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GewerkschafterInnen aus der Türkei (im Exil) erklären ihre Solidarität mit Afrin. Bundesdeutsche Polizei verhindert sie – jetzt überall
Köln, Duisburg, Hannover – überall hier wurden am Samstag, 10. Februar 2018 Demonstrationen gegen den Krieg der türkischen Regierung in Nordsyrien untersagt, verboten, behindert, verhindert. Keineswegs zum ersten Mal, wie verschiedentlich berichtet, beispielsweise schon einmal aus Köln und auch aus Dortmund. Diese konsequente und andauernde Aussetzung des Demonstrationsrechts in der BRD durch die Polizei geschieht in Unterstützung eines (keineswegs besonders erfolgreichen, vielleicht deshalb?) militärischen Überfalls, der weltweit auf wachsende Kritik stößt. Und in Konfrontation mit allen Stimmen aus der Türkei, die sich gegen diesen Krieg richten – wie jetzt auch jener Aufruf von GewerkschafterInnen aus der Türkei, die in die BRD flüchten mussten vor dem reaktionären Regime der AKP. Siehe dazu die Solidaritätserklärung der GewerkschafterInnen, drei Berichte über Demonstrationsverbote und zwei Hintergrundbeiträge zum Krieg in Nordsyrien:
„Gewerkschaftler im Exil bekunden Solidarität mit Afrin“ am 07. Februar 2018 bei Civaka Azad ist die Dokumentation der Solidaritätserklärung türkischer GewerkschafterInnen im BRD-Exil (unter ihnen besonders viele der Bildungsgewerkschaft Egitim-Sen), in der es unter anderem heißt: „Wie wir wissen, hat sich die Türkei in den vergangenen Jahren unter der Herrschaft des Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan und ganz besonders im Ausgang der Parlamentswahlen von 2015 rasant und zusehends zu einer Autokratie entwickelt. Hierunter leiden nicht nur die Kurden, die auch innerhalb der Türkei brutalsten Angriffen ausgesetzt sind, sondern auch andere Minderheiten, ArbeiterInnen und Intellektuelle, die sich für Frieden und Freiheit aussprechen. Um seine Macht weiter auszubauen greifen die Streitkräfte Erdoğans nun diesen letzten Ort des friedlichen Zusammenlebens in Afrin an, besetzen und ihn und überziehen ihn ebenso mit der Hölle des Krieges. Dies ist ein schwerer Angriff nicht nur gegen die Bevölkerung von Afrin, sondern auf jegliche Friedensbestrebungen in dieser Region. Die Menschen in dieser Region, vor allem die Kurden, führen einen entschieden Kampf gegen den IS und die brutale Finsternis, die dieser zu erschaffen versuchte, und sie werden nicht aufgeben. Die Kämpfe um Kobane und Rakka sind nur zwei Beispiele für diesen außerordentlichen Widerstand. Tausende jungen Menschen haben dabei ihr Leben gelassen und riskieren täglich ihr Leben aufs Neue. Besonders der bemerkenswerte Widerstand der kurdischen Frauen ist ohne Zweifel für viele Menschen weltweit eine Quelle der Hoffnung. Die erhebliche Bedeutung des Kampfes der Kurden für den militärischen Niedergang des IS im Nahen Osten, durch den die Länder der Welt wieder aufatmen können, darf nicht geleugnet werden. Auch die Länder Europas stehen den tausenden kurdischen jungen Menschen, die auch für sie im Krieg gegen den IS gefallen sind, gegenüber in der Pflicht. Daher hat die internationale Gemeinschaft eine moralische Verantwortung, die syrische Bevölkerung, vor allem die Kurden und ihre Verteidigungskräfte, gegen diesen völkerrechtwidrigen Angriff der Türkei zu unterstützen. Dieser Angriff muss sofort gestoppt werden, damit in Syrien endlich wieder Frieden herrscht und sich eine demokratische Regierung formen kann“.
„Polizei verbietet Kurden-Demo in Köln“ am 10. Februar 2018 im WDR ist die Meldung vom Tage, die unter anderem besagt: „Eine für Samstag (10.02.2018) in Köln geplante und verbotene Demonstration von Kurden fand nicht statt. Als Ersatz wollten Kurden spontan in Duisburg demonstrieren. Aber die Polizei löste die nicht genehmigte Kundgebung auf. Kölns Polizeipräsident Uwe Jacobs hatte am Freitag (09.02.2018) die Veranstaltung verboten. Durch die Proteste sei die öffentliche Sicherheit in der Kölner Innenstadt bedroht, hieß es zur Begründung. (…) Der kurdische Dachverband NAV-DEM wollte zwischen 13 und 17 Uhr mit einer Kundgebung auf dem Ebertplatz starten und zum Roncalliplatz ziehen. Die Anmelder verzichteten am Samstag offenbar auf einen Einspruch vor dem Verwaltungsgericht – damit sind die Pläne endgültig hinfällig“
„Polizei löst Kurden-Demo am Duisburger Hauptbahnhof auf“ am 10. Februar 2018 in der WAZ vermeldet aus dem Polizeibericht: „250 Kurden haben sich am Samstag am Duisburger Hauptbahnhof versammelt, um zu demonstrieren. Die Polizei hat die Veranstaltung nach eigenen Angaben aufgelöst, weil die Demonstration nicht angemeldet war. Zuvor war eine geplante Kurden-Demonstration in Köln verboten worden. Die Polizei war mit mehreren Hundertschaften vor Ort. Nach der Durchsage, dass die Veranstaltung beendet werde, kam es zu vereinzelten Rangeleien, wie die Polizei mitteilt. Die Beamten stellten 60 verbotene Fahnen sowie ein Transparent sicher und schrieb Anzeigen wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz“.
