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Das tödliche Feuer in einem sibirischen Einkaufszentrum: Laissez faire…
„Nach dem Brand am vergangenen Sonntag im Einkaufszentrum »Winterkirsche« im sibirischen Kemerowo zeichnet sich ein verheerendes Bild ab. 64 Menschen haben ihr Leben verloren, zwei Drittel davon sind Kinder. Selten schlägt eine der vielen Katastrophen, die in Russland regelmäßig etliche Todesopfer fordern, so hohe Wellen. Von Schlamperei und Fahrlässigkeit ist die Rede. Schnell sind die Schuldigen gefunden. Fünf der mutmaßlichen Verantwortlichen für die hohe Opferzahl befinden sich in Untersuchungshaft, darunter die Generaldirektorin der Betreiberfirma, Nadeschda Suddenok, und Angehörige des Sicherheitspersonals. Aber die bislang bekannten Mängel deuten auf eine systematische Missachtung grundlegender Sicherheitsregeln hin, die nicht nur für die »Winterkirsche« symptomatisch sind“ – aus dem Artikel „Prinzip der gnadenlosen Profitmacherei“ von Ute Weinmann am 31. März 2018 in neues deutschland , worin auch noch kurz die ersten Protest-Reaktionen erwähnt werden, die laut einem gewissen Herrn Putin, das Werk von „Krawallmachern“ seien… Siehe dazu zwei weitere aktuelle Beiträge:
- „Eine Brandkatastrophe legt Russlands innere Schwäche offen“ von Markus Ackeret am 29. März 2018 in der NZZ hebt dazu genüßlich hervor: „Mindestens 64 Leben löschte der Grossbrand aus, unter ihnen eine grosse Zahl an Kindern. Die herzzerreissenden Schilderungen von Angehörigen kontrastieren auf schwer erträgliche Weise mit dem Verhalten und den Äusserungen politischer Funktionäre. Das Vertrauen in sie ist minimal. In Kemerowo glauben die wenigsten an das, was diese sagen, auch nicht an die Zahlen über die Opfer. Im ganzen Land war am Mittwoch Tag der Trauer. Am Vorabend hatte auch in Moskau eine Gedenkveranstaltung Tausende angezogen. Wie bei vergleichbaren tragischen Ereignissen in der Vergangenheit auch, einen der Zorn und die Trauer Leute, die sonst wenig miteinander zu tun haben. Dass so viele Eltern und Grosseltern ihre Kinder und Enkel verloren haben; dass manche Väter oder Mütter bis zuletzt im telefonischen Kontakt mit ihren Angehörigen standen; dass Einkaufszentren wie dieses in jeder russischen Stadt eine wichtige Funktion übernehmen und zum «neuen» Russland gehören: Das macht die Katastrophe so unmittelbar für viele Russen. Die Emotionen gehen aber auch deshalb so hoch, weil durch das Prisma dieser Brandkatastrophe die Schwäche, Dysfunktionalität und Unmenschlichkeit des Staatsapparats ganz plastisch wird. Der vierstöckige Gebäudekomplex, in dessen oberen Etagen aus noch ungeklärten Gründen der Brand ausgebrochen war, hatte offenbar weder eine funktionierende Brandschutzvorrichtung noch ordentlich ausgeschilderte Fluchtwege“.
- Russland: Proteste gegen Behörden nach Brand in Kemerowo“ von Clara Weiss am 02. April 2018 bei wsws zu den andauernden Protesten: „Gleichzeitig versammelten sich bis zu 3.000 Menschen, darunter viele Angehörige der Opfer, im Stadtzentrum auf dem Sowjetplatz vor dem Stadtverwaltungsgebäude, nur wenige Meter von dem Treffen zwischen Putin und Tulejew entfernt. Die Demonstration wurde offensichtlich von Angehörigen der Opfer organisiert.Igor Wostrikow, der am Sonntag seine Frau, seine Schwester und drei Kinder im Alter von zwei, fünf und sieben Jahren verloren hatte, rief auf Vkontakte, dem russischen Äquivalent zu Facebook, zu den Protesten auf und erklärte: „Meine Familie ist tot. Schuld daran ist das Regime, das mein Land regiert. Alle Beamten träumen davon, so zu stehlen wie Putin. Alle Staatsvertreter behandeln die Menschen wie den letzten Dreck.“ Demonstranten trugen Bilder der Toten und Vermissten, dazu Transparente mit der Aufschrift „Korruption tötet!“, „Rücktritt“, „Wer ist schuld?“ oder „Sagt die Wahrheit“. Die Menge wurde bald von der Polizei und den OMON-Spezialeinheiten des Innenministeriums umzingelt, die für ihr brutales Vorgehen gegen Demonstranten berüchtigt sind. Weder Putin noch Gouverneur Tulejew wagten es, eine Rede vor den Demonstranten zu halten, obwohl diese die Anwesenheit von beiden sowie ihren Rücktritt forderten. Nur der Bürgermeister von Kemerowo Ilja Serdjuk und die stellvertretenden Gouverneure Sergei Zilijew und Wladimir Tschernow sprachen zu den Demonstranten“.