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Die neue rechte Regierung Uruguays geht mit einem umfangreichen Gesetzespaket in die Offensive: Gegen demokratische Freiheiten und soziale Rechte

Generalstreik in Uruguay: 14. Juli 2016„… “Oase”, “Phänomen”, “Musterschüler”: Angesichts bislang erfolgreicher Pandemiekontrolle erfährt die uruguayische Regierung international viel Anerkennung und daheim viel Zustimmung. Zu Recht. Sie reagierte schnell, entschieden und mit Augenmaß, ohne harte Ausgangssperren, auf Eigenverantwortung und wissenschaftlichen Rat bauend. Die Zahl der aktiven Fälle ist konstant niedrig, die lokal entwickelten Test-Kapazitäten sind hoch. Uruguay, einmal mehr positive Ausnahme in Südamerika. Weniger internationale Aufmerksamkeit findet, dass die erst kurz vor dem sanitären Notstand ins Amt gekommene Mitte-rechts-Regierung parallel mit Hochdruck eine umfassende Reformagenda vorantreibt. Vieles davon drückte sie verfassungsrechtlich umstritten in einem Riesen-Gesetzespaket im Eilverfahren durch beide Kammern. In diesen Tagen wird es im Senat endgültig beschlossen. Antworten oder auch nur Verweise auf die historischen Ausmaße der pandemiebedingten Rezession und sozialen Verwerfungen sucht man darin vergebens. Viele Maßnahmen laufen entgegen dessen, was man als Antwort auf eine so fundamentale Krise erwarten würde. Der rote Faden der Reformen: Austerität, Deregulierung, Repression. Statt Konjunkturpakete mit Wumms schnürt die Regierung den Gürtel enger. Per Präsidialdekret hatte sie bereits im März die aktuellen Jahreshaushalte aller Ministerien um 15 Prozent gekürzt. Statt öffentlicher Investitionsprogramme bringt sie zur bereits existierenden Schuldenbremse nun auch noch symbolträchtig einen weiteren gesetzlichen Ausgabendeckel durchs Parlament. Zwar hat sie schnell mit den Stimmen aller Parteien einen Corona-Fonds aufgelegt, vorübergehendes Arbeitslosengeld installiert und Unternehmen günstige Kredite angeboten. Statt die Binnennachfrage zu stimulieren, würgt sie diese jedoch weiter ab: Inmitten der Pandemie erhöhte sie die Tarife für Strom, Wasser und Telefon um etwa zehn Prozent und strich den vierprozentigen Mehrwertsteuer-Rabatt bei Kartenzahlungen, was vor allem Geringverdiener trifft. Gleichzeitig drängt sie in den Gehaltsverhandlungen der tripartiten Lohnräte auf einen Abschluss deutlich unter der Inflation – also eine Reallohnsenkung. Das von Opposition und Gewerkschaften geforderte zeitlich begrenzte Grundeinkommen für das Viertel von Haushalten, das noch von prekären und informellen Einkünften abhängig ist, lehnt die Regierung ab…“ – aus dem Beitrag „Gürtel enger statt Wumms“ von Sebastian Sperling am 08. Juli 2020 bei Internationale Politik und Gesellschaft externer Link über die offensive antisoziale Politik der neuen uruguayischen Rechtsregierung.  Siehe dazu auch einen weiteren aktuellen Beitrag und einen Kommentar:

  • „Uruguay wird neoliberal umgebaut“ von Jürgen Vogt am 12. Juli 2020 in nd online externer Link zum aktuellen Globalangriff der Rechten in Uruguay unter anderem: „… 476 Artikel umfasst das sogenannte Ley de Urgente Consideración. Deren Inhalte reichen von Verschärfungen beim Strafrecht, Änderungen beim Bildungs- und Arbeitsrecht bis zur Flexibilisierung von Tarifverhandlungen. In einem von der Verfassung erlaubten Eilverfahren hatte es Lacalle Pou dem Kongress am 23. April vorgelegt. Maximal 90 Tage hatten die Parlamentarier*innen Zeit, um über Änderungen zu beraten und dafür eine Mehrheit zu finden. Ohne Einigung im Kongress wäre das Paket direkt und unverändert in Kraft getreten. (…) Umstritten waren vor allem die Gesetzesverschärfungen, mit denen der Präsident für mehr Sicherheit sorgen will. Erweitert wurde unter anderem das Konzept der Selbstverteidigung von Polizei und Militärs. Kritiker*innen befürchten, dass zukünftig schneller geschossen wird – mit tödlichen Folgen. Zudem ist jetzt auch pensionierten Angehörigen von Polizei und Militär das Waffentragen in der Öffentlichkeit erlaubt. Verschärft wurden das Streik- und das Demonstrationsrecht. Ab sofort haben Nichtstreikende das Recht auf den Zugang zu ihren Arbeitsplätzen und die Unternehmensleitungen Zugang zu den jeweiligen Einrichtungen. Dazu fügt sich, dass jetzt Proteste mit Blockadeaktionen verboten sind, »die den freien Verkehr von Personen, Waren oder Dienstleistungen beeinträchtigen« und diese von der Polizei aufgelöst werden können. Dazu passend kann nun mit bis zu 18 Monaten Gefängnis bestraft werden, »wer die Polizei behindert, beleidigt, verletzt, mit Objekten bewirft oder bedroht«. Wirtschaftspolitisch bedeuten die Änderungen keinen grundlegenden Richtungswechsel. Schon vor Lacalle Pous Amtsantritt war Uruguay weltmarktoffen aufgestellt. Längst existierten Freihandelszonen und ist das liberale Finanzsystem allgemeiner Konsens. Eine kleine Änderung dürfte dennoch große Wirkung erzielen. Löhne können zukünftig auch bar ausgezahlt werden, ebenso wie größere Finanztransaktionen bar abgewickelt werden können. Die staatliche Kontrolle über Herkunft und Geldfluss ist ausgehebelt. Die Gewerkschaften warnen so auch vor einer Zunahme der informellen Beschäftigungsverhältnisse…“
  • „Schocktherapie in Montevideo“ von Martin Ling am 12. Juli 2020 in nd online externer Link kommentiert dazu unter anderem: „… Die Regierung legt die Axt an den bisher im regionalen Vergleich herausragenden Sozialstaat einschließlich eines funktionierenden Gesundheitssystems, das bisher auch der Coronakrise gewachsen ist. Es ist eine bittere Ironie der Geschichte, dass die Frente Amplio, die mit einer progressiven Sozial- und Lohnpolitik die Folgen der Finanzkrise 2008 erfolgreich zu bewältigen vermochte, nun zusehen muss, wie ihre rechten Nachfolger mit einer regressiven Sozial- und Lohnpolitik auf die Coronakrise reagieren. Und das in einer Zeit, in der die Mobilisierung der Gegenmacht auf der Straße nur eingeschränkt möglich ist“.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=175459
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