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Wer demonstriert gegen Tschechiens Regierungschef, der das Land wie (s)ein Privatunternehmen führt?

Es gab auch Linke bei der Prager Demo am 22.6.2019 - dieser hier fordern die Enteignung des Ministerpräsidenten„…Babiš halte sich nicht an die Spielregeln der Demokratie, konzentriere zu viel Macht in seinen Händen und beeinflusse die Justiz, erklärten die Organisatoren der Proteste. Ultimativ verlangten sie die Trennung Babiš von seiner Firma Agrofert und die Entlassung von Justizministerin Marie Benešová. Ansonsten würden die Demonstrationen im nächsten Jahr weiter gehen. „Es ist toll, dass die Leute ihre Meinung sagen können, ohne dass sie jemand verfolgt oder angreift“, kommentierte Babiš die Forderungen der Demonstranten. Das habe man doch vor dreißig Jahre gewollt. Die Dynamik der Anti-Babiš-Proteste hat auch nach der großen Demonstration vom Sommer und einer vierteljährlichen Pause nichts von ihrem Antrieb verloren. Schon im Juni hatten mehr als 250.000 Menschen einen bunten Anti-Babiš-Karneval gefeiert. Dass fünf Monate später erneut so viele Tschechinnen und Tschechen den Rücktritt des Regierungschefs fordern, zeugt davon, dass sie es ernst meinen. (…) Die Größe der Demonstration gegen Babiš kann nicht dar­über hinwegtäuschen, dass der der Korruption und des Subventionsbetrugs verdächtige Regierungschef im Land sehr beliebt ist. Wenn am kommenden Sonntag Wahlen wären, würden Babiš und seine ANO-Bewegung erneut stärkste politische Kraft werden, ist Umfragen zu entnehmen...“ – aus dem Beitrag „Demos gegen Andrej Babiš“ von Alexandra Mostyn am 17. November 2019 in der taz externer Link zu den erneuerten Protesten gegen den regierenden Oligarchen, die bestenfalls „aus unterschiedlichen politischen Strömungen“ gespeist werden. Siehe dazu auch einen weiteren aktuellen Beitrag mit Informationen zu den Organisatoren der aktuellen Proteste

  • „Massenproteste gegen Regierung in Prag“ von Markus Salzmann am 18. November 2019 bei wsws externer Link hebt zum Hintergrund der aktuellen Proteste hervor: „…Gerade in der Tschechoslowakei fand der Ausverkauf der öffentlichen Unternehmen Anfang der 1990er Jahre sehr schnell statt. Die Demokratische Bürgerpartei (ODS) und die Sozialdemokraten (CSSD) regierten in verschiedenen Varianten und mit verschiedenen Koalitionspartnern. Dabei war die Politik immer dieselbe. Im Interesse der tschechischen und europäischen Elite wurde ein Sparpaket nach dem anderen aufgelegt, die Militarisierung vorangetrieben und abstoßende Hetze gegen Flüchtlinge und Ausländer betrieben. Die großen Parteien erlebten einen rasanten Absturz. Die ODS errang bei der letzten Wahl 2017 nur noch elf, die CSSD nur noch sieben Prozent. Davon konnte Babiš profitieren, der sich als Alternative zu den etablierten Parteien darstellte. ANO gewann 2017 mit über 30 Prozent der Stimmen. Heute ist das rechte Lager zersplittert, und die CSSD ist in sich heftig bekämpfende Lager gespalten. Sie leidet unter einem starken Mitgliederschwund und könnte bei den nächsten Wahlen den Einzug ins Parlament verpassen. Die Proteste gegen Babiš sind ein Ausdruck der Wut gegen das gesamte politische Establishment, das in den letzten 30 Jahren das Land führte. Entgegen den Darstellungen, Tschechien sei von niedriger Arbeitslosigkeit und Wirtschaftswachstum gekennzeichnet, sieht die Realität für die einfache Bevölkerung anders aus. Eine jüngst veröffentlichte Umfrage kommt zu dem Ergebnis, dass 38 Prozent der über 40-Jährigen denken, dass ihr Leben vor 1989 besser war. Bei einfachen Arbeitern sind es sogar 52 Prozent. Die Organisatoren der Proteste haben mit der breiten Masse der Bevölkerung nichts gemein. Angesichts der Massenproteste in zahlreichen anderen Ländern und der Wut gegen sämtliche Parteien, versuchen sie die Proteste zu kanalisieren und in reaktionäre Bahnen zu lenken. In den letzten Monaten war es gerade in Osteuropa immer wieder zu Streiks und Protesten gekommen, die den Unmut breiter Bevölkerungsschichten deutlich machten – so in Polen, Serbien und Albanien. Die Hauptinitiatoren der Bewegung „Eine Millionen Momente für Demokratie“ stehen liberalen und konservativen pro-EU-Kräften nahe und wollen die Regierung zu einer stärker proeuropäischen Politik zwingen. „Wir machen keine weitere Revolution oder so etwas – wir versuchen tatsächlich, das zu bewahren, was 1989 erreicht wurde“, erklärte beispielsweise einer der Initiatoren, Benjamin Roll. Aus ihrer Sicht läuft die Korruption der gegenwärtigen Regierung den Interessen der EU zuwider. Angeführt wird die Bewegung von dem Theologiestudenten Mikuláš Minář. Erklärtes Ziel ist es, sich so gut als möglich von den Parteien zu distanzieren. Das dies nur Augenwischerei ist, machte jedoch ein Treffen zwischen Vertretern der Bewegung und führenden Politikern der rechten Oppositionsparteien deutlich, von dem die Frankfurter Allgemeine berichtete. Während einige rechte und liberale Parteien die Proteste unterstützen, stehen Gewerkschaften, Sozialdemokraten und Stalinisten ihnen feindlich gegenüber. Besonders die KSCM knüpft an die Tradition der stalinistischen Staatspartei an, die jede Regung der Bevölkerung unterdrückt hat. Nach den Protesten im Sommer hatte das Zentralkomitee der Partei eine Erklärung verabschiedet, die ausdrücklich Babiš‘ ANO unterstützte und deren rechte Agenda lobte. Proteste gegen die Regierung bezeichnete sie als „Destabilisierung der Tschechischen Republik“ und warnte vor dem Einfluss von „ausländischen Machtzirkeln“ und einem möglichen „Staatsstreich im Interesse rechter Machteliten“...“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=172643
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