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In Russland wachsen Proteste – weil sich die Regierung nur in ihrer bedingungslosen Unterstützung „der Wirtschaft“ bewegt…

Vorbereitung auf Proteste wegen Kaufhausbrand in Sibirien im März 2018„… Unter Pandemie-Bedingungen, während sich das politische Leben ins Internet verlagert, kommt es zu neuen Organisationsformen. Eine anonyme Initiativgruppe vernetzt Medizinstudenten, die gerade von ihren Hochschulen zu »freiwilligen« Praktika in den sogenannten roten Zonen und auf den Corona-Stationen der Krankenhäuser gezwungen werden. »Studenten sind keine Sklaven, Studenten sind kein Kanonenfutter«, lautet der Slogan – bei der Rekrutierung der »Volontäre« wird weder auf die Zugehörigkeit zu Risikogruppen noch auf die Arbeitsschutzgesetze Rücksicht genommen. »Wenn die angehenden Ärzte der Pandemie zum Opfer fallen«, so ein Argument der Initiative, »wer wird dann die Gesundheitsversorgung gewährleisten?« Das »Recht auf Quarantäne« vertritt auch die neu gegründete »Virus-Gewerkschaft«…“ aus dem Artikel „Arbeitskampf unter Pandemie-Bedingungen“ von Ewgeniy Kasakow am 27. Mai 2020 in neues deutschland online externer Link über – sehr verschiedene – gewerkschaftliche Reaktionen auf die Epidemie und die Regierungspolitik in Russland. Siehe dazu mehr über die Auswirkungen der Regierungspolitik:

  • „„Böswillige Untätigkeit“: Russische Oligarchie opfert Gesundheit und Leben der Menschen“ von Wladimir Wolkow und Clara Weiss am 20. Mai 2020 bei wsws externer Link zu den Auswirkungen von Epidemie und Regierung unter anderem: „… Zweifellos haben die politischen Erwägungen eine Rolle bei der frühzeitigen Aufhebung des wirtschaftlichen Shutdown gespielt. Am 8. April erklärte Putin in einer Videokonferenz mit Regionalgouverneuren: „Wir können die Wirtschaft nicht einfach anhalten … Wir müssen jetzt Bedingungen schaffen, unter denen Firmen, Organisationen und Unternehmer zu ihren normalen Arbeitsabläufen zurückkehren können.“ Deshalb nahmen bereits am 10. April Hunderte von Fabriken in Moskau und anderen Regionen, viele von ihnen keineswegs „systemrelevant“, die Arbeit wieder auf. Dies war ein wesentlicher Faktor, der zur rapiden Ausbreitung der Pandemie in Russland während der letzten Wochen beigetragen hat. Genau in der Zeit zwischen Mitte April und Mitte Mai stieg die Zahl der bestätigten Corona-Fälle um das Zehnfache. In diesem Zeitraum gab es auch die meisten gemeldeten Todesfälle. Ein besonders krasses Beispiel für die zynische Haltung von Regierungsvertretern gegenüber dem Leben der arbeitenden Bevölkerung kam von Igor Artamonow, dem Gouverneur der Region Lipezk. Bei einem Treffen im April empfahl er seinen Untergebenen, durch den Einsatz von Chemikalien gegen Zecken Ansammlungen von Menschen auf den Straßen zu zerstreuen, um die „soziale Distanzierung“ durchzusetzen. Die völlige Gleichgültigkeit gegenüber der Sicherheit und dem Leben der arbeitenden Bevölkerung äußert sich in besonders scharfer Form in Bezug auf das medizinische Personal. Im April und Mai berichteten die Nachrichten unaufhörlich über deren Arbeitsbedingungen: Es fehlt an persönlicher Schutzausrüstung, und die Beschäftigten sind massiv unterbezahlt. Es gab außerdem schwere Fehler bei den Bemühungen, die Krankenhäuser schnell auf die Behandlung von Corona-Patienten umzuorientieren, sodass häufig infizierte mit noch nicht infizierten Patienten zusammengelegt wurden. Nach Jahrzehnten verheerender Kürzungen im Gesundheitswesen ist deshalb eine Situation entstanden, in der die Krankenhäuser die größten Infektionsquellen des Landes geworden sind. Am 13. Mai erklärte Gesundheitsminister Michail Muraschko vor der Staatsduma, 400 Krankenhäuser gälten als Brennpunkte des Virus, sodass Patienten aus Angst alle Krankenhäuser mieden. Mittlerweile hat Russland weltweit eine der höchsten Zahlen an Todesopfern unter Ärzten und Pflegekräften. Eine Gedenkseite für Todesopfer unter dem Klinikpersonal listete bis zum 17. Mai 222 Namen von Verstorbenen auf. In seiner Rede am 11. Mai hatte Putin erklärt: „Wir haben uns dafür entschieden, die Gesundheit und das Leben der Menschen zu retten, und zusammen haben wir schon viel erreicht, viel getan und viele Hindernisse überwunden.“ Unter den vorherrschenden Bedingungen kann eine solche Äußerung nur als bewusste und zynische Lüge angesehen werden. Die böswillige Untätigkeit der Regierung hat Anzeichen für einen wachsenden Widerstand in der Arbeiterklasse hervorgerufen. Hervorzuheben ist der Protest von Gazprom-Arbeitern des Öl- und Gaskondensatfelds Tschajanda im nordrussischen Jakutien. Diese protestierten Ende April gegen ihre entsetzlichen Arbeitsbedingungen angesichts der Ausbreitung des Virus. Von 10.500 Arbeitern in dem Feld hat sich etwa ein Drittel mit dem Virus infiziert. Erst nach den offenen Protesten ließ das Management das Feld evakuieren…“
  • Weiter aus dem  Artikel „Arbeitskampf unter Pandemie-Bedingungen“ von Ewgeniy Kasakow am 27. Mai 2020 in neues deutschland online externer Link: „… Das mit der trotzkistischen Sozialistischen Alternative kooperierende Projekt bekam in den ersten zwei Monaten seiner Existenz über 300 Anfragen aus allen Ecken Russlands. Auch wenn es laut der Aktivistin Ayten Yakubowa nur zehn feste Mitglieder gibt, haben Netzkampagnen gegen Unternehmer, die ihre Beschäftigten zur Arbeit in der Quarantäne zwingen, ihnen Masken und Desinfektionsmittel verweigern oder für den Ausstand nicht bezahlen, bereits erste Früchte getragen. Der größte russische Online-Händler »Wildberries« musste die Mitarbeiter mit Masken, Handschuhe und Desinfektionsmittel ausstatten, nachdem Informationen über die Zustände per Internet Medien und Kunden erreichten. In Zukunft hofft Ayten Yakubowa auf die Zusammenarbeit mit Nawalnyj-Gewerkschaften, jedoch kritisieren sie und ihre Genossen, dass sowohl die Allianz der Ärzte als auch die zweitgrößte Gewerkschaft im Land, Konföderation der Arbeit Russlands, letztendlich Hilfsappelle an die Regierung senden, die ja die aktuelle Situation verschuldete. Damit werde die Illusion aufrechterhalten, dass die händeringend verlangten staatliche Hilfen an die Unternehmen den Erhalt der Arbeitsplätze gewährleisteten. Auffällig ist, dass der größte Gewerkschaftsdachverband Russlands – die Föderation der Unabhängigen Gewerkschaften – sich in der Coronakrise weitgehend still verhielt…“
  • Siehe zuletz am 15. Mai 2020: Die A-Karte gezogen: Die Beschäftigten des russischen Gesundheitswesens. Und eine halbe Million asiatischer MigrantInnen in Moskau
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=173425
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