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Wer die Kosten der Krise in den USA bezahlen soll, ist für die Rechten sonnenklar: Unternehmen dürfen offen gegen Gesetze verstoßen – Krankenhauspersonal wird zu Hunderttausenden gekündigt

USA nach Charlottesville: "Make Racism wrong again"„… „Tesla nimmt heute die Produktion wieder auf, gegen die Regeln im Alameda County. Ich werde mit allen anderen in der Schusslinie stehen“, erklärte der Tesla-CEO am Montagabend in einem Tweet. „Wenn jemand verhaftet wird, dann sollte es nur ich sein.“ Musk hat die Sterblichkeits-Angaben in Bezug auf Corona als überzogen bezeichnet und diesbezügliche Panik als „dumm“. Die Ausgehbeschränkungen im Alameda County nannte er „faschistisch“. Seit Wochen zeigt er seinen Unmut über die Beschränkungen im kalifornischen Alameda County, mit denen die Ausbreitung des Virus verhindert werden soll. Am Samstag drohte der Milliardär damit, den Hauptsitz des Unternehmens von Kalifornien nach Nevada oder Texas zu verlegen. Der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom bemühte sich am Montag noch vor dem Tweet, die Spannungen abzubauen, und äußerte die Erwartung, Tesla könne den Betrieb schon in der nächsten Woche wieder aufnehmen. Gesundheitsbeamte des Alameda County gaben nach Musks Tweet eine Erklärung heraus, in der sie den Betrieb des Werks als nicht regelkonform bezeichneten und die Hoffnung äußerten, Tesla werde sich ohne Vollstreckungsmaßnahmen wieder an die Vorschriften halten...“ – aus dem Beitrag „Elon Musk startet Tesla-Produktion, obwohl er das nicht darf“ am 12. Mai 2020 im faz.net externer Link – aus dem deutlich wird, dass die Behörden des Bezirks offensichtlich nicht nur keine Maßnahmen ergreifen, sondern sich eher beim Herrn entschuldigen, der das Grundgesetz auf Ausbeutung verteidigt. Zur kapitalistischen Rationalität in Zeiten der Epidemie (und ihrer besonderen rassistischen Ausprägung in den USA) und der Mobilisierung ihrer rechtsradikalen Hilfstruppen (samt ihrer Ähnlichkeit mit ihren Geistesbrüdern hierzulande) eine kleine Sammlung aktueller Beiträge – vom Gesundheitswesen bis zu Uber:

„Amid Pandemic, Hospitals Lay Off 1.4M Workers In April“ am 10. Mai 2020 beim NPR externer Link ist ein Beitrag, der über eine Entlassungswelle in den Krankenhäusern der USA berichtet: Geschätzt betraf das in den letzten Aprilwochen über 1 Million Beschäftigte – vor allem eben dort, wo keine Corona-Stationen betrieben werden. In dem Beitrag kommt ein Sprecher der Krankenhausvereinigung zu Wort, der beklagt, dass nur noch Covid- und Notfall-Patienten kämen und dass dies bei Tausenden von Krankenhäusern quer durch die USA zu akuten Einnahmeverlusten geführt habe.

„Disproportionately black counties account for over half of coronavirus cases in the U.S. and nearly 60% of deaths, study finds“ von Vanessa Williams am 06. Mai 2020 in der Washington Post online externer Link berichtet über die Ergebnisse einer Studie, die mehr als viele andere den strukturellen Rassismus der US-Gesellschaft deutlich macht. In jenen 22% Bezirken, die den höchsten Anteil an afroamerikanischer Bevölkerung haben, sind beinahe 60% aller Todesfälle in den USA zu verzeichnen. Für die Studie wurden vor allem Bezirke in den Bundesstaaten Georgia, Texas, Alabama und South Carolina untersucht, die jeweils deutlich über den landesweit durchschnittlichen 13% afroamerikanischer Bevölkerung liegen.

„Rideshare drivers stage caravan protest over Uber’s labor practices“ am 11. Mai 2020 bei TechCrunch externer Link berichtet von einem Protest kalifornischer Uber- (und Lyft-) Beschäftigter, der sich aus dem aktuellen Anlass der Epidemie gegen die Vorgehensweise der Unternehmen wendet, gegen das neue kalifornische Gesetz Widerstand zu organisieren, dass ihnen untersagt, weiterhin die Fahrerinnen und Fahrer als unabhängige Vertragspartner auszubeuten. Gerade jetzt zeige sich besonders deutlich, so die Teilnehmenden der Aktion, wie dringend etwa eine Krankenversicherung sei, wie auch Erwerbslosenversicherung und andere Grundrechte Beschäftigter. In dem Aktionsbericht über die Aktivität der Gig Workers Rising-Gruppe wird auch eine Studie über die Beschäftigungsverhältnisse der Fahrdienste in San Francisco zitiert, nach der nicht weniger als 78% der Beschäftigten „Farbige“ seien – und dass knapp die Hälfte es sich nicht leisten kann, eine Sonderausgabe von 400 Dollar zu machen, ohne einen Kredit aufzunehmen.

