die extreme Rechte mit ihrem Versprechen von nationaler Sicherheit und Homogenität hier anknüpfen kann. (…) Die Migrationsdebatte hat ihre Sprengkraft voll entfaltet. Dieser Ankerpunkt zieht die Menschen zur AfD hin und lässt Positionen, bei denen sie mit der Partei nicht einverstanden sein mögen, in den Hintergrund treten. Studien belegen, dass die AfD Politik gegen die Interessen der ärmeren Menschen machen würde, aber das spielt bei der Entscheidung dann keine Rolle. Relevant ist die Frage, wo die Menschen sich letztlich auch in der Zukunft geborgen fühlen. (…) Es wäre ein ganz schlechter Rat, den Menschen zu versprechen, dass sich nichts verändern wird und dass die alte Normalität wieder einkehren wird. Die Union gibt solche Versprechen aufs Sträflichste ab. Das wird letztlich zu mehr Krisenerfahrungen führen, weil es nicht einzuhalten ist und die Leute wieder das Gefühl hätten, dass Versprechen gebrochen werden. Man muss ehrlich sein. Diese Gesellschaft muss diskutieren über Fragen wie „Was ist Wohlstand?“ oder „Was ist soziale Sicherheit und wie können wir sie auch aus einer globalen Perspektive nachhaltig gestalten?“ Die verbreitete Unsicherheit muss eingefangen werden, ohne Frage, sonst fehlt den Menschen die Beweglichkeit, sich auf die anstehenden Veränderungen einzulassen und es kommt zu Blockadehaltungen. Eine Politik, die hier gegenhalten und zugleich gegen rechts vorgehen will, muss sich fernhalten von toxischen Migrationsdebatten…“ Interview von Pitt von Bebenburg vom 15.03.2024 in der FR online - Die Demokratie ist auch aus der Mitte heraus gefährdet
„Die AfD will Millionen Menschen aus Deutschland vertreiben. Wie reagiert die Politik? Die will ihr entgegen kommen: Unter anderem beschließt sie ein noch schärferes Abschiebegesetz. Und der Union geht das nicht weit genug. Die Demokratie ist nicht nur durch Rechtsextreme gefährdet. Die Mitte selbst hat völkische Denkmuster nie abgelegt…“ Gastbeitrag von Julian Daum vom 13.3.2024 bei Volksverpetzer - Die Brandmauer, das sind letztendlich wir alle
„Als im August 1992 Rechtsextremisten einen Wohnkomplex in Rostock-Lichtenhagen in Brand steckten, war ich fünf Jahre alt. Meine Familie war wenige Jahre zuvor aus Polen eingewandert. Im Fernsehen wurden verstörende Bilder gezeigt, wie rund 3000 Menschen den Tätern zujubelten. Wenige Monate später wurden drei Menschen in Mölln bei einem rechtsextremen Brandanschlag ermordet. Ich versichere Euch: Es ist unmöglich, sich irgendwo wirklich zuhause zu fühlen, wenn man Angst um das Leben seiner Familie haben muss. Die Correctiv-Recherchen belegen einmal mehr, was längst auf der Hand liegt. Es geht beim Anstieg rechtsextremer Gewalt nicht um bedauerliche Einzelfälle. Das sind keine Einzeltäter, die sich im luftleeren Raum radikalisieren. Darum ging es damals nicht und heute noch viel weniger. Wir haben es hier mit organisierten Strukturen von Demokratiefeinden zu tun. Organisierte Strukturen, deren Netzwerke mittlerweile bis in den Bundestag reichen. Weil wir es zugelassen haben. Denn Rassismus ist nicht der einzige Nährboden auf dem die Saat des Hasses gedeihen kann. Ein anderer ist die Gleichgültigkeit. Zur Wahrheit gehört auch, viel zu viele in dieser Gesellschaft haben viel zu lange geschwiegen. Doch damit muss jetzt Schluss sein. Ich war Mitte 20, als der AfD-Gründer Bernd Lucke vom „Bodensatz der Gesellschaft“ sprach und wahrscheinlich auch meine Familie meinte. Ich war Ende 20, als Beatrix von Storch meinte, man könne an der Grenze auch auf Kinder schießen. Im selben Jahr veröffentliche die AfD-Baden-Württemberg einen Beitrag auf ihrer Webseite über mich, in dem es hieß: „Ihren polnischen Hintergrund, mit dem sie gerne kokettiert und den sie auch gegen die AfD anbringt, erwähne ich wegen Bedeutungslosigkeit nicht.“ Es folgten Morddrohungen. Einer der Täter schrieb, man solle mich im KZ vergasen. Das Ziel solcher Kampagnen ist klar: Einschüchterung. Sie wollen uns mundtod machen. Aber wisst ihr was: Wut im Bauch ist ein extrem mächtiger Antrieb. So einfach kriegen sie uns nicht klein. Was der Absender besagter Mail nicht wusste: Mein Uropa war mit seiner Frau ab 1940 im Widerstand und wurde 1943 verhaftet. Als sein Lager befreit wurde, hat ihn ein Genosse rausgetragen, er war nur noch Haut und Knochen. Wog mit seinen zwei Metern weniger als 50 Kilogramm. Jedes Mal, wenn ich in Berlin an Gebäuden aus der NS-Zeit vorbeigehe, frage ich mich, ob die Steine aus dem Steinbruch des Lagers stammen, das meinen Uropa fast umgebracht hat. Warum erzähle ich Euch das? Lasst uns bitte niemals, niemals vergessen: Wir sind Nutznießer einer äußerst glücklichen Anomalie namens Frieden und Demokratie in Europa. Viel zu viele in diesem Land begreifen nicht, wie zerbrechlich dieses Konstrukt ist. Und welcher Abgrund uns jenseits davon erwartet. (…) Die Mehrheit hat viel zu lange geschwiegen. Aber genug ist genug. Lasst uns heut, hier und jetzt, einander in die Augen schauen und uns versprechen: Wir werden im Gegensatz zu manch einem Politiker, manch einer Partei, niemals, niemals umfallen. Komme was wolle. Lasst uns gemeinsam, jetzt und hier unsere rote Linie ziehen. Und diese rote Linie werden wir gemeinsam, mit aller Kraft und Entschlossenheit und Ausdauer verteidigen. Denn die oft beschworene Brandmauer, das sind letztendlich wir alle. Und wir haben gerade erst begonnen.“ Aus dem Redebeitrag von Katharina Nocun am 25. Februar 2024 anlässlich der Demonstration gegen Rechtsextremismus „Wir sind die Brandmauer“ in Hamburg auf ihrem Blog am 3. März 2024 - Ostdeutschland: Was nach den Demos kommen muss
„Hunderttausende Menschen füllen seit Wochen republikweit die großen Plätze und Straßen ihrer Städte, um für den Schutz der Demokratie und gegen die AfD zu demonstrieren – und zwar nicht nur in Berlin, München oder Hamburg, sondern auch in den ostdeutschen Mittel- und Kleinstädten: In Grimma, Greiz, in Aschersleben und Altenburg und vielen anderen Orten finden Kundgebungen statt. (…) Zugleich ist die Erwartung, die derzeitige Protestwelle werde überzeugte AfD-Wähler von einer Stimmabgabe für die Partei abhalten, eine Illusion. Es wäre schon viel gewonnen, wenn sie politisch unentschiedene Wähler dazu ermutigt, sich gegen die AfD zu entscheiden. Vor allem aber müssen die Proteste darauf zielen, demokratische Gegenkräfte zu stärken – und zwar über den Moment hinaus. Gegenwärtig ist der überwältigende Protest eine wichtige Erfahrung politischer Selbstwirksamkeit. Doch damit er längerfristig wirkt, muss er in andere Formen politischen Engagements überführt werden: ob in eine Bürgerinitiative, eine Kandidatur für die Gemeindevertretung oder auch in Gruppen, die sich um den Erhalt des örtlichen Kinos oder Jugendclubs bemühen oder Geld für das Stadtteilfest im Sommer auftreiben. (…) Was die Menschen brauchen, die sich in Ostdeutschland unter nicht gerade einfachen Bedingungen engagieren, ist jene gesellschaftliche Sichtbarkeit, die in den vergangenen Jahren der AfD und ihrem Umfeld zuteil wurde. (…) Der AfD psychologisch wirksame Niederlagen zu bereiten, ist von enormer Bedeutung, um ihr den Nimbus der Unbesiegbarkeit zu nehmen. Hinzu kommt: Die Auseinandersetzung mit den Politikangeboten der AfD sollte sich nicht allein auf Faktenchecks beschränken, sondern muss auch auf der emotionalen Ebene geführt werden. (…) Vor allem aber gilt es, die ostdeutsche Zivilgesellschaft in der Auseinandersetzung mit der AfD zu stärken. Dabei kann diese konkrete Unterstützung besser gebrauchen als wiederkehrende Beschwörungen der Gefahr eines „blauen Ostens“. Fest steht: Um die AfD zurückzudrängen und die demokratische Kultur im Osten zu verteidigen, braucht es einen langen Atem, die Bündelung aller Kräfte und auch unkonventionelle Strategien und Bündnisse. Andernfalls könnten die Wahlen einen Vorschein darauf geben, was auch im Westen droht: die schleichende Aushöhlung der Demokratie von rechts.“ Artikel von David Begrich aus: »Blätter« 3/2024, S. 9-12 - Stellungnahme der VKG zu den Anti-AfD-Protesten und wie dagegen kämpfen
„… Millionen von Menschen empören sich – berechtigter- und erfreulicherweise – gegen dieses offen nazistische Ansinnen. Sie gehen deshalb, vorwiegend unter dem Motto „für die Demokratie“ gegen die AfD auf die Straße. Auch in kleineren Städten oder größeren Dörfern gehen die Menschen auf die Straße! Besonders erfreulich ist es, dass auch im Osten der Republik an sehr vielen Orten plötzlich (zum Teil erst wieder seit Langem!) gegen Rassismus, die AfD und Neonazis demonstriert wird. Die schiere Zahl von 2 ½ bis 3 Millionen demonstrierender Menschen innerhalb von 3 1/2 Wochen (zur Zeit dieser Niederschrift) ist völlig unerwartet und deshalb zusätzlich beeindruckend. Das Besondere an dieser Bewegung ist, dass sie bis in viele kleine Städte und Dörfer reicht. Gleichzeitig können und dürfen wir die in dieser Bewegung auch vorhandenen inhaltlichen Schwächen und Lücken nicht verschweigen. (…) Lange Zeit haben sich augenscheinlich Millionen Menschen mit der oben genannten Entwicklung nicht befasst und die Zunahme des Zuspruchs der AfD bei einem großen Teil der Bevölkerung als nicht so gefährlich bewertet. Sie selber schienen ja davon nicht betroffen, sondern „nur“ die Flüchtlinge. Aber auch wir Linken haben zu diesem nicht vorhanden Bewusstsein beigetragen. (…)
Die Bewegung gegen Rechts ist politisch nicht homogen. Je nach politischer Zusammensetzung der die Demos und Kundgebungen initiierenden Kräfte sind sie mal mehr oder weniger regierungs- oder kapitalismuskritisch ausgerichtet, wie z. B. in München am 21. Januar oder in Stuttgart am 20. Januar und 24. Februar oder auf mehreren Kundgebungen in Berlin. Aber bei vielen Demonstrationen und Kundgebungen ist die inhaltliche Ausrichtung auf die Verteidigung der „Demokratie“ eingeschränkt. Natürlich ist es wichtig und treten auch wir Linken für die Verteidigung demokratischer Rechte – wie Presse-, Rede-, Versammlungs-, Koalitionsfreiheit etc. – ohne Wenn und Aber ein! Aber das Ziel, das die bürgerlichen Kräfte in diesen Bündnissen (Vertreter:innen der Parteien der Ampelkoalition, Unternehmerverbänden etc.) mit dieser Einschränkung verfolgen ist es, möglichst breite Bündnisse zu schmieden, um von ihrer eigenen Mitverantwortung für den Rechtsrutsch abzulenken und um von den eigentlichen Verursachern der Krise abzulenken.
Was wir aber brauchen, um das noch weitere Ausscheren nach rechts bis hinein in die organisierte Arbeiter:innenbewegung zu stoppen, sind Bündnisse, die nicht Flüchtlinge, Migrant:innen oder andere Schichten in der Gesellschaft für die nicht gelösten sozialen Probleme verantwortlich machen, sondern die wirklich Verantwortlichen der Krise benennen, die dazu auch noch von ihr profitieren – nämlich die großen Banken und international agierenden Großkonzerne und nicht zuletzt die Rüstungsindustrie!
Was wir brauchen sind Bündnisse, die die Kolleg:innen aus den Betrieben und Dienststellen, Arbeitslosen, Jugendlichen, Rentner:innen, Frauen, Migrant:innen und Flüchtlinge gegen die kriegstreiberische und unsoziale Politik vereinen und zu Massenmobilisierungen führen bis hin zu politischen Streiks. In Regionen, in denen tatsächlich ein Wahlsieg der Rechten droht, kann letztlich nur ein Generalstreik aller Branchen die Machtübernahme verhindern – das sind die Lehren aus der Geschichte!
Dafür muss aber auch der Zusammenhang zwischen der in Krisenzeiten zugespitzten unsozialen Politik der bürgerlichen Parteien und vor allem deren Abdeckung durch die Politik der Gewerkschaftsspitzen aufgezeigt werden. (…)
Wann, wenn nicht jetzt, brauchen wir einen konsequenten Kampf unserer Gewerkschaften gegen Hochrüstung und Sozialabbau! Die großen Mobilisierungen gegen die AfD und Rechts müssen von unseren Gewerkschaftsführungen entsprechend dafür genutzt werden. Wir dürfen aber nicht abwarten bis unsere Gewerkschaften aktiv werden, wir müssen uns selbst für unsere Interessen organisieren und Kampfstrukturen aufbauen, um unseren Kampf zu diskutieren und zu bestimmen gegen jeden faulen Kompromiss und Ausverkauf durch die Gewerkschaftsführungen! Wir müssen dies aber auch gegenüber den Gewerkschaftsverantwortlichen einfordern und diese nicht aus der Pflicht lassen!…“ Stellungnahme vom 22. Februar 2024 von und bei der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften - Was bringen die Proteste (in Ostdeutschland), warum sie gerade dort besondere Unterstützung brauchen und soll am 21. März gegen AfD und Rechtsruck gestreikt werden?
