»
Serbien »
»
»
Serbien »
»

Beugemaßnahmen – Selbstverwaltete Fabrik »Jugoremedija« in Serbien soll in den Bankrott getrieben werden

Artikel von Peter Haumer erschienen in express, Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 1-2/2013

Mehrfach hat der express über soziale Kämpfe in den Nachfolgeländern Jugoslawiens berichtet, die, wie andere Länder Osteuropas, außerhalb des Fokus der aktuellen Krisenberichterstattung liegen. Dabei geraten nicht nur die sozialen Verwerfungen, sondern auch die Ansätze entschlossenen Widerstands aus dem Blick. Nach der Schilderung des Kampfes um den kroatischen Steinbruch Jadrankamen (express 10-11/2012) kommen wir in dieser Ausgabe auf Serbien zurück, das sich derzeit anschickt, Kroatien auf dem Weg in die Europäische Union zu folgen und sich entsprechend als Musterschüler der Binnenmarktregeln in Szene setzen muss. Das geht einher mit einer aggressiven Privatisierungspolitik (s. dazu auch express 1/2010). Dabei fällt es offenbar nicht immer leicht, wenigstens den Schein der Rechtsstaatlichkeit zu wahren – insbesondere dann, wenn die betroffenen ArbeiterInnen mehr als nur ein Wörtchen mitreden wollen. Peter Haumer * berichtet diesmal über die Attacken auf das selbstverwaltete Pharmazeutikunternehmen Jugoremedija.

Am 1. August 2012 verhaftete die Polizei von Zrenjanin den Generaldirektor des selbstverwalteten Pharmazeutik-Unternehmens Jugoremedija, Zdravko Deuric, dessen Finanzdirektorin, Anika Malusic, sowie Milana Zlokas und Stevan Gregovic, VertreterInnen des assoziierten Unternehmens Penpharm [1], wegen »Verdachts auf kriminellen Machtmissbrauch«. Bei den Verhafteten handelt es sich just um diejenigen, die die Plünderungen des Unternehmenskapitals im Zusammenhang mit der ersten »Privatisierung« von Jugoremedija ans Licht der Öffentlichkeit gebracht hatten. Der Fall hatte zwischenzeitlich auch jenseits Serbiens eine gewisse Aufmerksamkeit gefunden durch eine Rüge des Europäischen Parlaments, das im Frühjahr 2012, nach entsprechenden Untersuchungen der Europä­ischen Kommission, die Rechtmäßigkeit dieser und vieler weiterer Privatisierungen in Serbien offiziell bestritten hatte.

Die Verhaftungen und die aktuellen Vorgänge betreffen nicht nur direkt die genannten Personen, sondern auch mehr als 450 ArbeiterInnen und 4000 KleinaktionärInnen von Jugoremedija und Penpharm sowie indirekt die Beschäftigten vieler anderer Betriebe, denn sie stehen exemplarisch für die von Regierung und großen Privatunternehmern verfolgte Strategie, die Kontrolle über diese Fabriken wiederzuerlangen, um sie dann letztendlich schließen zu können.

Chronologie des Kampfes um Jugoremedija

Jugoremedija wurde im Jahre 2000 privatisiert. 58 Prozent der Aktien erhielten die ArbeiterInnen, der Staat übernahm die restlichen 42 Prozent. 2002 verkaufte der Staat seine Aktien an Jovica Stefanovic, einen berühmt-berüchtigten lokalen Unternehmer, der sein Geld mit Zigarettenschmuggel machte und zum Zeitpunkt des Kaufs der Aktien von Jugoremedija von Interpol gesucht wurde. Wie alle anderen Käufer im Zusammenhang mit den Privatisierungen in Serbien wurde auch Stefanovic nicht in Bezug auf Geldwäsche überprüft. Damals wie heute war es Position der serbischen Regierung, lieber zu privatisieren und dafür nötigenfalls ›schmutziges Geld‹ in Kauf zu nehmen, als die ArbeiterInnen das Unternehmen selbst führen zu lassen, denn dies, so die verbreitete Befürchtung, »könnte uns ja zurückführen in die dunklen Tage der Selbstverwaltung«.

Alle Gesetze brechend ermöglichte der Staat dem neuen Miteigentümer von Jugoremedija, Stefanovic, zum beherrschenden Eigentümer der Fabrik zu werden. Mittels verschiedener illegaler Manöver wurde die Eigentümerstruktur verändert: Stefanovic wurden 68 Prozent der Aktien zugestanden und das Belegschaftspaket wurde auf 32 Prozent reduziert; regulär erhält die Belegschaft einen höheren Anteil.

