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Schichtarbeit im Weihnachtsdorf: Schöne Bescherung – nicht für Saisonniers aus ganz Europa
„Sie machen die zauberhaften Weihnachtsmärkte erst möglich: die Saisonniers, die jedes Jahr aus ganz Europa anreisen, um hier unter widrigen Bedingungen zu arbeiten. Weihnachtszeit ist Marktzeit in Zürich: Holzhütten, warme Lichter, besinnliche Stimmung in den Herzen. Von einem Klima der Angst berichten dagegen Mitarbeiter:innen des «Wienachtsdorfs» auf dem Sechseläutenplatz. Sie seien bei der Arbeit Willkür ausgesetzt, was sie zu übermässigem Gehorsam zwinge und in ein Konkurrenzverhältnis zu ihren Kolleg:innen setze, sagen zwei, die sich gegen die Arbeitsbedingungen organisieren wollen. Zwei weitere Angestellte sowie zwei ehemalige Mitarbeitende bestätigen deren Vorwürfe…“ Artikel von Lukas Tobler in der WOZ vom 19. Dezember 2024 und mehr daraus:
- Weiter aus dem Artikel von Lukas Tobler in der WOZ vom 19. Dezember 2024 : „… Einer von ihnen sagt: «Ich habe noch nie in einem so toxischen Umfeld gearbeitet.» Sie alle wollen anonym bleiben. Betrieben wird das Weihnachtsdorf auf städtischem Grund von der Schöne Bescherung AG. Sie gehört zum Netzwerk des Gastroriesen Miteinander GmbH, die allein in Zürich drei Weihnachtsmärkte verantwortet: neben dem auf dem Sechseläutenplatz auch das «Illuminarium» im Landesmuseum und die «Weihnachtsallee» in der Europaallee. (…) Die Vorwürfe der Arbeiter:innen betreffen keine Gesetzesverstösse, denn die Gesetze sind lax. Eines der grössten Probleme, so die Saisonniers, sei die Frage, wer wie viele Schichten erhalte: Der Arbeitsvertrag für die «Aushilfen», der der WOZ vorliegt, garantiert keine Mindestanzahl Stunden. Er nennt zwar «eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit» von 43,5 Stunden; Anspruch darauf hat aber niemand. Die Angestellten müssen den Vertrag unterschreiben, bevor sie ihren Schichtplan erhalten. Das wird schnell existenziell: Saisonniers, die wenig Arbeitszeit zugeteilt bekommen, aber für den Dezember ein Zimmer gemietet haben, müssen im schlimmsten Fall für ihren Einsatz mehr Spesen bezahlen, als sie Lohn erhalten. Der Grundlohn liegt für Neue bei rund 20.60 Franken, das sind etwa 80 Rappen mehr als der verbindliche Mindestlohn. Doch selbst die Stunden auf dem Arbeitsplan hätten nichts mit der realen Arbeitszeit zu tun, sagen mehrere Mitarbeiter:innen. Viele Schichten würden gemäss Arbeitsplan bis Mitternacht dauern, obwohl der Markt schon um 22 Uhr schliesst. Dann würden die meisten von ihren Vorgesetzten frühzeitig nach Hause geschickt. Auch sonst komme es oft vor, dass man Schichten frühzeitig abbrechen müsse – wenn der Markt nicht gut laufe, etwa weil das Wetter schlecht sei. Der Arbeitsvertrag enthält einen entsprechenden Passus, der das vorzeitige Ende von «wetterabhängigen» Schichten zulässt. «Aber es ist Dezember in Zürich», sagt eine Arbeiterin. «Man kann fast jedes Wetter als schlecht bezeichnen, wenn man will.» Die Knappheit an verfügbaren Schichten führe zu einem Gefühl der Machtlosigkeit – sie habe schon Leute weinen sehen, weil sie nach Hause geschickt wurden. (…) Viele der Probleme, die die Saisonniers des «Wienachtsdorfs» beschreiben, kennt Nicole Niedermüller gut. Sie ist Mediensprecherin der Unia und hat den erwähnten Arbeitsvertrag auf seine Rechtmässigkeit hin überprüft. Sie spricht von einem Branchenproblem. Das System der Schichtverteilung, so die Gewerkschafterin, scheine darauf ausgelegt, einen möglichst grossen Teil des Geschäftsrisikos auf die Mitarbeitenden zu überwälzen. Die Angestellten sagen dazu: «Wir sind nicht grundsätzlich dagegen, einen Teil des Risikos mitzutragen – aber üblicherweise wird man bei solchen Modellen dann auch am Gewinn beteiligt.» Über den Gewinn und den Umsatz der Schöne Bescherung AG geben Weber und Maurer im Gespräch keine Auskunft. Später in der Nacht wird Katja Weber in einer Mail an die WOZ schreiben, man habe jetzt die Einrichtung einer unabhängigen und vertraulichen Anlaufstelle beschlossen.“