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Demonstrationen gegen den Krieg der Türkei gegen Nordsyrien werden verhindert: Polizeiaufgebote von Ankara bis Dortmund
Während in der Türkei weiterhin überraschende Demonstrationen gegen den Krieg organisiert werden, um ihrer Unterdrückung zu entgehen, wird auch im Kriegspartnerland BRD alles getan, um den Protest gegen denselben Krieg zu unterbinden. Wie schon vor einer Woche bei der zentralen Demonstration in Köln, so wurden auch am 3. Februar 2018 in verschiedenen bundesdeutschen Städten angemeldete Demonstrationen mit zahllosen Auflagen überzogen (frei nach dem Motto: „Über die Demonstrationsfreiheit entscheidet die Polizei“) oder aber, wie in Dortmund, gleich untersagt und gerade noch eine Kundgebung polizeilich erlaubt. Derweil bekannt wird, dass aus der BRD noch wenige Tage vor dem Kriegsbeginn Waffen an die Türkei geliefert wurden, ganz entgegen früherer Behauptungen der Bundesregierung. „Tausende für Efrîn auf der Straße“ am 03. Februar 2018 bei der ANF gibt einen ersten Überblick über die zahlreichen Demonstrationen vom Tage, wobei in Städten wie Marseille, Paris, Athen, Genf, Zug, St. Gallen, Basel und Wien keine Einschränkungen berichtet werden. Ausdrücklich darin zu Berlin: „In Berlin gingen gestern erneut etwa 1.000 Menschen in Solidarität mit dem Widerstand von Efrîn auf die Straße. Die Menschen zogen in den frühen Abendstunden vom Brandenburger Tor durch das Regierungsviertel bis zum Alexanderplatz und ließen den Widerstand gegen die Angriffe des AKP-Regimes hochleben. Fahnen der YPG/YPJ waren erlaubt“ – was im Kontrast zum Vorgehen in Dortmund (und Hamburg) erneut deutlich macht, dass Demonstrationsfreiheit von der Polizei entschieden wird. Siehe dazu fünf weitere aktuelle Beiträge, einen Offenen Brief an die Bundesregierung, eine Nachbetrachtung zur Kölner Demo und eine Meldung von der syrisch-türkischen Grenze: Grenzschützer sollen auf Flüchtlinge geschossen haben…
„Kurdendemo am Hauptbahnhof verlief friedlich“ von Gaby Kolle am 03. Februar 2018 in den Ruhr Nachrichten weiß über die von der Dortmunder Polizei auf eine Kundgebung reduzierte Demonstration zu berichten: „Nach den Auflagen der Polizei für die Demonstration durften keine Flaggen, Abzeichen oder Transparente gezeigt werden, auf denen der inhaftierte Kurdenführer Abdullah Öcalan zu sehen gewesen wäre. (…) Zudem durften keine Fahnen, Puppen oder Bilder und Symbole von Staaten oder Religionen verbrannt werden. Auch Pyrotechnik war untersagt. Die Demonstranten hielten sich weitestgehend daran. Ein Kurde musste seine Weste ausziehen, weil sie ein verbotenes Abzeichen zeigte. Die Polizei nahm nach Beobachtungen unseres Fotografen Oliver Schaper die Personalien des Mannes auf. Auch einige Fahnen wurden von der Polizei eingesammelt. (…) Auch wenn es sich aus Sicherheitsgründen nur um eine Standkundgebung handelte, hatte die Polizei neuralgische Kreuzungen in der Nordstadt gesperrt. Es kam dadurch zu Verkehrsbeeinträchtigungen“. Keine Aufrechnung: Also soll hier nicht an polizeigeschützte Nazidemos in Dortmund erinnert werden, auf denen die Reichskriegsflagge ausführlich und vielfach gezeigt wurde. Stattdessen: Genau hinschauen, lesen. Das Verbotspotenzial gegen das Demonstrationsrecht, das sich die Polizei zusammengestellt hat, reicht bis zu persönlichen Gegenständen wie etwa „Abzeichen“ – an Jacken, was im Normalton berichtet wird. Gilt vermutlich in der Dortmunder Fußgängerzone für Träger – beispielsweise – von Benneton-Abzeichen nicht, obwohl im Süden Argentiniens eindeutig terroristisch tätig….
