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Globalisierung der Ausbeutung – Globalisierung von Kämpfen. Der Hungerstreik indischer Bauarbeiter in Serbien
„Vom 19. bis 21. August 2020 fand in der serbischen Stadt Kraljevo, vor dem Gebäude der Stadtverwaltung, ein Hungerstreik indischer Bauarbeiter statt (Politika, 21. August 2020). Er hatte etwa 40 Teilnehmende, die die Zahlung ausstehender Löhne und die Möglichkeit, nach Indien zurückzukehren, forderten (B 92, 22. August 2020). Der Streik endete mit einem Teilerfolg: Den Familien der Streikenden wird vom Unternehmen GP Nikolić eine einmalige Hilfe von 400 Dollar zugesichert, die als Beihilfe für die Zeit der Corona-Pandemie gedacht ist; außerdem werden die Kosten für den Rückflug nach Indien und die Kosten eines verpflichtenden Corona-Tests übernommen (Politika, 21. August 2020). Diese, hierzulande kaum beachtete Auseinandersetzung, Folge eines globalisierten Arbeitsmarkts, in dem die Beschäftigten dennoch jeweils besonderen Formen nationalstaatlich regulierter Ausbeutung unterworfen sind, soll zum Anlass genommen werden, die Hintergründe zu beleuchten: Wie sieht die Situation im serbischen Bausektor aus, wie konnte es zu einer Situation kommen, die einen Teil der migrantischen Arbeitskräfte zu einer solchen Verzweiflungstat getrieben hat?…“ Artikel von Heiko Bolldorf, erschienen in express – Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit 8-9/2020:
Globalisierung der Ausbeutung – Globalisierung von Kämpfen
Der Hungerstreik indischer Bauarbeiter in Serbien – von Heiko Bolldorf*
Vom 19. bis 21. August 2020 fand in der serbischen Stadt Kraljevo, vor dem Gebäude der Stadtverwaltung, ein Hungerstreik indischer Bauarbeiter statt (Politika, 21. August 2020). Er hatte etwa 40 Teilnehmende, die die Zahlung ausstehender Löhne und die Möglichkeit, nach Indien zurückzukehren, forderten (B 92, 22. August 2020). Der Streik endete mit einem Teilerfolg: Den Familien der Streikenden wird vom Unternehmen GP Nikolić eine einmalige Hilfe von 400 Dollar zugesichert, die als Beihilfe für die Zeit der Corona-Pandemie gedacht ist; außerdem werden die Kosten für den Rückflug nach Indien und die Kosten eines verpflichtenden Corona-Tests übernommen (Politika, 21. August 2020).
Diese, hierzulande kaum beachtete Auseinandersetzung, Folge eines globalisierten Arbeitsmarkts, in dem die Beschäftigten dennoch jeweils besonderen Formen nationalstaatlich regulierter Ausbeutung unterworfen sind, soll zum Anlass genommen werden, die Hintergründe zu beleuchten: Wie sieht die Situation im serbischen Bausektor aus, wie konnte es zu einer Situation kommen, die einen Teil der migrantischen Arbeitskräfte zu einer solchen Verzweiflungstat getrieben hat?
Deindustrialisierung und Bauboom in Serbien
Die Situation im Bausektor ist nicht zu begreifen, ohne einen Blick auf die ökonomische Struktur zu werfen, die sich in Serbien im Zuge des ab 2002 forcierten Privatisierungsprozesses herausgebildet hat.
Dieser hat nämlich keineswegs die Ergebnisse erreicht, die offiziell als Ziele proklamiert wurden – eine effiziente Marktwirtschaft, die wirtschaftliche Entwicklung und eine hohe Beschäftigungsrate fördert etc. Vielmehr kam es zu einer massiven Deindustrialisierung: »[I]n der Republik Serbien wurde ein bedeutender Teil der Leichtindustrie und des verarbeitenden Gewerbes vernichtet, besonders folgende Branchen: Maschinenbau, Elektroindustrie, Motoren- und Traktorenproduktion, Textilindustrie, chemische Industrie, Agrarindustrie (vor allem Fleischverarbeitung), und andere Industriezweige« (Kosanović et al. 2014: 208). So war das BIP 2012 bei 61,3 Prozent des Niveaus von 1989, während osteuropäische Länder im Durchschnitt bei 155 Prozent des Niveaus von 1989 lagen, die industrielle Produktion lag bei 38,4 Prozent des Niveaus von 1989, und der Anteil der Industrie am BIP sank von 1990 bis 2012 von 32 Prozent auf 17 Prozent (ebd.).
Oftmals war nämlich das Ziel der neuen Eigentümer nicht die Weiterführung der Produktion, sondern beispielsweise der Erwerb von Immobilien, um Profit mit ihrem Weiterverkauf zu machen. Der Staat wiederum achtete mehr auf kurzfristige Einnahmen aus den Verkäufen als auf die Seriosität der Käufer (ebd.: 209f.).
