Gedenkkundgebung für Şahin Çalışır, Opfer der Nazibewegung der Neunziger Jahre

Gedenkkundgebung für Şahin Çalışır, Opfer der Nazibewegung der Neunziger Jahre„Şahin Çalışır ist ein weitgehend vergessenes Opfer der Nazibewegung der Neunziger Jahre. Şahin Çalışır starb vor 28 Jahren auf der Autobahn bei Meerbusch. Am 27. Dezember 1992 machten drei rechte Solinger Hooligans mit ihrem Auto auf der A 57 Jagd auf Ausländer. Sie versuchen ein Auto mit türkischen Menschen zu rammen. Şahin Çalışırs PKW wird mehrfach bedrängt und schließlich touchiert. Der PKW drehte sich und gerät in die Leitplanken. Şahin Çalışır und seine zwei türkischen Begleiter flüchteten voller Panik auf die Autobahn. Şahin Çalışır wird dabei von einem nachfolgendem Auto überfahren und getötet. Zu unserer großen Überraschung versucht die Kreisverwaltung des Rhein-Kreises Neuss unsere Gedenkkundgebung für Şahin Çalışır vor dem Amtsgericht in Neuss zu verhindern! Der Kreisverwaltungsdirektor Desgronte überraschte am 18.12.2020 den Kundgebungsanmelder mit bizarren und demokratiefeindlichen Auflagen für die Kundgebung…“ (…) Es rufen auf: Kein Platz für Nazis Wuppertal, Initiative Herkesin Meydanı – Platz für Alle – Köln, Solinger Appell, Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen – Wuppertal, Initiative DU 26. August 1984, Initiative Amed Ahmad, Migrantifa NRW u.a.. Pressemeldung des Bündnisses ‚Erinnern heißt handeln‘ per Email am 21. Dezember 2020 zur Gedenkkundgebung am 27. Dezember 2020 um 12.00 Uhr vor dem Amtsgericht Neuss, Breite Str. 48, siehe die kritisierten Auflagen für die Kundgebung und die nächste Kundgebung ein Jahr später:

  • Gedenkdemonstration für Şahin Çalışır am 27.12.2021 auf dem Gräfrather Markt in Solingen-Gräfrath New
    Gedenkdemonstration für Şahin Çalışır (27.12.1992) am 27.12.2021 um 15:00 Uhr auf dem Gräfrather Markt in Solingen-Gräfrath.
    Wir ziehen vor das ehemalige Domizil der VS-finanzierten Karateschule Hak Pao
    Unutturmayacağız!
    Nichts und Niemand ist vergessen!
    Bestrafung der Täter und der verantwortlichen Geheimdienstler und Polizisten, die in die VS-Operation Hak Pao verwickelt waren.  
    Kundgebung u.a. mit: Kutlu Yurtseven – Herkesin Meydanı – Platz für Alle; Angehörige von Şahin Çalışır (angefragt); Vertreter*in vom Solinger Appell; Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen – Wuppertal; Vertreter*in von Bürger*innen beobachten die Polizei Wuppertal / neue Folge 
    Wir trauern um Şahin Çalışır.
    Şahin Çalışır starb vor 29 Jahren auf der Autobahn bei Meerbusch. Der aus Duisburg stammende 20 jährige Şahin Çalışır hatte gerade seine Ausbildung bei Thyssen abgeschlossen. Am 27. Dezember 1992 machten drei rechte Solinger Hooligans u.a. der einschlägig vorbestrafte Klaus Evertz und der bei Hak Pao organisierte Lars Schoof mit ihrem Auto auf der A 57 Jagd auf Ausländer. Sie versuchen ein Auto mit türkischen Menschen zu rammen. Şahin Çalışırs PKW wird mehrfach bedrängt und schließlich touchiert. Der PKW drehte sich und gerät in die Leitplanken. Şahin Çalışır und seine zwei türkischen Begleiter flüchteten voller Panik auf die Autobahn. Şahin Çalışırr wird dabei von einem nachfolgendem Auto überfahren und getötet.
    11 Monate später, der Solinger Brandanschlag war noch keine 5 Monate her, konnte das Schöffengericht Neuss kein „ausländerfeindliches“ oder gar ein rassistisches Motiv für die Verfolgungsjagd erkennen. Obwohl dem Gericht ein Brief des Fahrers Evertz vorlag, in dem er über den getöteten Şahin Çalışır folgendes geschrieben hatte: „Das mit dem Herumlaufen hat sich für ihn erledigt.“ Der Fahrer Evertz, bereits als rechter Hooligan einschlägig vorbestraft, erhielt nur 15 Monate Haft wegen „fahrlässiger Tötung“ und „fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung“. Dass im Auto von Evertz zwei weitere rechte Hooligans saßen, spielte im Prozess auch keine Rolle. Der Beifahrer von Evertz, Lars Schoof, trainierte z.B. in der Karateschule HAK Pao unter V-Mann Bernd Schmitt in Solingen-Gräfrath und war als Ordner für die rechtsextreme „Deutsche Liga für Volk und Heimat“ tätig. Bei Hak Pao verkehrten auch die späteren Brandstifter von Solingen.
    Rassistische Attacke
    Am 27. Dezember 2020 waren wir zusammen mit Orhan Çalışır, einem Cousin von Şahin Çalışır und anderen Initiativen vor dem Neusser Amtsgericht, um zum ersten Mal seit der Todesnacht an Şahin Çalışır zu erinnern. Orhan Çalışır erinnerte sich auf der Gedenkkundgebung noch genau an den Strafprozess in Neuss: „Der Staatsanwalt grinste während des ganzen zweiten Verhandlungstages, als ob es hier um einen Schulstreich von pubertierenden Jugendlichen ginge und nicht um den Tod eines 20-jährigen, der aus rassistischen Gründen umgebracht wurde. In seinem Plädoyer sagte der Staatsanwalt, dass es ein unglücklicher Verkehrsunfall war und dass die Jungs – übersetzt die Neonazis – keine Typen seien, die sich ein Auto nehmen und ganz nach dem Motto „jetzt wollen wir Mal sehen, bis ein Ausländer vor dem Kühler läuft“ So wurde Şahin am 7. Oktober 1993, fast 10 Monate nach seiner Ermordung auf der Autobahn 52 noch einmal getötet. Und zwar hier in diesem Haus. Deshalb ist dieses Gerichtsgebäude ein zweiter Tatort. Diese Haltung des Staates bei rassistischen Morden ermutigte die Täter zu anderen, noch brutaleren Taten.“
    Die Spuren führen zu Hak Pao
      Orhan Çalışır verwies aber auch auf die ungeheuerlichen Versäumnisse der Polizei: „Wenn sie damals, so das bittere Resumé von Orhan Çalışır, „direkt nach dem Tod von Şahin, in den Kreisen richtig ermittelt hätten und zwar in Solingen, direkt in Solingen, wo der Schoof herkommt, wo er trainiert mit anderen Neonazis, hätte meines Erachtens, höchstwahrscheinlich, diese Katastrophe von Solingen verhindert werden können.“ (https://vimeo.com/497312093 externer Link )
    Hätte sich der zuständige Wuppertaler Staatsschutz für Schoof von Hak Pao wirklich interessiert, wären sie schon im Herbst 1992 auf den für die NF aufgebauten VS-Honeypot „Hak Pao“ „gestoßen“ und hätten diese gefährliche Nazistruktur unter normalen rechtsstaatlichen Verhältnissen polizeilich aufgelöst. Passiert ist hingegen nichts, die Gründe dafür kennen wir seit der Enttarnung von Bernd Schmitt. Die Wuppertaler Staatsschützer wollten unter keinen Umständen die hochgeheime Verfassungsschutz-Operation mit Bernd Schmitt, die sie selber im April 1992 miteingefädelt hatten, stören. Ohne Rücksicht auf mögliche weitere Opfer von Nazis, die in der VS-mitfinanzierten Kampfsportschule Hak Pao ungestört rekrutiert und sozialisiert werden konnten. Bis zur Todesnacht von Solingen.
    Keine Ruhe
    Wir fordern die Öffnung aller Akten im Bezug auf die geheimdienstlichen und polizeilichen Aktivitäten um Bernd Schmitts Karateschule Hak Pao und der diversen Infiltrationen der Nationalistischen Front (NF)! Dies gilt insbesondere für die regionalen NF-Strukturen in Wuppertal, Solingen und NRW. Wir fordern die Bestrafung der Täter und der verantwortlichen Geheimdienstler und Polizisten, die in die VS-Operation Hak Pao verwickelt waren.
    Es rufen auf: Kein Platz für Nazis Wuppertal; Initiative Herkesin Meydanı – Platz für Alle – Köln; Solinger Appell; Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen – Wuppertal
    Erinnern heißt handeln!
    Kontakt: erinnern-heisst-handeln@web.de
    Es wäre schön, wenn viele Gruppen, Organisationen, Zusammenhänge und Freund*innenkreise sich unserem Aufruf anschließen würden und mit uns auf die Straße kommen!!! 
  • Weiter aus der Pressemitteilung 2020: „… *Erste Auflage*: „Personen, die typische Symptome einer Covid-19-Erkrankung aufweisen, ist die Teilnahme durch die Versammlungsleitung zu untersagen.“ (…) Wir wissen natürlich nicht was der Krisenstab des Landkreises Neuss normalerweise ordnungsrechtlich durchsetzen muss, in unseren Gegenden spazieren die Corona-Infizierten – aus eigener Einsicht – zum Glück nicht in der Öffentlichkeit herum. Bei uns bleiben Corona-Infizierte in der Regel zu Hause und gehen weder shoppen, noch demonstrieren. *Zweite Auflage*: „Bereits in der Phase der Mobilisierung der Teilnehmer hat die Versammlungsleitung darauf hinzuwirken, dass Menschen aus Risikogruppen sowie überregional anreisende Personen nicht an der Versammlung teilnehmen.“ Versucht hier der Kreisverwaltungsdirektor Desgronte tatsächlich das Demonstrationsrecht von „Menschen aus Risikogruppen sowie überregional anreisende Personen“ mit einem einfachen Verwaltungsakt zu begrenzen? (…) Bekanntlich sind politische Versammlungen auch in Pandemie-Zeiten vom Grundgesetz geschützt. Demoteilnehmer*innen müssen ihre Teilnahme weder bei der Polizei noch beim Geheimdienst und schon gar nicht beim Landrat in Neuss ankündigen oder gar genehmigen lassen. (Auch wenn das viele autoritäre Geister sich insgeheim wünschen…) Wir werden uns dem autoritären Neusser Landrecht natürlich nicht beugen und legen am Montag Rechtsmittel gegen das neue Neusser Demonstrationsrecht ein. Notfalls geht’s bis vor das Bundesverfassungsgericht. Wir hoffen mal, das der Kreisverwaltungsdirektor Desgronte keine bundesdeutsche Justizgeschichte schreiben wird.“
  • Siehe die PM auch im Twitter-Kanal von Kein Platz für Nazis am 21.12.2020 externer Link

Hintergrundinfos:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=183715
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