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Rentnerinnen und Rentner in Spanien: Trotz Drohungen mit dem Maulkorbgesetz hören die Proteste nicht auf – im Gegenteil…

Die größte aller Rentendemos im Februar 2018 - 40.000 in BilbaoSie haben die Nase voll davon, dass Spaniens Wirtschaft auf ihre Kosten saniert wird. Weder starker Regen noch Kälte oder Schnee halten sie davon ab, ihrem Unmut in mehr als 40 Städten in ganz Spanien lautstark kundzutun. Erstmals seit Jahren organisieren sich Rentner und Rentnerinnen wieder, um gegen niedrige Renten zu protestieren. Unterstützt werden die Proteste von den großen sozialistischen und kommunistischen Gewerkschaftsverbänden UGT und CCOO sowie der linken Partei »Unidos Podemos« und der sozialdemokratischen Partei PSOE. »Hände hoch, das ist ein Überfall« war ursprünglich ein Slogan der »15M«-Bewegung gegen die Austeritätspolitik. Jetzt skandieren ihn Abertausende Rentner, die gegen die rechtskonservative Regierung unter Ministerpräsident Mariano Rajoy (Partido Popular, PP) demonstrieren. Der PP hat damit weiteren Ärger, neben dem Konflikt um die Unabhängigkeit Kataloniens und dem Erstarken der immer rechtspopulistischer agierenden Partei Ciudadanos (Bürger). Demonstrationen im ganzen Land fanden am 22. Februar und am 1. März statt, die größte am 22. Februar mit über 35 000 Personen in Bilbao. Medien tauften die Protestwelle prompt die »graue Flut« (»Marea gris«); als »grüne Flut« gelten Proteste im Bildungs-, als »weiße Flut« jene im Gesundheitsbereich. Am 15. März, dem »15P« (»P« für pensionistas), soll sie ihren vorläufigen Höhepunkt erreichen. »Würdevolle Rentenzahlungen« ist die Hauptforderung und groß die Wut über die nur symbolische Anhebung der Rentenbezüge zum Jahreswechsel um 0,25 Prozent für das Jahr 2018. Diese gilt auch für Berufsunfähigkeits-, Witwen- und Waisenrenten. Angesichts der Inflationsrate – 2017 lag sie bei zwei Prozent – stellt das einen weiteren Verlust der Kaufkraft dar“ – aus dem Beitrag „Die »graue Flut« der Rentenprotest“ von Jan Marot am 07. März 2018 in der jungle world externer Link, worin vor allem die Stimmungslage der Betroffenen wohl zutreffend geschildert wird. Siehe zu Differenzierungen in der Unterstützerszene und den Versuchen der Rechten, dem Protest mit Repression zu begegnen, vier weitere aktuelle Beiträge – sowie einen Hintergrundbeitrag:

  • „La lucha por las pensiones dignas lanza a los jubilados a la calle“ von Sara Montero am 17. Februar 2018 bei rebelion.org externer Link dokumentiert (ursprünglich in Cuarto Poder) ist ein Beitrag, der 70-jährige AktivistInnen zu Wort kommen lässt und ihre Reaktion auf die „Rentenerhöhung“ von 0,25% deutlich macht, wie sie Rajoy&Co (natürlich waschechte Demokraten, die eben nur keine Kohle mehr haben, weil sie die schon den Banken geben mussten) diktieren wollen. Ein Sprecher der traditionellen Interessensvertretung Unión Democrática de Pensionistas y Jubilados de España (UDP) kommt darin ebenfalls zu Wort: Über eine Regierung, die plötzlich entdeckt habe, dass die jungen Menschen zu wenig verdienen. Und jetzt versucht, dies als Keil zu nutzen, gegen die „gierigen Rentner“.
  • „Jubilados y jubiladas manifestantes podrían enfrentarse a multas de 30.000 euros por la ‘Ley Mordaza’?“ am 24. Februar 2018 bei kaosenlared externer Link ist der Kommentar über eine Debatte um eine mögliche Strafe für demonstrierende RentnerInnen. Das sogenannte „Sicherheitsgesetz für Bürger“ von den extrem zahlreichen KritikerInnen Maulkorb-Gesetz genannt (Ley Mordaza), sieht folgenden Schutz für ganz besondere BürgerInnen vor: Wer vor dem Parlament demonstriert, kann mit Geldstrafen bis zu 30.000 Euro belegt werden. Und zwar dann, wie man es von einem solchen demokratischen EU-Gesetz erwarten kann, wenn eben gerade kein strafrechtliches Vergehen vorliegt. (Ein Protest der chinesischen Menschenrechtskommission gegen diese Gesinnungsjustiz wurde bisher nicht bekannt – so wenig, wie eine Gesetzesänderung nach dem Verlust der absoluten PP-Mehrheit, einst nicht nur von Sozialdemokraten angekündigt).
  • „La lucha pensionista y la huelga feminista dejan en evidencia a CCOO y UGT“ am 10. März 2018 bei kaosenlared externer Link ist die kommentierte Dokumentation dreier Artikel aus dem Medien-Mainstream, die sowohl nach dem Frauen-Streiktag 8. März, als auch nach dem Rentnerprotest am 22. Februar die Trennung der „traditionellen Gewerkschaften“ (wie sie die beiden Verbände CCOO und UGT bezeichnen) von diesen Bewegungen entweder kritisieren oder beklagen – bei den Rentnerprotesten waren sie mit eigenen Demonstrationen im Zahlenvergleich der Mobilisierungsfähigkeit krachend gescheitert, am Frauenstreiktag kamen sie, nachdem die Netzwerke ein Jahr an der Vorbereitung gearbeitet hatten, mit einem späten 2-Stunden-Streikaufruf heraus…
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=129171
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