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Systemrelevante Schoggi: Toblerone-Belegschaft in Bern muss auch am Wochenende ran, doch profitabler US-Konzern Mondelez geizt mit Lohnerhöhung

Dossier

Toblerone-Belegschaft in Bern muss auch am Wochenende ran, doch profitabler US-Konzern Mondelez geizt mit Lohnerhöhung (Work-Zeitung der Unia)Die Toblerone-Fabrik des Mondelez-Konzerns in Bern läuft neu auch am Wochenende. Die Arbeiterinnen und Arbeiter ziehen mit, fordern aber im Gegenzug: Sechs Prozent mehr Lohn. Für alle! Freie Wochenenden sind rar geworden für die Arbeiterinnen und Arbeiter der Toblerone-Fabrik in Bern. Seit letztem Jahr lässt der US-Lebensmittelkonzern Mondelez die Maschinen auch am Samstag und Sonntag laufen, um die Produktion zu pushen. Der Mondelez-Arbeiter Urs Brunner (52) erklärt: «Die Schichten wurden umgestellt. An drei von vier Wochenenden müssen die Leute jetzt arbeiten. Stattdessen haben sie irgendwann unter der Woche frei.» Als Elektriker in der Haustechnik ist Brunner davon zwar nicht betroffen. Aber er ist auch Vizepräsident der Personalkommission (Peko) und weiss, was das neue System für die Arbeiterinnen und Arbeiter bedeutet: «Viele sagen, die Erholungszeit sei zu kurz…“ Artikel von Christian Egg vom 1. März 2023 in der Work externer Link – Zeitung der Unia – siehe mehr daraus und dazu:

  • Arbeitskampf bei Toblerone: Schluss mit Swissness. In der Berner Toblerone-Fabrik stellen sich die Arbeiter:innen quer. Selbst das Undenkbare wird denkbar: ein Streik. New
    „… Urs Brunner ist das Gesicht des Widerstands in der Berner Toblerone-Fabrik. Dort kämpft die Belegschaft seit gut sechs Wochen für mehr Lohn. Sie verlangt einen generellen Aufschlag von 6 Prozent, womit die Teuerung und der Anstieg der Krankenkassenprämien abgedeckt wären und zusätzlich eine kleine Lohnerhöhung für die gestiegene Belastung im Betrieb herausschauen würde. Der Stand nach vier Verhandlungsrunden: 1,8 Prozent, aber nicht für alle, sondern auf individueller Basis. Das würde noch nicht einmal den Kaufkraftverlust aufwiegen. Dennoch hat die Geschäftsleitung die Gespräche für beendet erklärt. «Wir sind trotz intensiver Bemühungen leider nicht zu einem gemeinsamen Abschluss gekommen», schreibt eine Sprecherin des Konzerns. Vorbei ist der Streit damit aber noch lange nicht. Die Stimmung im Betrieb: «Anhaltend kämpferisch», versichert Brunner. Urs Brunner ist Mitglied der Personalkommission und war als solches an allen Verhandlungen dabei. Seit 21 Jahren arbeitet er im Betrieb, aber das, was jetzt passiere, habe er noch nie erlebt, sagt er. Tatsächlich geschieht Unerhörtes im Berner Aussenquartier Brünnen, in der Produktionsstätte der weltberühmten Schokolade. Das wird schon an der Konstellation des Konflikts deutlich. Auf der einen Seite die Leute in der Toblerone-Fabrik, 220 Angestellte, davon rund 180 Arbeiter:innen, die am Band stehen, die Lastwagen beladen oder Maschinen reparieren. Auf der anderen Seite einer der grössten Lebensmittelhersteller der Welt: Mondelez mit Hauptsitz in Chicago, mit 80 000 Angestellten, Dutzenden weltbekannten Marken, mit einem Reingewinn von 2,7 Milliarden US-Dollar im letzten Jahr und Dividendenauszahlungen und Aktienrückkäufen in Höhe von 4 Milliarden. (…) Doch die Arbeiter:innen haben sich davon bislang nicht vereinnahmen lassen. Das liege auch an Mondelez’ generell schlechtem Umgang mit den Angestellten. «Es hat sich hier einiges aufgestaut», sagt Supe. So entliess der Konzern mehrere Mitarbeiter, die kurz vor der Pension standen und zudem gesundheitlich angeschlagen waren. Ausserdem führte das Unternehmen ein sogenanntes Absenzenmanagement ein: Wer länger krank ist, muss darlegen, wie er oder sie schnell wieder fit zu werden gedenke. Mittlerweile habe es Änderungen im Kader gegeben, und die Situation habe sich gebessert, sagt Supe, doch vergessen seien die Kündigungen nicht.
