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Erdogans „Krisenmanagement“ gegen sinkende Popularität in der Türkei: Bomben auf zivile Ziele und Polizeiknüppel gegen Demokratie-Marsch – samt (üblicher) Unterstützung durch die BRD

Weder Putsch noch Diktatur unterstützen wir. Für Demokratie, Gleichheit, Freiheit und Solidarität hier und in der Türkei! Demo gegen Nationalismus und Rassismus in der BRD und in der Türkei am Sonntag den 31.07. in Köln„… Der am Montag in Edirne und Colemêrg (türk. Hakkari) gestartete „Demokratiemarsch“ der Demokratischen Partei der Völker (HDP) wird trotz diverser Hindernisse in Istanbul und Wan fortgesetzt. Auf dem heutigen Programm stehen Gespräche mit zivilgesellschaftlichen Organisationen und ein Besuch bei der Anwaltskammer Wan. Am Abend sind „Treffen mit der Bevölkerung“ im Istanbuler Stadtteil Esenyurt und in verschiedenen Vierteln in Wan geplant. Mit dem fünftägigen Sternmarsch nach Ankara wirbt die HDP für eine oppositionsübergreifende Strömung gegen das AKP/MHP-Regime in der Türkei und will gleichzeitig ihre Basisverankerung im ganzen Land stärken. Der gestrige Start im Westen und Osten des Landes musste gegen ein großes Polizeiaufgebot und zahlreiche Verbote durchgesetzt werden. In Silivri bei Istanbul und in Wan kam es zu Dutzenden Festnahmen, in Colemêrg wurden zur Einschüchterung Scharfschützen auf den Dächern positioniert. Journalist*innen wurden auf der Fahrt nach Edirne zurückgewiesen. Am Dienstagmorgen wurde der Journalist Arif Aslan, VOA-Korrespondent in Wan, in seiner Wohnung festgenommen. Er hatte am Vortag den „Demokratiemarsch“ der HDP in Colemêrg verfolgt. Der HDP-Vorsitzende Mithat Sancar wies bei einem Besuch der Anwaltskammer in Wan auf die vielfältigen Behinderungen des Demokratiemarsches hin und betonte, dass seine Partei entschlossen sei, ihre demokratischen Rechte zu nutzen und dabei auf einer legitimen Ebene zu bleiben: „Wir sind erfahren und entschlossen genug, um jeden Provokationsversuch ins Leere laufen zu lassen.“...“ – aus der Meldung „HDP setzt „Demokratiemarsch“ fort“ am 16. Juni 2020 bei der ANF externer Link über die bisherige Wirkungslosigkeit der neuerlichen Repressionswelle des AKP-Regimes gegen jegliche demokratische Bestrebung. Siehe dazu auch einen Beitrag über Erdogans sinkende Popularität, einen weiteren über seinen neuerlichen Bombenterror in anderen Staaten – und zwei Beiträge dessen vielfältiger Unterstützung durch EU und BRD:

  • „Erdogans Stern sinkt“ von Nick Brauns am 12. Juni 2020 in der jungen welt externer Link zur sinkenden Popularität des Möchtegern-Sultans unter anderem: „… Die Pandemie traf auf eine ohnehin angeschlagene Volkswirtschaft, die Bevölkerung leidet unter einem inflationsbedingten Anstieg der Verbraucherpreise um elf Prozent im Jahresvergleich. Vor diesem Hintergrund sehen Umfragen führender Meinungsforschungsinstitute die Zustimmung für die seit bald 18 Jahren regierende religiös-nationalistische AKP von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan auf einem Rekordtief. Während die Zustimmung zum Regierungslager, bestehend aus der AKP und der mit ihr verbündeten faschistischen MHP, derzeit auf unter 50 Prozent gesunken ist, liegt laut der Umfragen erstmals das allerdings in sich gespaltene Oppositionslager aus der kemalistischen CHP, der linken, vor allem unter Kurden verankerten HDP sowie der MHP-Abspaltung IYI deutlich vorn. Regulär stehen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen erst 2023 an. Doch es hält sich das Gerücht, dass Erdogan zu vorgezogenen Neuwahlen greifen könnte, ehe sich die Situation noch weiter zu seinen Ungunsten verschiebt. Ein Maßnahmenbündel, das AKP und MHP in das nach einer zweimonatigen Coronapause am 2. Juni wieder eröffnete Parlament einbringen wollen, dient nach Ansicht der Opposition der Knebelung von Kritikern. So sollen Nutzer der sogenannten sozialen Netzwerke wie Facebook und Twitter zur Registrierung per Personalausweis gezwungen werden. Und eine Nachtwächtertruppe aus Zehntausenden AKP-nahen jungen Männern hat bereits Vollmachten als Hilfspolizei erhalten. Eine Kommission von Erdogans Partei arbeitet zudem an Wahlrechtsänderungen. Diese richten sich insbesondere gegen zwei neu gegründete rechtskonservative Parteien der AKP-Dissidenten Ahmet Davutoglu und Ali Babacan, die die Regierungsallianz entscheidende Prozentpunkte kosten könnten...“
