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Abtreibungsgesetz: Die Rechten (nicht nur) in Polen wollen Gebärmaschinen – und bekommen massenhaften Widerstand

Dossier

Pressekonferez des Frauestreik-Komitees in WarschauKaczyński mobilisiert jetzt in einer Videobotschaft zum offenen Endkampf: „Wir müssen die polnischen Kirchen um jeden Preis schützen. Ich rufe alle dazu auf, an der Verteidigung der Kirche teilzunehmen… Das ist ein Angriff der Polen vernichten soll.“ – so meldet es kapturak auf seinem Twitter-Kanal am Abend des 27. Oktober 2020 externer Link womit er sowohl Recht hat, was den Aufruf des obersten Rechten Polens zum Bürgerkrieg um jeden Preis betrifft, als es auch bei diesem extrem wenig feinen Herren deutlich macht, dass er angesichts der massenhaften Proteste versucht, seine frauenfeindliche Offensive hinter dem Appell an Tradition und Gottesanbetung zu verstecken – womit er nicht alleine zu sein scheint… Siehe auch gewerkschaftliche Kritik am absoluten Abtreibungsverbot in Polen und dem explodierenden Massenwiderstand dagegen:

  • Zugang zu Abtreibungen in Polen soll mangels einer Mehrheit im Sejm nur partiell erleichtert werden – Frauen und die Mehrheit der Bevölkerung sehen es anders New
    • Abtreibungen in Polen: Neue Richtlinien, kein neues Gesetz
      Polens Regierung legt neue Richtlinien für Abtreibungen vor. Es ist ein erster kleiner Schritt, aber nicht der von Donald Tusk versprochene große Wurf.
      Die polnische Regierung hat dieser Tage neue Richtlinien vorgelegt, um Frauen den Zugang zu Abtreibungen partiell zu erleichtern. Demnach ist ein Abbruch legal möglich, wenn die Betroffene ein psychiatrisches Gutachten vorlegt, wonach eine Fortsetzung der Schwangerschaft ihrer mentalen Gesundheit schaden würde. Damit, so die Begründung, soll auch für Ärz­t*in­nen Klarheit geschaffen werden. Diese hatten vor allem unter der Regierung der Partei für Recht und Gerechtigkeit (PiS), auch wenn sie im Einklang mit dem Gesetz handelten, rechtliche Konsequenzen zu fürchten. Polen hat derzeit in Europa eines der restriktivsten Abtreibungsgesetze. 2020 hatte ein Urteil des Verfassungsgerichts die geltenden Regelungen noch weiter verschärft. (…)
      Die strikte Handhabung des Abtreibungsrechtes brachte nach dem Urteil landesweit Millionen Frauen auf die Straße. Vor allem ihnen hatte 2023 während des Wahlkampfes die damalige Oppostion unter Donald Tusk und seiner liberalen Bürgerplattform PO versprochen, die bestehende Gesetzeslage zu liberalisieren.
      Liberaleres Abtreibungsgesetz nicht in Sicht
      Doch damit ist es, knapp ein Jahr nach Tusks Amtsantritt, nicht weit her. Mit ein Grund dafür ist Tusks konservativer Koalitionspartner Dritter Weg – ein Bündnis aus der zentristischen Partei Polen 2050 und der Polnischen Bauernpartei (PSL) – ein erklärter Gegner der Reform. Im Juli dieses Jahres scheiterte ein Gesetzesentwurf, der Hilfe für zu einer Abtreibung entschlossene Frauen entkriminalisiert, im Parlament. Bis zu den nächsten Wahlen werde es im Sejm keine Mehrheit für eine legale Abtreibung im wahrsten Sinne des Wortes geben. „Wir sollten uns nichts vormachen. Wenn wir das Gesetz nicht ändern, werden wir die Realität ändern“, sagte Tusk Ende August...“ Artikel von Barbara Oertel vom 5.9.2024 in der taz online externer Link, siehe auch den Kommentar:
    • Abtreibungsrecht in Polen: Kein großer Wurf
      Die neue Regierung in Polen weicht das harte Abtreibungsverbot ein klein wenig auf. Das wurde auch Zeit, denn den Frauen reißt der Geduldsfaden.
      Die Aushöhlung demokratischer Institutionen und die Demontage des Rechtsstaates, die die nationalpopulistische Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) während ihrer achtjährigen Regierungszeit in Polen erfolgreich bewerkstelligt hat, ist nicht über Nacht zu reparieren. Das müssen mittlerweile auch all jene einsehen, die den Machtwechsel zu einer Regierung des Liberalen Donald Tusk infolge der Parlamentswahlen vom Oktober 2023 möglich gemacht haben.