- Demos gegen rechts im sächsischen Hinterland geplant: „Wir werden verfolgt, angebrüllt, bedroht!“
„Das sächsische Umland darf im Kampf gegen Rechtsextremismus nicht alleingelassen werden – deswegen sind Demonstrierende vor allem in den Kleinstädten des Freistaats am Wochenende zum antifaschistischen Protest aufgerufen. (…) „Wir werden verfolgt, angebrüllt, beleidigt, bedroht. Einen anderthalben Meter über unseren Köpfen flog eine Drohne, vor uns stand ein Lkw der unangemeldet aufgetaucht ist, wir wurden mit Taschenlampen geblendet und aus einem Fenster wurde Wasser auf unsere Demo gegossen. Wir werden gefilmt und fotografiert. Vor unseren Privatadressen tauchen Autos auf und veranstalten Hupkonzerte. Unsere Namen werden in Redebeiträgen auf Nazidemos genannt. So sieht antifaschistische Arbeit im ländlichen Raum aus, das ist unsere Realität, das ist unser Alltag“, so Aktivistin Cindy Reimer aus Waldheim…“ Artikel von Anna Gumbert vom 22.02.2024 in tag24.de - Land in Sicht? Was bringen Proteste gegen die rechte Hegemonie in Ostdeutschland – ein Überblick in drei Akten
„… Erster Akt: Die 1990er Jahre – Feuerwehr-Antifa: Rechte Dominanz- und Hegemonieräume sind in Ostdeutschland nicht vom Himmel gefallen. Sie wurden mit Gewalt durchgesetzt. Nach der deutschen Einheit verging keine Woche, in der Neonazis nicht Obdachlose anzündeten, Jagd auf Migrant*innen machten, Punks zu Tode prügelten oder Asylunterkünfte in Brand setzten. Sie setzten in Schulen und Jugendeinrichtungen, im Bus und auf Zeltplätzen ihren Anspruch auf Deutungshoheit mit massiver Gewalt und Einschüchterung durch. (…) Dass rechte Hegemonieräume von heute im Osten auf der Gewalt der Jahre nach der Wende 1989/90 basieren, ist vielen nicht bewusst und wird erst jetzt zum Gegenstand sozialwissenschaftlicher Forschungen über die Reichweite rechter Einstellungen, über das Wahlverhalten und rechte Erlebniswelten. Die gegenwärtig in Ostdeutschland wöchentlich stattfindenden Demonstrationen, organisiert von regionalen rechten Bewegungsunternehmer*innen bedürfen nicht mehr der direkten Gewaltausübung gegenüber ihren Gegner*innen. Weil diese nicht mehr vorhanden sind, lassen die rechten Demoteilnehmenden ihren Hass an Journalist*innen aus. Zweiter Akt: Die fragmentierte Zivilgesellschaft Ost: Die Zivilgesellschaft im Osten ist fragmentiert. Große Akteur*innen fehlen. Seit Jahrzehnten wird das Engagement gegen die extreme Rechte im Osten weniger von großen Organisationen als vielmehr durch Netzwerke von kleinen Initiativen oder Einzelpersonen getragen. Seine Ursache hat dies in der bis heute andauernden Schwäche von Parteien, Gewerkschaften und Verbänden in den kleinstädtischen und ländlichen Regionen im Osten. Der viel zitierte vorpolitische Raum ist im Osten, etwa in Sachsen, wo er institutionell verfasst ist, fest in der Hand konservativer, mit der CDU verbundener Strukturen. (…) Den rechten Konsens, der vielfach eine stillschweigende Hinnahme der Dominanz der extremen Rechten ist, zu brechen beinhaltet deutlich mehr, als sich mit der regionalen Neonazi-Blase und der AfD auseinanderzusetzen. Dritter Akt: Aufbruch von unten? Die Demonstrationen gegen die AfD sind in den ostdeutschen Kleinstädten angekommen. Sie sind ein kleiner, aber entschlossener Aufbruch von unten. Sie werden getragen von den verbliebenen linksbürgerlichen Akteur*innen, Schüler*innen und kulturellen Multiplikator*innen. Die wütenden Reaktionen aus dem Umfeld der AfD gerade auf Kundgebungen in Tangerhütte (Sachsen-Anhalt), Altenburg (Thüringen) oder Bautzen (Sachsen) zeigen, dass die Proteste die extreme Rechte schmerzen. Besonders dann, wenn sie in den rechten Hochburgen stattfinden, wo sich die extreme Rechte für unbesiegbar hält. (…)Demonstrationen allein werden rechte Dominanzräume nicht aufbrechen oder gar beenden. Aber sie sind ein Zeichen, dass es in AfD-Hochburgen die Möglichkeit für Widerspruch gibt. Wie daraus regionale Anker gegen die rechte Omnipräsenz werden können, muss sich erweisen. Wer sich vor dem Horizont kommender AfD-Wahlerfolge in ostdeutschen Städten engagiert, wird Unterstützung und Solidarität aus den Metropolen brauchen, gerade dann, wenn die gegenwärtige Mobilisierung nachgelassen haben wird. Es wird einen Transfer von Ressourcen brauchen, um in den kommenden Wahlkämpfen die ostdeutschen Regionen nicht der AfD zu überlassen.“ Artikel von Friederike C. Domrös und Marcel Hartwig im ak 701 vom 20. Februar 2024 - „Breite Bündnisse gegen den Rechtsruck“ Was tun gegen den Rechtsruck! Aber wie?
„Es ist begrüssenswert, dass es in den letzten Wochen nach dem Bekanntwerden des „Masterplan Remigration“ von Sellner, Neue Rechte, AfD, WerteUnion, CDU, Millionären und Aristokraten Hunderttausende von Menschen gegen AfD und Faschismus auf die Strasse gegangen sind. Trotzdem können Antifaschist:innen mit diesem Stand der Dinge nicht zufrieden sein. Auch wenn die marxistische und antifaschistische Linke derzeit so schwach ist, dass sie keine nennenswerte Alternative in die Stadtteile und Betriebe oder auf die Strasse bekommt, ist es doch wenigstens erforderlich, während des Aufbaus der derzeitigen Bündnisse und auch in den Aktionen laut und deutlich Kritik und weiterreichende Vorstellungen einzubringen, die inhaltlich klar über ein „Alle gegen die AfD!“ hinausreichen. (…) Ich finde: die Frage der „breiten Bündnisse“ muss offen, respektvoll, aber konfrontativ in unseren eigenen Reihen diskutiert werden. Solche Bündnisse müssen einen erkennbaren antifaschistischen politischen Kern haben, der von uns nicht zur Disposition gestellt werden darf. In solchen Bündnissen sollten wir uns dem Schwur von Buchenwald verpflichtet fühlen: „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“…“ Artikel von Hans Christoph Stoodt vom 20. Februar 2024 im untergrund-blättle.ch - VKG zur Kölner Initiative für einen Streik [am 21. März] gegen AfD und Rechtsruck
„Für einen gewerkschaftlichen Kampf gegen die AfD und gegen die Politik, die die Rechten stark macht. Nein zum Kürzungsprogramm der Bundesregierung. Das antifaschistische Bündnis “Köln stellt sich quer” (KSSQ), an dem auch der lokale DGB beteiligt ist, hat dazu aufgerufen, am 21. März, dem internationalen Tag gegen Rassismus, in Betrieben für 15 Minuten aus Protest gegen die Gefahr von rechts zu streiken. KSSQ schlägt “einen Streik für das unantastbare Recht auf Menschenwürde vor.” (…) Die Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften (VKG) unterstützt alle Bemühungen, den Kampf gegen die AfD und den Rechtsruck in die Betriebe hineinzutragen. Die Gewerkschaften können und müssen deutsche und migrantische Arbeiter*innen im Kampf für gemeinsame soziale Interessen vereinen, gegen die rassistische und nationalistische Spaltung.
Die riesigen Demonstrationen gegen die faschistischen Pläne zur Massendeportation von Migrant*innen waren erste wichtige Schritte. Diese Bewegung muss weiterentwickelt werden, zum Beispiel durch die Verankerung des Protests in den Betrieben und die Politisierung von Diskussionen am Arbeitsplatz. Rassismus und faschistische Gruppierungen werden nicht nicht allein durch Zivilcourage besiegt und schon gar nicht durch Maßnahmen des bürgerlichen Staates, sondern müssen von der organisierten Arbeiter*innenbewegung zurückgedrängt bzw. zerschlagen werden.
Eine viertelstündige Arbeitsniederlegung ist noch kein effektiver Streik, aber transportiert eine klare Botschaft und bietet die Möglichkeiten, in den Betrieben Diskussionen anzustoßen. Es wäre wichtig, daraus längere Aktionen mit größerer Wirkung erwachsen zu lassen.
Die VKG hält es für wichtig, mit welchen Slogans und Forderungen die Gewerkschaften für diese Aktion mobilisieren. Wenn der Protest als gemeinsame Aktion mit den Chefetagen der Betriebe und den bürgerlichen Parteien durchgeführt wird, werden viele Kolleg*innen zu Recht skeptisch sein und es kann der AfD in die Hände spielen. Denn viele merken, dass die Ampel-Parteien und die Union versuchen, die Bewegung zu nutzen, um von ihrer eigenen Politik des Sozialabbaus und des Militarismus abzulenken. (…)
Dabei muss deutlich gemacht werden, dass der Kampf gegen rechts mit dem Kampf gegen die gegen sozialen Kürzungen und für Umverteilung verbunden werden muss. Die Gewerkschaften müssen sich klar dagegen stellen, dass Geflüchtete, migrantische Kolleg*innen oder Bürgergeldempfänger*innen zu Sündenböcken für soziale Probleme gemacht werden. Wir brauchen einen Strategieplan für einen gewerkschaftlichen Kampf gegen den beschlossenen Kürzungshaushalt – von einer bundesweiten Demonstration bis hin zum politischen Streik, der auch folgende Forderungen formuliert: Rücknahme aller Kürzungen, die sich gegen die arbeitende Bevölkerung richten! Rücknahme der Asylrechtsverschärfung! Rücknahme der Bürgergeldsanktionierungen! Für eine massive Erhöhung der Steuern auf Gewinne und Vermögen der Banken, Konzerne und Superreichen! Für Milliardeninvestitionen in Bildung, Gesundheit, Klima und Soziales anstatt für Rüstung!“ Stellungnahme vom 13. Februar 2024 der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften – siehe den hier diskutierten Aufruf weiter unten - Gewerkschaften: Wie weiter im Kampf gegen Rassismus und die AfD? Verbindung mit Kampagne gegen Krisenfolgen nötig
„Ausgehend von den Massendemonstrationen gegen die AfD und Rassismus hat auch in den Gewerkschaften das Thema Einzug gehalten, wie die Gewerkschaften diesen Kampf führen können. DGB und Einzelgewerkschaften rufen zur Teilnahme an den Protesten gegen die AfD auf. Außerdem hat das Bündnis „Köln stellt sich quer“ (KSSQ) aus antirassistischen Initiativen, Gewerkschaften, Kirchen und Parteien wie SPD und Grünen zu einer 15-minütigen Arbeitsniederlegung am 21. März aufgerufen. Zudem wird in gewerkschaftlichen Zusammenhängen diskutiert, wie man den Zulauf zur AfD auch in den Betrieben stoppen kann. Diese Diskussion ist in der Tat wichtig.
Denn schon bei den Bundestagswahlen 2021 haben Gewerkschaftsmitglieder und Arbeiter*innen überdurchschnittlich stark AfD gewählt.Viele andere stellen sich angesichts dessen die Frage, wie der Kampf gegen die AfD, deren Einflussnahme und gegen rassistische Vorurteile erfolgreich geführt werden kann. Dabei ist wichtig, sowohl zu diskutieren, was praktisch getan werden kann, als auch mit welchen politischen Inhalten dies geschehen sollte. Dies wird entscheidend sein, damit nicht noch mehr Kolleg*innen in die Arme der AfD getrieben werden, aber auch, um diejenigen zurückzugewinnen, die sie wählen wollen...“ Artikel von Angelika Teweleit, Sol-Bundesleitung, vom 15. Februar 2024 bei solidaritaet.info - [Analyse] Die eine Welle mitnehmen, die andere brechen!
