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Die Propaganda behauptet: Tunesien sei das einzige Land, in dem der Arabische Frühling zu einem demokratischen System geführt habe. Weil den Protesten mit Wasserwerfern aus Frankreich begegnet wird?

Konfrontation in Meknessy, Mitteltuesien am 15.6.2020: Solidarisch mit den Bergarbeitern gegen die Polizei„… Nach ersten Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei am Freitag in der Provinz Siliana südlich von Tunis weitete sich die Protestwelle am Wochenende auf weitere Provinzen und marginalisierte Stadtviertel der Hauptstadt aus. Meist jugendliche Protestierende zündeten Autoreifen an, errichteten Barrikaden und empfingen die martialisch auftretenden und auf den Einsatz von Tränengas setzenden Einheiten von Polizei und Nationalgarde mit Steinwürfen. In Ettadhamen bei Tunis fuhr die Nationalgarde sogar mit Radpanzern auf, um die Proteste aufzulösen. Allein in der Nacht auf Montag wurden landesweit mindestens 630 Menschen verhaftet, die meisten davon Minderjährige, so Tunesiens Innenministerium. Mehr als 100 weitere Demonstranten wurden am Folgetag inhaftiert. In der Küstenstadt Bizerte sollen 36 Menschen wegen Vandalismus angezeigt worden sein, in Sousse ermittelt die Justiz unter anderem wegen Sachbeschädigung. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International rief Tunesiens Behörden derweil zum sofortigen Verzicht auf »unnötige und exzessive« Gewaltmittel beim Auflösen von Protesten auf, selbst wenn es zu Vandalismus und Plünderungen komme. Eine ruhig abgelaufene Demonstration im Stadtzentrum von Tunis am Montag, bei der sich die Teilnehmer solidarisch mit den im Rest des Landes Protestierenden zeigten und die Polizeigewalt scharf verurteilten, wurde ebenfalls aufgelöst. Ausgangspunkt des Marsches war ein seit Tagen anhaltendes Sit-in von Angehörigen und Unterstützern jener, die während des Aufstands von 2011 getötet oder verwundet worden waren und bis heute vergeblich auf die vom Staat versprochenen Entschädigungen warten...“ – aus dem Beitrag „Gekippte Stimmung in Tunesien“ von  Sofian Philip Naceur am 20. Januar 2021 auf seinem Blog externer Link über die ersten Tage der Proteste und ihre Folgen und Voraussetzungen. Siehe dazu auch vier weitere aktuelle Beiträge – unter anderem über Wasserwerfer aus Frankreich, ein neues Diktat des IWF und Parolen gegen Islamisten – sowie den Hinweis auf unseren bisher letzten Beitrag zu den aktuellen Protesten in Tunesien:

  • „Tunisia in revolt“ am 25. Januar 2021 bei und von der Anarchist Communist Group externer Link ist ein Beitrag, der die Linie zwischen den neuen Protesten und dem neuen Kürzungsprogramm der Regierung vom 01. Januar 2021 zieht, das einmal mehr auf Kommando des Internationalen Währungsfonds organisiert werden muss und dies in einer ohnehin sehr angespannten Situation. Unterstrichen wird auch, dass die DemonstratInnen an mehreren Orten die Parolen verbreiteten „Weg mit der Polizei! Weg mit den Islamisten!“…
  • „System mit Schwächen“ von Jannis Hagman am 27. Januar 2021 in der taz online externer Link kommentiert die Entwicklungen so: „… Die eingeführte Parteiendemokratie mit einer zwischen Präsident und Ministerpräsident geteilten Exekutive funktioniert in ihrer aktuellen Form nicht. Mit zwanzig Parteien ist das Parlament zerklüftet; Abgeordnete wechseln die Fraktion wie ihre Unterwäsche; und kaum eine der neun Regierungen, die das Land seit 2011 hatte, konnte sich länger als ein Jahr im Amt halten. Verwundert es, dass viele dem jungen demokratischen System zunehmend misstrauen? Um Perspektiven zu schaffen und das Land aus der Krise zu führen, braucht es weitere Reformen. Vorschläge liegen auf dem Tisch, von einer Wahlrechtsreform samt Prozenthürde für den Einzug ins Parlament über ein Verfassungsgericht bis hin zu klareren Regeln zur Parteienfinanzierung und innerparteilichen Demokratie. Über Reformen entscheiden die Tu­ne­sie­r*in­nen. Daher ist zu hoffen, dass der Druck der Straße wächst, sich aber nicht auf destruktive Art und Weise Bahn bricht...“
  • „Ende der Repression gefordert“ am 27. Januar 2021 in der jungen welt externer Link meldet: „… Die Proteste wurden unterdessen durch einen weiteren Todesfall angeheizt. Am Montag war ein 20jähriger Demonstrant gestorben, was noch am selben Tag in seiner südlich von Tunis gelegenen Heimatstadt Sbeitla zu gewaltsamen Zusammenstößen mit Einsatzkräften geführt hatte. Nach Angaben der Familie von Haykel Rachdi wurde er von einem Tränengaskanister getroffen, als er sich den Protesten rund um den Jahrestag des Aufstands von 2011 angeschlossen hatte. Er starb im Krankenhaus. Die Staatsanwaltschaft der nächstgrößeren Stadt Kasserine hat laut TAP eine Autopsie angeordnet, um die Todesursache feststellen zu können…“
  • Siehe (immer noch) für aktuelle Berichte und Videos auf Twitter #Tunesien #Tunisie #Tunisia #TunisiaProtest
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=185715
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