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Wer regiert (nicht nur) in Seattle? Stadtrat beschloss Sondersteuer, Amazon will sie nicht zahlen. Ausgang raten?

UK-Petition „Amazon: Drop all targets by 15%“Könnte ja jeder kommen und schon gar so ein popeliger Stadtrat: Da musste Amazon noch nicht mal sehr mobilisieren (eine unnütze Gewerkschaft zum Beispiel – siehe den Hinweis auf unseren letzten Beitrag zum Thema) und nur ein bisschen drohen und schon wird der Beschluss, eine Sondersteuer zugunsten eines Wohnungsbauprogramms zu erheben, mit 7:2 Stimmen vom Stadtrat rückgängig gemacht. Getreu der alten Losung „Die Reichen sollen die Krise niemals bezahlen“ wurde hier gehandelt und blanker Erpressung zum Recht verholfen. In dem Beitrag „Die gesponsorte Steuerbefreiung“ von Jörg Wilamasena am 13. Juni 2018 in der taz externer Link heißt es dazu unter anderem, offensichtlich von den Grundlagen „unserer Demokratie“ überrascht: „Es ist sicher nicht das erste Mal in der Geschichte der parlamentarischen Demokratie, dass ein gemeinsam gefasster Beschluss rückgängig gemacht wird. Was Bauchschmerzen bereitet, sind die Umstände der Rücknahme. Denn dafür ist hauptsächlich das Bündnis „No Tax on Jobs“ verantwortlich, dass seit Wochen Unterschriften gegen die neue Steuer sammelt und damit einen Volksentscheid erzwungen hat. Was nach Graswurzelpolitik klingt, ist aber eigentlich kaum kaschierter Lobbyismus. „No Tax on Jobs“ wird von Amazon und Supermarktketten finanziert. Laut Seattle Times sind die Gesichter der Kampagne bekannte Unternehmer-Lobbyisten. Das Bündnis argumentiert, die Steuer würde Arbeitsplätze gefährden. Unabhängig von der Unterschriftensammlung drohte Amazon, den Bau eines 17-stöckigen Gebäudes in der Stadt zu stoppen. Allein die Möglichkeit einer Volksabstimmung reicht nun, um die Steuer zu Fall zu bringen“. Zur „Abwahl“ der Wohnungs-Steuer zwei weitere aktuelle Beiträge und der Hinweis auf unseren bisher letzten Beitrag zum Thema Sondersteuer in Seattle:

  • „Seattle schafft Armutssteuer wieder ab“ am 14. Juni 2018 in neues deutschland externer Link ist eine Meldung, in der unterstrichen wird: „Die Steuer sollte für Unternehmen mit über 20 Millionen Dollar Jahresumsatz gelten. Nach Schätzungen des Stadtrats wären rund 585 Arbeitgeber davon betroffen sein – rund drei Prozent aller Unternehmen in Seattle. Die Stadt wollte mit der zunächst auf fünf Jahre angesetzten Steuer ab 2019 rund 47 Millionen Dollar jährlich einnehmen, um damit Wohnungsbauprogramme zu finanzieren. In der Stadt war zuletzt die Zahl der Obdachlosen stetig gewachsen – als ein Grund dafür wird der Anstieg der Mietpreise gesehen, weil Seattle zunehmend zum Standort für Tech-Unternehmen wird. Neben großen Arbeitgebern wie Amazon und Starbucks hatten mehrere Dutzend andere Unternehmen vor negativen Folgen für den Wirtschaftsstandort Seattle gewarnt. »Wir haben Sie gehört«, erklärten Bürgermeisterin Jenny Durkan und sieben Mitglieder des Stadtrats in einer gemeinsamen Erklärung am Montag, die die Kehrtwende einleitete. Stadträtin Kshama Sawant, eine treibende Kraft hinter der neuen Steuer, sprach auf Twitter von einem »Verrat im Hinterzimmer«.  Bürgermeisterin Durkan hatte bereits den ursprünglich angepeilten Beitrag von 500 auf 275 Dollar reduziert. Amazon wäre mit seinen rund 40 000 Mitarbeitern in der Stadt auf einen Betrag von elf Millionen Dollar pro Jahr gekommen“.
  • „Will Amazon’s work to kill Seattle tax spook other cities?“ von Phuong Le am 13. Juni 2018 in der Washington Post externer Link ist ein Beitrag, der nach den Auswirkungen der erfolgreichen Erpressung Amazons auf andere Städte, die ähnliche Steuerprojekte verfolgen fragt – wie etwa auf Mountain View in Kalifornien, wo im Herbst über eine solche Steuer entschieden werden soll. (Das bekannteste Unternehmen dieser Stadt heißt Google). Außerdem wird noch berichtet, dass sich Amazon-Sprecher – sehr überraschend – von der Entscheidung zur Rücknahme erfreut zeigten. Natürlich nur, weil dies gut für die Jobs in der Region sei, warum auch sonst? Und an der Lösung der Wohnungskrise in Seattle werde man auch mitarbeiten. (Gästezimmer im Hause Bezos?)
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=133492
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