      Demgegenüber reißt Millionen Frauen, die landesweit und lautstark gegen das Abtreibungsgesetz – weltweit eines der restriktivsten – auf die Straße gegangen waren, langsam der Geduldsfaden. Zu Recht. Denn entgegen anders lautenden Versprechen im Wahlkampf, hier eine Liberalisierung voranzutreiben, ist Tusk bislang im Verzug. Und das reichlich. (…) Dermaßen im Zangengriff bleibt Tusk da nur noch die normative Kraft des Faktischen. Im vergangenen Juni wurde ein Krankenhaus, das eine Abtreibung verweigert hatte, mit einer Geldstrafe belegt. Jetzt sollen neue Regierungsrichtlinien den Zugang zu einer Abtreibung partiell erleichtern. Zugegeben: Der große Wurf ist das nicht, aber immerhin ein Anfang. Einer Umfrage vom vergangenen April zufolge sind nur 14 Prozent der Befragten dafür, das quasi totale Abtreibungsverbot beizubehalten. Das macht Tusks Dilemma deutlich: Er wird liefern müssen…“ Kommentar von Barbara Oertel vom 5.9.2024 in der taz online externer Link
  • Das Abtreibungsverbot in Polen, gegen das Hundertausende protestiert haben, bleibt trotz Regierungswechsel bestehen – unter Standing Ovations im Parlament 
    • Frauenrechte geopfert. Proteste nach verpatzter Reform des Abtreibungsrechts in Polen
      In Polen haben wieder Frauenproteste begonnen. Am Dienstag versammelten sich in etwa einem halben Dutzend polnischer Städte Aktivistinnen und verlangten den Rücktritt von Vizeregierungschef Władysław Kosiniak-Kamysz. Dessen Bauernpartei PSL war dafür verantwortlich, dass ein Gesetzentwurf zur Streichung des Straftatbestands »Beihilfe zum Schwangerschaftsabbruch« Mitte Juli im Parlament nicht durchkam, sondern mit den Stimmen der PSL, der PiS und der rechten »Konföderation« mit hauchdünner Mehrheit (218:215) abgelehnt wurde. Damit sind Angehörige, Freunde und Unterstützerinnen ungewollt schwangerer Frauen nach wie vor mit bis zu drei Jahren Gefängnis bedroht, wenn sie zum Beispiel Betroffene ins Ausland zum Abbruch begleiten. Dasselbe droht Menschen, die Schwangeren sogenannte Abtreibungspillen verschaffen oder Aktivistinnen von Frauennetzwerken wie dem »Abortion Dream Team«, die Kontakte zu Arztpraxen in Deutschland oder Österreich vermitteln, in denen Abbrüche vorgenommen werden.
      Die Straßenproteste dieser Woche hatten weit weniger Teilnehmerinnen als in den vergangenen Jahren, als die PiS-Regierung diese Verschärfungen eingeführt hatte.
      In Warschau waren bekannte feministische Aktivistinnen die Stimme des Protests. Marta Lempart vom »Gesamtpolnischen Frauenstreik« forderte PSL-Chef Kosiniak-Kamysz zum Rücktritt auf: Dafür sei die Koalition nicht gewählt worden. Doch diese Forderung hat nicht die geringste Chance auf Erfolg. Denn Ministerpräsident Donald Tusk, der die PSL zum Erhalt seiner Regierungsmehrheit benötigt, hat dem konservativen Teil seiner Koalition freie Hand für solche Alleingänge gegeben, indem er »Weltanschauungsfragen« aus dem Koalitionsvertrag herausgehalten hat. Man kann es auch so formulieren: Er hat die Frauenrechte, mit denen er 2023 Wahlkampf betrieben hat, der Koalitionsräson geopfert. Auch Tusks eigene Partei, die »Bürgerkoalition«, war in der Abtreibungsfrage nur beinahe geschlossen. Drei ihrer Abgeordneten fehlten entschuldigt wegen Krankheit oder Dienstreise, der rechtskonservative Jurist Roman Giertych war vor der Abstimmung zur Toilette gegangen. (…) Die Ferienzeit könnte die schwache Beteiligung an den Protesten zum Teil erklären. Aber eben nur zum Teil. Eine Bewegung, die als schärfste Drohung das Argument aufbringt, Tusk beim nächsten Mal nicht wiederzuwählen, macht sich selbst zur Geisel der Politik, gegen die sie anrennt. Charakteristisch war der Dialog eines Paares, den ein Reporter des Portals gazeta.pl am Rande der Warschauer Kundgebung einfing. Sie: »Das vergesse ich Tusk nie, bei der nächsten Wahl bleibe ich zu Hause.« Er: »Dann kriegst du wieder Kaczynski.«
      Dafür spricht ohnehin einiges. Denn das nächste »Reformprojekt« der Tusk-Koalition wird von der PiS schon heftig angegriffen. Und wieder wird es vor allem Frauen treffen. Es betrifft die Forderung des mitregierenden Linksbündnisses, eine Witwen-/Witwerrente in Höhe von 50 Prozent der Rentenansprüche des/der Verstorbenen einzuführen. Von den 50 Prozent sind noch 15 Prozent ab dem nächsten Jahr in der Diskussion, 2026 dann vielleicht 25, und ob sich der Staat ab 2027 eine solche Leistung noch leisten will, soll später entschieden werden…“ Artikel von Reinhard Lauterbach, Poznań, in der jungen Welt vom 26.07.2024 externer Link
    • Unterhaus lehnt Lockerung des Abtreibungsrechts ab
      Sie gelten als die strengsten Abtreibungsgesetze Europas. Die neue Tusk-Regierung will die Regelungen in Polen eigentlich liberalisieren. Doch bei der Abstimmung des ersten Gesetzentwurfes im Unterhaus fehlte die Mehrheit.
