Seeleute in Not: Ukraine-Krieg verschärft erneut die Arbeitsbedingungen im Seeverkehr

ITF und Arbeitsbedingungen auf See in 2021Weltweit sind mehrere tausend ukrainische und russische Seeleute in unterschiedlichen Häfen gestrandet. Beschäftigte sitzen in den Hafenmissionen und den Städten und Flughäfen fest. Sie versuchen Kontakt zu ihren Familien und Freund:innen in der Ukraine und Russland aufzunehmen. Ukrainische Seeleute aus beispielsweise Mariupol können nicht heimkehren, da ihre Stadt unter Beschuss steht, russische Seeleute können nicht heimfliegen aufgrund des Flugembargos gegen russische Airlines. Gleichzeitig sind aufgrund der Sanktionen die Konten der russischen Beschäftigten eingefroren, wodurch sie ohne Finanzierung und ohne Perspektive nach Hause zu kommen, festsitzen. Im Schwarzen und im Asowschen Meer befinden sich laut Spiegel Wirtschaft Ressort vom 2. März 2022 externer Link zudem weiterhin über hundert Handelsschiffe, die aufgrund der Kriegssituation die Region nicht verlassen können… Siehe einen kleinen Überblick:

  • Vor dem Ukraine-Krieg hatte bereits die globale Corona-Pandemie dafür gesorgt, dass etwa im Schnitt 400.000 Seeleute nicht nach Hause konnten. Weitere 400.000 saßen demgegenüber zu Hause fest und konnten ihre geplante Schicht nicht antreten. Laut ITF Pressemitteilung vom 24. September 2020 externer Link, gab es damals eine sogenannte „Crewwechselkrise“ (#CrewChangeCrisis), die durch die Überlängen der Zeiten auf See zu einer “Zwangsarbeitsepidemie“ anwuchs. LabourNet Germany berichtete über die Folgen der Pandemie bereits in einem Dossier.
  • Auch jetzt sind erneut tausende Seeleute von der Kriegsauseinandersetzung in der Ukraine weltweit betroffen, wie auch der NDR-Bericht im Hafen Journal vom 16.03.2022 externer Link darlegt: „Derzeit sitzen weltweit viele ukrainische und russische Seeleute in Häfen fest, etwa weil sie nach ihrer Ablösung an Bord nicht nach Hause fliegen können.“
  • Ver.di schreibt dazu in einer Pressemitteilung vom 7. März 2022 externer Link: „Für alle Betroffenen müssen unverzüglich Hilfen bereitgestellt und gegebenenfalls auch unbürokratische Lösungen geschaffen werden“, forderte die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Christine Behle am Montag. Nach dem „Maritimen Arbeitsübereinkommen‘ haben Seeleute das Recht, an Land zu gehen und Zugang zu frischer Nahrung, Wasser und vor allem zu dringender medizinischer Versorgung zu erhalten. Die Bundesregierung werde auf dieser Grundlage aufgefordert, Ausnahmeregelungen für Seeleute zu prüfen und sichere Mobilitätskorridore zu schaffen. Zudem gelte es, das Leben der Menschen an Bord der Schiffe zu schützen. Dazu gehöre, dass Betroffene das Kriegsgebiet sicher verlassen dürfen. Für Seeleute außerhalb des Kriegsgebiets müsse sichergestellt werden, dass sie Visa erhielten und für die Heimreise gesorgt werde, sofern sie es wünschten. Reeder und Besatzungsagenturen sind nach internationalen Übereinkommen verpflichtet, die Rückführung von Seeleuten in ihre Heimat zu gewährleisten. Dazu gehört auch die Übernahme von Reise-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten sowie der Grundheuer während der Reisezeit. „Wir fordern darüber hinaus, dass die Arbeitgeber Seeleute, die nach Hause ins Kriegsgebiet heimkehren wollen, mit zwei Monatsgrundlöhnen entschädigen“, betonte Behle.“
  • In dem Artikel „Calls for ‘blue corridor’ to let stranded seafarers leave Ukraine war zone” vom 16. März 2022 im Guardian schreibt Karen McVeigh externer Link: “Die Internationale Schifffahrtskammer und die Gewerkschaften fordern die sofortige Einrichtung sicherer „blauer Korridore“, damit die Schiffe und ihre Besatzungen ohne Gefahr von Raketen- oder Mineneinschlägen auslaufen können. Die Internationale Seeschifffahrtsorganisation der Vereinten Nationen, die letzte Woche eine Dringlichkeitssitzung abhielt, um sich mit der Situation zu befassen, schätzt, dass bis zu 2.000 Männer betroffen sein könnten, auch wenn einige von ihnen bereits in ihre Heimat zurückgeführt worden sind, hieß es. […] Ein Mann, Hadisur Rahman, 27, wurde Anfang des Monats im Hafen von Olvia in der Nähe von Mykolaiv an der Dnipro-Bug-Mündung getötet, nachdem eine Rakete sein unter bangladeschischer Flagge fahrendes Frachtschiff getroffen hatte.
  • Am 25. Februar wurden zwei Ukrainische Handelsschiffe mit etwa 50 Crew Mitgliedern von der russischen Marine beschlagnahmt, schreibt Insurance Marine News am 1. März 2022 externer Link
  • Weiterhin schreibt CNBC/Reuters am 3. März 2022 externer Link, dass vor dem Hafen von Odessa, ein estländisches Schiff ebenfalls versenkt wurde, die sechs Besatzungsmitglieder konnten sich jedoch retten…

Siehe zum Hintergrund unser Dossier: Keine Waffenlieferungen in die Ukraine! Friedenspolitik statt Krieg! und auch das Dossier: Hafenarbeiter:innen weltweit boykottieren – aus Protest gegen den Krieg in der Ukraine – russische Schiffe

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=198900
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