„Cops Banned #DefendAfrin Demo in #Dortmund #Germany“ am 04. Februar 2018 bei Enough is Enough ist ein Bericht über den Dortmunder Polizeieinsatz gegen das Demonstrationsrecht aus gänzlich anderer Perspektive, versteht sich, aber auch als ein Beleg dafür, wie dieses Vorgehen – auch auf vielen anderen Webseiten – Dortmund international bekannt macht.
„Cops Remove Solidarity with #Afrin Banner, #YPJ and #YPG Flags at Rote Flora in #Hamburg“ am 02. Februar 2018 ebenfalls bei Enough is Enough ist ein kurzer Bericht aus Hamburg – über die polizeiliche Entfernung von Solidaritätsbannern von der Roten Flora…
„Aufschrei für Afrin“ von Nick Brauns am 05. Februar 2018 in der jungen welt zu den weltweiten Protestaktionen am Wochenende – auch in Afrin selbst, wo keineswegs „nur“ KurdInnen protestierten: „Anlässlich eines internationalen Solidaritätstages für Afrin sind am Wochenende in vielen Städten Europas, aber auch in Amerika und Asien, Tausende Menschen gegen die Invasion der Türkei gegen den Distrikt im Norden Syriens auf die Straße gegangen. In Deutschland fanden Protestkundgebungen in mindestens 17 Städten statt, die größte mit nach Polizeiangaben mehr als 5.000 Teilnehmern am Sonnabend in Stuttgart und am Sonntag in Berlin. Auch im Zentrum von Afrin selbst demonstrierten am Sonntag Zehntausende Menschen. »Wir werden den Besatzungsangriffen des türkischen Staates und seiner Söldner durch den Willen der Bevölkerung eine Niederlage zufügen«, hieß es dort. Aus anderen Teilen der Demokratischen Föderation Nordsyrien brachen Tausende Freiwillige an die Front auf, darunter Kämpfer des »Militärrates der christlichen Assyrer« aus Kamischli“.
„Regierung genehmigte bis zuletzt Waffenexporte in die Türkei“ von Matthias Gebauer, Christoph Schult und Gerald Traufetter am 02. Februar 2018 in Spiegel Online berichtet über die Tätigkeit der Bundesregierung: „Die Bundesregierung bewilligte noch bis in den vergangenen Monat umfangreiche Rüstungsexporte in die Türkei. Das geht aus der Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums an den Linken-Abgeordneten Stefan Liebich hervor, die dem SPIEGEL vorliegt. Demnach genehmigte Berlin zwischen dem 31. Juli vergangenen Jahres und dem 15. Januar dieses Jahres die Ausfuhr von Kriegsgerät im Wert von insgesamt knapp 14 Millionen Euro. Größter Einzelposten war Material für militärisches Fluggerät in Höhe von 3,8 Millionen Euro sowie Landfahrzeuge im Wert von fast drei Millionen Euro. In ihrer Antwort blieb die Bundesregierung eine genaue Angabe schuldig, um was es sich dabei handelt, eventuell verbergen sich darunter auch Motoren für Panzer, deren Export die Regierung bereits eingeräumt hat. Offensichtlich gehören auch Kleinwaffen beziehungsweise Munition zu den bewilligten Gütern, auch aus der Kategorie Bomben, Raketen und Flugkörper wurde der Export im Wert von einer Million Euro genehmigt. (…) Die Zahlen sprechen eine etwas andere Sprache als das, was die Bundesregierung nach einer Verhaftungswelle im Sommer als „Neuausrichtung der Türkei-Politik“ bekannt gegeben hatte. Dazu gehörte nach den Worten von Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) auch eine restriktive Rüstungsexportpolitik. Zwar ist das Volumen in der Tat geringer als im gleichen Zeitraum des Vorjahres, allerdings ist es immer noch stattlich. Und insbesondere die Art der exportierten Rüstungsgüter überrascht. Es handelt sich um Material, das in einem Kriegseinsatz, wie die Türkei ihn gerade in Nordsyrien ausführt, oder auch beim Vorgehen gegen Oppositionelle oder Minderheiten verwendbar sein dürfte“.