Statt durch industrielle Produktion wird das Wachstum des BIP in Serbien mittlerweile durch Bauprojekte stimuliert. Bauministerin Zorana Mihajlović verkündete Anfang August 2020, in Serbien gebe es derzeit 61.443 Baustellen, 16.000 mehr als im Vorjahr. Die Zahl der Beschäftigten im Bausektor sei um 10 Prozent gestiegen. Die Bauwirtschaft sei ein wichtiger Faktor des BIP-Wachstums und trage entscheidend zum Lebensstandard der EinwohnerInnen Serbiens bei (aa.com, 3. August 2020).
Der Bausektor weist jedoch ausgesprochen schlechte Bedingungen auf, was Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten angeht: 2018 verunglückten z.B. 53 Beschäftigte in Serbien am Arbeitsplatz tödlich, davon 15 auf Baustellen. Einige von ihnen arbeiteten schwarz. Offiziell arbeiteten in Serbien knapp 97.000 Personen im Bausektor. In Deutschland kamen im gleichen Jahr auf 100.000 Personen im Bausektor 1,1 Unfälle mit Todesfolge – Serbien hatte also eine um mehr als das Fünfzehnfache höhere Todesrate (Stojaković 2020).
Arbeitskräftemangel und Migration
Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass viele serbische BauarbeiterInnen auf Arbeitssuche ins Ausland gehen. Seit 2016 können sie bei einem konkreten Jobangebot über die sogenannte Westbalkan-Regel fast problemlos nach Deutschland kommen. 2018 stammte bereits ein Viertel aller ArbeitsmigrantInnen in Deutschland, die nicht aus der EU kamen, aus den Westbalkan-Ländern, davon 22 Prozent aus Serbien. Neben dem Gastgewerbe arbeiteten sie besonders häufig im Baugewerbe (Die Welt, 17. April 2019).
So ist im serbischen Baugewerbe wiederum ein Arbeitskräftemangel entstanden, der durch Migration behoben wird. 2019 wurde 13.802 ausländischen StaatsbürgerInnen eine Arbeitserlaubnis erteilt, darunter 256 Personen aus Indien (B 92, 22. August 2020). Nach Aussage von Ponkumar Ponusvami, dem Vorsitzenden der indischen Bauarbeitergewerkschaft TKTMS, suchen viele Menschen aus ärmeren Regionen Indiens mit hoher Erwerbslosigkeit Beschäftigung in anderen Ländern, so auch in Serbien. Hier werden sie etwa beim Bau des Korridors 11 eingesetzt (ebd.), einer Autobahnverbindung von Belgrad zur montenegrinischen Adria-Küste (koridor10.rs).
Der Fall Kraljevo weist darauf hin, dass serbische Bauunternehmen aus der Not eine Tugend machen und den Arbeitskräftemangel nutzen, um Beschäftigte noch weiter zu entrechten und Arbeitsverhältnisse noch mehr zu deregulieren. Es handelt sich hier um Beschäftigte, die formal einen Vertrag mit der Firma Idea Capital LLC mit Sitz in Miami abgeschlossen haben. Diese Firma wiederum hat sie an die serbische Baufirma GP Nikolić ausgeliehen. Nun sind aber die Direktorin von Idea Capital LLC und die Direktorin von GP Nikolić ein und dieselbe Person – Nina Nikolić (B 92, 22. August 2020).
Diese Konstruktion hat dazu geführt, dass die serbische Arbeitsinspektion die Arbeitsverhältnisse der indischen Bauarbeiter nicht allzu genau kontrolliert hat – mit der Begründung, sie sei nicht zuständig, weil es sich um Beschäftigte einer US-amerikanischen Firma handle. Dies entspricht aber nicht dem serbischen Recht, denn sowohl Artikel 2 des Arbeitsgesetzbuches als auch Artikel 4 des Gesetzes über die Beschäftigung von AusländerInnen besagen unmissverständlich, dass in der Republik Serbien arbeitende ausländische StaatsbürgerInnen die gleichen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis wie serbische StaatsbürgerInnen haben (ebd.). Dies wurde in den Arbeitsverträgen der indischen Bauarbeiter jedoch nicht eingehalten, wie eine Analyse von Arbeitsrechts-ExpertInnen ergeben hat. Sie enthalten etwa das Recht des Arbeitgebers, Beschäftigte jederzeit ohne Grund zu entlassen, und legen verschiedene Geldstrafen fest, etwa umgerechnet 500 Euro für die »Organisation eines illegalen Streiks« – und das bei einem Gehalt von umgerechnet 320 Euro (ebd.)!