„Schlachten im Akkord unter Lebensgefahr“ von Jörg Wimalasena am 09. Mai 2020 in der Zeit online externer Link zur Auseinandersetzung um den Arbeitszwang in der Fleischindustrie: „… Trotz der hohen Infektionszahlen öffnen nun viele Unternehmen, die vorübergehend den Betrieb einstellen mussten, wieder. In ihrem Bestreben die Produktion aufrechtzuerhalten, bekommen die großen Fleischverarbeiter Unterstützung aus dem Weißen Haus. Ende April ermächtigte US-Präsident Donald Trump per Erlass seinen Agrarminister Sonny Perdue dazu, die Öffnung von Fabriken anzuordnen. Sie wurden zum Teil einer unverzichtbaren Infrastruktur erklärt, obwohl die massenhaften Neuinfektionen in den Fabriken darauf hindeuteten, dass das Arbeitsumfeld alles andere als sicher ist. Trump hat möglicherweise Angst vor einer Fleischknappheit, die der Bevölkerung das Ausmaß der Corona-Krise noch einmal eindrücklich vor Augen führen könnte. Diese Sorge ist durchaus berechtigt. Laut Washington Post meldete der Branchenriese Tyson Foods einen Kapazitätsrückgang von 50 Prozent, drei seiner sechs Hauptfabriken sind derzeit geschlossen. Landwirtschaftsexperte Meyer hat einen Produktionsrückgang in der Schweineschlachtung von 42 Prozent errechnet. Schon jetzt steigen deshalb die Preise für tierische Lebensmittel. Laut Angaben des Wall Street Journal kostet Hackfleisch im Durchschnitt 40 Prozent mehr als vor zwei Wochen. Einzelne Supermarktketten verkaufen Fleischprodukte nur noch bis zu einer gewissen Höchstabgabemenge. Die Einzelhändlerkooperative Shoprite erlaubt ihren Kunden zum Beispiel jeweils nur noch je zwei Schweine-, Kuh-, und Hühnerprodukte pro Einkauf. In Walla Walla County wurde derweil die größte Fleischfabrik des Bundesstaates nach zwei Wochen Stillstand am Mittwoch wieder geöffnet. Fast 12 Prozent der Mitarbeiter wurden hier positiv auf Sars-CoV-2 getestet, dennoch läuft die Produktion wieder an. Wer negativ auf das Virus getestet wird oder zumindest sieben Tage lang keine Symptome mehr zeigt, darf zurück an den Arbeitsplatz. Der Betreiber Tyson hat einen Infrarotscanner zur Messung der Körpertemperatur bereitgestellt und die Mitarbeiter dazu verpflichtet, Gesichtsmasken zu tragen. Vor Ort soll es eine mobile Klinik zur gesundheitlichen Betreuung der Arbeiter geben. Der Landkreis legte zudem fest, dass Tyson zwischen den einzelnen Stationen am Förderband Plexiglasscheiben installieren muss…“ (Siehe dazu (Nicht nur) US-Schlachthäuser töten: Kühe, Schweine, Hähnchen. Und: Menschen)

