Politische Krise in Schweden: Misstrauensvotum wegen Marktmieten

Die 2018 gegründete rot-grüne Minderheitenregierung in Schweden stand von Anfang an auf wackligen Füßen. Nachdem es bereits im letzten Jahr heftige Diskussionen über die Neuregulierung des Kündigungsschutzes gab, kam es nun aufgrund von Unstimmigkeiten über die Aufhebung eines Mietendeckels zum Misstrauensvotum gegen die Regierung. Besonders brisant: Der Misstrauensantrag wurde neben anderen Parteien sowohl durch die rechtspopulistischen Schwedendemokraten als auch die Linkspartei unterstützt… Siehe einen kleinen Überblick:

• Eine Zusammenfassung der Ereignisse findet sich in der dpa-Meldung „Misstrauen vor Mittsommer: Politische Krise in Schweden“ vom 21.6.201 in der Süddeutschen Zeitung online .  Aus dem Text: „…‘Wenn sich links mit extrem-rechts vereint, dann passiert etwas im schwedischen Reichstag. Es ist klar, dass sich dann die politische Landschaft verändert‘, sagte [Löfven]. Löfven regiert seit sieben Jahren. Nach der Parlamentswahl 2018 wurde die Regierungsbildung durch das starke Ergebnis der Rechtspopulisten deutlich erschwert. Erst nach monatelangen Verhandlungen fand Löfven ein Modell, in dem Rot-Grün von Zentrumspartei und Liberalen toleriert wurde – ein Novum, weil dies über die klassischen Blockgrenzen hinweg geschah. Nun steht dieses Modell vor dem Aus…“
• Ein weiterer Artikel „Schwedens Regierung gestürzt“ von Reinhard Wolff  vom 21. 6. 2021 in der taz online berichtet:  „… Um was es in der Sache geht: Ein Gesetzesentwurf ist in Arbeit, der für neugebaute Mietwohnungen „Marktmieten“ möglich machen will, also eine Festlegung der Miete allein durch den Vermieter. Das gibt es in Schweden bislang nicht. Ähnlich wie Tarifverträge zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden ausgehandelt werden, geschieht das für die Festlegung der Kriterien für die Miethöhen bei jährlichen Verhandlungen zwischen den Verbänden der Immobilieneigentümer und einer Art Mietergewerkschaft. In der Praxis hat dieses Modell die Wirkung einer institutionalisierten Mietpreisbremse und gilt als wichtiger Pfeiler der Sozialpolititik [sic!]…“
• Der Kampf gegen die sogenannten „Marktmieten“ ist zentrales Anliegen der Linkspartei, sowie der schwedischen Mieter*innengewerkschaft Hyresgästförening
• Hintergrundinformationen über den schwedischen Wohnungsmarkt und die Mieter*innengewerkschaft finden sich englischsprachig auf der Seite der International Union of Tenants  und in einem Interview von Thies Wilkening mit Kristofer Lundberg vom Hyresgästförening vom 06.03.2020 in der LunaPark21 
• Siehe auch den Beitrag im LabourNet: Aus dem Kampf der schwedischen Mietergewerkschaft