      Das Abtreibungsrecht in Polen wird vorerst nicht gelockert. Das Unterhaus hat einen Gesetzentwurf abgelehnt, der eine Entkriminalisierung der Beihilfe zur Abtreibung vorsah. Gegen den Entwurf stimmten 218 Abgeordnete, 215 sprachen sich dafür aus. Es ist der erste von insgesamt vier Gesetzentwürfen zur Liberalisierung des Abtreibungsrechts in Polen. Unter den Abgeordneten, die den Entwurf ablehnten, waren auch Parlamentarier des Regierungslagers. Die Abstimmung zeigt damit die tiefe Spaltung der liberal-konservativen Regierungskoalition unter Ministerpräsident Donald Tusk. Die neue Regierung hatte sich zum Ziel gesetzt, mehrere von der im Dezember abgelösten PiS-Partei eingeführten Gesetze rückgängig zu machen.
      Das Abtreibungsrecht in Polen ist derzeit eines der strengsten in Europa. Ein Schwangerschaftsabbruch ist nur nach einer Vergewaltigung oder Inzest erlaubt – oder wenn das Leben der Schwangeren in Gefahr ist. Weist das ungeborene Kind schwere Fehlbildungen auf, dürfen Frauen keinen Abbruch vornehmen. Die Abtreibung selbst wird zwar nicht strafrechtlich geahndet. Aber für die Beihilfe dazu drohen bis zu drei Jahre Gefängnis. Dies kann auch Ehemänner, Partner oder Verwandte treffen, die einer Schwangeren Tabletten zur Abtreibung besorgen.
      Vorstoß des Linksbündnisses
      Der Vorstoß, die Beihilfe zur Abtreibung künftig straffrei zu machen, kam von dem Linksbündnis Lewica, das Teil von Tusks Koalitionsregierung ist. Ein weiterer Koalitionspartner machte dem Linksbündnis nun einen Strich durch die Rechnung: 24 Abgeordnete des christlich-konservativen Dritten Wegs stimmten dagegen, darunter auch Verteidigungsminister Wladyslaw Koszyniak-Kamysz. Zwei Abgeordnete aus Tusks eigener Partei, der liberalkonservativen Bürgerkoalition, enthielten sich
      …“ Meldung vom 12.07.2024 in tagesschau.de externer Link
    • Zusammenbruch des Gesetzes über die Entkriminalisierung der Abtreibung. Wer hat dagegen gestimmt?
      Die Regierungskoalition hat die Abstimmung im Sejm über das Gesetz zur Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs (Abschaffung der Strafe für die Beihilfe zum Schwangerschaftsabbruch) verloren. Angeführt wurde sie von Abgeordneten der Polnischen Volkspartei, aber auch von fünf nicht stimmberechtigten Politikern der Bürgerkoalition und der Partei Polen 2050, darunter Roman Giertych, der damals im Sejm saß…“ poln. Artikel von Mateusz Bałuka und Michał Rogalski vom 12.7.2024 in onet.pl externer Link (maschinenübersetzt)
    • Keine Liberalisierung des Abtreibungsrechts mit der Tusk-Koalition. Der polnische Sejm hat gegen eine Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen gestimmt, dank der Reaktionäre in der Regierungskoalition. Standing Ovations und „Für das Leben“-Jubel im Parlament“  Post von kapturak am 12.7.2024 auf bsky externer Link
    • Das heißt, erst werden im Wahlkampf Frauenrechte versprochen und dann stellt sich heraus, dass wir Fundamentalisten in der Regierungskoalition haben.@nowePSL Schande.“ poln. Kommentar der Stiftung für Frauen und Familienplanung FEDERA vom 12. Juli 2024 auf Twitter externer Link
  • Victim blaming in Polen. Fall »Joanna«: Regierung diffamiert Betroffene von Repression wegen Einnahme von »Abtreibungspille« „Nach der ersten Empörung über die erniedrigende Behandlung einer Frau namens »Joanna« durch polnische Polizisten werden inzwischen immer neue Details bekannt. Die Krakower Lokalausgabe der Gazeta Wyborcza veröffentlichte am Donnerstag Aussagen von Krankenhausärzten, wonach diese die Beamten vergeblich zur Mäßigung aufgefordert hätten. Beim nächsten Mal, dass die Polizei im Krankenhaus auftauche, würden sie deren Verhalten aufzeichnen, erklärten mehrere der Mediziner. In der Sache bleibt unbestritten, dass die Polizisten »Joanna« in erster Linie wegen des Verdachts auf einen illegalisierten Schwangerschaftsabbruch verhört und dabei ihr Telefon und ihren dienstlichen Laptop beschlagnahmt hatten. Es ist viel die Rede vom verlorenen Vertrauensverhältnis zwischen Ärzten und Polizei. Hunderte Frauen demonstrierten derweil am Dienstag vor Polizeistationen in Krakow, Warschau und einigen anderen Städten in Solidarität mit »Joanna«. (…) Die Psychiaterin der Frau, die den Polizei- und Rettungseinsatz ausgelöst hatte, räumte inzwischen ein, es sei wohl ein Fehler gewesen, auch die Polizei einzuschalten, anstatt sich womöglich trotz vorgerückter Stunde selbst um die langjährige Patientin zu kümmern. Die hatte ihrer Ärztin zuvor mitgeteilt, eine aus dem Internet bestellte sogenannte Abtreibungspille eingenommen zu haben. Wie sehr das Thema die Herrschenden nervös macht, sieht man auch daran, dass sie die Medienaufsichtsbehörde veranlasst haben, ein Verfahren wegen möglichen Verstoßes gegen das Rundfunkgesetz gegen den Fernsehsender TVN einzuleiten, der die Geschichte »Joannas« als erster veröffentlicht hatte. (…) Unterdessen kann der Versuch der PiS, der niedrigen Geburtenrate im Land durch die Einführung des Kindergelds »500 plus« – es soll zum Jahreswechsel auf 800 Zloty (knapp 200 Euro) pro Kind erhöht und damit letztlich nur der Inflation angepasst werden – entgegenzuwirken, als gescheitert gelten. Nach neuesten Daten des Zentralen Statistikamts ist die Zahl der Schwangerschaften in Polen 2022 erneut gesunken: Im vergangenen Jahr wurden demnach erstmals weniger als 300.000 Kinder geboren. Schon 2021 hatten die Statistiker alarmiert von der niedrigsten Geburtenrate seit dem Zweiten Weltkrieg gesprochen.“ Artikel von Reinhard Lauterbach in der jungen Welt vom 28. Juli 2023 externer Link