Dagegen setzten sich die ArbeiterInnen im Dezember 2003 mit einem Streik zur Wehr, besetzten die Fabrik und reichten eine Klage gegen die Kapitalaufstockung ein. Dies war die erste Betriebsbesetzung im »postsozialistischen« Jugoslawien.

Erzwungen durch die ArbeiterInnen überprüften die staatlichen Behörden im Mai 2004 die Privatisierung von Jugoremedija und erklärten offiziell, dass die Beteiligung von Stefanovic ein Vertragsbruch war. Sie unternahmen aber nichts, um gegen die Vertragsverletzungen vorzugehen. Die Arbei­terIn­nen reagierten, indem sie in die Hauptstadt Belgrad fuhren und dort für einen ganzen Tag die Privatisierungsagentur besetzten. Erst nach dieser Besetzung begannen die Behörden ernsthaft, gegen den Vertragsbruch vorzugehen. Zeitgleich wurde die Betriebsbesetzung aufrechterhalten.

Während des Sommers 2004 versuchte eine »Privatarmee« von Stefanovic einige Male, die Fabrik zu übernehmen, doch die ArbeiterInnen warfen sie jedes Mal aufs Neue hinaus. Immer wieder stellten sie sich mit bloßen Händen in den Weg, um die Militärfahrzeuge zu blockieren. So hielten sie den Boss zunächst vom Betrieb fern. Während dieser Zeit wurden die privaten Sicherheitskräfte von Stefanovic von der serbischen Polizei unterstützt, um die ArbeiterInnen von Jugoremedija hinauszuwerfen. Polizei und Privatarmee erkämpften sich schließlich den Zutritt in die Fabrik, schlugen dabei einige ArbeiterInnen krankenhausreif und verhafteten vier der Streikführer. Die ArbeiterInnen wurden des Hausfriedensbruch angeklagt und Strafprozesse wurden eingeleitet. Nachdem er die Fabrik physisch hatte räumen lassen, feuerte Stefanovic 150 ArbeiterInnen.

Die ArbeiterInnen von Jugoremedija schlossen sich daraufhin mit Belegschaften von anderen Fabriken zusammen und gründeten die »Vereinigung der ArbeiterInnen und AktieninhaberInnen von Serbien«. Zu Beginn war die Arbeit der Vereinigung auf den Kampf gegen die Korruption im Privatisierungsprozess begrenzt. Später stellte das Komitee weitere Forderungen auf, darunter auch die nach einer konstituierenden Versammlung. Es war der Auffassung, dass das Volk selbst die Entscheidungen treffen sollte, die sein Leben und seine Arbeitsplätze betreffen – eine neue Verfassung könnte, so ihre Überzeugung, behilflich sein, dies zu ermöglichen. An den Hauswänden in Belgrad tauchten Graffitis mit der Frage auf: »Wem gehören unsere Fabriken?«

Über die nächsten zweieinhalb Jahre kämpfte diese Gruppe von 150 Arbeiter-AktionärInnen – mit der Unterstützung der übrigen KleinaktionärInnen von Jugoremedija, lokalen Gewerkschaften sowie linken, aktionistischen Gruppen und Intellektuellen aus Serbien und dem Ausland – teils in Form direkter Aktionen, teils vor Gericht, um zu beweisen, dass Stefanovic seinen vertraglichen Investitions-Verpflichtungen nicht nachgekommen war.

Und sie waren erfolgreich: Am 1. März 2007 wurde Jugoremedija zur einzigen Fabrik in Serbien, die von Arbeiter-AktionärInnen selbst verwaltet wird. Nachdem das Gericht den Vertrag des Staates mit Stefanovic annulliert hatte, stimmten alle KleinaktionärInnen dafür, dass die ArbeiterInnen ihr eigenes Management in der Fabrik aufbauen sollten. Einer der Streikführer, Zdravko Deuric, arbeitete seitdem als gewählter »Geschäftsführer« von Jugoremedija.

Bereits 2007 versuchte der Staat einige Male, Jugoremedija wegen der Steuerschulden, die sich unter der Leitung von Stefanovic angehäuft hatten, für bankrott zu erklären. Aber die Belegschaft war schnell erfolgreich in der Reorganisierung der Produktion und konnte so alle Schulden gegenüber dem Staat innerhalb von Monaten bezahlen.