„Polizei greift Sternmarsch für Efrîn an“ am 10. Februar 2018 bei der ANF ist die Meldung über die Polizeiaktionen gegen den Sternmarsch in Hannover, unter anderem mit der üblichen Begründung:„Die Versammlung wurde mit einer Begrüßungsrede und einer anschließenden Schweigeminute für die Gefallenen eröffnet. Mit einem Transparent wurde auf die Isolationshaftbedingungen von Abdullah Öcalan, dem Repräsentanten der kurdischen Freiheitsbewegung, aufmerksam gemacht und seine Freilassung gefordert. Einige Aktivist*innen trugen schwarze Stirnbänder mit einem grün-rot-gelben Schriftzug „Öcalan“. Parolen wie „Terrorist Erdogan“, „Deutsche Panzer raus aus Kurdistan“, „Freiheit für Öcalan – Frieden in Kurdistan“ sowie „Stoppt den Krieg in Efrîn“ waren von mehreren Straßen aus zu hören. Die Polizei griff die Aktivist*innen an und beschlagnahmte das Transparent mit der Aufschrift „Freiheit für Öcalan“ sowie die Stirnbänder. Die Versammlung blieb trotz des Polizeiübergriffs friedlich. Aufgrund der Polizeischikanen verzögerte sich der Abmarsch jedoch um eine knappe Stunde“.
„Landgewinne im Krieg nach Innen“ von Yücel Özdemir am 10. Februar 2018 in neues deutschland bewertet die Entwicklung in der Türkei so: „In diesen drei Wochen hieß es immer, in ein paar Tagen werde Afrin eingenommen sein. Allerdings konnten die türkische Armee und ihre Verbündeten sich ihrem Ziel bis heute nicht nähern. Und die Chancen eines Erfolges nehmen mit fortschreitender Zeit ab. Deshalb wird nicht damit gerechnet, dass Erdoğan in diesem Krieg nach außen kurzfristig Land gewinnen wird. Doch beim Krieg im Inneren wurde bereits viel Land gewonnen. Erdoğan fügte dem Bündnis, das er über das gemeinsame kurdische Feindbild für diesen Krieg zu schmieden im Stande war, neue Partner hinzu. Vor einer Woche erklärte die Vorsitzende der nationalistischen IYI Partei, Meral Akşener, die in den vergangenen Monaten auch als »die Frau, die an Erdoğans Thron sägt«, bezeichnet wurde, dass der Krieg nicht auf Afrin beschränkt bleiben solle und beteuerte dem Staatspräsidenten uneingeschränkte Rückendeckung. Auch Atatürks Partei, die CHP, hat ihre Position beibehalten und unterstützt weiterhin den Krieg. Kemal Kılıçdaroğlu wurde am vergangenen Wochenende auf dem CHP-Kongress als Vorsitzender wiedergewählt. Das bedeutet, dass sich kurzfristig an der Ausrichtung der Partei nichts ändern wird. Unter diesen Umständen hat sich erneut gezeigt, dass es Kurden, Aleviten, links-sozialistische Parteien und demokratisch orientierte Muslime sind, die Erdoğan die Stirn bieten. Mit allen Mitteln wird versucht, diese Stimmen mundtot zu machen“.
„»Der Widerstand hier wird weitergehen«“ am 10. Februar 2018 in der jungen welt ist ein Gespräch von Peter Schaber mit Siya Nebi vom Information Center of Afrin Resistance (ICAR), in dem sie unter anderem unterstreicht: „Wir haben hier ständig Kontakt mit der Zivilbevölkerung. Die Stimmung unter den Menschen ist sehr kämpferisch. Vor allem in Afrin-Stadt geht das normale Leben fast ungebrochen weiter. Ein Unterschied ist, dass einige Familien mehr hier sind, nämlich die aus jenen Dörfern, die ständig bombardiert werden und in denen man nicht bleiben kann. Es gibt in Afrin auch keine Panik. Die Bevölkerung ist gut organisiert und verfolgt natürlich, was passiert. Schon deshalb, weil ja aus beinahe jeder Familie Verwandte an der Front kämpfen. Aber natürlich hat der Krieg auch Auswirkungen auf das zivile Leben. Die Schulen mussten geschlossen werden. Die Kinder beschweren sich zwar darüber, aber sogar sie sind in der Lage, die Situation zu verstehen. Die Familien reagieren darauf, indem sie in den Kommunen oder in den eigenen Häusern den Unterricht der Kinder fortsetzen.mDie Solidarität unter den Menschen Syriens ist auch hervorzuheben. In den vergangenen Wochen sind von überallher Kurden, Assyrer, Araber gekommen: Aus Kobani und Derik, aus Manbidsch und Rakka. Auch das hat eine große Wirkung auf die lokale Bevölkerung“.
- Siehe dazu zuletzt: „Die Kritik am militärischen Überfall der Türkei auf Nordsyrien wächst weiter – die (gewerkschaftliche) Solidarität mit den Überfallenen auch“ am 09. Februar 2018 im LabourNet Germany