    • Siehe auch den Thread von kapturak vom 19. Juli 2023 externer Link: „Wie der polnische Staat Schwangere terrorisiert. Joanna, die aus gesundheitlichen Gründen einen medikamentösen Abbruch vornahm, wurde im Krankenhaus von der Polizei gestellt, in erniedrigender Weise verhört, musste sich vor den männl. Cops ausziehen. Handy u. Laptop beschlagnahmt. Auch hier wieder Ärzt*innen Teil des Problems. Frauen können in Polen dem medizinischen Personal nicht vertrauen, das vielfach ohne rechtliche Notwendigkeit der katholischen Anti-Choice-Ideologie eigenmächtig Vorschub leistet und auch mit tödlichen Konsequenzen exerziert…“
  • #AniJednejWięcej: Erneute Proteste gegen erneuten Tod einer Schwangeren im Namen des christlich-katholischen „Lebensschutzes“
    • Proteste jetzt in ganz Polen gegen das Sterben(-lassen) von Schwangeren im Namen des christlich-katholischen „Lebensschutzes“
      #AniJednejWięcej #ProChoiceTweet von kapturak vom 14. Juni 2023 externer Link mit Foto von @DorotaGlazewska und zuvor sein Thread vom 8. Juni 2023 externer Link: „In Polen ist wieder eine Frau gestorben, weil Ärzt*innen keinen lebensrettenden Schwangerschaftsabbruch vornehmen wollten. Am 14. Juni finden in ganze Polen und darüber hinaus (z.B. in Berlin) Demos für Dorota und gegen die mörderische Anti-Choice-Politik statt.
      Die Wut richtet sich aktuell aber auch besonders gegen die Ärzt*innen und Krankenhäuser, die ohne gesetzlich dazu angehalten zu sein, ja sogar im Widerspruch zum Gesetz, aus katholischer Ideologie heraus die Rettung der Schwangeren verweigern. Es wird debattiert, inwieweit Ärzt*innen in einem Klima der drohenden Repression im Namen des „Lebensschutzes“ auch infolge des PiS-Verfassungsurteils vor Abbrüchen zurückschrecken. Entlasten darf das die Mediziner*innen aber nicht; das geht vor PiS zurück und darüber hinaus…“
    • Siehe #AniJednejWięcej
    • Massendemos gegen Abtreibungsgesetze: »Alles ist politisch, wenn man eine Frau in Polen ist«
      Abtreibungen sind in Polen weitestgehend verboten, Ärztinnen und Ärzte verunsichert, wann sie jungen Frauen noch helfen dürfen. Der Tod einer Schwangeren hat nun neue Massenproteste ausgelöst. Polens Regierung schränkt seit Längerem Abtreibungsrechte stark ein, faktisch existiert ein nahezu vollständiges Abtreibungsverbot. Nach dem Tod einer schwangeren 33-Jährigen haben nun mehrere Tausend Menschen in der polnischen Hauptstadt Warschau gegen die rigide Gesetzgebung protestiert. Frauenrechtsorganisationen organisierten parallel Kundgebungen in mehr als 50 polnischen Städten und Dörfern, bei denen die Demonstranten etwa »Schande« riefen und Fotos der verstorbenen Dorota Lalik trugen. Lalik war am 24. Mai in einem Krankenhaus im südpolnischen Nowy Targ gestorben – drei Tage, nachdem sie Fruchtwasser verloren hatte. Nach Angaben ihrer Familie starb die 33-Jährige an einer Sepsis, die durch den Tod ihres 20 Wochen alten Fötus in ihrem Bauch ausgelöst worden war…“ Beitrag vom 15.06.2023 im Spiegel online externer Link
    • Staatlicher Mord. Polen: Proteste nach Tod von weiterer Schwangerer wegen faktischem Abtreibungsverbot. Alternative zu regierendem Konservatismus fehlt
      In etwa 70 polnischen und westeuropäischen Städten haben in dieser Woche spontane Protestkundgebungen gegen den nächsten vermutlich durch Polens restriktives Abtreibungsrecht verursachten Todesfall einer Schwangeren stattgefunden. Die Gesamtzahl der Teilnehmenden ist schwer zu ermitteln; in Warschau waren es mehrere tausend, in der südwestlich davon gelegenen Kleinstadt Rawa Mazowiecka einige Dutzend, ansonsten lagen die Zahlen dazwischen. Ein Mann in Warschau trug ein Transparent bei sich: »Das hätte meine Tochter sein können.« Der Gazeta Wyboracza sagte er, er habe es vor zwei Jahren angefertigt, als Izabela S. nach Schwangerschaftskomplikationen an verzögerter und verfehlter ärztlicher Hilfeleistung, den schwer geschädigten Fötus zu entfernen, verstorben war. Er habe nicht damit gerechnet, dass er es noch einmal würde herausholen müssen. Genau dies war jetzt der Fall…“ Artikel von Reinhard Lauterbach, Poznan, in der jungen Welt vom 16.06.2023 externer Link