„… Über die Leitlinie „Alle zusammen für Demokratie und Vielfalt“ konnten die, die seit Jahren konsequent gegen Rechts kämpfen, berechtigterweise nur den Kopf schütteln: „Flagge zeigen“ alleine stoppt keine Faschist:innen, die momentane „Demokratie“ ist mit ihrer rassistischen Abschottungspolitik Teil der Rechtsentwicklung. Richtigerweise entwickelten antifaschistische Strukturen trotz teilweise fundamentaler Kritik an vielen Orten trotzdem ein Verhältnis zu der gesellschaftlichen Mobilisierungen und warfen sich ins „Handgemenge“. Nicht mit dem Ziel gemeinsame Sache mit CDU, SPD, Arbeitgeber:innen und Co. zu machen, sondern mit der Idee, die Basis der Bewegung für einen langfristigen und konsequenten antifaschistischen Kampf zu gewinnen. Mittlerweile ist die „Demo-Welle“ erwartbar abgeflaut, geblieben ist eine erhöhte Sensibilität für die Gefahr von Rechts und ein Interesse an antifaschistischer Politik. Aus der kurzen Phase können wir für zukünftige Kämpfe lernen, mit dem Interesse für Antifaschismus müssen wir arbeiten. Darum soll es in den folgenden Zeilen gehen…“ Debattenbeitrag vo: Antifaschistische Aktion Süd am 15.02.2024 bei indymedia - Was die Forschung sagt: Rechtsextremen nach dem Mund reden geht nach hinten los
„… Seit den Enthüllungen des Recherchenetzwerks „Correctiv“ über rechtsextreme Tendenzen in der AfD nimmt die Debatte über den Umgang mit der Partei Fahrt auf. Die einen wollen die Partei ausgrenzen, sie möglichst auch verbieten lassen. Andere mahnen, man müsse sich politisch mit ihr auseinandersetzen und sie „inhaltlich stellen“. (…) Eine Strategie von Parteien, Wählerstimmen von den Rechtsextremen zurückzuholen, besteht darin, selbst nationalistische und migrationsfeindliche Töne anzuschlagen – in der Annahme, Wählerinnen und Wähler wünschten sich diese Positionen. Aber diese Strategie geht nicht auf, wie 2022 eine Studie der Universität Cambridge herausfand. Einer Untersuchung im Jahr darauf des Kölner Leibniz-Instituts für Sozialwissenschaften zufolge erreicht sie sogar das genaue Gegenteil. Ergebnis der Kölner Studie, die Inhalte von Parteiprogrammen aus 26 europäischen Ländern und den Zuspruch zu rechtsaußen in Bezug setzte: Überall dort, wo Parteien der Mitte den Rechtspopulisten nach dem Mund reden, treibt das rechtsaußen noch mehr Stimmen zu. Die Forscherinnen erklären das so, dass die Identität vieler Menschen auf der Ausgrenzung anderer basiert – ein Befund, den beispielsweise die Leipziger Mitte-Studie bestätigt. Diese Identität alleine führe aber noch nicht zur Wahl von rechts, sondern sie müsse erst aktiviert werden. Etablierte Parteien täten genau das, wenn sie eine ausgrenzende Rhetorik verwendeten. (…) Neben politischen wirken auch psychologische Faktoren auf die derzeitige Stimmung. Persönlichkeitsfaktoren etwa haben ebenfalls Einfluss auf Wahlentscheidungen, wie weitere Studien bestätigen. Wer demnach autoritär tickt, nach sozialer Dominanz strebt oder – der bedeutendste Faktor – fremdenfeindlich ist, neigt zur Wahl der AfD. Diese Faktoren würden sich durch eine politische Auseinandersetzung mit der AfD nicht verändern. Die Bamberger Politologin Mayer war an einigen dieser Studien beteiligt. Tatsächlich blieben nach der „Correctiv“-Enthüllung die Umfragewerte für die AfD zunächst stabil. Erst seit Beginn der Massendemonstrationen gegen Rechtsextremismus sinken sie. Mayer nennt als Erklärungsansatz dafür den psychologischen Mechanismus der konfirmatorischen Informationssuche. Er besagt, dass Menschen dazu neigen, das zu glauben, was ihrem bereits vorhandenen Weltbild entspricht. Eine Enthüllung wie die von „Correctiv“ führt dann bei Unterstützern der AfD nicht dazu, dass sie ihre Ansichten über die AfD ändern, sondern sie erklären eventuelle Zweifel einfach weg. Auch Emotionen spielten bei der Unterstützung für die AfD eine Rolle, erklärt Mayer. Wut beispielsweise: „Und Wut überträgt sich auch auf andere Bereiche.“ (…) „Ein Verbot der AfD wäre nur sinnvoll, wenn man sich vorher überlegt, wie man mit dieser Wut umgeht“, sagt sie. Denn die Wut wäre dann ja immer noch da.“ Beitrag von Nils Sandrisser vom 11. Februar 2024 im MiGAZIN - Der Volksaufstand: Bei den Protesten gegen die AfD feiert sich die politische Mitte, linke Kritik ist unerwünscht
„In den Massenprotesten gegen die AfD stellt die bürgerliche Mitte ihre Weltoffenheit zur Schau. Kritik an ihrer eigenen autoritären Entwicklung ist nicht gern gesehen. (…) Der derzeitige »Aufstand der Anständigen« erinnert an die Zeit der Lichterketten Anfang der neunziger Jahre. Damals gingen als Antwort auf die rassistischen Pogrome und Brandanschläge ebenfalls Millionen Menschen auf die Straße, zugleich wurde das Grundrecht auf Asyl durch eine Verfassungsänderung drastisch eingeschränkt. »Im Kerzenschein der Lichterketten soll das Grundrecht auf Asyl abgeschafft werden«, schrieb damals die »autonome l.u.p.u.s. gruppe«. Ein erfreulicher Unterschied zu den Lichterketten von damals ist, dass es heute oft antifaschistische Strukturen sind, die die Demonstrationen mitorganisiert oder angeführt haben. Vielerorts richten sich Aufrufe, Reden und Schilder auch gegen den Rechtsruck der Mitte. Jedoch entwickeln sich die Proteste mit zunehmender Größe zu einem bürgerlichen Wohlfühl-Event mit Volksfestcharakter, bei dem es vielen nicht darum geht, Rechtsextreme und Rassismus zu bekämpfen, sondern die eigene Weltoffenheit zur Schau zu stellen. Beispielhaft hierfür sei die Spiegel-Redakteurin Anna Reimann genannt, die einen ganzen Leitartikel schrieb, um vor »Hass-Chören« gegen die AfD zu warnen. Denn Hass sei »per se gefährlich« und grenze Menschen aus. Außerdem sollten »politische Sachfragen« wie das »Bleiberecht für alle« auf den Demonstrationen außen vor bleiben. Wird dagegen verstoßen, ist es mit der Toleranz der Demokrat:innen schnell vorbei…“ Artikel von Thorsten Mense in der Jungle World vom 01.02.2024
- Demos gegen rechts im sächsischen Hinterland geplant: „Wir werden verfolgt, angebrüllt, bedroht!“
- Demolierte Demokratie? Demonstrationen gegen Rechtsextremismus dauern stabil an: Wo bleibt das „Wir haben verstanden“ der Politik (und der Medien)?
- Demonstrationen gegen Rechtsextremismus: Wo bleibt das „Wir haben verstanden“? Jetzt müsste die Politik ins Reflektieren kommen. Aber bisher sind da nur Selfies...
„… Niemand sollte sich anmaßen, für all die Millionen zu sprechen, die dieser Tage auf den Straßen sind. Unter ihnen sind CDU-Mitglieder, Antifa-Aktivistinnen und alles Mögliche dazwischen. Was sie eint, ist die Abscheu vor der AfD – sei es vor ihrem Willen, die Demokratie und den Rechtsstaat zu schleifen, sei es vor ihrem Rassismus, ihrem codierten Antisemitismus, sei es vor ihrem Frauen-, Männer- und Familienbild. Die Menschen auf den Straßen stehen gegen etwas auf, das von Jahr zu Jahr bedrohlicher wird. (…) Was es braucht, um die Rechtsradikalen zu stoppen, ist etwas, mit dem man nicht planen kann und das selbst in Demokratien nicht sehr häufig geschieht: nämlich eine breite, demokratische Gegenmobilisierung von unten. Eine Allianz der anständigen Leute, die in Städten und Dörfern, auf den Marktplätzen, auf Grillfesten, bei Elternversammlungen, im Fußballclub für das Grundgesetz aufstehen, wenn Rechtsradikale von wahrer Demokratie faseln. (…) Auch die Politik könnte einiges dazu beitragen, diese demokratische, lagerübergreifende Bewegung zu stärken – und tut doch teils das Gegenteil. Was genau etwa treibt SPD-Chef Lars Klingbeil an, genau jetzt den Bundesländern vorzuwerfen, nicht konsequent genug abgelehnte Asylbewerber abzuschieben – und damit das große Kernthema der AfD wieder nach vorn zu bringen? Und ist es für Christdemokraten und Liberale wirklich sinnvoll, an den Demos nicht teilzunehmen, weil auch die Antifa gegen Faschisten mitdemonstriert? Und was bringt es umgekehrt, demokratische Konservative auszuladen? Solch taktisches Verhalten wirkt gegenüber den großen Momenten dieser Tage klein und kontraproduktiv. Und es hat das Potenzial, den Demonstrationen mittelfristig die Luft abzulassen. Überhaupt ist es merkwürdig, dass bei aller Unterstützung der Proteste durch die demokratischen Parteien nirgends ein lautes Nachdenken darüber einsetzt, was aus ihnen folgen soll. Nirgends in der demokratischen Politiksphäre hört man ein „Wir haben verstanden“, fast nirgends Selbstreflexion über die Tatsache, dass das Gift, das die AfD versprüht, längst auch in der Mitte zu wirken beginnt. Warum genau meiden nicht wenige rassismusbetroffene Menschen die Demonstrationen, warum erkennen viele in ihnen Heuchelei und Doppelmoral? Lohnt es sich für uns, die weiße Mehrheit im Land, nicht doch endlich einmal, zu prüfen, wo unsere blinden Flecken sind? „Wenn der Bundeskanzler auf dem Spiegel-Cover sagt, ‚Wir müssen im großen Stil abschieben‘, fragen wir uns: Sollen wir gehen?“, rief der in Berlin geborene Rapper Apsilon an diesem Samstag auf der Bühne vor dem Reichstag. „Wenn der Anschlag von Halle nicht mal fünf Jahre her ist, aber auf einmal Ausländer wieder die einzigen Antisemiten sind, fragen wir uns: Sollen wir gehen?“ Da sprach die gelebte Erfahrung, dass Migrantisierte auch der deutsche Pass nicht davor schützt, kollektiv ausgegrenzt zu werden – und dass es nicht nur die AfD ist, die ausgrenzt. (…) Die deutsche Demokratie ist nicht gesund, solange es an manchen Orten ein persönliches Risiko darstellt, Person of Color, jüdisch, queer oder antifaschistisch zu sein. Diese Bedrohung aber gibt es auch deswegen, weil selbst manche demokratischen Politiker immer wieder die Vorstellung verbreiten, es müsse endlich eine homogene Mehrheit der sogenannten normalen Leute gegen böswillige Minderheiten verteidigt werden. Politik auf Basis solcher Ressentiments zu machen, führt in den Autoritarismus. Die gute Nachricht ist: Diese Proteste sind die beste Gelegenheit, als Gesellschaft ein bisschen schlauer zu werden.“ Kommentar von Christian Bangel vom 3. Februar 2024 in der Zeit online („Wo bleibt das „Wir haben verstanden“?“) - Demolierte Demokratie: »Unsere Demokratie verteidigen« – was der Aufstieg der AfD mit der politischen Mitte zu tun hat
„Kaum ein Begriff ist in den vergangenen Wochen so häufig gefallen wie »unsere Demokratie«. (…) Klingt gut, aber von welcher Demokratie ist da eigentlich die Rede? Von der, die es einer Mieter*innen-Initiative ermöglicht, einen Volksentscheid zur Vergesellschaftung von Wohnraum in Berlin durchzusetzen und zu gewinnen – oder von der, in der sich die Senatsparteien weigern können, den Volksentscheid umzusetzen? Von der Demokratie, in der mehr als 70 Prozent der Bevölkerung seit mittlerweile zwei Jahrzehnten bei Umfragen die Einführung einer Millionärssteuer befürworten – oder von der, in der diese Steuer völlig undenkbar ist, weil keine Regierung den folgenden Unternehmeraufstand überleben würde? Von der Demokratie, in der alle Erwachsenen in freier Wahl ihre Abgeordneten bestimmen – oder von »unserer« real existierenden Demokratie, in der (wie in vielen Großstädten) 30 Prozent der erwachsenen Bevölkerung von Wahlen ausgeschlossen bleiben, weil sie zwar seit Langem hier leben, ihnen aber die entsprechende Staatsangehörigkeit fehlt? Man muss schon sagen: Am Ende ist »unsere Demokratie« auch ohne AfD ziemlich demoliert. Kein Zweifel: Wenn der Faschismus vor der Tür steht und Nazikader über Massendeportationen beraten, muss man mit allen an einem Strang ziehen, die das verhindern wollen. FDP-Minister, die die Einführung einer Kindergrundsicherung verhindern, aber jederzeit 100 Milliarden Euro für militärische Aufrüstung locker machen, mögen mit der Menschenverachtung der AfD mehr gemein haben, als sie selbst glauben. Dennoch wäre ein AfD-Staat unendlich viel schlimmer als die Gesellschaft extremer sozialer Ungleichheit, in der wir heute leben. Trotzdem muss man, wenn jetzt überall von der »Verteidigung der Demokratie« die Rede ist, kritische Fragen stellen. Im Aufruf zur Demonstration #WirSindDieBrandmauer am 3. Februar werden Rassismus und soziale Ausgrenzung richtigerweise in einem Atemzug genannt. Es gelte, »ein solidarisches Miteinander zu verteidigen«, heißt es in dem Aufruf, den Sozialverbände, Klimabewegung und antirassistische Gruppen initiiert haben. »Soziale Gerechtigkeit« wird eingefordert und: »eine Gesellschaft, die niemanden zurücklässt«. Stimmt! Der Punkt ist jedoch, dass »unsere« real existierende Demokratie eine Form von Gesellschaft ist, in der zwar alle (Deutschen) wählen dürfen, aber dennoch einige wenige herrschen – während die meisten anderen beherrscht werden. Die politische Gleichheit, die verfassungsrechtlich festgeschrieben ist, wird von der ebenso verfassungsrechtlich garantierten Eigentumsordnung konsequent auf den Kopf gestellt. Inwiefern? Große Vermögen sind die wichtigste Machtressource in unserer Gesellschaft und verhindern damit politische Gleichheit. Ein Unternehmer kann mithilfe von Medienkonzernen, Lobbyverbänden, Stiftungen, Forschungseinrichtungen und eigenen Investitionsentscheidungen enormen politischen Einfluss ausüben und, falls nötig, Regierungen brechen. Der Paketbote hingegen entscheidet im besten Fall darüber, ob er bei Netflix oder Amazon streamt. Die politischen Systeme des globalen Südens werden häufig als »Oligarchien« bezeichnet: Reichtum und politische Macht sind dort in den Händen weniger konzentriert. Bei derartigen Hinweisen fällt allerdings unter den Tisch, dass Deutschland in Sachen Ungleichheit dem globalen Süden in nichts nach steht. (…) Alle zusammen gegen den Faschismus ist das richtige Motto der Stunde. Aber wir sollten nicht vergessen, dass »unsere Gesellschaft« weitaus weniger mit Demokratie zu tun hat, als uns eingeredet wird. Was wir im Augenblick gegen die AfD zu verteidigen hoffen, ist ein Mindestmaß an Freiheits- und Menschenrechten – die allerdings auch von der politischen Mitte in den vergangenen Jahren bereits massiv beschnitten worden sind…“ Artikel von Raul Zelik vom 2. Februar 2024 in Neues Deutschland online- Anm.: Ein Beitrag mit einem sehr wichtigen Hinweis – allerdings auch mit einem Denkfehler. Zu fragen, was unsere Demokratie wirklich ist, erscheint anbetracht der gegenwärtigen vielfältigen „Verteidigung unserer Demokratie“ gegen rechts sicher sehr angebracht. Trotzdem macht Raul einen Fehler. Von welcher Demokratie spricht er denn? Wenn er die des Grundgesetzes meint, setzt er falsch an. So ist z.B. der Kapitalismus nicht zwingend als Wirtschaftssystem, Eigentum verpflichtet nach Art. 14 GG und Art. 1 GG stellt alles unter die staatliche Verpflichtung zum Schutz der Menschenrechte. Richtig: Trotzdem haben wir eine kapitalistische Klassengesellschaft. Aber ist da DIE Demokratie Schuld? Vom „demolierter“ Demokratie zu sprechen (vgl. Überschrift) ist eindeutig korrekt – auch anbetracht z.B. des Abbaus der Demokratie wie in Ungarn. Ansonsten wäre eher an Platons Befürchtung betreffs Demokratie zu erinnern (Platon wollte eine Gelehrten-Demokratie aus Angst vor Populismus als zwangsläufig für die Demokratie). Für die Demokratie des Grundgesetzes spielt ferner Wolfgang Abendroth eine große Rolle, der das Grundgesetz als eine Art Klassenkompromiss verstand. Raul verweist auch auf den israelischen Historiker Ishay Landa, der zwischen Liberalismus und Faschismus engen Verbindungen sieht (im Text nicht zitiert). Aber eben zum Liberalismus! Was die Demokratie des Grundgesetzes betrifft, stellt sich deshalb eher die Frage, ob sie nicht zu liberal – also zu viel Freiheiten – betont statt auch mehr Verpflichtungen. Jedenfalls ist eine Gleichsetzung von Demokratie mit Liberalismus nicht unbedingt logisch und zur Weiterentwicklung der Demokratie in Richtung einer Überwindung des Kapitalismus nicht hilfreich.