  • „Türkische Luftangriffe auf Ziele im Nordirak“ von Thomas Pany am 15. Juni 2020 bei telepolis externer Link zum neuerlichen Bombenterror der türkischen Aggressions-Armee: „… Das andere Bild zum Geschehen kommt in Deutschland von Sevim Dagdelen, der außenpolitischen Expertin der Linken im Bundestag. Dagdelen wirft der Türkei vor, dass die Bombardements „Überlebende des IS-Terrors in jesidischen Dörfern der Sindschar und das kurdische Flüchtlingslager Machmur, in dem rund 12.000 Menschen unter dem Schutz des UNHCR leben“, angreifen. Es handle sich um einen völkerrechtswidrigen Akt der Aggression. Die Bundesregierung müsse das Vorgehen „in aller Schärfe verurteilen und erneute Massenvertreibungen durch Erdogans Truppen wie im Norden Syriens verhindern helfen“. Das Nachrichtenportal Rudaw, das der Regierung der Autonomen Region Kurdistan nahesteht, zitiert Augenzeugen, die von Einschlägen in unmittelbarer Nähe des Flüchtlingslagers Machmur (kurdisch: Mexmur), 50 oder 100 Meter entfernt, berichten. Von Verletzten wird nicht berichtet. Ob die Präzision dieser Angriffe in Einschüchterung und Angsteinjagen bestand? In dem Camp sollen sich 12.000 kurdische Flüchtlinge aufhalten, „die ihrer Verfolgung in der Türkei entflohen sind, meist in den 1990er Jahren“. Mehr zur Geschichte des Lagers, einer „26-jährigen Fluchtgeschichte“, aus kurdischer Sicht ist bei AFN-Deutsch zu lesen. Das Lager, so Rudaw, werde durch Einheiten bewacht, die Makhmour Protection Units, die 2014 als Reaktion auf Angriffe von IS-Milizen geschaffen wurden. „Diese Einheiten sollen Verbindungen zur PKK haben“, erklärt das Medium ganz im Sinne der türkischen Regierung, die bekanntlich auch der YPG den Terroristen-Stempel aufdrückt. Hinzugefügt wird an anderer Stelle, dass Verbündete der PKK in Sindschar niemals Angriffe auf die Türkei ausgeübt haben. Geht es nach Nadia Murad, einer Jesidin (auch: Esidin) aus dem Sindschar, die 2018 durch die Verleihung des Friedensnobelpreises der internationalen Öffentlichkeit bekannt wurde, haben türkische Kampflieger mehrere Orte im Sindschar angegriffen. Der Mount Sinjar sei nun eine Kriegszone, schreibt sie. Auch sie appelliert an die Internationale Gemeinschaft, um Sicherheitsfragen im Sindschar zu lösen. Der türkische Botschafter im Irak, Fatih Yildiz, ist von solchen zivilen „Sicherheitsfragen“ offensichtlich wenig angefochten; er twitterte, dass die „PKK“ nun zerstört werden müsse. Die Bombardierung fand zu einem Zeitpunkt statt, an dem die jesidische Gemeinde die Rückkehr von 200 Jesiden aus Flüchtlingslagern feierte. Vertreter der Jesiden werten dies als Teil eines türkischen Plans, die Rückkehr von Flüchtlingen zu erschweren, wie aus einem Bericht der Kurdistan News hervorgeht. Die nächtlichen Luftangriffe würden bezeugen, dass die Türkei „kein Interesse am Frieden in der Region“ habe. Sie soll Kriegszone bleiben, wird der Chefredakteur von Ezidi-Press zitiert. Laut deren Informationskanal auf Twitter ist bislang nichts über mögliche Verletzte bekannt...“
  • „Schweigende Kollaboration“ von Ronya Othmann am 16. Juni 2020 in der taz online externer Link zur „Deckung“ des türkischen Bombenterrors durch Brüssel und Berlin unter anderem: „… Wieder einmal bombardiert die Türkei kurdische Siedlungsgebiete außerhalb der Türkei (!!!) und hat einen Freifahrtschein dafür. Weder von Bagdad noch Europa gab es Widerspruch, wie immer. Auch die deutschen Nachrichten copy und pasten die türkische Kriegsnarrative. Wie man es von der Türkei kennt, rechtfertigt sie ihren Angriffskrieg mit ihren Kampf gegen die PKK. Die Türkei sagt immer PKK, wenn sie Kurd*innen meint. Das war schon in Afrin so, in Rojava und auch mit den unzähligen HDP-Abgeordneten, die die Türkei ins Gefängnis packte. Die Türkei hat Kurd*innen schon bombardiert, getötet und vergast, da gab es noch lange keine PKK. Diese Kriegsrhetorik dient der Türkei als Alibi, um in ihrem antikurdischen Rassismus weiterhin Kurd*innen zu töten. Das passiert nicht nur in der Türkei, sondern auch in Deutschland. Vor einigen Wochen hat ein Anhänger der Grauen Wölfe in Dortmund einen Kurden brutal zu Tode getreten. Außerdem sind Einschüchterung und Bespitzelung von Kurd*innen an der Tagesordnung. Die Türkei ist ein faschistisches Land, aufgebaut auf Genoziden und der