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Streiks (trotz Verbot) wegen Corona-Erkrankung in mehreren türkischen Unternehmen: Gewerkschaften erheben Forderungen nach Bezahlung, Entlassungsverbot und Sicherheit

Die Arbeiter einer Elektronikfirma in Kocaeli streiken nachdem der erste Kollege an Corona erkrankt ist: Das Streikverbot des Gouverneurs soll er sich sonstwo hin schieben„… Die Konföderation der Revolutionären Arbeitergewerkschaften (DISK), die Föderation der Beschäftigten im öffentlichen Dienst (KESK), die Anwalts- und Architektenkammer (TMMOB) und die Ärztekammer der Türkei (TTB) haben eine Erklärung mit sieben Forderungen zur Corona-Prävention veröffentlicht. Die Gewerkschaftsverbände und Berufskammern fordern die sofortige Schließung aller nicht lebensnotwendigen Arbeitsplätze und eine Ausgangssperre. Kleine Geschäfte müssen unterstützt werden und Werktätige bezahlten Urlaub erhalten. Arbeitslose müssen ohne Vorbedingung Arbeitslosengeld erhalten. Entlassungen müssen während der Pandemie verboten und Kredite und Schulden gestundet werden. Die Organisationen fordern weiter, dass die privaten Gesundheitseinrichtungen in dieser Zeit unter öffentliche Kontrolle gestellt und die Gesundheitsversorgung ohne jegliche Vorbedingung kostenlos gestellt werden muss. Die Pandemie darf nicht auf die leichte Schulter genommen werden, Tests müssen verbreitet durchgeführt und die Ergebnisse schnell bekannt gegeben werden. Die Beschäftigten im Gesundheitsbereich müssen umgehend mit der notwendigen Schutzausrüstung versorgt und regelmäßig getestet werden. Es müssen Gesetze umgesetzt werden, die benachteiligte Gruppen wie Arme, Migrant*innen oder Gefangene vor der Pandemie schützen...“ – aus der Meldung „Türkei: Kampagne der Gewerkschaften für Maßnahmen gegen Pandemie“ am 01. April 2020 bei der ANF externer Link, worin noch ergänzt wird, dass es für diesen Forderungskatalog eine Unterschriftensammlung gibt. Siehe dazu drei weitere aktuelle Beiträge zum „Umgang“ der AKP-Bande mit dem Virus und den Beschäftigten und deren Situation (etwa kurdischer Bauarbeiter in Istanbul) und zwei betriebliche Streikberichte – davon einer aus der Provinz, wo der Gouverneur versuchte, alles zu verbieten…

  • „Türkei: Bauarbeiter unter Druck“ am 02. April 2020 bei der ANF externer Link meldet aus Istanbul: „… Die Baugewerkschaft Dev-Yapı-İş gibt die Anzahl der Bauarbeiter in Istanbul mit 295.000 an und weist darauf hin, dass in der Stadt über 15.000 Arbeiter im Zuge der Coronakrise fristlos und ohne Abfindung entlassen worden sind. Nach Auftreten der Pandemie hätten sie noch tagelang ohne jegliche Schutzmaßnahmen weitergearbeitet und seien nach ihrer Entlassung massenweise mit Bussen in ihre weit entfernten Heimatorte geschickt worden. Einer der Bauarbeiter in Istanbul, der aus Sicherheitsgründen seinen Namen nicht nennen will, sagt: „Wenn ich einen Monat nicht arbeite, muss ich hungern. Die Baustellen sind unhygienisch und die Maßnahmen gegen Corona völlig unzureichend. Auf der Baustelle wird bei den Arbeitern nur Fieber gemessen.“ Ein anderer Bauarbeiter ist aus Wan nach Adapazarı in der Westtürkei gekommen, um dort zu arbeiten. Auch er will anonym bleiben. Er berichtet, dass täglich Dutzende Personen das Baugelände betreten und wieder verlassen, ohne kontrolliert zu werden: „Ich war zwei Monate bei der regierungsnahen Firma Cengiz İnşaat in Adapazarı. Hier arbeiten ungefähr neunzig Personen. Von den Arbeitern werden keine ärztlichen Atteste verlangt und es finden auch keine Gesundheitskontrollen statt. Der Ort, an dem wir gegessen haben, war in einem schlimmen Zustand. Die Zubereitung der Mahlzeiten war unhygienisch und das Essen stand offen herum. Obwohl nur Platz für drei Personen in den Schlafräumen ist, übernachten darin mindestens zehn Personen. Die Arbeiter werden nicht wertgeschätzt. Wenn es so weitergeht, werden sich Tausende Arbeiter hier im Westen mit dem Virus anstecken. Bei Cengiz İnşaat werden die Arbeiter ausgebeutet. Ich habe zwei Monate gearbeitet, aber mein Recht nicht bekommen. Nach zwei Monaten haben sie mir tausend Lira gegeben, das übrige Geld habe ich nicht bekommen. Das geht nicht nur mir so, die kurdischen Arbeiter hier werden alle ausgebeutet, niemand bekommt seinen vollen Lohn. Wer sich beschwert, wird entlassen. Ich habe vor drei Tagen mit der Arbeit aufgehört und bin zum Busbahnhof gegangen. Weil Fahrten zwischen den Städten verboten worden sind, hing ich zwei Tage am Busbahnhof fest.“ Die Baugewerkschaft Dev-Yapı-İş warnt davor, dass die die beengten Lebensbedingungen der Arbeiter auf den Baustellen eine hohe Ansteckungsgefahr aufweisen. Da die entlassenen Arbeiter ohne vorherige Virustestmöglichkeit in Bussen in ihre Heimatorte zurückgeschickt worden sind, droht eine unkontrollierte Ausbreitung des Virus...“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=169107
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