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Juni-Wahlen 2018 in der Türkei: Jede Stimme der Gefängnis-Partei!

Protest in Ankara gegen HDP-Verhaftungen in der Nacht zum 4. November 2016 - inklusive Plizeiübergriff (sendika.org)Nein, LabourNet Germany gibt nicht oft Wahlempfehlungen – wären Wahlen doch verboten, wenn sie… Und ob ein Herr Scholz oder ein Herr Schäuble (oder ein sonstiges Produkt der Erben von Zahnpasta-Reklame) denselben antisozialen Kurs steuern, ist ziemlich egal, bekämpft werden müssen sie in beiden Fällen. Ausnahmsweise Empfehlungen von LabourNet Germany in den letzten Jahren betrafen Referenden: In der Türkei gegen die Verfassungsänderung zu stimmen – und in Griechenland gegen das Diktat aus Berlin und Brüssel. Um dessen Ergebnis sich dann in den sogenannten demokratischen EU-Staaten, einschließlich Griechenlands, „kein Schwein“ gekümmert hat, wohlverdiente Strafe für eine Bevölkerung mit eigenem Willen. Aber jetzt ist es, abermals in der Türkei, ausnahmsweise so weit: Wenn Erdogan und seine AKP überall Wahlkampf machen, können wir das auch, wohl wissend, dass unter unseren Leserinnen und Lesern, die in der Türkei wahlberechtigt sind, die meisten dies auch ohne unsere Empfehlung tun würden – aber darauf hoffend, den Einen oder die Andere noch dazu zu bewegen. Wozu? Für die HDP zu stimmen.  Weil es die einzige Partei ist, die gegen Erdogans Krieg in Nordsyrien Stellung bezieht, ganz im Gegensatz zur kemalistischen CHP oder gar zu mit der AKP konkurrierenden rechten Formationen. Weil es eine Partei ist, die „aus dem Gefängnis heraus“ Wahlkampf machen muss – und weil ihre Wahlaussagen, die wir im Einzelnen ohnehin nicht für das Entscheidende halten, annehmbar sind. Und, schließlich: Weil sie bei Erdogans Berliner Freunden und ihrer Polizei auch nicht sehr beliebt ist… Siehe zur Juni-Wahl in der Türkei fünf aktuelle Beiträge:

  • „HDP-Wahlprogramm: Wir werden das Land verändern“ am 15. Mai 2018 bei der ANF externer Link ist die kurze Vorstellung des Wahlprogramms der HDP (inklusive Link zum Programm) die mit folgender Einleitung versehen ist:  „Das Wahlmanifest der HDP für die Präsidentschafts-und Parlamentswahlen in der Türkei am 24. Juni beginnt mit den folgenden Worten:Wir werden die AKP-Regierung, die das Land in den Strudel einer Kriegspolitik und korrupten Wirtschaft zieht, in jedem Fall verändern. Die ‚Präsidentenallianz‘ versucht mit einem fragwürdigen Wahlgesetz und der Entscheidung auf erzwungene Neuwahlen in überstürzter Eile sich dem Willen und der Zukunft der Völker zu bemächtigen. Wir werden weder erdulden noch zulassen, dass sich der Faschismus institutionalisiert und ihr Traum von einem Ein-Mann-Regime verwirklicht wird. Die Zeit ist gekommen, dass diese Regierung, die die Völker, Frauen, Proletarier*innen unterdrückt und die Natur plündert, abdankt. Seit dem 7. Juni widersetzt sich die HDP dem Faschismus, der Mentalität des Ein-Mann-Regimes und der autoritären Regierung. Mit ihrem entschlossenen Kampf für Demokratie und Frieden ist diese Partei zur Hoffnung aller Unterdrückten der Gesellschaft geworden. Die Wahlen am 24. Juni werden wir in einen Sieg der proletarischen Demokratiekräfte, der Völker, Frauen, Jugend, der Bäuerinnen und Bauern und der Gewerbetreibenden verwandeln. (…)Im Wahlprogramm der HDP wird außerdem unterstrichen, dass ein dauerhafter Frieden in der Türkei von der Lösung der kurdischen Frage abhänge und diese mit dem Demokratisierungsprozess der Türkei verbunden sei. „Frieden bedeutet nicht nur die Abwesenheit von Konflikten, Tod und Leiden. Der Zustand von Frieden ist auch der größte Schritt in Richtung Würde, Güte und Koexistenz.“ (…) Weiter betont die HDP, dass Frauen den Teil der Gesellschaft in der Türkei bilden, der am stärksten unterdrückt wird. Aus diesem Grund bedeute der 24. Juni nicht nur das Ende des AKP-Regimes, sondern auch die Geburt einer neuen Ära, in der es keinen Platz für Sexismus, Gewalt an Frauen und Chauvinismus geben wird. Nach 16 Jahren der Repression werden die Frauen des Landes wieder in den Vordergrund treten“.