- Ein letztes Mal Antifa? Die antifaschistische Protestwelle in Deutschland bildet die letzte Chance auf die Verhinderung eines faschistischen Krisenregimes
„Die sich derzeit entfaltende, antifaschistische Massenbewegung scheint einem Befreiungsschlag aus der bleiernen Schwere jahrelanger Faschisierung gleichzukommen. (…) Millionen Menschen gehen auf die Straße, um gegen die AfD-Planungen zur millionenfachen Vernichtung von Existenzen qua Deportation zu protestieren. Dennoch bleibt die politische Lage in der Bundesrepublik viel prekärer, als es den Anschein hat. Noch ist nichts gewonnen. (…) Die unangenehme Wahrheit besteht schlicht darin, dass die Zeit für die AfD arbeitet. Denn die AfD hat die Systemkrise im Rücken, die ihr weiteren Zulauf verschafft. Der Kapitalismus ist nicht in der Lage, seine ökonomische und ökologische Krise zu lösen. Das überschuldete kapitalistische Weltsystem stößt in seinem Wachstumszwang an seine inneren und äußeren Schranken, es taumelt in Klimakollaps, sozialen Zerfall und Weltbürgerkrieg. Und das Erfolgsrezept des Vorfaschismus – von der AfD bis Donald Trump – besteht darin, diese krisenbedingt aus der „Mitte“ der Gesellschaft aufsteigende Barbarei ideologisch zu legitimieren und praktisch zu exekutieren. Deswegen scheint der Durchmarsch der Neuen Rechten so mühelos, deswegen übernehmen Liberale wie Lindner so leicht deren menschenverachtende Rhetorik – weil dies sich aus der zerstörerischen Krisenlogik des in Agonie befindlichen Systems ergibt. (…) Die seit der Sarrazin-Debatte ablaufende Faschisierung der Bundesrepublik ist an ihrem entscheidenden Kipppunkt angelangt. Alles liegt offen auf der Hand. Es stehen wieder buchstäblich Millionen von Menschenleben in einer ausweglosen kapitalistischen Systemkrise auf dem Spiel. Sollte die Neue Rechte die derzeitige Protestwelle tatsächlich aussitzen können, dann würde sie den entscheidenden Schritt Richtung Barbarei vollzogen haben. (…) Die Forderung nach dem Verbot der AfD muss ins Zentrum antifaschistischer Postulate rücken. Eben weil die Lage wirklich dramatisch ist. Die AfD, deren Politiker gemeinsam mit Nazis unzählige Bundesbürger mit Migrationshintergrund deportieren wollen (selbst Deutschlands rechtsblinde Justiz wird nicht umhinkommen, dies als verfassungsfeindlich einzustufen), kann mittelfristig nur durch ein Verbot zuverlässig von der Macht ferngehalten werden – gerade weil sie bereits Massenanhang gewonnen, sowie in vielen Regionen und auf vielen Diskursfeldern die Hegemonie errungen hat. (…) Freilich kann ein AfD-Verbot nur als eine zeitlich begrenzte Notlösung fungieren, es ist kein Allheilmittel. (…) Denn der Faschismus als Extremform kapitalistischer Krisenideologie hat die Krise im Rücken. (…) Das beste antifaschistische Gegengift gegen das dunkle Krisengeraune des Vorfaschismus besteht in der offenen Thematisierung der Krise und der Unausweichlichkeit der Systemtransformation – gerade bei antifaschistischen Protesten, um hierdurch zum Aufkommen eines breiten Transformationsdiskurses beizutragen. Es gilt, den Menschen schlicht klarzumachen, in was für einer schweren Lage wir uns befinden. Nichts wird gut werden, alles wird sich verändern. Die bewusste gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der kapitalistischen Systemkrise in ihrer ökologischen wie ökonomischen Dimension, mit emanzipatorischen Wegen in die unabwendbar anstehende Transformation – dies sind die Diskursmittel, mit denen der bewusstlose faschistische Taumel in die Barbarei vielleicht noch verhindert werden könnte. Der Antifaschismus wird somit tatsächlich das zentrale Kampffeld bei der anstehenden Systemtransformation bilden, um kurzfristig die faschistische Krisenoption zu verhindern, sowie als Medium eines Transformationskampfes, um die Ausformung eines radikalen Krisenbewusstseins in der spätkapitalistischen Gesellschaft zu befördern. Die derzeitige antifaschistische Protestwelle bildet gewissermaßen die letzte Ausfahrt vor der ganz großen Rechtskurve, auf die nicht nur die BRD zusteuert. Die letzte Chance, dem Faschismus das Rückgrat zu brechen, ist jetzt. Und dies kann nur geschehen, indem der in der Systemkrise sich auftuende zivilisatorische Abgrund erkannt und bewusst umgangen wird, in den der Faschismus in seinem dunklen Todestrieb abermals bewusstlos taumelt.“ Beitrag von Tomasz Konicz vom 31. Januar 2024 auf seiner Homepage - Stellungnahme der ver.di-Linke NRW zur Rechtsentwicklung in der Gesellschaft
„Die ver.di-Linke NRW hat sich bei ihrem Treffen am 28.1.2024 mit der Rechtsentwicklung in der Gesellschaft) beschäftigt und die Verantwortung der herrschenden Politik dafür herausgearbeitet. Wir haben über die Handlungsmöglichkeiten unserer Gewerkschaft und deren Mitglieder diskutiert, für die wir angesichts der Massenproteste der letzten Wochen gegen die AfD gute Ansatzpunkte sehen. Wir sehen die Gefahr, dass rechte und rassistische Politik Menschen mit Migrationshintergrund, queere Menschen, Menschen mit Behinderungen, politisch Andersdenkende sowie andere Gruppen konkret bedroht, gewerkschaftliche Handlungsmöglichkeiten verschlechtert, den sozialen Druck erhöht und autoritäre Politik fördert. (…) Die aktuelle Öffentlichkeit gegen die monströsen Pläne der AfD bilden den Anlass und die Möglichkeit, die genannten Zusammenhänge jetzt unverzüglich in den Betrieben und Verwaltungen, in Betriebs- und Personalräten sowie Betriebsversammlungen anzusprechen und zur Diskussion zu stellen…“ Siehe die vollständige Stellungnahme der ver.di-Linke NRW zur Rechtsentwicklung in der Gesellschaft vom 1.2.2024
- Demonstrationen gegen Rechtsextremismus: Wo bleibt das „Wir haben verstanden“? Jetzt müsste die Politik ins Reflektieren kommen. Aber bisher sind da nur Selfies...
- #WirSindDieBrandmauer: Die Kundgebung gegen den Rechtsruck vor dem Bundestag am Samstag, 3. Februar, wird wird an diesem Wochenende die größte werden – auch die Strategiedebatte geht weiter
- #WirSindDieBrandmauer: Große Kundgebung gegen den Rechtsruck vor dem Bundestag
„Das Netzwerk „Hand in Hand“ startet mit einer Auftaktaktion am Samstag, 3. Februar, 13 Uhr in Berlin. Den gemeinsamen Aufruf gegen die rechte Normalisierung in Deutschland und Europa haben mehr als 1.300 Organisationen unterzeichnet. (…) Die Kundgebung beginnt um 13 Uhr auf der Wiese vor dem Reichstag. Bei der Kundgebung werden unter anderem Newroz Duman von der Initiative 19. Februar und Katja Karger vom DGB Berlin-Brandenburg Reden halten, außerdem werden die Musikerinnen Nina Chuba und Malonda auftreten…“ Pressemitteilung von Pro Asyl vom 30.01.2024 – siehe den Aufruf und die Aktionsseite hier weiter unten, siehe für Aktuelles DieBrandmauer auf Twitter und #wirsinddiebrandmauer. Siehe einen neuen tollen Aufruf: - Gegen AfD und die Abschiebe- und Kürzungspolitik der Ampelregierung: Kommt zum Aktionstag am 3. Februar, 13 Uhr, Bundestagswiese!
„“Schließ dich der Brandmauer gegen Rechts an! Jetzt sind wir alle gefragt: Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, als Zivilgesellschaft ein solidarisches Miteinander zu verteidigen. Am 3. Februar zeigen wir mit einer großen Aktion um das Bundestagsgebäude: Wir sind die Brandmauer!”
Auch die Gewerkschaften, darunter ver.di und GEW, rufen auf. Als ver.di-Betriebsgruppe FU halten wir gewerkschaftliche Mobilisierungen gegen Rechts für absolut notwendig und möchten gleichermaßen zur Teilnahme aufrufen. Lasst uns gemeinsam und als Gewerkschafter*innen erkenntlich ein starkes Zeichen setzen. AfD-Mitglieder und andere Rechte haben in unserer Gewerkschaft nichts verloren!
Dabei ist für unsere kämpferische Betriebsgruppe klar: Die aktuelle Ampelregierung setzt bereits praktisch die Politik um, die von der AfD gefordert wird. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte im Spiegel: “Wir müssen endlich im großen Stil abschieben.” Gesagt, getan: Mit der Zustimmung der Bundesregierung zu GEAS-Reform der EU und mit der Verabschiedung des sogenannten Rückführungsverbesserungsgesetzes, neben weiteren Abschiebeabkommen, werden die Rechte von Geflüchteten in neuem Maße eingeschränkt. Innenministerin Nancy Faeser freut sich bereits über eine Steigerung der letztjährigen Abschiebungen um 27 Prozent und möchte diese Zahl sogar noch erhöhen.
Die Bundesregierung kürzt bei allen Sozialausgaben und in der öffentlichen Daseinsvorsorge, aber hat Milliarden für die Rüstung übrig. Rechtes Gedankengut wächst am besten in einem solchen Klima der Prekarität.
Das gilt auch für unseren Arbeitgeber: Wer wie das FU-Präsidium Tarifverträge nicht einhält, bekämpft aktiv Mitbestimmung und demokratische Prozesse und sorgt so für politischen Verdruss. Im Ergebnis fördert auch die FU damit den Rechtsruck und den Aufstieg der AfD, denen gewerkschaftliche Organisierung ebenfalls ein Dorn im Auge ist. Bis heute sind zudem Beschäftigtengruppen der unteren Lohngruppen und mit hohem Migrant*innenanteil wie z.B. Reinigungskräfte an der FU ausgegliedert und damit von der betrieblichen Gemeinschaft ausgegrenzt und schlechter gestellt.
Damit bereiten die regierenden Parteien und gewerkschaftsfeindliche Arbeitgeber der AfD und den Rechten das Feld. Das Recht auf Flucht und Asyl darf nicht weiter eingeschränkt werden! Menschen fliehen vor Krieg, Verfolgung, Armut und Klimakatastophe – die europäische und deutsche Abschottungspolitik bedeutet Tod und Folter für viele. Deshalb richtet sich unser Protest nicht nur gegen die AfD, sondern auch gegen ihre Wegbereiter*innen in den aktuellen Regierungs- und anderen demokratischen Parteien.“ Aufruf der ver.di-Betriebsgruppe FU Berlin - Neue Restriktionen für Asylsuchende: Klatschen für Geflüchtete
„Die Proteste Hunderttausender gegen die AfD wären die perfekte Gelegenheit für progressive Migrationspolitik. Doch Bund und Länder sehen das anders. (…) Jetzt wäre die Gelegenheit gewesen, endlich nicht mehr eine immer weiter eskalierende Asyldebatte zu bedienen, sondern stattdessen eigene Themen auf die Agenda zu setzen. Nichts ist Rechtsextremen so zuwider wie eine plurale Einwanderungsgesellschaft, die ihre Probleme selbstbewusst ohne sie löst.