Inspiriert und unterstützt durch die Beschäftigten von Jugoremedija haben seither andere Belegschaften in Zrenjanin und anderen Städten Serbiens ihre Kämpfe radikalisiert. Das bedeutendste Beispiel ist die Auseinandersetzung in der Sinvoz-Eisenbahnreparaturwerkstätte, die mit Scheininvestitionen in den Ruin getrieben wurde – eine der Privatisierungen, die von der EU als gesetzeswidrig bezeichnet wurden. Aber der Fall Sinvoz zeigte auch, dass die Regierung und die Bosse nützliche Lehren aus dem Experiment von Jugoremedija gezogen hatten. Seit 2007 wird eine neue Strategie gefahren, die die ArbeiterInnen und KleinaktionärInnen voll trifft – eine Strategie, die darauf zielt, die Unternehmen vorsätzlich in den Bankrott zu führen.

Angriff von allen Seiten und mit (fast) allen Mitteln

Die willkürlichen Festnahmen der eingangs genannten GeschäftsführerInnen von Jugoremedija und Penpharm am 1. August 2012 erfolgten auf Grundlage eines massiven Rechtsbruchs: Den Festgenommenen wurde vor der Verhängung der einmonatigen Untersuchungshaft am 3. August nicht erlaubt, ihre Verteidigung zu präsentieren, sie wurden über die ihnen zur Last gelegten Anklagepunkte nicht informiert und auch nicht dazu befragt. Ein klarer Verstoß gegen die Strafprozessordnung und die Minimalanforderungen an Rechtsstaatlichkeit. Begründung für die zunächst einmonatige, später verlängerte Untersuchungshaft für Zdravko Deuric und Milana Zlokas: Es sei nötig, sie »unter Beobachtung« zu halten, während die anderen Beschuldigten wieder entlassen wurden. All das passierte während der jährlichen Gerichtsferien. Auch der Untersuchungsrichter befand sich im Urlaub.

Zusätzliche Gesetzesverstöße beging die Polizei von Zrenjanin, indem sie die ArbeiterInnen von Jugoremedija täglich zu Zeugenaussagen aufforderte, obwohl Zeugenvernehmungen nach der Eröffnung der Ermittlungen von einem Richter durchzuführen sind. Die polizeilichen Vorladungen zu Zeugenaussagen zielen darauf ab, Beweise für den Vorwurf des »kriminellen Machtmissbrauchs« zu sammeln.

Bereits vor Beginn des Strafverfahrens wurde wiederholt physische Gewalt gegen die ArbeiterInnen von Jugoremedija ausgeübt. So wurde einer Arbeiteraktivistin im Februar 2012 ein Betonklotz ins Schlafzimmer geworfen, und Zdravko Deurics Auto wurde eine Woche vor seiner Verhaftung angezündet.

Schon seit der Aufhebung des Privatisierungsvertrages und der Rückkehr des Unternehmens in die Hände der ArbeiterInnen und KleinaktionärInnen im März 2007 wird das Unternehmen ständig »untersucht«. Seit dem 1. August haben die Steuerfahndung und die Untersuchungsbehörden für Unternehmens­kriminalität die Geschäftstätigkeit des Unternehmens faktisch übernommen, arbeiten nur noch am Fall Jugoremedija und greifen in die Arbeitsabläufe ein. Während eine Gruppe ArbeiterInnen zu den Untersuchungen vorgeladen wird, sind die verbleibenden ArbeiterInnen damit »beschäftigt«, potenzielle neue »Fälle« zu produzieren, die einen Vorwand liefern können für willkürliche Verdächtigungen und Anschuldigungen durch Polizei und Gericht. Eine geregelte Produktion ist für Jugoremedija so derzeit nicht möglich.

Am 29. März 2012 hatte das Europaparlament in der Resolution B7-000012012 die »serbischen Autoritäten« dazu aufgerufen, »sofort die kontroversen Privatisierungen und den Verkauf von 24 Unternehmen zu überprüfen, bei denen der Europäischen Kommission ernsthafte Zweifel bezüglich ihrer Rechtmäßigkeit kamen, unter ihnen (…) Jugoremedija«. Die jüngsten Aktionen der Polizei von Zrenjanin und der Gerichte sind vor diesem Hintergrund als ein Racheakt zu sehen, weil sich die ArbeiterInnen von Jugoremedija durch das Einschalten und das Votum der Europäischen Kommission zumindest auf dem Papier durchgesetzt haben. Tatsächlich wurden im Anschluss an den Rüffel des Parlaments auch einige Personen, die maßgeblich an den Privatisierungen in Serbien beteiligt waren, verhaftet – darunter Miroslav Miskovic, der sich durch den Aufkauf ehemaliger Staatsunternehmen mit seiner Firma Delta Holding in vielen Branchen eine Monopolstellung gesichert hat und mittlerweile als reichster Tycoon Serbiens gilt. Man kann seine Verhaftung als Bußgeld interpretieren, das Politik und Kapital bezahlen müssen, um ihren Weg nach Europa fortsetzen zu können.