  • Aktivistin Justyna Wydrzyńska wegen »Beihilfe zur Abtreibung« in Warschau schuldig gesprochen und geht in Berufung – Richterin sofort befördert 
    Wegen »Beihilfe zur Abtreibung« ist die polnische Aktivistin Justyna Wydrzyńska am Dienstag in Warschau verurteilt worden. 2020 hatte sie einer ungewollt Schwangeren per Post Abtreibungspillen zukommen lassen, doch der gewalttätige Mann rief die Polizei und zeigte Wydrzyńska an. Die 47-Jährige erklärte vor Gericht, dass auch sie Partnerschaftsgewalt erlebt hat und der Frau helfen wollte. Sie leiste Hilfe, die der Staat und das öffentliche Gesundheitssystem nicht zur Verfügung stellen. Außerdem will die Polin in Berufung gehen: »Ich fühle mich nicht schuldig, ich akzeptiere dieses Urteil nicht«. Ihre Strafe von acht Monaten gemeinnütziger Arbeit mit 30 Stunden pro Monat nimmt die Aktivistin kämpferisch: »Gemeinschaftsarbeit? Ich mache es sofort, und beantworte Anrufe auf der Hotline für Abtreibungen.« Dies ist Teil der medizinischen Versorgung, die von »Abortion Dream Team« angeboten wird externer Link. Nach eigenen Angaben hilft die Organisation, die Wydrzyńska 2016 mitgründete, mit ihrer Arbeit 44 000 ungewollt Schwangeren pro Jahr. Die Staatsanwaltschaft hatte für Wydrzyńska drei Jahre Haft gefordert, von der Anklage des Drogenhandels wurde sie freigesprochen. Den Fall Wydrzyńskas beurteilen Menschenrechtsbeobachter*innen als einen neuen Tiefpunkt des ohnehin sehr restriktiven Abtreibungsgesetzes in Polen externer Link. Ihre Verurteilung schafft jetzt einen gefährlichen Präzedenzfall in Polen für die Verfolgung weiterer Aktivist*innen und eine Atmosphäre der Unterdrückung, um Frauenrechtsaktivist*innen einzuschüchtern und davon abzuhalten, Frauen zu helfen, die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen wollen. Es ist das erste Mal, dass in Europa eine Aktivistin wegen Hilfeleistung bei einem Schwangerschaftsabbruch verurteilt wurde.“ Artikel von Julia Trippo vom 15.03.2023 in ND online externer Link, siehe auch

    • Nach fast einjährigem Verfahren wurde heute Justyna Wydrzyńska von einem Warschauer Gericht für die Hilfe beim medikamentösen Schwangerschaftsabbruch schuldig gesprochen…Tweet von kapturak vom 14. März 2023 externer Link mit Link zu ai Polska
    • und Kapturak meldet dazu am 16.3. auf Twitter externer Link: „Die Richterin wurde noch am selben Tag vom polnischen Justizminister befördert“
    • Siehe #JakJustyna
  • Tödliches Abtreibungsrecht: Das verschärfte Abtreibungsgesetz in Polen hat bereits sechs Menschen das Leben gekostet 
    „Recherchen des EU-Parlaments haben aufgedeckt, dass seit der Verschärfung des Abtreibungsrechtes in Polen sechs Frauen an den Folgen des unterlassenen Eingriffs gestorben sind. Zu dieser erschreckenden Erkenntnis kam eine Untersuchungsmission des Europäischen Parlaments. Das ursprüngliche Abtreibungsrecht in Polen aus dem Jahr 1993 erlaubte Abtreibungen, wenn die Schwangerschaft aus einer Vergewaltigung resultierte, die Gesundheit der Schwangeren gefährdet oder eine schwere Schädigung des Fötus vorlag. Doch letzteres wurde mit der Gesetzesnovelle 2020 gekippt. Sprich: Kinder, die keine Chance auf Überleben haben, müssen von der Schwangeren dennoch ausgetragen werden, da das polnische Verfassungsgericht dies als »eugenische Praxis« einstuft. Ärzt*innen in Polen hätten eine große Macht, das Gesetz und somit ihren Handlungsspielraum zu interpretieren, erklärt Gosia von der in Deutschland ansässigen Hilfsorganisation für Schwangere aus Polen »Ciocia Biasa« (Tante Barbara). Deshalb gibt es de facto keine Abtreibungen mehr in Polen, teilweise auch dann nicht, wenn es medizinisch notwendig wäre, um das Leben der Schwangeren zu retten. Doch bislang wurde in Polen noch kein medizinisches Personal wegen einer Abtreibung strafrechtlich verfolgt, erklärt Gosia. Hilfe bei illegalen Abtreibungen wird in Polen mit bis zu drei Jahre Haft bestraft. Wöchentlich erhält »Ciocia Biasa« Anfragen von Menschen, die zwar Anspruch auf einen Schwangerschaftsabbruch haben, aber aus Angst oder Misstrauen gegenüber Ärzt*innen lieber ins Ausland reisen. Außerdem trauen sich viele ungewollt Schwangere nicht, eine Ärztin oder einen Arzt aufzusuchen, da sie sonst in das zentrale Schwangerenregister aufgenommen werden. »Frauen haben in Polen heute weniger Rechte als 2004, als das Land der EU beigetreten ist. Das dürfen wir nicht akzeptieren«, kritisierte Robert Bierdon, Vorsitzender des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter im EU-Parlament. Deshalb schlägt der polnische Abgeordnete ein neues Gesetzgebungsinstrument vor. »Wir müssen einen Katalog erstellen. Die Europäische Charta der Frauenrechte wäre ein ideales Instrument, einschließlich der Rechte auf sexuelle und reproduktive Gesundheit.«…“ Artikel von Julia Trippo vom 24. November 2022 in Neues Deutschland online externer Link
  • Neue Demonstrationen gegen Abtreibungsverbot in Polen: Immer breiter oder größer?