Nur Scheinlösungen
Und doch fällt den demokratischen Parteien nichts anderes ein, als weiter populistische Scheinlösungen anzupreisen. Viel deutlicher kann man vielen derer, die gerade in Scharen gegen rechts auf die Straße gehen, gar nicht die kalte Schulter zeigen. Seit Wochen demonstrieren landauf, landab die Menschen in Deutschland gegen die AfD und den Rechtsruck. Seien es Hunderttausende in Großstädten wie München oder Berlin oder Hunderte in kleinen Örtchen wie Puderbach oder Schleiz. Politiker*innen der demokratischen Parteien zeigen sich begeistert, beklatschen die Zivilcourage der Bürger*innen, laufen sogar fleißig mit. Dass aus diesen Demonstrationen aber auch eine Forderung an sie selbst erwächst, wollen viele offenbar nicht hören.
Weil in der aktuellen Debatte Differenzierung oft zu kurz kommt, sei gesagt: Natürlich sind Abschiebungen abgelehnter Asylsuchender nicht das Gleiche wie die rechtsextreme Fantasie, deutsche Staatsbürger*innen mit Migrationshintergrund zu deportieren. Die Ampel ist nicht schlimmer oder auch nur genauso schlimm wie die AfD. Doch menschenverachtende Forderungen bekämpft man nicht mit menschenverachtender Politik…“ Artikel von Dinah Riese vom 1.2.2024 in de taz online , siehe ähnlich:- Nazis morden, der Staat schiebt ab
Kommentar von Sebastian Weiermann vom 31.01.2024 in ND online über den Kurs der Bundesregierung
- Nazis morden, der Staat schiebt ab
- Aktivist über Demos im ländlichen Raum: „Die Lage ist verdammt brenzlig“
„Die Proteste in der Provinz dürfen nicht vergessen werden, sagt Aktivist Jakob Springfeld. Anitfa-Initiativen seien dort häufig in der Defensive…“ Interview von Adefunmi Olanigan vom 28.1.2024 in der taz online - Holocaust-Überlebende Friedländer: „So hat es ja damals auch angefangen“
„Die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer hat sich im tagesthemen-Interview tief bestürzt über den zunehmenden Antisemitismus geäußert. Sie sei dankbar für die Proteste gegen rechts – doch noch viel mehr Menschen sollten laut ihre Meinung sagen… “ interview von Helge Fuhst mit Margot Friedländer am 26.01.2024 in den tagesthemen (Text und Video in tagesschau.de) - Köln stellt sich quer schlägt für den 21. März 2024, dem internationalen Tag gegen Rassismus, einen Streik für das unantastbare Recht auf Menschenwürde vor
„Für eine Viertelstunde wird die Arbeit niedergelegt, in Werkstätten, Büros, Fabriken, und Verwaltungen, in Kitas, Schulen und Hochschulen. Für eine Viertelstunde bitten wir alle, egal, was sie gerade tun, innezuhalten und ein deutliches Zeichen zu setzen. Wir wollen sichtbar machen, dass wir in einer offenen international geprägten Gesellschaft zusammenleben und uns nicht spalten lassen. Leben und Arbeiten wäre nicht denkbar ohne Menschen mit Migrationsgeschichte. Eintreten für Menschenwürde bedeutet auch, Geflüchteten bessere Zugänge zur Arbeitswelt zu ermöglichen. Wir wollen, dass an Arbeits- und Ausbildungsplätzen eine Viertelstunde über Rassismus und die menschenverachtende Deportationspläne der AFD diskutiert wird, dass überlegt wird, wie gemeinsames Eintreten für Menschenrechte und Menschenwürde tatsächlich aussehen kann – gegen Rassismus, Antisemitismus, Nationalismus, Homophobie und Transfeindlichkeit, Wir wollen, dass an Arbeits – und Ausbildungsplätzen allen Menschen Solidarität und Wertschätzung entgegengebracht wird, unabhängig von Geschlecht, Abstammung, Sprache, Heimat und Herkunft, Glauben, religiöser oder politischer Anschauung.
( Art 3 GG) – auch als deutliche Absage an die Pläne der AFD“ und per e-mail zugesandter Aufruf von nun „Köln gegen Rechts“ , wurde auf der großen Kundgebung am 20.1. vorgetragen, ver.di und Stadt Köln sollen zugestimmt, DGB Köln Vorsitzender unterstützt haben (allerdings seitdem nichts mehr davon gehört) - Interview mit Protestforscher Daniel Mullis: Welche Wirkung die Massenproteste gegen rechts haben
„… Ich glaube, dass diese Demonstrationen auf jeden Fall einen ganz unmittelbaren Effekt auf die vielen Menschen haben, die daran teilgenommen haben, die ein Interesse daran haben, diese Demokratie, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und eine pluralistische, bunte Gesellschaft zu stärken. Diese Menschen fühlen sich nun quasi bestätigt und ermutigt. Sie ziehen Energie und Kraft aus den Demos, um sich in alltäglichen Auseinandersetzungen oder Diskussionen in der Familie, am Arbeitsplatz oder anderswo, einzusetzen und einzubringen. Das ist der unmittelbare Effekt. (…) Rechte Parteien sind gut darin, Emotionen zu mobilisieren: Enttäuschung, Wut, ein Gefühl von Exklusion. Da stehen wir als Gesamtgesellschaft vor der Herausforderung, den Menschen – und das bezieht sich nicht nur auf Wähler rechter Parteien – positive Zukunftsvorstellungen anzubieten. Ihnen ein positives Erfahren von Demokratie und sozialer Teilhabe zu ermöglichen. Dabei kommt es aber eben auch stark auf politische Entscheidungen an. Die Zivilgesellschaft kann das Problem, vor dem wir stehen, nicht alleine lösen. (…) Man kann ganz klein anfangen, unmittelbar am Arbeitsplatz oder im Freundeskreis und sich klar und deutlich widersetzen, wenn sich jemand ausschließend oder rassistisch äußert oder Wahlwerbung für die AfD oder andere rechte Parteien macht. Und dann gibt es wirklich viele zivilgesellschaftliche Projekte quasi zur Demokratieförderung, wie Antirassismusarbeit, Unterstützungsnetzwerke für geflüchtete Menschen, Bildungsangebote, die Möglichkeit mit Schülerinnen und Schülern zu arbeiten, gewerkschaftliche Angebote, das ist alles da und bietet Möglichkeiten, etwas zu verändern. (…) Die Medien müssen sehr vorsichtig sein, welche Framings sie übernehmen und reproduzieren und was sie in der Berichterstattung aufnehmen. Und sie müssen sich vor allem fragen, ob es wirklich nötig ist, rechtsextremen Politikerinnen und Politikern eine Bühne zu geben, auf der sie ständig wieder ihre eigenen Botschaften präsentieren und in die Welt hinaus senden können. Selbst nach den großen Protesten jetzt haben Politikerinnen und Politiker der AfD zur besten Sendezeit die Möglichkeit bekommen, sich zu rechtfertigen. Da müssten die Medien überlegen, ob sie nicht einen anderen Umgang finden können, gerade mit der AfD.
[hessenschau.de: Also weniger mit Rechten sprechen, sondern besser mit den Unzufriedenen und die Menschen und ihre Nöte zu Wort kommen lassen?]
Daniel Mullis: Ja, und nein. Wir haben die Erzählung der besorgten Bürgerinnen und Bürger schon seit Pegida. Wir hören die Sorgen der Menschen an, die die Rechten wählen. Nur hat das letztlich dazu geführt, dass wir eine unsägliche Migrationsdebatte mittlerweile führen, die in weiten Teilen Züge einer entgleisten Debatte hat. Vielleicht ist es jetzt nach den Massenprotesten aber mal an der Zeit, Hunderttausende, die jetzt auf den Straßen sind und waren, genauso als besorgte Bürger ernst zu nehmen. Deren Ängste und Sorgen sich anzuhören und sie zu fragen: Was für eine Gesellschaft wünschen sie sich eigentlich, wovon träumen sie? Das würde die Möglichkeit öffnen, die Mitte der Gesellschaft neu zu verorten und die Eckpfeiler neu zu bestimmen. Wenn man nur immer auf diejenigen hört, die rechts wählen, dann ist das am Ende der Maßstab, an dem Politik sich orientiert. Das hat jetzt lange nicht gut funktioniert…“Interview von Katrin Kimpel mit Daniel Mullis am 25.01.24 in hessenschau.de - Antifaschistische Massenproteste: Das grosse deutsche Unterhaken – Wohin führt der Protest?
„… In der Frankfurter Innenstadt ist am Samstagmittag kein Durchkommen. Zehntausende drängen sich an diesem 20. Januar in den Strassen rund um das Rathaus, wo die Kundgebung gegen rechts stattfindet, der Platz ist bereits wegen Überfüllung geschlossen. (…) Frankfurt ist keine Ausnahme: Landauf, landab finden solche Demonstrationen statt. 100 000 Menschen in Hamburg, bis zu 200 000 in München, 50 000 in Leipzig, 200 000 oder mehr in Berlin. (…) Organisiert werden die Proteste von spontan gegründeten Bündnissen aus sozialen Bewegungen und Zivilgesellschaft, mancherorts auch von Unternehmen, die sich Sorgen um das Image des Landes machen. In Berlin initiierte die Klimabewegung Fridays for Future eine der ersten Demos. (…) «Wir sind die Brandmauer» lautet einer der Slogans: Er spielt auf ein Schlagwort an, mit dem die Parteien von CDU bis zu Die Linke ihre Abgrenzung zur AfD betonen und eine Zusammenarbeit mit der Partei ausschliessen. (…) In der Betonung, dass «wir», also die ganz normalen Bürger:innen, die Brandmauer seien, steckt auch eine Kritik an den etablierten Parteien, die nicht genug tun, um die AfD zu bekämpfen, weshalb es jetzt auf «uns alle» ankomme, ein Zeichen zu setzen und die Demokratie vor ihren rechten Feind:innen zu schützen. Hier beginnen auch die Ambivalenzen. Denn obgleich die Sorge vieler Bundesbürger:innen vor einer rechten Machtübernahme real ist, ist damit nicht unbedingt eine Ablehnung rechter Politik verbunden. (…) Dieser Widerspruch spielte auf den meisten Kundgebungen bislang keine grosse Rolle. (…) Für die Bundesregierung sind die Proteste daher ein willkommener Anlass, um das grosse Unterhaken gegen die AfD zu beschwören, ohne über die eigene politische Verantwortung für deren Aufstieg – etwa durch die Übernahme von AfD-Forderungen – sprechen zu müssen. Ähnliche Konstellationen gab es schon häufiger. 1992, auf dem Höhepunkt der rassistischen Gewaltwelle, demonstrierten Millionen gegen die Nazimorde, ein halbes Jahr später schränkte die Regierung das Grundrecht auf Asyl drastisch ein. Im Jahr 2000 kam es nach dem Anschlag auf eine Synagoge zum von der damaligen SPD-Grünen-Regierung ausgerufenen «Aufstand der Anständigen» – etwa zeitgleich begann der NSU damit, Migrant:innen zu ermorden, und blieb damit jahrelang unentdeckt. Und als 2018 ein Mob Geflüchtete durch Chemnitz hetzte, kamen danach Zehntausende unter dem Hashtag #wirsindmehr in die Stadt. Den rechten Aufschwung bremsten diese Proteste nur kurzfristig, mittelfristig blieben sie eine kleine Delle in der Aufwärtskurve der faschistischen Bewegung und des Rechtsrucks nahezu aller anderen Parteien. «Wir sind mehr», heisst es nun erneut. Die sonst um rassistische Hetze nie verlegene Berliner Boulevardzeitung «B.Z.» titelte diesen Ausruf, zusammen mit dem Foto einer der Massendemos. Die AfD-Anhänger:innen wird das alles wohl nicht erschüttern. Eher werden sie sich angesichts der Proteste mit dem Gütesiegel der Regierung in ihrer Dissidentenrolle bestärkt sehen und der faschistischen Rechten die befürchteten guten Wahlergebnisse im Superwahljahr 2024 bescheren. Ob die Proteste bis dahin mehr bewirken können als einen kurzen Moment demokratischer Selbstvergewisserung, muss sich erst noch zeigen.“ BArtikel Artikel von Jan Ole Arps und Nelli Tügel in der WOZ vom 25. Januar 2024 - [„Gegen die AfD, für ihre Politik?“] Kein Rechtsextremismus ohne Mitte
„Die AfD greift, getragen von einem Umfragehoch nach dem anderen, nach der Macht. Und das, obwohl sie offen rechtsextreme Positionen vertritt. Gestärkt wird sie dabei durch eine Politik aus der Mitte, die völkische Vorstellungen nie überwunden hat…“ Umfangreicher Artikel von Julian Daum vom 24.01.2024 im Migazin – in Gänze lesenswert - Welche Strategie gegen den Rechtsrutsch? Für breite Bündnisse und sozialen Antifaschismus
