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Baskische Gewerkschaft LAB gegen die spanische Regierung, gegen die baskische Oligarchie – und gegen die staatstragenden Gewerkschaften
„Am 17. Juni 2015 kam der griechische Parlamentsausschuss, der sich mit der öffentlichen Verschuldung befasste, zu dem Schluss, dass diese Schulden „illegal, illegitim und abscheulich“ seien, und Athen die seit 2010 erhaltenen Kredite nicht zurückzahlen sollte. Es ist schade, dass man diese Linie nicht weiterverfolgt hat, sondern am Ende die Bedingungen der Gläubiger akzeptiert hat. Das von Syriza geschlossene Abkommen mit der Troika lässt sich nicht als „kleineres Übel“ rechtfertigen, denn neben den gravierenden Auswirkungen, die es für die Arbeiterklasse hat, hat Griechenland so auch seine Souveränität verloren. Es hat sich gezeigt, dass das europäische Kapital nicht bereit ist, „Dritte Wege“ zu akzeptieren. Wir müssen die Bedingungen schaffen, um das neoliberale Modell von verschiedenen Seiten aus zu zerbrechen“ – so endet das Interview „“Das europäische Kapital akzeptiert keine ‚Dritten Wege'“ von Raoul Rigault mit Igor Arroyo vom baskischen Gewerkschaftsbund LAB am 14. August 2015 (urprünglich in kürzerer Fassung in der jungen welt)
„Das europäische Kapital akzeptiert keine ‚Dritten Wege'“
Igor Arroyo ist Sprecher der linken baskischen Basisgewerkschaft LAB in Navarra und Mitglied ihrer Exekutive. Die LAB repräsentiert rund 20 Prozent der Beschäftigten. Er wurde interviewt von Raoul Rigault
Der Spanische Staat zählt zu den von der globalen Krise am stärksten betroffenen in Europa. Wie ist die wirtschaftliche Lage im Baskenland?
Dank der mangelnden Souveränität des Baskenlandes konnte uns die spanische Regierung, auf Betreiben der Oligarchie, alle neoliberalen Reformen aufzwingen. Dadurch sind wir sozial um Jahrzehnte zurückgeworfen worden. Sie haben die öffentlichen Dienstleistungen gekürzt, Privatisierungen durchgesetzt, die Prekarisierung der Arbeitsbedingungen vorangetrieben und das Rentenalter angehoben. Die baskisch-navarrische Oligarchie hat diesen Prozess durch die Schließung der Sparkasse von Navarra und die Umwandlung aller anderen Sparkassen des Autonomen Baskenlandes in eine Bankenstiftung noch verstärkt. Trotz der Existenz einer kämpferischen und klassenbewussten Gewerkschaftsbewegung, einer langen industriellen Tradition und eines starken Widerstandes in der Bevölkerung gegen den Sozialabbau waren wir nicht in der Lage diesen Prozess aufzuhalten. Es ist uns jedoch gelungen, ihn im Unterschied zum restlichen Staat, zu begrenzen. Anderswo haben sie fast alles zerstört.
Wie weit verbreitet sind prekäre Beschäftigungsverhältnisse in den baskischen Betrieben heutzutage?
Die Prekarisierung hat sich parallel zur Entwicklung der Dienstleistungsgesellschaft verbreitet. Anstelle der kleinen Läden mit geregelten Arbeitszeiten und stabilen Beschäftigungsverhältnissen sind die großen Supermarkt- und Kaufhausketten getreten, die versuchen, sich durch Kostensenkungen zulasten der Belegschaft mit niedrigen Preisen Marktanteile zu sichern. Aber auch in der Industrie geht es immer prekärer zu, vor allem durch Outsourcing, das heißt die Auftragsvergabe an Subunternehmer. Und im Öffentlichen Dienst, der traditionell ein höheres Lohnniveau und bessere Arbeitsbedingungen aufweist, hat eine gewisse Proletarisierung stattgefunden, mit starken Einbußen bei den Löhnen und einer Flexibilisierung, die noch höher ist als im Privatsektor.
Sie kritisieren die Politik der großen Gewerkschaftsbünde CCOO und UGT. Was ist falsch an deren Verhalten gegenüber den Arbeitgebern und der Regierung?