Auslöschung von Minderheiten. In der Türkei gibt es keine Zukunft für Minderheiten. Und es gibt in diesem Land keine Zukunft für Kurd*innen. Der Faschismus in der Türkei ist nicht zu demokratisieren. Seit ihrer Staatsgründung kämpft die Türkei gegen Kurd*innen. Die Assimilation ist gescheitert, Friedensprozesse wurden abgebrochen, politische Partizipation wurde niedergeschmettert. Komplette Auslöschung ist keine Lösung des Konflikts. Eine Lösung des Konflikts wäre: eine Abspaltung der kurdischen Gebiete, um eigene demokratische Strukturen aufzubauen. Deutschland als Rechtsstaat muss auf Rechtsstaatlichkeit pochen. Anstatt dass Heiko Maas vertrauensvoll mit Çavuşoğlu über Tourismus plaudert, muss er Demokratie und die Einhaltung von Menschenrechten fordern. Deutschland hat durch sein Schweigen zu den völkerrechtswidrigen Angriffskriegen in der Vergangenheit grünes Licht für Erdoğan und seine neoosmanischen Großmachtfantasien gegeben...“
  • „Polizei verhindert Solidaritätskundgebung“ am 15. Juni 2020 bei de.indymedia externer Link zeigt mehr als deutlich, dass es keinesfalls bei „schweigender Rückendeckung“ für Erdogans Kriege bleibt, sondern aktiv teilgenommen wird – etwa in dem die (wie das auch immer gehen mag: „beleidigte“) Berliner Polizei Solidarität mit der Opposition in der Türkei unterbinden will: „… Anfänglich lag der Fokus auf der Repression gegen die revolutionäre Band „Grup Yorum“ deren Mitglieder zum Teil in der Türkei im Gefängnis eingesperrt sind, auf Terrorlisten stehen und nach denen per Kopfgeld gefahndet wird. Da auch die Rechtsanwälte der Band in der Türkei verfolgt werden und inhaftiert sind, ging es ebenso um die gefangenen Anwält*innen. In einem riesigen Prozess Ende 2018 gegen Mitglieder der „Anwaltskanzlei des Volkes“*1, wurden 17 von ihnen zu insgesamt 159 Jahren Haft verurteilt wovon elf in Haft sind. Auch war der 28-jährige Mustafa Koçak, der in einem auf auf den Aussagen eines Verräters basierenden Prozess zu lebenslänglicher Haft verurteilt wurde und für ein faires Gerichtsverfahren kämpfte, Inhalt der Kundgebungen. Was sie eint, ist der Kampf für Gerechtigkeit und gegen den Faschismus in der Türkei. Während dieses Kampfes für Gerechtigkeit sind in diesem Jahr zwei Mitglieder von Grup Yorum, Helin Bölek und Ibrahim Gökçek, sowie der politische Gefangene Mustafac Koçak im Todesfastenwiderstand gefallen. Nun befinden sich die Anwälte Ebru Timtik und Aytaç Ünsal und die politischen Gefangenen Didem Akman und Özgür Karakaya im Todesfastenwiderstand und führen ihren Kampf fort. Solange diese Kämpfe weiter gehen wird auch die Solidarität anhalten. Nicht nur in Berlin sondern in vielen Städten der Welt finden Aktionen zur Unterstützung der Gefangenen statt. (…) Zum siebenten Mal in Folge trafen sich um 15 Uhr solidarische Menschen, wie in den Wochen zuvor auch, die dem Thema mehr Gehör verschaffen wollten. Diesmal kam es anders, trotz offizieller Anmeldung und Genehmigung, entschied sich die Berliner Polizei, zunächst auf Anmelder und Teilnehmer zu warten um diesen dann vor Ort mitzuteilen, dass die Kundgebung abgesagt sei. Außer den Worten „Hier findet heute nichts statt“ kam nichts von der Polizei. Sie fuhr weg und die Menschen blieben ohne weitere Erklärung zurück. Die Art und Weise, dass eine Kundgebung erst an Ort und Stelle von Seiten der Polizei abgesagt wird, ohne ersichtlichen Grund, ohne Erklärung oder rechtlichen Hinweis, lässt verschiedene Spekulationen über die Intention dieser Handlung offen. Um nicht in die Falle dieser polizeilichen Provokation zu tappen fanden sich die Leute anschließend in einer anderen Form zusammen und tauschten sich über Solidaritätsarbeit, die Situation in der Türkei, in Deutschland und die Lage der Kämpfenden aus. Eins steht jedoch fest, wir lassen uns das Recht auf die Straße zu gehen nicht nehmen und wir werden nächsten Samstag wieder am Oranienplatz sein und unsere Solidarität zeigen. Hoch die Internationale Solidarität! – Wir sehen uns nächsten Samstag um 15 Uhr auf dem Oranienplatz in Kreuzberg
  • Siehe zuletzt am 10. Juni 2020: Neue Verhaftungswelle in der Türkei, Offensive des Regimes gegen die Frauenbewegung und ein neuer Schauprozess – all das stößt auf neuen Widerstand
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=174126
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