„Antifaschistische Politik muss breite Bündnisse schließen, um unsere Republik zu verteidigen. Sie darf sich aber nicht zum Anhängsel sozialliberaler und konservativer Kräfte machen lassen. Der Postfaschismus nährt sich aus Verzweiflung, schlagen lässt er sich nur durch Hoffnung. Um zu gewinnen, brauchen wir einen flankierenden sozialen und kulturellen Antifaschismus. Ausgehend von den breiten Mobilisierungen gegen die AfD sollten wir mit dem Aufbau eines sozialen Bündnisses beginnen. (…) Statt nach der einen Ursache zu suchen, ist es hilfreicher zu fragen, unter welchen Bedingungen eigentlich rassistische Einstellungen zu rassistischer Meinungsäußerung und gewaltsamer Handlungsbereitschaft werden; wann Dinge, die vorher nur gedacht wurden, nun auch gesagt werden; wie aus Skepsis gegenüber Migrant*innen Angst werden kann. Zwei Dinge sind in diesem Zusammenhang wichtig: Zum einen schwinden in Zeiten von Krisen und Stress Toleranzreserven: „In jeder Krisensituation schrumpft unsere Toleranz gegenüber dem, was anders ist als wir selbst, zieht sich der Identitätszirkel enger um uns zusammen. Was in besseren Tagen toleriert werden konnte, gar Neugier und Sympathie weckte, verfällt dann fortschreitend panischer Verfremdung.“ (Dahmer 2009, 125) Zum anderen repräsentieren Parteien nicht nur das, was bereits da ist. Sie schaffen auch eine eigene Gedankenwelt, fördern Gedanken und Ideen und fordern andere heraus – ihr schierer Erfolg wirkt wie eine Bestätigung der eigenen Ideologie. Diese andauernde ideologisch-kulturelle Arbeit kann nicht nur das Alltagsbewusstsein verändern, sie verändert auch, was denk- und sagbar ist. Hegemonial ist man, wenn der Gegner die eigenen Argumente auf den Lippen trägt, könnte man Gramsci zuspitzen. Wenn der alte NPD-Slogan „Das Boot ist voll“ zum Leitsatz der Asyldebatte geworden ist, der Christ- und Sozialdemokraten ebenso leicht über die Lippen geht wie Sahra Wagenknecht, dann spricht das für die Hegemonie der nationalradikalen Rechten. (…)
Wir haben also keine Zeit zu verlieren. Deshalb ist es gut und wichtig, wenn Menschen sich gegen rechts organisieren und gemeinsam gegen die AfD auf die Straße gehen. Wir brauchen einen republikanischen Antifaschismus, der breite Bündnisse schmiedet, der auch um Teile der Christdemokratie und der Liberalen ringt, der gemeinsam mit ihnen die Republik verteidigt, die uns als Sozialist*innen nicht genügt. Einen Antifaschismus, der Freiheit, politische und soziale Rechte verteidigt und daran arbeitet, den Raum des Sagbaren in Richtung der extremen Rechten zu verkleinern. Das setzt ein positives Verhältnis zur Republik voraus, einen linken Republikanismus. (…) Im Mittelpunkt eines solchen sozialistischen Republikanismus stehen die radikaldemokratische Idee des politischen Bürgerseins, des Bürgers als aktivem Menschen, der diese Gesellschaft gestalten kann (Balibar 2016, 241f, Mouffe 2018, 77), und das Ideal der Gleichheit. Deshalb ist die Verteidigung auch der halbierten Republik unerlässlich, droht doch die Zerstörung der Zivilgesellschaft und die Beseitigung bürgerlicher Freiheiten, die wir zwar als ungenügend kritisieren, aber bewahren wollen. Es stimmt, dass wir uns im Kampf gegen die radikale Rechte nicht einfach auf den Staat verlassen können – Errungenschaften müssen wir aber verteidigen und die im Grundgesetz verankerten Rechte, die sowohl einen demokratischen Weg zum Sozialismus als auch einen wirkungsvollen Kampf gegen Faschist*innen ermöglichen, nutzen. Der republikanische Antifaschismus muss die Demokratie verteidigen, unsere Bürger*innen, die eine Einwanderungsgeschichte haben, zugleich aber die Vielfalt unserer Lebensweisen, die Errungenschaften des Feminismus, der Gewerkschaftsbewegung, der LGBTQ-Bewegung, die die Rechten so hassen. Wer nicht gemeinsam mit Sozialdemokrat*innen und Grünen, und ja, auch mit Christdemokrat*innen (deren Politik wir scharf kritisieren), gegen die Faschisten kämpfen will, wer ihre Politik für ähnlich rechts erklärt wie die der AfD, wird den Unterschied möglicherweise schmerzhaft lernen, wenn wir alle gemeinsam in den Lagern der Postfaschisten sitzen. Ich gebe zu: Das ist nicht einfach. (…)
Wir sollten diesen republikanischen Antifaschismus mit Leben füllen, aber er allein wird nicht reichen, um den Faschismus zu schlagen. Der Faschismus nährt sich aus Verzweiflung und Hass. Deshalb müssen wir zugleich eine starke soziale antifaschistische Bewegung aufbauen, die die Rechte bekämpft, indem sie für eine soziale und ökologische Wende eintritt – für bessere Löhne und anständige Renten, für einen starken Sozialstaat, für wirksamen Klimaschutz in sozialer Verantwortung, für eine humane Asyl- und Einwanderungspolitik, gegen Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus, für die gründliche Verfolgung rechter Verschwörer*innen in Verwaltung, Polizei und Armee. Es ginge um zwei Dinge gleichzeitig: Die oben erwähnten sozialen Stressbedingungen, die die Toleranzreserven zum Schwinden bringen und den Rechten den Weg bereiten, sollen abgebaut werden, um zugleich eine Auseinandersetzung für echte soziale und ökologische Wendepunkte zu beginnen, die das Leben von Millionen verbessern würde. (…) Den Faschismus werden wir schlagen, wenn wir ein politisches Projekt begründen, das Hoffnung macht und eine echte Alternative bietet, zur ökoliberalen Verwaltung der Krise wie auch zum erstarkenden Postfaschismus. Entstehen kann es im gemeinsamen Kampf für einen sozialen Antifaschismus. Warum nicht einen Cross-Over-Prozess beginnen zwischen Anhänger*innen verschiedener Parteien, Gewerkschafter*innen und Klimaaktiven – all denen, die ähnliche Sehnsüchte und Ziele haben? Aus diesem Austausch könnte eine gesellschaftliche Bewegung für einen politischen Richtungswechsel entstehen.
Wir müssen gegen die AfD kämpfen, natürlich – aber am besten, indem wir gleichzeitig gemeinsam für eine wirkliche soziale und ökologische Republik organisieren, in unseren Gewerkschaften, in unseren Städten und Dörfern, in den Schulen und Universitäten, im Kleingartenverein und im Betrieb. Es kämpft sich besser gegen eine Sache, wenn man gleichzeitig ein Ziel hat, das begeistern kann…“ Artikel von Thomas Goes in der Zeitschrift Luxemburg vom Januar 2024 - Ein sehr deutsches Problem. Der Rechtsruck ist kein alleiniges Problem der AfD. Er betrifft deutsche Familien, Freundeskreise, liberale Milieus. Zeit, sich diesen Konflikten zu stellen
„Hunderttausende Menschen demonstrieren derzeit deutschlandweit gegen die AfD. Sie rufen: Ganz Berlin, ganz Hamburg oder ganz Köln hasst die AfD. Danach können sie selbstzufrieden nach Hause gehen, weil sie ein Zeichen gegen Rechtsextremismus gesetzt haben. Sie sind die Guten, rechtsextrem sind die anderen. Dabei ist die AfD weder ein Randphänomen noch eine fremde Macht, gegen die „wir“ jetzt Widerstand leisten müssen. Wenn nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, würden aktuellen Umfragen zufolge 22 Prozent die AfD wählen. Also möglicherweise für viele Deutsche auch die eigene Cousine, der Nachbar von unten, die Kollegin aus der anderen Abteilung, der beste Freund. Die Mitte-Studie zeigt, dass rechtsextreme Überzeugungen in der breiten Gesellschaft immer weiter Zustimmung finden. Das bedeutet: Demonstrieren reicht nicht. Wer Menschenleben wirklich verteidigen will, muss der Bedrohung im Alltäglichen, im Selbstverständlichen und in der nächsten Nähe entgegentreten. Es geht darum, die eigenen Berührungspunkte mit rechtsextremen Vorstellungen in der Familie und im Freundeskreis anzuerkennen. Das Problem nicht zu externalisieren – sondern genau hinzusehen. Nicht nur vor der eigenen Haustür kehren, sondern auch dahinter – im Privaten, im Heimischen. Das verlangt, den Rechtsruck im eigenen Umfeld nicht weiter zu verharmlosen oder wegzuschauen (…) In der deutschen Normalität von Abgrenzung und Abwertung sind aber nicht erst offen rassistisch hetzende Verwandte oder Freund:innen ein Problem. Sondern auch die, die schweigen. Die, die den Status quo gerade durch ihr Nichtssagen aufrechterhalten. Deshalb ist es unausweichlich, das Gespräch zu suchen und Streit bewusst nicht mehr aus dem Weg zu gehen.“ Kommentar von Elif Küçük 24. Januar 2024 in der Zeit online (ze.tt)
- #WirSindDieBrandmauer: Große Kundgebung gegen den Rechtsruck vor dem Bundestag
- Mehr als eine Million Menschen demonstrieren in Deutschland gegen AfD und Faschismus am letzten Wochenende – ein Überblick zu Einschätzungen und Perspektiven
- Hunderttausende auf den Straßen: Die große Demo-Übersicht!
„Dies ist eine Übersicht aller Anti-AfD-Demonstrationen in Deutschland seit dem 12. Januar 2024. Genommen werden in der Regel die konservativen (kleineren) Polizei-Schätzungen der Demo-Teilnehmenden oder ein Mittelwert. Dieser Artikel wird fortlaufend aktualisiert! Sollten wir eine Demonstration vergessen haben, freuen wir uns über Hinweise an redaktion@volksverpetzer.de ….“ Beitrag von Thomas Laschyk und Frederik Mallon vom 20.1.2024 bei volksverpetzer.de - „Remigriert euch ins Knie“: Die Republik steht auf gegen AfD
„Hunderttausende gehen an einem einzigen Wochenende auf die Straße, um ein Zeichen gegen Rechtsextremismus zu setzen. In Groß- und in Kleinstädten. In Ost und in West. Das hat es lange nicht gegeben. Daraus kann sich mehr entwickeln, sagt ein Forscher. (…) Die geografische Breite der Kundgebungen sei bemerkenswert, sagt der Konfliktforscher Andreas Zick der Deutschen Presse-Agentur. Ost und West seien vertreten, Metropolen wie auch kleinere Städte. Außerdem beteiligten sich Menschen, die noch nie oder seit Jahren nicht mehr demonstriert hätten. „Es sind nicht nur die erwartbaren urbanen, gebildeten und engagierten Milieus, sondern eine generationenübergreifende Zivilgesellschaft.“ Man spüre, dass ein Ruck durch die Gesellschaft gegangen sei: „Dass Richter, die Kirchen und vor allem die Unternehmen sich so klar an die Seite der Demonstrationen stellen, hat es lange nicht gegeben.“ (…)
Sind die Demonstrationen nun ein kurzes Aufflackern oder baut sich da eine breite demokratische Gegenbewegung auf? „Noch ist es nicht im üblichen Sinne bewegungsförmig, aber es ist eine klare Gegenbewegung gegen den Aufwärtstrend der AfD und das weitere Eindringen in Parlamente, in die Kultur und den Alltag“, meint Wissenschaftler Zick. „Dazu müssen sich weitere Netzwerke und Aktivitäten ergeben. Das müssen wir abwarten. Aber egal was sich da entwickelt, es ist für den Moment eine wichtige gemeinsame Bewegung mit alten und neuen Akteuren, eine breite Allianz aus Gruppen inklusive von Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft. Das zeigt, dass die Demokratie Bindekräfte hat und die Mehrheit keinen weiteren Rechtsruck möchte.“…“ Beitrag von Christoph Driessen vom 21.01.2024 im Migazin - Wie man die AfD kleinkriegt
„Die demokratischen Parteien sind bestürzt von den Umfragewerten der AfD, ein Mittel aber scheint niemand zu haben. Dabei gibt es klare Hinweise aus der Forschung, was zu tun ist. (…) Maßnahme fünf ist keine Aufgabe nur für einzelne Parteien, sondern für die gesamte Gesellschaft, für Verbände, Vereine, Kirchen und jede und jeden einzelnen: Es muss bei jeder sich bietenden Gelegenheit klargemacht werden, dass Zustimmung zu den Positionen der AfD und anderer Rechtsextremer zu gesellschaftlicher Ächtung führt. Es muss wieder unangenehm sein, beim Verbreiten rechtsextremer Ideen ertappt zu werden. Was gerade in deutschen Innenstädten passiert, zeigt, dass das gelingen kann – wenn auch die demokratischen Parteien mitziehen.„…“ In Gänze lesenswerte Kolumne von Christian Stöcker vom 21.01.2024 im Spiegel online - Proteste gegen die AfD: Da geht noch mehr
„Zehntausende gehen gegen den Faschismus auf die Straße. Um dessen Wurzeln zu beseitigen, sollte die Bewegung auch für Umverteilung streiten.