Erst nach einem Schreiben der NGO ASTRA, die sich mit ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen beschäftigt[1], zeigte die staatliche Arbeitsinspektion die Firma GP Nikolić 2019 zweimal an: im August wegen fehlender Arbeitserlaubnis bei einem Teil der indischen Beschäftigten, im Dezember, weil die Firma der Arbeitsinspektion nicht alle zur Überprüfung der Arbeitsverhältnisse nötigen Dokumente geschickt hatte. Das Internetportal Istinomer schickte der Arbeitsinspektion danach noch eine Anfrage zur Überprüfung der Arbeitsverträge, erhielt jedoch keine Antwort. Schon im Januar 2020 wurde über Streiks der indischen Beschäftigten wegen zum wiederholten Male ausbleibender Lohnzahlungen und der daraus resultierenden Unmöglichkeit, sich eine Karte für den Rückflug nach Indien zu kaufen, berichtet (Istinomer, 17. Januar 2020). Als dann im August der Hungerstreik begann, wurde von der Firmenleitung behauptet, es gebe keine Lohnrückstände, denn die Arbeitsverträge seien im März ausgelaufen (B 92, 22. August 2020). Das Problem bestand jedoch darin, dass es den Beschäftigten verunmöglicht wurde, nach dem Auslaufen des Vertrages nach Hause zu fliegen – ein Teil ihres Gehalts wurde während der Laufzeit des Vertrags von der Firma direkt an die Familie in Indien überwiesen, und der verbleibende Rest wurde permament verspätet gezahlt. Hinzu kam die Absage von Flügen durch die Corona-Krise. So mussten sie in Serbien bleiben und unbezahlt weiterarbeiten, was von ihnen erwartet wurde, damit sie weiterhin Verpflegung und Unterkunft vom Arbeitgeber erhielten (Marks 21, 27. August 2020).
Fazit
Eine Analyse der Zeitschrift Wildcat aus dem Jahr 2001 erweist sich bei Fällen wie dem hier aus Serbien geschilderten als hochaktuell: »Das Klassenverhältnis ist ein Verhältnis von dauerndem Kampf: Wenn ansässige Arbeiterinnen sich weigern, bestimmte Drecksarbeiten zu machen oder für Niedrigstlöhne zu arbeiten, sollen Einwanderer an ihre Stelle treten. (…) Die multinationale Zusammensetzung der Arbeiterklasse spielte in einem Land wie der BRD immer eine wichtige Rolle – um die Löhne zu drücken und die ArbeiterInnen gegeneinander auszuspielen, aber auch als explosiver Motor von Kämpfen. (…) ImmigrantInnen müssen oft für Sachen kämpfen, für deren geregelten Ablauf ansonsten Institutionen sorgen: Sie werden um den Lohn betrogen, sie haben keine Wohnung, kein Aufenthaltsrecht… Deshalb haben neu Zugewanderte in der Geschichte oft eine entscheidende Rolle für das Zustandekommen von Kämpfen und die politische Neuzusammensetzung der Klasse gespielt.« (Wildcat 2001)
Während beispielsweise die BRD Lohnabhängige aus Westbalkan-Ländern wie Serbien abwirbt (gerade aktuell hat die Bundesregierung ein Anwerbeabkommen für 25.000 ArbeiterInnen pro Jahr aus den Westbalkanstaaten für drei Jahre verlängert, Anm. d. Red.), deckt Serbien seinen dadurch entstandenen Arbeitskräftebedarf unter anderem mit indischen Arbeitskräften und nutzt sie aus, um Arbeitsbedingungen massiv zu verschlechtern. Wie das Beispiel Kraljevo zeigt, werden damit aber auch Kämpfe importiert, die durchaus erfolgreich sein können.
Nationalistische Forderungen, die eigenen Arbeitsbedingungen durch Abschottung zu schützen, erweisen sich als illusionär, denn bestehendes Recht wird massiv unterlaufen: Während in Deutschland in der Bauwirtschaft legale Arbeitsmigration vom Westbalkan durch verbreitete Schwarzarbeit ergänzt wird (Deutsche Welle, 1. Februar 2018), werden in Serbien Kontrollen durch die Arbeitsinspektion geschickt unterlaufen. Um so wichtiger für Gewerkschaften und die politische Linke, sich in die migrantischen Kämpfe einzubringen und internationale Solidaritätsarbeit zur Angleichung der arbeitsrechtlichen Standards zu machen. Die Unterstützung des Kampfes der indischen Beschäftigten durch eine NGO und eine Gewerkschaft ist ein ermutigender Anfang.
* Heiko Bolldforf lebt in Marburg, ist Soziologe, hat über kroatische Gewerkschaften promoviert und arbeitet als freiberuflicher Referent für Gewerkschaften.
Literaturliste über die Redaktion
Anmerkung:
1 ASTRA arbeitete dabei mit der Gewerkschaft Samostalni Sindikat Putara Srbije (Autonome Gewerkschaft der Straßenarbeiter Serbiens) zusammen, s. ASTRA 2020.
express im Netz und Bezug unter: www.express-afp.info
Email: express-afp@online.de