  • „Er kandidiert aus dem Knast heraus“ von Jürgen Gottschlich am 03. Mai 2018 in der taz externer Link über den Kovorsitzenden der HDP und die vielen anderen HDP Aktiven, die gegenwärtig im Gefängnis sind – sowie über die Feigheit der sogenannten Opposition: „Er ist wieder zurück. Selahattin Demirtaş, seit November 2016 in Haft, steht wieder auf der politischen Bühne. Zwar sitzt er nach wie vor im Hochsicherheitsgefängnis in Edirne, trotzdem hat ihn seine Partei, die kurdisch-linke Partei der Völker (HDP) am Donnerstag als Präsidentschaftskandidaten für die Wahlen am 24. Juni nominiert. Aus dem Knast heraus hat der Ex-HDP-Vorsitzende Demirtaş gleich die maßgebliche Parole für den Wahlkampf ausgegeben: Entweder wir schaffen es jetzt, das Erdoğan-Regime loszuwerden, oder aber uns stehen zehn Jahre einer Ein-Mann-Herrschaft bevor, schrieb er in einem Gastbeitrag für Cumhuriyet. Die Partei ist begeistert, wieder für Demirtaş Wahlkampf machen zu können. „Uns steht eine wunderbare Zukunft bevor“, mailte die aktuelle Parteivorsitzende Pervin Buldan den Mitgliedern, ganz so, als könnte die Partei wieder an die Zeit vom Juni 2005 anknüpfen, als die HDP die türkische Politik aufmischte und unter der Führung von Demirtaş mit sensationellen 13 Prozent ins Parlament einzog. Doch auch mit Demirtaş als Präsidentschaftskandidaten – 2014 holte er in der gleichen Rolle knapp 10 Prozent – ändert sich erst einmal nichts daran, dass die HDP mit dem Rücken zur Wand steht: Mit Demirtaş sitzen neun weitere HDP-Abgeordnete im Gefängnis, Hunderte weitere Bürgermeister und Funktionäre sind ebenfalls verhaftet worden und keine der anderen Oppositionsparteien traut sich, mit der HDP zusammenzuarbeiten“.
  • „Wahlkampf hinter Gittern“ von Nick Brauns am 07. Mai 2018 in der jungen welt externer Link fasst die politischen Alternativen so zusammen: „Der frühere Vorsitzende der linken Demokratischen Partei der Völker (HDP), Selahattin Demirtas, wird aus dem Gefängnis heraus für das Amt des Präsidenten der Türkischen Republik kandidieren. Das gab die Partei am Freitag offiziell bekannt. Am Sonnabend schloss sich die kemalistisch-sozialdemokratische CHP mit der rechten »Guten Partei« (Iyi), der islamistischen »Glückseligkeitspartei« und der konservativen Demokratische Partei (DP) zur »Nationalen Allianz« zusammen. Die aufgrund ihrer prokurdischen Orientierung von dieser Allianz ausdrücklich ausgeschlossene HDP ist damit die einzige linke Alternative. Meinungsumfragen sehen die durch Inhaftierungen Tausender Mitglieder geschwächte Partei über der Zehnprozenthürde. Die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen waren von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan angesichts einer sich abzeichnenden Wirtschaftskrise auf den 24. Juni vorgezogen worden, um von der nationalistischen Hochstimmung infolge des Angriffskrieges gegen den syrisch-kurdischen Kanton Afrin zu profitieren. Die regierende religiös-nationalistische AKP hat eine »Volksallianz« mit den zwei neofaschistischen Parteien MHP und BBP gebildet.  »Ich werde jede noch so kleine Chance nutzen, um mich dem Kampf der Bevölkerung anzuschließen«, erklärte der seit 18 Monaten in Edirne in Untersuchungshaft sitzende Demirtas in einem handschriftlichen Interview mit der kurdischen Nachrichtenagentur Firat. Ihm drohen 142 Jahre Haft wegen vermeintlicher Terrorpropaganda“.
  • „Unterstützungsaktion für HDP“ am 14. Mai 2018 bei der ATIK externer Link ist ein kurzer Bericht über eine Aktion in Stuttgart: „Etwa 200 Menschen haben sich auf der heutigen Kundgebung in Stuttgart versammelt, um alle Demokraten und Antifaschisten dazu aufzurufen, ihr Wahlrecht zu nutzen und der faschistischen Regierung die Stirn zu bieten. Als Redner waren die HDP Abgeordnete Nursel Aydoğan und der Fußballspieler Deniz Naki eingeladen. Beide haben dabei ausdrücklich betont, wie wichtig es ist an den Wahlen teilzunehmen, und den Repressionen denen die HDP und alle demokratischen Menschen ausgesetzt sind entgegenzuwirken. Besonders jetzt ist es wichtig, uns mit diesen Menschen zu solidarisieren und ihnen unsere Unterstützung anzubieten. Das Ergebnis, der am 24. Juni geplanten Wahlen für den neuen Präsidenten könnte die bereits angespannte Lage in der Türkei nämlich weitaus verschlechtern. Sollte Erdogan oder ein Kandidat der anderen faschistischen Parteien gewinnen, hätte dies fatale Folgen“.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=132396
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