    „… Tausende Polen haben in Warschau erneut gegen eine geplante Verschärfung des Abtreibungsrechts protestiert. Die Demonstranten, die zum Haus von Vize-Regierungschef Jaroslaw Kaczynski marschieren wollten, wurden immer wieder von der Polizei aufgehalten. Die Straße, in der der Chef der nationalkonservativen Regierungspartei PiS wohnt, wurde schließlich abgesperrt. Die Proteste gegen eine Verschärfung des Abtreibungsrechts in Polen halten bereits seit Ende Oktober an. Auslöser war ein umstrittenes Urteil des obersten Gerichts, das grünes Licht gibt für die von der PiS-Regierung geforderten Verschärfungen. Ein bestehendes Gesetz, das Abtreibungen von schwer fehlgebildeten Föten erlaubt, erklärten die Richter für verfassungswidrig. Die Demonstration fand an einem symbolischen Datum für Polen statt: Vor genau 39 Jahren hatte General Wojciech Jaruzelski im Kampf gegen die antikommunistische Solidarnosc-Bewegung das Kriegsrecht verhängt...“ – aus der Meldung „Polen protestieren gegen Abtreibungsgesetz“ am 13. Dezember 2020 bei n-tv externer Link aus der bereits einerseits die Volksnähe rechter Politiker (sofern dieses uniformiert ist) auch in Polen deutlich wird, andererseits aber auch angedeutet wird, dass die wachsende Breite der Bewegung – die an diesem Tag gegen immer mehr Verhältnisse protestieren wollte – auch insofern ein Problem darstellen kann, als so tendenziell auch Raum für rechte Positionen geöffnet werden kann… Siehe dazu vier weitere aktuelle Beiträge – darunter auch zum Themenbereich „Probleme“ – und zwei Hintergrundbeiträge sowie den Verweis auf unseren bisher letzten Beitrag zu den Protesten:

    • „Protest gegen schärferes Abtreibungsrecht“ am 13. Dezember 2020 bei der Deutschen Welle externer Link berichtet darüber hinaus zum Wochenende unter anderem: „… Mehrere tausend Polinnen und Polen sind am Sonntag aus Protest gegen die national-konservative Regierung und eine Verschärfung des Abtreibungsrechts auf die Straße gegangen. Trotz Polizeisperren gelangten Demonstranten in der Hauptstadt Warschau bis in die Nähe des Wohnhauses von Vize-Regierungschef Jaroslaw Kaczynski, der auch Chef der Regierungspartei PiS ist. Polizisten vor dem schwer gesicherten Haus riefen die Menge auf, sich zu zerstreuen. (…) In der Nacht hatten Landwirte aus Protest gegen sinkende Erzeugerpreise vor Kaczynskis Haus ein totes Schwein abgelegt und Kartoffeln und Eier auf der Straße verteilt. Sie warfen der Regierung vor, zu wenig gegen den Preisverfall zu unternehmen. Zudem war die Polizei in die Kritik geraten. Oppositionelle warfen ihr ein überhartes Vorgehen gegen friedliche Demonstranten vor...“
    • Am Sonntag 13.12. wieder Großdemo von StrajkKobiet in Warschau. Leider mit IMO problematisch entpolitisierendem beliebigen Appell und Ausrichtung „Marschieren wir für die Freiheit, für alles!“. Dazu mangelnde Abgrenzung gegen Corona-Leugner*innen“ – am 12. Dezember 2020 im Twitter-Kanal von kapturak externer Link ist ein Tweet, in dem die Problematik der aktuellen politischen „Breite“-Orientierung angesprochen wird, wenn beispielsweise in weiteren Beiträgen auch darauf verwiesen wird, dass rechte „Unternehmer-Fronten“ mitmischen können…
    • Und das ist das Problem mit der Liberalo-Tendenz und dem Fokus auf Anti-PiS in der organisatorischen Leitung von StrajkKobiet. Führungsfigur Marta Lempart im netten Plausch mit Donald Tusk in Brüsselam 11. Dezember 2020 ebenfalls im Twitter-Kanal von kapturak externer Link machte am Vortag bereits die Richtung der Besorgnis deutlich – die Kooperation mit den bürgerlich-liberalen Fraktionen des Bürgertums…
    • The police in Warsaw set up a 300-meter-long blockade to prevent protesters from reaching the house of Jarosław Kaczyńskiam 13. Dezember 2020 im Twitter-Kanal von Bartosz Wielinski externer Link ist ein Foto – wie sich ein Rechter verschanzen lässt – was die Erkenntnis mit sich bringt, dass auch in Polen die Polizei über sehr viele Fahrzeuge verfügen kann…