    Dann wurde die Belegschaft letzten August in ein Vierschichtsystem gezwungen. Toblerone ist gefragt, produziert wird sie deshalb seit Sommer rund um die Uhr. Für diejenigen, die Schicht arbeiten, heisst das, nur eines von vier Wochenenden ist frei. Sieben Arbeitstage am Stück sind keine Seltenheit. Elektriker Urs Brunner, der bis vor kurzem selber im Schichtbetrieb arbeitete, sagt: «Es macht die Leute müde, es macht sie krank. Es führt zu Fehlern.» Ein Sozialleben sei nicht mehr möglich, die Familie leide darunter.
    Doch der Weckruf war die Lohnverhandlung im vergangenen Jahr. Nach jahrelangem Stillstand liess sich die Geschäftsleitung auf eine minimale allgemeine Aufbesserung ein. «Das hat etwas ausgelöst», sagt Brunner. Die Personalkommission wurde verstärkt, die Unia konnte in der Fabrik Mitglieder gewinnen. Als dann in diesem März die Geschäftsleitung in der ersten Verhandlungsrunde erklärte, es werde erst mal kein Lohnangebot des Konzerns geben, schlossen sich die Reihen…“ Artikel von Renato Beck (Text) und Caroline Minjolle (Foto) in der WoZ vom 27. April 2023 externer Link
  • Toblerone-Fabrik: Mondelez will Reallohnsenkung durchdrücken
    In den Lohnverhandlungen für die rund 200 Beschäftigten der Toblerone-Fabrik in Bern-Brünnen setzt Mondelez auf maximale Provokation: Der Konzern hat die Gespräche einseitig abgebrochen. Stattdessen will das Milliardenunternehmen eine Reallohnsenkung durchdrücken.
    Es war die wohl kürzeste Verhandlungsrunde, die die Schweiz in diesem Jahr gesehen hat: In den Lohngesprächen am Montag verliess die Verhandlungsdelegation von Mondelez nach nur elf Minuten den Raum und liess die anwesenden Beschäftigten wütend zurück. In der kurzen Zeit teilte die Unternehmensvertretung mit, dass der Konzern beschlossen habe, die Lohnverhandlungen einseitig zu beenden. Weitere Gespräche mit den Arbeiterinnen und Arbeitern sehe der Konzern als nicht mehr nötig an. Mondelez wolle nun eine individuelle – also willkürlich verteilte – Lohnerhöhung von durchschnittlich 1,8% zahlen. (…) Die Reallohnsenkung bei Mondelez ist zum jetzigen Zeitpunkt speziell respektlos. Die Beschäftigten in der Toblerone-Fabrik mussten kürzlich auf ein Vier-Schicht-System und die 24/7-Produktion umstellen und haben damit eine deutliche Mehrbelastungen zu tragen. Dem abstrusen Auftritt der Mondelez-Delegation vom Montag gingen drei Verhandlungsrunden voraus. Am 3. März verweigerte Mondelez jedes Angebot. In der zweiten Gesprächsrunde bot das Unternehmen eine individuelle Erhöhung von 1,2% an. Nach wütenden Reaktionen im Betrieb wurden es in der dritten Runde dann 1,5%. Die jetzige Erhöhung des Angebots auf 1,8% ist das Resultat eines weiteren Protests, bei dem Arbeiterinnen und Arbeiter die Werksleitung vor den Toren minutenlang auspfiffen…“ Unia-Meldung vom 18.04.2023 externer Link
  • Toblerone-Fabrik: Mondelez-Beschäftigte protestieren gegen drohenden Kaufkraftverlust
    Die Lohnverhandlungen in der Toblerone-Fabrik in Bern-Brünnen verlaufen harzig. Der Mondelez-Konzern will seinen Beschäftigten trotz Milliardengewinnen einen drastischen Kaufkraftverlust aufzwingen. Darauf reagierten die Arbeiterinnen und Arbeiter heute mit einer ersten Protestaktion. Während der ersten Gespräche hatte der Konzern sich geweigert, überhaupt ein Angebot abzugeben. Erst auf den Druck der Belegschaft und der Unia hin bot Mondelez in der zweiten Verhandlungsrunde eine individuelle Lohnerhöhung von 1,2 Prozent an. Heute legte Mondelez dann lediglich ein Angebot von 1,5 Prozent vor – ein Wert, der weiterhin deutlich unter der Teuerung liegt. Zwischen den Verhandlungsrunden hatte eine Betriebsversammlung der Arbeiterinnen und Arbeiter erneut die Haltung der Belegschaft klargemacht: Sie fordern