„Im Zweifel für Erdoğan“ von Stefan Laurin am 01. Februar 2018 in der jungle world ist eine Nachbetrachtung zur Kölner Demonstration am Samstag zuvor, die von der Polizei aufgelöst worden war. Darin heißt es zu den berüchtigten Symbol-Verboten unter anderem: „Keinerlei Aggression war unter den fast 20 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu spüren. Sie verhielten sich gänzlich anders, als die von der Polizei zum Teil offen geäußerten, zum Teil gestreuten Prophezeiungen hatten erwarten lassen. Von befürchteten Ausschreitungen im von vielen Türken bewohnten Stadtviertel Eigelstein war die Rede. Journalisten war nahegelegt worden, zur Berichterstattung einen Helm mitzunehmen. Für die Polizeikräfte aus Nordrhein-Westfalen wurde Unterstützung aus Niedersachsen und Hessen herbeigeholt. Ein Schreckensszenario hatte die Kölner Polizei an die Wand gemalt und Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU), vor Amtsantritt im vergangenen Sommer in Fragen der Innenpolitik ein Laie, hatte eine Null-Toleranz-Strategie für den Fall angekündigt, dass Fahnen mit dem Konterfei des inhaftierten ehemaligen PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan gezeigt würden. Diese zu zeigen, ist nicht seit dem Verbot der PKK im Jahr 1993 untersagt, sondern erst seit einem guten Jahr. Der Jungle-World Mitherausgeber und Welt-Türkei-Korrespondent Deniz Yücel saß zu diesem Zeitpunkt bereits unter fadenscheinigen Vorwürfen in Haft und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan warf der Bundesregierung Nazi-Methoden vor, weil sie seinen Referendumswahlkampf in Deutschland behinderte“.
„Offener Brief zu Afrin“ am 02. Februar 2018 auf einer eigenen Webseite dokumentiert, ist die Stellungnahme von 91 Kulturschaffenden, Wissenschaftler_innen und Künstler_innen an die Bundesregierung, in dem es unter anderem heißt: „Insbesondere im Kanton Afrin halten sich zudem mehrere hunderttausend Flüchtlinge auf, die dort einen sicheren Hafen vor den Grauen des syrischen Bürgerkrieges gefunden haben. „Fluchtursachen bekämpfen“ würde bedeuten, sich dafür einzusetzen, dass diese sicheren Häfen sicher bleiben. Stattdessen sind die Menschen dort jetzt wieder kriegerischer Gewalt ausgesetzt. Ob dabei deutsche Militärtechnologie zum Einsatz kommt oder andere, wird den Menschen, die der Gewalt und dem Sterben ausgesetzt sind, egal sein. Ihnen sollte es nicht gleichgültig sein. Uns ist bewusst, dass das deutsch-türkische Verhältnis seit geraumer Zeit auf einem Tiefpunkt angekommen ist. Gleichzeitig wissen wir, dass die deutsche Regierung im Versuch, die Flucht von Menschen aus den arabischen Krisenregionen nach Deutschland einzudämmen, auf die Türkei gesetzt hat und weiterhin setzt. Es ist ganz offensichtlich, dass Recep Tayyip Erdogan und seine Regierung das als Freibrief verstehen, ihre politischen Gegner zu entrechten, Minderheiten im Land zu unterdrücken – und nun auch offen einen Krieg gegen die Kurden in Syrien zu führen“.
„Grenzschützer sollen auf Flüchtlinge geschossen haben“ am 03. Februar 2018 bei Zeit Online ist eine Meldung darüber, wie die bewaffneten Truppen der Türkei sich gegenüber den in dem offenen Brief angesprochenen Flüchtlingen verhalten: „Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch beschuldigt das türkische Militär, im Grenzgebiet auf syrische Flüchtlinge zu schießen. „Syrer, die auf der Suche nach Sicherheit und Asyl zur türkischen Grenze fliehen, werden mit Kugeln und Beschimpfungen zur Umkehr gezwungen“, wird die stellvertretende Direktorin für die Region Naher Osten, Lama Fakih, auf der Internetseite der Organisation zitiert. Während die Kämpfe in Idlib und Afrin Tausende Menschen vertrieben, „dürfte die Zahl der Syrer weiter wachsen, die an der Grenze in der Falle sitzen und bereit sind, ihr Leben auf’s Spiel zu setzen, um in die Türkei zu gelangen“, so Fakih weiter‘“.