Unternehmer und Regierung wissen ganz genau, dass UGT und die Comisiones Obreras (CCOO) am Ende jede Barbarei akzeptieren, die sie planen. Sie unterzeichnen zum Beispiel die Heraufsetzung des Rentenalters auf 67 Jahre. Bei Indra, einem Unternehmen, an dem die spanische Regierung beteiligt ist, haben sie 1750 Entlassungen abgesegnet. Vor zwei Monaten haben sie mit der Firma Movistar ein Abkommen geschlossen, um den Streik der scheinselbständigen und bei Subunternehmern angestellten Techniker zu brechen. Sie haben auch das Zusatzabkommen zur Privatisierung der Flughafenverwaltung AENA unterschrieben. Das ist die größte Privatisierung im ganzen Staat seit den 90er Jahren! Bei den Branchenvereinbarungen, wie der für die Metallindustrie in der Region Araba gaben UGT und CCOO grünes Licht für die Umsetzung der Arbeitsmarktreform und akzeptierten so die Senkung der Reallöhne, die Flexibilisierung sowie die Möglichkeit, dass die Unternehmen den geltenden Tarifvertrag nicht anwenden.
Vor kurzem gab es eine neue Verhaftungswelle der Polizei gegen linke Aktivisten. Wie stark ist die Repression gegen Ihre Organisation und die Unabhängigkeitsbewegung insgesamt?
Die Unterdrückungspolitik gegen das baskische Volk wird beibehalten, obwohl ETA bereits vor vier Jahren den bewaffneten Kampf endgültig aufgegeben hat. Der Nationale Gerichtshof Audiencia Nacional hat die Beschlagnahmung von 110 Büros und Veranstaltungsräumen der nach Unabhängigkeit strebenden Linken angeordnet. Das ist der größte derartige Raub seit 1936. Es gibt 438 politische Gefangene aus der Unabhängigkeitsbewegung in einem Land mit drei Millionen Einwohnern. Im Verhältnis ist das so als ob es in Deutschland 11.000 solcher Gefangener gäbe. Praktisch alle Verhafteten werden über die Gefängnisse des spanischen und des französischen Staates verstreut. 58 von ihnen sind mehr als tausend Kilometer weit weg untergebracht. Der autoritäre Charakter des spanischen Staates kommt aber aus außerhalb des Baskenlandes und unseres politischen Konfliktes zum Ausdruck. Am 23.Juli veröffentlichte die UNO unter anderem Berichte über die Menschenrechtslage in Venezuela und in Spanien. Während die UNO es im Hinblick auf Venezuela bei einigen Empfehlungen beließ, rügte sie Spanien in äußerst harter Form in 26 verschiedenen Bereichen. Die Vorwürfe reichen von unrechtmäßigen Abschiebungen, über polizeilichen Rassismus, Verstoß gegen die Gleichbehandlung von Männern und Frauen, sexistische Gewalt, illegale Abtreibungen bis hin zu den Internierungslagern für Ausländer…
Was können wir aus dem Sieg der Troika gegen die neue griechische Regierung lernen? Brauchen wir einen „Plan B“?
Am 17.Juni 2015 kam der griechische Parlamentsausschuss, der sich mit der öffentlichen Verschuldung befasste, zu dem Schluss, dass diese Schulden „illegal, illegitim und abscheulich“ seien, und Athen die seit 2010 erhaltenen Kredite nicht zurückzahlen sollte. Es ist schade, dass man diese Linie nicht weiterverfolgt hat, sondern am Ende die Bedingungen der Gläubiger akzeptiert hat. Das von Syriza geschlossene Abkommen mit der Troika lässt sich nicht als „kleineres Übel“ rechtfertigen, denn neben den gravierenden Auswirkungen, die es für die Arbeiterklasse hat, hat Griechenland so auch seine Souveränität verloren. Es hat sich gezeigt, dass das europäische Kapital nicht bereit ist, „Dritte Wege“ zu akzeptieren. Wir müssen die Bedingungen schaffen, um das neoliberale Modell von verschiedenen Seiten aus zu zerbrechen.