Am 20. September 2012 wurden Zdravko Deuric und Milana Zlokas nach 50 Tagen schließlich aus der Haft entlassen – 15 Tage, nachdem alle ZeugInnen gehört worden waren und dem Gericht keinerlei Anklagen vorgelegt werden konnten. Unterdessen wurden die Untersuchungen auf zwei weitere Personen ausgedehnt, die aber keine Einsicht in die Akten nehmen konnten. Ein derartiges Verhalten seitens der Polizei und des Gerichts macht klar, dass diesen offenbar jegliche Grundlage für eine strafrechtliche Untersuchung fehlt und dass es lediglich darum geht, die Arbeit von Jugoremedija sabotieren, in der Hoffnung, dass sich irgendein belastendes Material finden werde. Doch alles deutet daraufhin, dass es Derartiges nicht gibt. Vorläufige Bilanz der Aktion: Zwei Menschen wurden rechtswidrig inhaftiert, während die anderen ArbeiterInnen von Jugoremedija täglich durch polizeiliche Aufforderungen zu – rechtswidrigen – Befragungen terrorisiert werden, eindeutig mit dem Ziel, sie einzuschüchtern und Angst zu verbreiten.

Spekulieren auf Kapitalvernichtung …

Ausgerechnet auf Empfehlung der 2009 milliardensubventionierten und verstaatlichten österreichischen Skandalbank Hypo-Alpe-Adria, die enge Geschäftsbeziehungen zu dem immer noch inhaftierten Miskovic unterhält und gerade im Januar eine gemeinsame Immobilienfirma mit einer der Delta Holding-Töchter gegründet hat, [2] hat das Handelsgericht in Zrenjanin am 27. Dezember 2012 die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens im Pharmaunternehmen Jugoremedija beschlossen. Jugoremedija hatte Ende April 2011 einen Vertrag über die Umstrukturierung eines Kredits in Höhe von zwei Mio. Euro mit dieser Bank abgeschlossen, konnte aber seine Vertragsverpflichtungen vor allem wegen einer Kontosperre über einen Betrag von 6,16 Mio. Euro nicht erfüllen. Die Konten von Jugoremedija unterliegen bereits seit Längerem einer (Teil-)Sperre. Zu den größten Schuldnern gehört dabei der Staat, der seinen Verpflichtungen gegenüber Jugoremedija einfach nicht nachkommt und das Unternehmen damit in den Bankrott treibt, während er zugleich hohe Subventionen an ausländische Unternehmen vergibt – aktuell z.B. rund 10 000 Euro pro Arbeitsplatz!

Zwei Voraussetzungen müssen gegeben sein, um einen Konkurs beantragen zu können: Die Konten des Unternehmens müssen seit mindestens einem Jahr gesperrt sein, und: Die Gläubiger müssen den Konkurs wollen. Der Vorschlag der Hypo-Alpe-Adria-Bank, Konkurs für Jugoremedija zu beantragen, ist sicherlich nicht ohne Druck von Seiten der serbischen Behörden zustande gekommen. Die Offensive hat ihren Auslöser höchstwahrscheinlich in einer Klage, die Jugoremedija gegen den serbischen Staat angestrengt hat, weil dieser Steuern auf die viel zu hoch angesetzten Rohstoffpreise von Stefanovic erhoben hat, statt deren wahren Wert, d.h. den Marktwert zu besteuern. Im Falle des Bankrotts Jugoremedijas würde die Anklage gegen den Staat eventuell fallen gelassen.

… und Zerschlagung von Belegschaftsinitiative

Unterstützt wird der Angriff auf Jugoremedija darüber hinaus auch von den Pharmazieunternehmen Nelt und Delta Farm. In beiden Unternehmen arbeiten frühere Mitarbeiter der staatlichen Geheimpolizei. Sie haben bereits Srbolek, ein Pharmazieunternehmen in Belgrad, in den Bankrott geführt und dafür die Unterstützung der Gläubiger Srboleks organisiert. Nelt und Delta Farm wollen nach Angaben serbischer Zeitungen die Kapazitäten der anderen Unternehmen bzw. deren Lizenzen übernehmen. Politischen Flankenschutz bekommen sie von der derzeitigen Koalitionsregierung aus Sozialisten (SPS), Nationalisten (SNS) und Neoliberalen (URS) unter Führung von Premierminister Dacic (SPS), dem Parteivorsitzenden und Nachfolger von Slobodan Milosevic – die pharmazeutische Produktion gilt als wichtiger Standortfaktor Serbiens.