„Dieselben Trickser“ von Bernhard Potter am 11. Mai 2020 in der taz online externer Link zur Vorgehensweise der rechten Ideologen unter anderem: „… Wie Klima- und Corona-Verleugnung zusammenhängen, ist jetzt zum ersten Mal dokumentiert worden. Die US-Rechercheplattform „Desmogblog.com“ hat in einem „COVIDeniers Report“ zusammengestellt, wie Argumentationsmuster, Akteure, Finanziers und politische Absichten bei Klima- und Corona-Skeptikern vor allem in den USA Hand in Hand arbeiten. „Ein Fluss falscher Informationen zum Coronavirus ist von Thinktanks, Experten (einige davon selbsternannt), Akademikern und rechten Aktivisten zusammengeflossen, die auch die Klimawissenschaften verächtlich gemacht haben und als Ziel haben, das Handeln gegen die Klimakrise zu bremsen“, heißt es in der Analyse. „Desmog“ ist eine Plattform, die seit 2006 Verbindungen der Klima-“Skeptiker“ zu Energiekonzernen und konservativen Geldgebern recherchiert und deren Taktiken und Falschmeldungen entlarvt. Seit März 2020 hat das Desmog-Team Äußerungen, Tweets und Artikel zusammengetragen, die zeigen: Bei der Diskussion über die wissenschaftlichen Grundlagen und die Reaktion auf die Coronapandemie mischen viele US-Thinktanks wie das Heartland Institute, „Americans for Prosperity“ oder „Competitive Enterprise Institute“ mit, die teilweise von der US-Ölindustrie finanziert werden. „Dabei nutzen sie Taktiken, die sie seit den 90er Jahren perfektioniert haben, um Zweifel an den Klimawissenschaften zu säen“, schreiben die Autoren…“

„Bewaffnet in den Boogaloo“ von Spencer Sunshine am 07. Mai 2020 in der jungle world externer Link (Ausgabe 19/2020) zu den Rechten in den USA: „… Seit Anfang April gibt es in den Vereinigten Staaten Proteste gegen die Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-19. Sie werden fast ausschließlich von Rechtsextremen angeführt, darunter bewaffnete Milizionäre und sogenannte weiße Nationalisten. Die Demonstranten bedienen sich einer aggressiven Rhetorik, in einer Reihe von Fällen kamen sie mit Schusswaffen zu den Protesten. Ihre Motive sind nicht leicht zu bestimmen, liegt doch extremen Rechten das Thema eigentlich nicht sehr. Obwohl Präsident Donald Trump die Einführung der Maßnahmen unterstützt hat, verfährt seine Basis rücksichtsvoll mit ihm: Sie zeigt ihre Feindseligkeit auf den Kundgebungen, stellt aber sicher, dass er nicht zum Ziel der Proteste wird. Für einige handelt es sich einfach um eine Möglichkeit, Juden oder Chinesen zum Sündenbock zu erklären. (…) Es waren zwar zahlreiche sogenannte weiße Nationalisten auf den Demonstrationen zu beobachten, doch die meisten Proteste wurden und werden von fanatischen Trump-Anhängern, Milizionären und Mitgliedern der sogenannten Alt-Lite organisiert. Bei dieser handelt es sich um den vergleichsweise gemäßigten Flügel der Alt-Right, der Juden, Farbige und Schwule als Mitglieder akzeptiert; politisch weist diese Strömung Ähnlichkeiten mit der AfD auf. Die Schlägertruppe der Alt-Lite, die Proud Boys, hat die Proteste nachdrücklich gefördert. In Miami, Florida, trugen ihre Mitglieder ein Transparent mit der Aufschrift »Fuck the Chinese Government«. In Olympia, Washington, sprach vor 2 000 Menschen Joey Gibson von der rechtsextremen Gruppe Patriot Prayer, die seit einigen Jahren Aufmärsche in Portland, Oregon, veranstaltet, bei denen es wiederholt zu gewalttätigen Zusammenstößen mit Antifaschisten kam. Nicht nur in Michigan organisierten Milizen die Proteste. Ammon Bundy, der eine Miliz angeführt hatte, die 2016 in Burns, Oregon, den Sitz der Nationalparkbehörde besetzte, organisierte am Ostersonntag in Emmett, Idaho, eine Versammlung – trotz der in dem Bundesstaat geltenden Ausgangsbeschränkungen. Der republikanische Politiker Matt Shea, der im Repräsentantenhaus des Bundesstaats Washington sitzt, hatte den Protest unterstützt...“

„Can Workers Organize in the Deep South During the Pandemic?“ von Jessica Goodheart am 11. Mai 2020 bei Capital and Main externer Link berichtet über Arbeits- und Lebensbedingungen in der Provinz. Genauer beim Autobus-Hersteller New Flyer in Anniston, Alabama – einem Ort mit 22.000 Einwohnern. Das Unternehmen beschäftigt in den USA insgesamt rund 6.000 Menschen und hat die auch bei deutschen Unternehmen beliebte „Südstaaten-Strategie“ schon lange eingeschlagen – was unter anderem dazu führt, dass in Epidemie-Zeiten die Arbeitsbedingungen zwischen den einzelnen Werken sehr unterschiedlich sind… in Alabama hieß die Devise „zurück an die Arbeit, egal wie“. Die Bestrebungen, dagegen zu organisieren, machen Fortschritte – aber langsam…

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=172342
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