Polizeiliche Festnahmeoperation gegen (Vorstands)Mitglieder der türkischen Gesundheitsgewerkschaft SES

Dossier

„… Am Dienstagmorgen stürmte die türkische Polizei die Wohnungen vieler Mitglieder der Gewerkschaft der Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialwesen (SES) und nahm mehrere Personen fest. Die Polizeioperationen fanden in Istanbul, Ankara, Dersim und Wan (tr. Van) statt. Unter den Festgenommenen befindet sich die Ko-Vorsitzende der Gewerkschaft, Selma Atabey. Bei den übrigen Festgenommenen handelt es sich um die ehemaligen Ko-Vorsitzenden Gönül Erden und Bedriye Yorgun, um die ehemaligen SES-Exekutivkomiteemitglieder Fikret Çalağan und Belkız Yurtsever sowie die Gewerkschaftsmitglieder Rona Temelli, Ramazan Taş und Erdal Turan. Die Festgenommenen sollen nach Ankara, wo die Ermittlungen geführt werden, gebracht werden. (…) Die „echten” Gewerkschaften befinden sich permanent im Visier des Staates. Da die Gesundheitsgewerkschaft SES immer wieder auf das Versagen der Corona-Politik des AKP/MHP-Regimes hinweist, aber auch an der Spitze der Demokratiebewegung steht, werden ihre Mitglieder inhaftiert, bedroht und manchmal sogar getötet…“ Meldung vom 25. Mai 2021 von ANFNews , siehe dazu:

• Vor der Gerichtsverhandlung ab 2. Oktober gegen Vorsitzenden und Mitglieder der türkischen Gesundheitsgewerkschaft SES ruft EPSU zu Solidarität auf
  „Die Vorsitzenden und Mitglieder der Gewerkschaft SES werden nächste Woche wegen ihrer gewerkschaftlichen Aktivitäten vor Gericht stehen. Vor der nächsten Anhörung am 2. Oktober fordert der EPSU die Justizbehörden auf, alle Anklagen fallen zu lassen und ruft seine Mitglieder auf, sich mit dem SES zu solidarisieren.
  Was war geschehen?
  Im Mai 2021 organisierte die Polizei in der Morgendämmerung eine Razzia gegen die SES, die Gewerkschaft der Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialwesen der Türkiye. Daraufhin verhaftete ein schweres Strafgericht unsere Gewerkschaftskolleginnen und -kollegen, darunter die derzeitige und die ehemalige Ko-Vorsitzende Selma Atabey bzw. Gonul Erden. Der offizielle Vorwurf lautete Terrorismus, aber der wahre Grund für diese Verfolgung waren ihre Gewerkschaftsaktivitäten.
  Gonul Erden, die ehemalige Vorsitzende, wurde am 21. September 2021 ins Gefängnis gesteckt. Sie wurde bei der Anhörung in Anwesenheit von Jan Willem Goudriaan, EPSU-Generalsekretär, am 13. März 2023 freigelassen.
  Selma Atabey (die damalige Vorsitzende der Gewerkschaft und heutige Sekretärin) wurde am 5. Juli 2022 verhaftet und nach einer Anhörung fast ein Jahr später, am 6. Juni 2023, freigelassen. Françoise Geng, EPSU-Vizepräsidentin, war vor dem Gefängnis anwesend, um sie zu begrüßen.
  Neben EPSU-Führungskräften war auch eine internationale Delegation von GewerkschafterInnen vieler EPSU-Mitgliedsorganisationen bei den Anhörungen anwesend.
  Obwohl sich keine Gewerkschafterin im Gefängnis befindet, stehen einige unserer Kolleginnen und Kollegen immer noch unter Hausarrest. Auch die Anklagen sind nach wie vor aufrecht. SES-Mitglieder und -Führungskräfte sind ständig von Verhaftung bedroht.“ engl. Soliaufruf vom 21. September 2023 („EPSU calls for solidarity with Turkish unions“, maschinenübersetzt)
• Türkei: Ko-Vorsitzende der Gesundheitsgewerkschaft SES, Selma Atabey, inhaftiert, ihre Vorgängerin Gönül Erden immer noch im Gefängnis und die Anhörung verschoben 
  „Vor einem Jahr, im Mai 2021, wurden mehrere führende Vertreter der Gewerkschaft SES/KESK (öffentliches Gesundheits- und Sozialwesen) von den türkischen Behörden eine Woche lang verhaftet. Der vom türkischen Staat beschlossene und organisierte Prozess sollte in diesen Tagen stattfinden. Unter dem Deckmantel der „Propaganda und der Zugehörigkeit zu einer terroristischen Organisation“ will das Erdogan-Regime jede Opposition zum Schweigen bringen! Die Anhörung wurde auf den 3. Oktober verschoben, aber das Gericht erließ dennoch einen Haftbefehl gegen die SES-Ko-Vorsitzende Selma Atabey. Sie ist also inhaftiert. Die frühere Ko-Vorsitzende der Gewerkschaft, Gönül Erden, befindet sich seit September im Gefängnis. Die Mitgliedsorganisationen des International Labour Network of Solidarity and Struggles fordern die Freilassung dieser beiden GenossInnen und aller GewerkschafterInnen, die von den Machthabern in der Türkei inhaftiert wurden. Wir fordern die Freilassung aller politischen Gefangenen.“ engl. Meldung vom 4. Juli 2022 beim alternativen gewerkschaftlichen Netzwerk für Solidarität und Kampf (dem auch LabourNet Germany angehört), siehe auch:
  • Ko-Vorsitzende von Gesundheitsgewerkschaft inhaftiert
    „Die Ko-Vorsitzende der Gesundheitsgewerkschaft SES, Selma Atabey, ist in Ankara inhaftiert worden. Ihre Vorgängerin befindet sich weiterhin in Haft. Die Terrorverfahren gegen die renommierte Gewerkschaft laufen weiter. Die Ko-Vorsitzende der Gewerkschaft der Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialwesen (SES), Selma Atabey, wurde am zweiten Verhandlungstag ihres Verfahrens inhaftiert. Am 22. Schwurgerichtshof von Ankara wird gegen Atabey und ihre Vorgängerin Gönül Erden sowie gegen acht weitere Vorstandsmitglieder der Gesundheitsgewerkschaft wegen „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“, „Leitung einer Terrororganisation“ und „Propaganda für eine Terrororganisation“ verhandelt. An der Anhörung nahmen eine Delegation des Europäischen Gewerkschaftsverbands für den Öffentlichen Dienst (EGÖD), der HDP-Abgeordnete Necdet Ipekyüz, Vorstandsmitglieder des HDP-Provinzverbands Ankara, die Ko-Vorsitzenden und -Vertreter:innen der Konföderation der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes (KESK) und viele weitere Vertreter:innen der Zivilgesellschaft teil. Das Gericht beschloss die Fortsetzung der Inhaftierung der ehemaligen Ko-Vorsitzenden der SES Gönül Erdem und erließ einen Haftbefehl gegen Atabey. Die übrigen Angeklagten unterliegen weiter Meldeauflagen. Das Gericht vertagte sich auf den 3. Oktober. Nach der Anhörung versuchten die Teilnehmer:innen der Verhandlung, eine Presseerklärung vor dem Gerichtsgebäude abzugeben. Die Polizei griff die Anwesenden an. Die Teilnehmer:innen riefen demgegenüber Parolen wie: „Die Repression wird uns nicht einschüchtern!“…“ Meldung vom 5.7.2022 bei ANF 

• siehe auch Türkische Gewerkschaften in der Epidemie: Macht die Bedingungen nicht einfacher…