Bemerkenswert ist insgesamt die Rolle des Staates bzw. staatlicher Behörden nach dem juristischen Sieg der ArbeiterInnen gegen den Investor Stefanovic. Offenbar hatte auf dieser Seite niemand damit gerechnet, dass die ArbeiterInnen alleine dazu in der Lage wären, den Produktionsprozess zu reorganisieren und dabei auch noch das für den Aufbau von Handelsbeziehungen wichtige Europäische Zertifikat zur Qualitätssicherung in der Produktion von Pharmazeutika (GMP) zu erhalten. Der Staat unterstützte diese Umbauarbeiten in keiner Weise – trotz seiner Anteile am Unternehmen. Erst als die Reorganisation gelungen war und das Unternehmen an Wert gewonnen hatte, mischte er sich wieder ein und ließ Jugoremedija durch die Polizei stürmen. In den Medien wurde der Eindruck vermittelt, dass der Wiederaufbau Jugoremedijas u.a. mit dem Diebstahl von Geld, Materialien usw. verbunden gewesen sei.

Internationale Solidarität ist notwendig

Solche Erzählungen werden in der Bevölkerung zwar nicht unbedingt geglaubt und die Belegschaft von Jugoremedija findet mit ihrem Anliegen auch Sympathie in der Öffentlichkeit. Praktisch jedoch erfährt sie wenig Unterstützung und eine gewisse Ratlosigkeit hat sich breit gemacht. Die juristischen Aktivitäten eröffnen keinen wirklichen Ausweg aus der Blockadesituation, die Hoffnungen ruhen daher vor allem auf gemeinsamen Aktionen mit befreundeten Belegschaften, Demonstrationen in Belgrad – und der Suche nach weiteren Verbündeten.

Die Belegschaft von Jugoremedija hat Erfahrungen mit Streiks, Betriebsbesetzungen, Rathausbesetzungen, Straßenblockaden und vielem anderen. Der serbische Staat zwingt die ArbeiterInnen erneut, diesen Weg des Klassenkampfs, der direkten Aktion zu gehen. Doch jetzt wollen sie ihren Kampf in eine breitere Solidaritätsbewegung einbetten, die über die Grenzen Serbiens hinausreicht und so an Stärke und Druck gewinnt. Internationale Solidarität kann ein wichtiges Puzzleteilchen sein, um Jugoremedija erneut zu retten. Eine Möglichkeit dazu bietet der Kongress »Solidarische Ökonomie« in Wien, wo VertreterInnen von Jugoremedija ihre Situation und ihr Anliegen mit VertreterInnen anderer besetzter Betriebe diskutieren wollen.

Vom 22.-24. Februar findet in Wien der Kongress »Solidarische Ökonomie« statt. Dort wird es im Rahmen eines Workshops über selbstverwaltete Betriebe in Griechenland, Serbien und Argentinien Gelegenheit geben, mit VertreterInnen von Jugoremedija und eines besetzten und seit kurzem selbstverwalteten Betriebs in Thessaloniki zu sprechen. Näheres zum Programm unter: http://www.solidarische-oekonomie.at/ externer Link

Siehe auch die Terminankündigung in dieser Ausgabe.

*  Peter Haumer ist Lohnabhängiger und lebt in  Wien

Anmerkungen:

1) Um dem Verkauf von Staatsanteilen an einen Privatinvestor zuvorzukommen, hatten sich 46 ArbeiterInnen von Jugoremedija 2010/2011 entschieden, ihre Aktien zu bündeln, bescheidene Mittel durch den Verkauf von Autos, durch Kredite u.a. aufgebracht und ein Grundstück erworben, auf dem sie ihre eigene Fabrik Luksolfarmacija, die Penicillin herstellt, errichteten. Penpharm ist ein Zusammenschluss von Jugoremedija und Luksolfarmacija.

2)  Siehe die aufschlussreiche Presseerklärung unter: www.deltaholding.rs externer Link , Anm. d. Red.

 

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=27822
nach oben