den Ausgleich der Teuerung und der erhöhten Krankenkassenprämien sowie eine reale Lohnerhöhung. Entsprechend lehnte die Verhandlungsdelegation der Beschäftigten die Offerte von Mondelez einstimmig ab. (…) Die Beschäftigten zeigten ihren Unmut über den Verlauf der Verhandlungen in einer Protestaktion. Eine Delegation der verschiedenen Abteilungen aus rund 20 Kolleginnen und Kollegen versammelte sich vor dem Werkseingang. Mit Transparenten, Fahnen und einem Trillerpfeifenkonzert wiesen sie Werksleitung und Konzern zurecht. Die Beschäftigten verzichteten an diesem Montag bewusst darauf, die Produktion lahmzulegen. Sie mahnten den Konzern aber, bei der nächsten Verhandlungsrunde endlich ihren Forderungen nachzukommen. Die vierte Verhandlungsrunde wird im April stattfinden…“ Unia-Meldung vom 27.03.2023 externer Link
  • Weiter im Artikel von Christian Egg vom 1. März 2023 in der Work externer Link („«Für einen Zacken mehr Lohn!»“): „… Die Fabrik produzierte letztes Jahr 49 000 Tonnen Toblerone. Ein neuer Rekord! Gleichzeitig dümpeln die Löhne der 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dahin. Unia-Mitglied Brunner: «Während Jahren gab es Lohnrunden so um die 0,5 bis 0,7 Prozent.» Letztes Jahr seien es 1,2 Prozent gewesen – aber der grösste Teil davon als individuelle Lohnerhöhungen. «Das heisst, die Chefs bestimmen, wer wieviel bekommt.» Das wollen die Toblerone-Macherinnen und -Macher jetzt nicht mehr akzeptieren. Im März starten die nächsten Lohnverhandlungen. Die Unia-Betriebsgruppe hat dafür zwei Forderungen verabschiedet: Eine generelle Lohnerhöhung für alle. Und zwar um sechs Prozent. Ein Teil davon soll die gestiegenen Lebenskosten ausgleichen. Allein die Teuerung betrug letztes Jahr 2,8 Prozent. Darin nicht enthalten ist der Anstieg der Krankenkassenprämien. Ivan ­Kolak von der Unia Bern hat in den letzten Wochen mit vielen Mondelez-Beschäftigten darüber gesprochen und sagt: «Einige zahlen jetzt pro Monat 40 Franken mehr Prämie. Das entspricht­zusätzlichen 0,7 bis einem Prozent ihres Grundlohnes.» Darüber hinaus sei jetzt eine Reallohnerhöhung fällig, begründet Elektriker Brunner die Forderung von sechs Prozent: «Wir produzieren Jahr für Jahr mehr, übernehmen immer mehr Aufgaben. Jetzt muss der Betrieb auch bei den Löhnen einen Zacken zulegen.» Mindestens 105 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Betrieb sehen das genauso. So viele haben bis Redaktionsschluss mit ihrer Unterschrift die Lohnforderung unterstützt. (…) Die Geschäftsleitung habe bisher Anliegen der Belegschaft lieber ausgesessen statt angepackt. Jetzt aber poche die Peko auf ihre Rechte. Anders als bisher hält sie Betriebsversammlungen ab ohne die Chefinnen und Chefs. «Das hat ihnen gar nicht gepasst», sagt Brunner und schmunzelt. «Aber wir haben ihnen das Peko-Reglement gezeigt. Dort steht es schwarz auf weiss.» Zähne zeigte die Peko auch bei anderer Gelegenheit: Kürzlich wollte das Management neue Regelungen zu Schichten, Ferienbezug und Urlaubstagen erlassen. Brunner: «Die haben wir für nichtig erklärt. Weil sie uns nicht vorher konsultiert haben.» (…) Dazu komme, dass sich Mondelez eine deutliche Lohnerhöhung locker leisten könne. Der US-Konzern, dem Marken wie Milka, Cadbury und Oreo oder die Kaugummis Trident und Stimorol gehören, machte im vergangenen Jahr 2,7 Milliarden Dollar Reingewinn. 4 Milliarden verteilte er an das Aktionariat, über Dividenden und Aktienrückkäufe. Also mehr, als Mondelez überhaupt an Reingewinn machte! Pro Aktie stieg die Dividende um zehn Prozent gegenüber dem Jahr zuvor. Kolak: «Das wäre ja auch ein schöner Wert für eine Lohnerhöhung.»“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=211312
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