In der vergangenen Woche ist das demokratische Deutschland aus seiner Schockstarre erwacht. Regungsunfähig hatte die Zivilgesellschaft den Vormarsch der Faschisten zuletzt nur noch passiv zur Kenntnis genommen. Doch die „Correctiv“-Recherche hat die unverhohlene Brutalität offengelegt, wie die Deportation von Millionen Menschen auf einem Geheimtreffen geplant wurde, an dem finanzkräftige Unternehmer, Rechtskonservative der Werte-Union der CDU, prominente AfD-Mitglieder und Führungskader der neonazistischen Szene teilnahmen. Das endlich hat das Fass zum Überlaufen gebraucht. (…) Die Hoffnung ist geweckt, dass hier tatsächlich eine Demokratiebewegung entstehen könnte, die die offene Gesellschaft und die demokratischen und rechtsstaatlichen Ideale gegen ihre Feinde zu verteidigen vermag. Dafür wird es in den kommenden Wochen von entscheidender Bedeutung sein, das gegenwärtige Moment der Entrüstung in eine längerfristig handlungsfähige und schlagkräftige Bewegung zu kanalisieren. (…) Die Wahl dieser Orte zeigt bereits, nach welcher politischen Logik die Proteste organisiert wurden: Es ist die des moralischen Appells, gewissermaßen die einer Petition an die Herrschenden. Stattdessen sollte die Bewegung dahin, wo es weh tut: vor die Parteibüros von CDU und AfD, die sich in ihrer Hetzerei viel zu sicher fühlen – weil sie nicht damit rechnen müssen, auf den entschlossenen Widerstand der Menschen zu treffen. (…)
Demoverbot für Olaf Scholz
Nur zeigt aber gerade das Scheitern der Klimabewegung, dass die Generierung von Aufmerksamkeit nicht ausreicht, weil es für Veränderung auch den Aufbau von Druck, von Gegenmacht, benötigt. Grundvoraussetzung dafür ist, dass sich kein Olaf Scholz und auch kein:e andere:r Politiker:in der Ampelregierung in die Proteste einreihen darf. Denn so wichtig es nun ist, ein möglichst konsensfähiges Ziel zu formulieren: Die Bewegung kann nur scheitern, wenn sie zu einer stumpfen Verteidigung der Regierung gegen ihre Kritiker:innen degradiert wird. Denn was beinhaltet das Ziel, die Verteidigung der offenen Gesellschaft? Natürlich einerseits, dass man den Faschismus bitte nicht bekämpft, indem man die Ziele der Faschos umsetzt. Genau diese Politik verfolgen aber inzwischen auch SPD und Grüne, die mitmachen in dem würdelosen Wettstreit, wer die Entrechtung migrantisierter Menschen schneller vorantreibt. Um es klar zu sagen: Wer „im großen Stil“ (Olaf Scholz) und insgesamt schneller (Ricarda Lang) abschieben will, dem muss ein deftiges antifaschistisches Demoverbot ausgesprochen werden. Aber auch darüber hinaus kann die Verteidigung von offener Gesellschaft und Demokratie nicht bedeuten, die bestehenden Verhältnisse zu bejahen. Theodor W. Adorno hat faschistische Bewegungen einmal als „Wundmale der Demokratie“ bezeichnet, also als Folge davon, dass in der Klassengesellschaft das Versprechen von demokratischer Freiheit und Gleichheit unerfüllt bleibt. Eigentlich ist es eine banale Erkenntnis: Antifaschismus darf kein moralischer Appell bleiben, sondern muss dem Faschismus seine Bedingungen entziehen. (…) Soll die Demokratie verteidigt werden, muss das deshalb bedeuten, sie überhaupt erst wieder richtig herzustellen. Bisher dreht sich die Strategie der neuen Demokratiebewegung aber primär um ein mögliches Parteiverbot der AfD. Und ja: Um die immanente Gefahr einer faschistischen Machtergreifung zu stoppen, kann dieses Mittel eine entscheidende Rolle spielen. Doch um die Millionen von AfD-Wähler:innen in die demokratische Gesellschaft zurückzuholen, muss es darum gehen, konkrete materielle Verbesserungen für die breite Masse der normalen Leute zu erstreiten...“ Kommentar von Timm Kühn vom 20.1.2024 in der taz online - Antifaschisten überall, Freizügigkeit nirgends
„Es wird kalt. Deshalb ist es so wichtig, dass wir heute hier zusammenkommen und unsere Angst, unsere Wut und unsere Hoffnung teilen. Aber auch wir haben uns an die Kälte gewöhnt. Seit vielen Jahren haben wir uns an die Todesmeldungen im Mittelmeer, an die Abschottung der EU-Außengrenzen und an die Verschärfung der unmenschlichen europäischen Asylpolitik gewöhnt.
Wir haben uns daran gewöhnt, dass Seenotretter und Kirchenasyl behindert und kriminalisiert werden, dass vor Abschiebungen in den Iran oder nach Afghanistan nicht zurückgeschreckt wird. An die Erklärung der Türkei, Marokkos und Tunesiens zu sicheren Drittstaaten, an die Verlagerung der europäischen Außengrenze in Todeszonen wie die Wüste Sahara. Dass es uns nicht wundert, wenn die CSU von Italiens neofaschistischem Regierungschef Meloni die Idee kopiert, im Nicht-EU-Land Albanien zur „Abschreckung“ Haftanstalten samt Leichenhalle für Tausende von Flüchtlingen einzurichten. Dass sogar ein SPD-Kanzler im SPIEGEL ankündigt, er wolle „im großen Stil abschieben“ und dass die Grünen die faktische Abschaffung des Asylrechts durch die EU unterstützen. Daran, dass die britische Regierung mit ihrem Ruanda-Modell längst plant, wovon Sellner träumt. Daran, dass es keine roten Linien mehr gibt.
Wir haben uns an die Abschiebung von Kollegen, Nachbarn und Freunden gewöhnt, die seit Jahrzehnten in Deutschland leben und arbeiten. An den Hass und die Hetze, die über Zeitungen und Social-Media-Kanäle verbreitet werden, und an die Sprache des rechten Kulturkampfes, der längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. An die Tatsache, dass die AfD seit Jahren von CDU, SPD, Grünen und FDP mit dem Versuch bekämpft wird, sie in Wort und Tat von rechts zu überholen. Daran, dass ihre vermeintliche Brandmauer längst zusammengebrochen ist und dass auch ihre Antwort auf die eskalierenden Krisen des Kapitalismus die Festung Europa ist.
Wir haben uns an die globale Doppelmoral bei den Menschenrechten und die eklatante globale Ungerechtigkeit gewöhnt. Wir haben uns daran gewöhnt, dass unser eigenes Leben missachtet wird und dass wir diese Missachtung sogar regelmäßig weitergeben. Wir haben uns so sehr daran gewöhnt, dass in den Debatten über den Nahen Osten sogar der Kampf gegen den Antisemitismus mühelos zu einer rassistischen und antimuslimischen Kampagne instrumentalisiert wird.
Es ist gut, dass wir hier zusammen sind. Ein Zeichen dafür, dass wir uns noch nicht an alles gewöhnt haben. Und ein Zeichen unserer Hoffnung, dass wir, die wir uns hier treffen, uns noch nicht an all das gewöhnt haben.
Die Dokumentation der Inhalte des Treffens führender Faschisten durch die CORRECTIV-Redaktion hat einmal mehr gezeigt, dass die faschistische AfD mit allen Mitteln bekämpft werden muss. Nicht dass die „Enthüllungen“ wirklich neue Erkenntnisse wären. Und doch ist der CORRECTIV-Bericht nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt, denn die offene Hetze ist seit Jahren unerträglich. Trotzdem macht sie uns wieder wütend. Heute machen wir unserer Wut, unseren Ängsten und unseren Sorgen endlich auf der Straße Luft.
Vielleicht hat uns diese CORRECTIV-Recherche wachgerüttelt und uns daran erinnert, dass viele der unverschämten Forderungen der Rechten längst von jenen bürgerlichen Parteien umgesetzt werden, die sich jetzt als große Antifaschisten aufspielen.
Wir dürfen nicht in unsere Gewohnheit zurückfallen, in die latente und manifeste Gewalt, die sie verkörpert. Wir dürfen auch nicht in die Verteidigung eines Rechtsstaates zurückfallen, in dem es keine gleichen Rechte für alle gibt und der systematisch von Nazis und rechten Strukturen durchgesetzt wird. Ein Rechtsstaat, der Menschen in Länder wie Afghanistan abschiebt, Demonstrationen verbietet und Antifaschisten und Klimaaktivisten mit einer Härte verfolgt, die es gegenüber der Rechten nie gab. Wir dürfen uns nicht darauf zurückziehen, einen Normalzustand zu verteidigen, in dem Sicherheit durch Polizei und Militär und nicht durch Justiz und Partizipation hergestellt werden soll. Wir wollen keine „defensive Demokratie“, die sich ihre Feinde nicht nur auf der Rechten, sondern auch auf der Linken sucht. Eine Demokratie, die andere Länder ausplündert und sie in einem Zustand zurücklässt, in dem sie vielleicht noch überleben, aber sicher nicht mehr leben kann, nur um dann alle, die ihre Länder verlassen, mit Grenzzäunen aufzuhalten. Wir wollen nicht eine globale kapitalistische Ordnung verteidigen, die sich selbst immer tiefer in die Katastrophe treibt und deren einzige Antwort Krieg, Isolation und Autoritarismus ist. Wir sollten etwas anderes verteidigen und dafür kämpfen: eine vielfältige, sozial gerechte Gesellschaft des gegenseitigen Respekts und der Würde für alle.
Wir wollen mit all denen vereint sein, die nicht den Rechtsstaat, sondern die Gesellschaft der Vielen verteidigen wollen. Mit all jenen, die um die Falschheit des rassistischen Segregationsmistes wissen, weil wir sagen: Jeder, der hier ist und hierher kommen will, gehört hierher. Mit all jenen, die um die Falschheit des neoliberalen Diversity-Quatsches wissen, weil es nicht um eine offene Gesellschaft der Teilhabe geht, sondern um billige, migrantische Arbeitskräfte.
Mit all jenen, die tagtäglich das europäische Grenzregime mit seinen unzähligen Zäunen und Mauern, Wüsten und Meeren überwinden. Mit all jenen, die vor den Kriegen, den Katastrophen und den Bedingungen des ständigen Todes fliehen, die der Kapitalismus in die Welt trägt. Mit all jenen, die den gescheiterten Versuchen der tödlichen Kontrolle ihren lebendigen Widerstand entgegensetzen. Mit all jenen, die für die Bedingungen und das Recht zu bleiben und zu gehen kämpfen.
Lasst uns zusammenkommen, wie wir es heute tun. Stellen wir uns den Faschisten der AfD entgegen, aber stellen wir uns auch gegen Kälte und Gewohnheit, gegen den Autoritarismus aus der Mitte und gegen die rassistische Normalität. Verteidigen wir weiterhin die Vielfalt und Offenheit, für die wir bereits gekämpft haben, und hören wir nicht auf zu kämpfen, bis das Eis der Isolation, der Segregation und der Gewalt gebrochen ist und unserer Vision einer Gesellschaft der Vielen, der Solidarität, der Sorge und der Teilhabe – einer Gesellschaft des Lebens – Platz gemacht hat.“ engl. Fassung des Flugblatts von INTERVENTIONISTISCHE LINKE FRANKFURT (Deutschland) am 20.1.2024 bei TSS (Transnational Social Strike)(„Anti-fascists Everywhere, Freedom of Movement Nowhere“, maschinenübersetzt) - „Die Demonstrationen gegen die #noafd und für #Demokratie und Rechtsstaat sind wundervoll. Sie sind aber kein Ausdruck der Unterstützung der aktuellen Politik. Diese ist für die Entsolidarisierung und den Rechtsruck dieser Gesellschaft mitverantwortlich. Mehr anzeigen“ Tweet von RAV vom 20. Jan. 2024
- Was bewirken die Demos? – Fragen an den Sozialwissenschaftler Oliver Nachtwey
Video des Interviews vom 22.01.2024 in tagesschau24
- Hunderttausende auf den Straßen: Die große Demo-Übersicht!
- Die deutsche Regierung ebnet den Weg für die extreme Rechte
„Zehntausende von Menschen demonstrieren gegen die AfD. Doch die Regierung von Olaf Scholz setzt bereits viele Maßnahmen der AfD um (…) An einer #NoAfD-Demonstration in Potsdam nahmen auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) teil. Das Motto lautete: »Verteidigen wir unseren Staat«. Es wäre ein großer Tag in Deutschland, wenn sich die Regierung gegen Rassismus wehren würde. Doch noch vor drei Monaten erschien derselbe Kanzler auf der Titelseite des Magazin »Spiegel« mit den Worten: »Wir müssen endlich im großen Stil abschieben«. (…)Hinter dem bürokratischen klingenden Begriff Abschiebung verbirgt sich eine alptraumhafte Realität. Menschen leben in Deutschland – sie sind vielleicht hier geboren und haben nie woanders gelebt – und ohne Vorwarnung kommen schwer bewaffnete Beamte in ihre Wohnung oder an ihren Arbeitsplatz und bringen sie weg. Von einer Sekunde auf die andere werden Menschen aus ihrem Leben gerissen und an einen weit entfernten Ort geschickt, nur weil ihnen ein Stück Papier fehlt. Es ist unfassbar, dass ein Staat, der sich für demokratisch hält, so etwas tun kann. Doch SPD, Grüne und CDU/CSU sagen, wir brauchen viel mehr davon. Das ist der Schlüssel zum Verständnis, warum die AfD in den Umfragen über 20 Prozent liegt. (…) Die »Migrationskrise« ist frei erfunden. Deutschland gibt derzeit 100 Milliarden Euro Sondervermögen für die Bundeswehr aus – zusätzlich zu einem ohnehin schon astronomischen Militärhaushalt. Wenn Finanzminister Christian Lindner (FDP) sagt, dass die Subventionen für Landwirt*innen gekürzt wurden, um Asylsuchende zu unterstützen, ist das nichts als rassistische Hetze. Es scheint, als wäre die einzige finanzielle Priorität der Regierung die Aufrüstung der Armee. (…) Wir müssen den Aufstieg des Faschismus bekämpfen. Aber das können wir nicht, indem wir die Agenda der extremen Rechten umsetzen. »Unseren Staat verteidigen« hilft nicht, wenn der Staatsapparat voller Rechter ist. Nein, die einzige Möglichkeit, die Demokratie zu verteidigen, besteht darin, für gleiche Rechte für alle zu kämpfen.“ Artikel von Nathaniel Flakin vom 17.01.2024 in ND online , siehe auch:- den LabourNet-Post u.a. auf Mastodon am 18.1.24 : „Gerade nach den heutigen BT-Entscheidungen gegen Erwerbslose und Geflüchtete wäre m.E. ein Aufruf zu den (wichtigen!) Demos gegen #noAfd mit „Auch ohne Nazis ist es schlimm genug“ ehrlicher als „Demokratie verteidigen!„
- Regierung gegen rechts: Das große Aber
„Es ist, als habe nur noch dieser letzte Tropfen gefehlt, um das Fass zum Überlaufen zu bringen. Seit bekannt wurde, dass Nazis über die Massendeportation von Menschen nachdenken, die nicht ihrem deutschen Abziehbild entsprechen, ist die Protestwelle groß. Denn es geht um eine reale Gefahr. Da ist es zu begrüßen, wenn aus der SPD-Fraktion der Ruf nach einem Aufstand der Anständigen laut wird. Allerdings ist ein mehrfaches Aber nötig: Aber auch im Jahr 2000, als Kanzler Schröder nach einem antisemitischen Brandanschlag einen Aufstand der Anständigen ausrief, war es wie jetzt schon allerhöchste Eisenbahn angesichts vieler Vorfälle zuvor. Aber ein solcher Aufstand nutzt nur etwas, wenn es nicht beim bloßen Bekenntnis der Zuständigen bleibt. Aber ein aus der Regierungspartei ausgerufener Aufstand hat nur dann einen Sinn, wenn der Finanzminister nicht kalte Sozialpolemik auf Kosten der Schwächsten in der Gesellschaft betreibt, Bevölkerungsgruppen gegeneinander ausspielt. Aber der Appell an Solidarität funktioniert nicht, wenn der Kanzler dem Druck von rechts nachgibt und fordert, wir müssten »endlich im großen Stil abschieben«….“ Kommentar von Wolfgang Hübner vom 17.01.2024 im ND online
- 3.2. Aktionstag: #WirSindDieBrandmauer – Schließ dich der Brandmauer gegen Rechts an!
