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Ausbeutung mit Aussicht: Ein Hotelier im Berner Oberland nutzt ausländische Arbeiter:innen systematisch aus

«Wir wollen in Würde leben!» Gastgewerbe-Angestellte in der Schweiz lancieren Manifest (unia)„… «Endlose Pistenkilometer vor atemberaubenden Bergkulissen» und «heimelige Holzchalets»: Mit diesen Vorzügen wirbt das Berner Bergdorf Adelboden um Gäste aus aller Welt. Doch die Oberländer Tourismusidylle hat auch Schattenseiten: «Nach einem Monat war ich so kaputt, dass ich nicht wusste, wie ich weitermachen soll», sagt eine Frau, die in einem Viersternehotel mitten im Dorf gearbeitet hat. Sie erzählt von ständiger Verfügbarkeit, unbezahlter Arbeit und Ausnutzung ausländischer Angestellter. «Es war meine bisher schlimmste Erfahrung in einem Hotel.» Aus Angst vor Repressionen ihres ehemaligen Arbeitgebers möchte sie weder ihren Namen noch ihr Gesicht in der Zeitung sehen. Recherchen der WOZ und des investigativen Rechercheteams Reflekt zeigen: Ihre Erfahrungen sind kein Einzelfall. Sieben Angestellte waren bereit, Auskunft zu geben. Sie alle arbeiteten im Zeitraum von Mitte 2019 bis Mitte 2021 unterschiedlich lange im gleichen Betrieb. Ihre Aussagen sowie schriftliche Belege weisen auf ein System hin, in dem die Ausnutzung ausländischer Angestellter keine Ausnahme ist. Und: Beim Hotelbesitzer handelt es sich nicht um irgendwen. Der Mann führt mehrere Betriebe in der Region, die Mitglied im Branchenverband Hotelleriesuisse sind. Aus juristischen Gründen wird sein Name hier nicht genannt…“ Artikel von Michelle Becht und Christian Zeier in der WOZ Nr. 23/2022 vom 9. Juni 2022 externer Link und mehr daraus:

  • Weiter im Artikel von Michelle Becht und Christian Zeier in der WOZ Nr. 23/2022 vom 9. Juni 2022 externer Link: „(…) Die gesammelten Verstösse seien gravierend, sagt Mauro Moretto, Verantwortlicher für den Gastrobereich bei der Gewerkschaft Unia. Generell gebe es noch immer zu viele ähnlich gelagerte Fälle in der Gastrobranche. «Das Ausmass hier ist aber unerhört und skandalös.» Verhindern sollten solche Fälle die Kontrollstelle des Gesamtarbeitsvertrags im Schweizer Gastgewerbe (L-GAV) und die kantonale Arbeitsmarktkontrolle. Zudem können sich Arbeitnehmer:innen mit arbeitsrechtlichen Ansprüchen an eigens dafür eingerichtete Schlichtungsbehörden wenden. (…) «Wenn Betriebe ihre Angestellten über ihre Rechte und über Gewerkschaften aufklären würden, wäre schon viel getan», sagt Mauro Moretto von der Unia. Zu wissen, wo man sich als angestellte Person informieren kann, sei ausschlaggebend für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Das Angebot wäre theoretisch da: Die Kontrollstelle des L-GAV setzt auf eine stetig aktualisierte Information in drei Sprachen. Angestellte können sich zudem unentgeltlich beim Rechtsdienst beraten lassen. (…) Für die ehemaligen Angestellten des Adelbodner Hotels kommen solche Massnahmen allerdings zu spät. Sie denken ungern an ihre Zeit in der Schweiz zurück, die Hoffnung auf Gerechtigkeit haben sie aufgegeben. «Ich habe abgeschlossen und erwarte keine Kompensation mehr», sagt einer von ihnen. Er wünsche sich nur noch, mit seinen Aussagen etwas zu verändern. Damit künftige Angestellte besser behandelt werden und auch selber die Oberländer Idylle geniessen können.“ Als Ganzes eine unbedingt lesenswerte Recherche!
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=201570
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