Die Bündnisseite u.a. mit dem Aufruf:- Hand in Hand – jetzt solidarisch aktiv werden!
„Wir rufen dazu auf, der rechten Normalisierung in Deutschland und Europa nicht länger zuzuschauen. (…) In Deutschland entwickelt sich die politische Landschaft alarmierend: Rechte und rechtsextreme Ansichten bekommen öffentlichen Rückhalt. Rassismus, Antisemitismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit nehmen zu. Menschen werden etwa aufgrund von Armut, Arbeitslosigkeit oder Obdachlosigkeit herabgesetzt und sozial ausgegrenzt. Gleichzeitig werden zwingende Aufgaben wie Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit zu lästigen Zumutungen abgewertet. Respektlosigkeit, Anfeindungen und das Leugnen von Fakten dominieren Teile der gesellschaftlichen Stimmung. Die Abgrenzung gegenüber Verächtern der Demokratie wie der AfD schwindet. Für Menschenrechte einzustehen, wird in Frage gestellt. Geflüchtete werden massiv entrechtet, sie und Menschen, die sie unterstützen, werden zunehmend kriminalisiert. Unser gesellschaftliches Zusammenleben, die Vielfalt und Fairness: Ja, unsere Demokratie ist in Gefahr. Doch wir sind entschlossen, laut und aktiv zu werden: für eine offene, demokratische, plurale und solidarische Gesellschaft, gemeinsam gegen den Rechtsruck in Deutschland und Europa! Schweigen ist keine Option! Wir müssen sichtbar und hörbar werden. Die Zeit zu handeln ist jetzt, denn bei den Kommunal-, Landtags- und Europawahlen in 2024 geht es um viel! Jetzt sind wir ALLE gefragt:
Für Solidarität und Respekt, gegen Hass und Hetze
Für Gerechtigkeit und Toleranz, gegen Spaltung
Für eine Gesellschaft, die niemanden zurücklässt, für Menschenwürde, gegen Ausgrenzung
Für Selbstbestimmung und Humanität, Menschenrechte für Alle, gegen Rassismus, Antisemitismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit„. Siehe darüber: - Neues Netzwerk gegen rechts: Endlich wächst der Widerstand gegen die AfD. Das noch junge Netzwerk „Hand in Hand“ möchte langfristig ein Bündnis gegen rechts bilden
„Nach der Demo ist vor der Demo. Das haben sich auch die Initiator*innen rund um Fridays for Future vorgenommen und kündigen direkt nach der Versammlung von diesem Sonntag die nächste Großdemo an: Am 3. Februar organisiert das noch junge Bündnis „Hand in Hand“ die nächste Aktion. Das Bündnis, bei dem auch FFF und weitere bekannte Organisationen vertreten sind, wollen die Ereignisse der vergangenen Woche nutzen, um ein langfristiges Bündnis gegen rechts zu etablieren. Für viele seien die Ergebnisse der Correctiv-Recherche in der vergangenen Woche ein Weckruf gewesen, sagt Samira Ghandour, FFF-Mitinitatorin der vergangenen Demo. (…) Dass zivilgesellschaftliche Organisationen nun gemeinsame Demonstrationen planen, kann besonders einflussreich sein, weiß Lukas Theune, Geschäftsführer des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins. Der Verein engagierte sich zwischen 2018 und 2022 maßgeblich im Bündnis „Unteilbar“, das Großdemonstrationen gegen rechts organisierte. „Unteilbar hat gezeigt, dass wir politische Themen zusammendenken müssen, denn der Erhalt der Demokratie ist die Basis aller unserer Anliegen.“ Damit der aktuelle Tatendrang nachhaltig in eine Bewegung übergehen kann, brauche es mediale Aufmerksamkeit für die Proteste, aber auch eine klare Kommunikation, was das Bündnis „Hand in Hand“ erreichen will, so Theune. „Eine Lehre, die ich aus meiner Zeit bei Unteilbar ziehe, ist, weitreichender zu denken. Wir wollen bei ‚Hand in Hand‘ nicht nur die nächste Demo im Februar planen und dann gehen, wir wollen uns langfristig für die Zivilgesellschaft starkmachen“, so Theune. (…) Dass FFF sich für den Kampf gegen rechts starkmache, sei ein Beispiel dafür, dass es eine breit aufgestellte Bewegung innerhalb der Bürger*innen geben muss, um erfolgreich gegen den Rechtsruck anzukommen. Die Massenbesetzung, die die Letzte Generation am selben Februartag in Berlin plane, könne man mit der Demo vereinbaren. (…) Details zur Demo Anfang Februar sind noch unklar. Bisher soll es nur eine Aktion in Berlin geben. „FFF hat Arbeitsgruppen in vielen Landkreisen, die wir mobilisieren wollen, um unsere Demokratie zu verteidigen“, sagt Samira Ghandour. Ihnen gehe es nicht nur darum, auf die Straße zu gehen, sondern die Demokratie auch im Privaten zu stärken. „Wir haben schon immer das Ziel verfolgt, auch in den persönlichen Diskurs zu gehen mit klimapolitischen Themen.“ Es sei an der Zeit, sich auch im eigenen Umfeld einzusetzen und über rechte Ideologien zu informieren.“ Artikel von Anastasia Zejneli vom 16. Januar 2024 in der taz online - „Wir sind die Brandmauer“: 160 Organisationen mobilisieren für Menschenkette um Bundestag
„Schon 160 Organisationen haben den Aufruf von #WirsinddieBrandmauer unterzeichnet. Mit einer Menschenkette um den Bundestag will das Bündnis den Protest gegen die AfD ins Wahljahr tragen. 25.000 Menschen, die gegen die AfD demonstrieren. Szenen wie Sonntag am Brandenburger Tor hatte es in Berlin lange nicht gegeben. Auch in anderen Städten gingen Zehntausende auf die Straße. 160 Organisationen wollen jetzt den Protest in das Wahljahr tragen und haben den Aufruf des Bündnisses „Hand in Hand“ unterschrieben. Darunter: ver.di, Fridays For Future und Aufstehen gegen Rassismus. Unter dem Motto #WirsinddieBrandmauer ist am 3. Februar eine Menschenkette um den Bundestag geplant. Die Gruppe habe sich bereits vor einigen Monaten gegründet, sagt Tareq Alaows. Er ist Referent bei Pro Asyl und Pressesprecher des Bündnisses. Das abschließende Organisationstreffen ist für Mittwoch geplant. Bereits am Donnerstag soll die Website online gehen. „Nach den Correctiv-Recherchen musste alles ganz schnell gehen.“ (…)„Dass rechte Akteure eine rassistische Politik planen, hat uns nicht überrascht“, sagt Tareq Alaows. Problematisch sei, dass sich der Rechtsruck nicht auf die AfD beschränke. „Bürgerliche Parteien übernehmen rechte Positionen und stärken so die AfD“. Dem will sich das Bündnis „Hand in Hand“ entgegenstellen. „Wir bekämpfen die AfD nur, indem wir an den Menschenrechten festhalten. Wir sind eine Brandmauer gegen den toxischen Diskurs der letzten Monate und Jahre.“
Mehr als 160 Organisationen hätten den Aufruf schon unterschrieben haben, so Tareq Alaows. Stündlich würden es mehr. Neben Akteuren aus dem Bündnis um #Unteilbar finden sich in der Liste auch die Gewerkschaft ver.di und der Wohlfahrtsverband Der Paritätische. Auch Fridays for Future und die Grüne Jugend sind beteiligt. (…) Am 3. Februar ist die Auftaktveranstaltung von „Hand in Hand“ geplant. Neben der Klimabewegung sind auch Gewerkschaften, Parteien und andere zivilgesellschaftliche Gruppen an der Organisation beteiligt. Unter dem Motto #WirsinddieBrandmauer soll eine Menschenkette als symbolische Brandmauer gegen rechts den Bundestag schützen. Danach sind weitere Proteste geplant. “ Artikel von Moritz Valentino Matzner vom 17.01.2024 im Tagesspiegel online
- Hand in Hand – jetzt solidarisch aktiv werden!
- Weiter aus dem Artikel von Luise Bartsch, Susanne Memarnia, Gareth Joswig, Erik Peter und Rainer Rutz vom 15.1.2024 in der taz online („Proteste gegen die AfD: Antifaschismus ist wieder „in“): „… Der Druck aus der Zivilgesellschaft muss größer werden. Da ist sich auch Tareq Alaows vom neuen Bündnis Hand in Hand #Wirsinddiebrandmauer sicher, das sich am Mittwoch der Öffentlichkeit vorstellen will. Seit dem vergangenen Jahr arbeite man am Aufbau einer großen Struktur, „um den anhaltenden Rechtsruck zu bekämpfen“, wie Alaows sagt. Mittlerweile zählt das Bündnis über 120 Organisationen, von Pro Asyl über Aufstehen gegen Rassismus bis Fridays for Future Berlin. Die Auftaktveranstaltung ist für den 3. Februar geplant: eine Menschenkette um den Bundestag. „Wenn die politische Brandmauer bröckelt, dann sind wir in der Zivilgesellschaft eure Brandmauer“, sagt Alaows. Das Bündnis tritt für eine deutlichere Abgrenzung der demokratischen Parteien von der AfD ein. Wichtig sei es, so Aloaws, sich nicht an den politischen Themen der Rechten abzuarbeiten, sondern ernsthafte Debatten über die Bewältigung der multiplen Krisen unserer Zeit zu führen. Froh über die neue Aufbruchstimmung ist man bei den Berliner Omas gegen Rechts: „Ich hoffe, das ist jetzt der Wendepunkt im Kampf gegen die AfD“, sagt Renate Christians. Überrascht seien die Omas von dem „Geheim-Treffen“ mit Nazis und den „Remigrationsplänen“ nicht. Über diese hätte schon der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke in seinem Buch geschrieben. Christians sagt, die neueste Recherche habe viele Menschen von ihren Sofas runter auf die Straße geholt: „Auch wir Omas haben jetzt großen Zulauf, es gibt viele neue Interessenten“. Bei der Demo am Sonntag seien sie zudem von Menschen aus Brandenburg angesprochenen worden, die dort jetzt Strukturen gegen rechts aufbauen wollen. (…) Initiativen wie „Hand in Hand“ diskutieren derzeit noch ihre Position zu einem AfD-Verbot. Die Haltung der etablierten Parteien aber stößt vielfach auf große Kritik. So sagen die Sprecherinnen von „Kein Raum der AfD“: „Wir setzen nicht auf die Parteien, deren Strategie es bislang war, rassistische Forderungen der Rechten zu imitieren.“ So oder so bleibt die Zivilgesellschaft gefragt. An Aufrufen und Anlässen für Proteste in der nächsten Zeit mangelt es nicht.“
Terminübersichten:
- [DGB] Mitmachen bei bundesweiten Kundgebungen gegen Rechtsextremismus
„Der DGB und seine Bündnispartner rufen zu Demonstrationen auf
Die bestürzenden correctiv.org-Enthüllungen zum konspirativen Treffen von Rechtsextremen und AfD-Politikern erinnern an das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte. Wer politische und ethnische Säuberungen unseres Landes fordert, tritt unsere Verfassung, Freiheit und die Grundrechte mit Füßen. Dieses braune Gedankengut reicht weit in die AfD hinein. Wir lassen uns unsere Demokratie nicht kaputtmachen! Der DGB und seine Gewerkschaften sind solidarisch mit allen Menschen in Deutschland – egal ob mit oder ohne Migrationsgeschichte, egal welcher Herkunft, Hautfarbe, Religion oder Weltanschauung. Wir gehören zusammen! Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften rufen auf, gegen das braune Gedankengut auf die Straße zu gehen. Wir wollen gemeinsam ein Signal aus der Mitte der Gesellschaft senden: Mit dieser Radikalisierung und der Diffamierung von Menschen mit Migrationsgeschichte finden wir uns nicht ab, sondern treten öffentlich dagegen auf. Wir haben die Demonstrationen und Kundgebungen mit Beteiligung des DGB zusammengestellt…“ Die Liste vom 17.01.2024 beim DGB wird ständig ergänzt – mitterlweile haben alle Einzellgewerkschaten ähnliche Aufrufe und Listen (sehr oft mit örtlichen/regionalen RegieungsvertreterInnen)
Siehe für Demo-Termine:
- Die große Demo-Übersicht bei Volksverpetzer
- https://demokrateam.org/demos
- #ZusammenGegenRechts : Demokratischer Widerstand – Überall gegen AfD
- Demos gegen Rechtsextremismus: Wo Zehntausende demonstrieren – Demo-Karte in der taz online
- Liveticker bei Correctiv : Folgen der Geheimplan-Recherche
- Dossier Kampf gegen Rechts der RLS
- #AlleZusammenGegenDenFaschismus
Siehe zum aktuellen Hintergrund im LabourNet Germany:
- Dossier: Geheimplan gegen Deutschland. CORRECTIV-Recherche zum Geheimtreffen von AfD-und CDU-Politikern über „Remigration“ = Deportation
- Dossier: Die Debatte um ein Verbot der AfD ist eröffnet und soll die antifaschistische Bewegung stärken
- Aber z.B. auch das Dossier: Ampel-Sonderbevollmächtigter für Migration will leichter abschieben: Durch Kooperationen und Partnerschaften mit den Herkunftsländern