    • „Aufruhr in Polen“ von Teresa Jakubowska in der Ausgabe 12/2020 der SZ online externer Link zu den Hintergründen der Bewegung unter anderem: „… Bei einer Kundgebung in der Kirche stellte sich während des Gottesdienstes eine junge Frau vor den Altar mit einem Plakat «Lasst uns für eine legale Abtreibung beten!» Es kam auch zu Spray-Inschriften an den Wänden von Kirchen, was bisher unvorstellbar war. Aus diesem Grund gab es einige gefährliche Zwischenfälle, die von Schlägern der Partei Konfederacja, dem extrem antisemitischen, rechten Flügel der Regierung, verursacht wurden. Die Polizei griff sporadisch und zunehmend gelassener ein. Das Regierungs-Fernsehen hat, im Gegensatz zum Privatfernsehen, die Bilder von den Ereignissen manipuliert, die Menschenmengen wurden nicht gezeigt, der Kommentar lautete, «linke Elemente» wollten «ungeborene Kinder töten». Um die Atmosphäre zu beruhigen, machte der polnische Staatspräsident Andrzej Duda einen völlig sinnlosen Schritt mit kontraproduktiver Wirkung. Er schlug vor, das Recht zum Schwangerschaftsabbruch auf den Fall einer Totgeburt beschränken. Dieser Vorschlag wurde als beleidigend empfunden. Die Liste der Forderungen der Initiative Ogólnopolski Strajk Kobiet (Streik der Frauen), deren Gesicht Marta Lempart ist, umfasst viel mehr als nur die Forderung nach dem Recht auf Schwangerschaftsabbruch. Der Beratungsausschuss der Bewegung erstellt derzeit eine Liste der schwerwiegendsten Probleme, vorrangig sind zu nennen: Gewährleistung der Frauenrechte, Schutz von LGBT-Menschen, ein säkularer Staat, Maßnahmen gegen die katastrophale Situation in der Bildung, gegen den Zusammenbruch des Gesundheitswesens und gegen die Klimakatastrophe, Unterstützung der Behinderten, Wiederherstellung funktionstüchtiger Rechtsinstitutionen, freie Medien, Rechte für die Tiere etc…“
    • „The Women’s Strike in Poland: Freedom of Abortion, Freedom from Exploitation“ am 15. November 2020 im Transnational Strike Info externer Link war ein Interview mit den beiden Aktivistinnen Magdą Malinowską und Martą Rozmysłowicz von der Basisgewerkschaft Ozzip über diese Bewegung – worin naheliegend auch die Situation in der „Arbeitswelt“ in diesem Zusammenhang eine ganz wesentliche Rolle einnimt…
  • Abtreibungsverbot: Auch der reaktionäre katholische Klerus in Polen verliert zunehmend Einfluss
    „… Künftig sollen nur mehr Abtreibungen zulässig sein, sofern Lebensgefahr für die Mutter droht, bzw. im Falle einer Schwangerschaft als Folge von Inzest oder Vergewaltigung. Dieses Urteil fällte das Höchstgericht mitten im Peak der zweiten Corona-Welle. Die Opposition spricht von Höchstmaß an Zynismus und Dummheit und von einem Akt der Staatssabotage. Dabei löst die PiS ihr Wahlversprechen gegenüber dem radikalen Teil ihres Elektorats ein, allem voran gegenüber den katholischen Bischöfen. Nach Bekanntgabe des Urteils sprachen diese der Regierungspartei ihren tiefsten Dank aus. Auch Papst Franziskus zeigte sich erfreut. Die Operation verfolgte aber überdies einen anderen Zweck. So geht es dabei auch um die Wiedererlangung der Kontrolle der PiS über ihre beiden Koalitionspartner, denn „Recht und Gerechtigkeit“ regiert nicht allein. Zwei kleine Gruppierungen, „Solidarisches Polen“ des jakobinischen Justizministers und Generalstaatsanwalts Zbigniew Ziobro, und die Kleinpartei „Verständigung“ des gemäßigten Arbeits- und Technologieministers Jarosław Gowin, bilden das Wahlbündnis „Vereinigte Rechte“. Schon seit geraumer Zeit brodelt es zwischen den Koalitionspartnern, vor wenigen Wochen drohte der Zerfall. Für Ziobro ist PiS nicht rechts genug. Zudem will er als neuer Anführer des rechten Lagers Kaczyńskis Nachfolge antreten. Gowin, ehemals Minister in der 2015 abgewählten liberalen Tusk-Regierung, wird dem moderaten Flügel zugerechnet. So war die bisherige Positionierung Kaczyńskis ein labiler Eiertanz zwischen katholischen Fundamentalisten und den moderaten PiS-Anhängern…“ – aus dem Beitrag „Polen im ideologischen Krieg“ von Marcin Pietraszkiewicz am 10. November 2020 bei telepolis externer Link über rechte Reaktionen auf die Proteste gegen Abtreibungsverbot. Siehe dazu einige weitere aktuelle und Hintergrundbeiträge, sowie den Hinweis auf unseren bisher letzten Beitrag zu den Protesten gegen die polnische Reaktion:

    • „Gegen das Bündnis von Knüppel und Kanzel“ von Jos Stübner am 05. November 2020 in der jungle world externer Link (Ausgabe 45/2020) hebt unter anderem nochmals die Rolle des Klerus hervor: „… Da die nächsten Parlamentswahlen erst 2023 anstehen und die Zahl der an Covid-19 Erkrankten seit Anfang Oktober rasant gestiegen ist, mochte der Regierung der Zeitpunkt für die Verkündung dieser unpopulären Entscheidung günstig erscheinen. Denn seit den Massenprotesten 2016 gegen den ersten Versuch, ein Abtreibungsverbot durchzusetzen, hat PiS das Thema im Parlament immer wieder vertagt. Eine deut­liche Mehrheit der polnischen Bevölkerung ist gegen ein Verbot des Schwangerschaftsabbruchs. Der absolute ­»Lebensschutz« ist jedoch für die Kernwählerschaft von PiS sowie für den mächtigen Bündnispartner der Partei, die katholische Kirche, ein unumstöß­liches Postulat. Der Weg über das Gericht schien die Möglichkeit zu bieten, eine größere öffentliche Debatte zu vermeiden. Doch weder die Pandemie noch der Schein richterlicher Autorität konnten eine heftige gesellschaftliche Reaktion verhindern. Wütende Proteste flammten auf, wie sie das Land seit den achtziger Jahren nicht mehr gesehen hat. Hunderttausende folgen den Aufrufen feministischer Organisationen, in Großstädten kommt es immer wieder zu Massendemonstrationen und Straßenblockaden, auch auf dem Land und in vielen kleineren Städten kommt es zu Protesten. Bemerkenswert ist die ­Breite des Protests, der überwiegend von jungen Menschen getragen wird. Demonstriert wird vor Parteibüros von PiS und dem Wohnsitz Kaczyńskis, der Protest richtet sich aber auch direkt gegen den ideologischen Urheber des Angriffs auf das körperliche Selbstbestimmungsrecht von Schwangeren: Am ersten Protestsonntag wurden die Kirchen des Landes zum Ziel von Demonstrationen und Störungen. Bischofssitze wurden ebenso belagert wie die Büros der international vernetzten christlich-fundamentalistischen Lobbyorganisation Ordo Iuris, die nicht zuletzt für die Ausrufung der berüchtigten sogenannten »LGBT-freien Zonen« im Südosten des Landes mitverantwortlich ist. Gerade für Jugendliche steht der Protest auch im Zusammenhang mit der seit Jahren stark wachsenden polnischen Pride-Bewegung, die sich jüngst der von Kirche und Regierung initiierten homofeindlichen Hetzkampagne entgegenstellte. Regenbogenflaggen sind bei den Demonstrationen häufig zu sehen...“
    • Die Cops setzen heute in Warschau ihre verschärfte Strategie fort. Massenhafte Personenfeststellung (Folge sind Verfahren wg. Verstoß gg. Epidemieauflagen), Leute werden in Nebenstraßen abgefangen oder aus der Demo rausgezogen. Jetzt ist die Menge in Gruppen zerstückeltam 09. November 2020 im Twitter-Kanal von kapturak externer Link über die Steigerung der Polizeirepression gegen die Proteste
    • Weiterer Treibstoff für die immer schnellere Säkularisierungsfahrt in Polen. Wenn erstmal die Denkmalstürze losgehen – und manche spielen schon mit dem Gedanken -, wird die Wucht der gegenwärtigen Entwicklung vielleicht noch deutlicheram 10. November 2020 ebenfalls im Twitter-Kanal von kapturak externer Link informiert darüber, was sich aktuell so alles summiert in der Distanzierung von der katholischen Kirche in Polen…
    • „Poland: Demonstrating for Women’s Rights and for an End to the Right-wing Government“ am 09. November 2020 bei LeftEast externer Link ist ein Interview von Philippe Alcoy mit Dagmara Zawistowska-Toczek, einer Lehrerin aus Gdansk, die Aktivistin der Bewegung ist und sehr interessante Gesichtspunkte zur aktuellen Entwicklung anführt…
    • „Ziemlich erschrocken“ von Jan Opielka am 06. November 2020 im Freitag online (Ausgabe 45/2020) externer Link zu den Absichten der Rechtsregierung unter anderem: „… Also, hat sich Kaczyński verkalkuliert? Nein, er wusste, dass die Pandemie die rechtskonservative Regierung überfordert, und ging davon aus, mit dem Thema Abtreibung von bisherigen Fehlern bei der Corona-Abwehr abzulenken und die Schuld an wachsenden Infektionen dem Protest wie der dabei hilfreichen Opposition zu geben. Zudem sollte das Votum des Verfassungsgerichts den aufbegehrenden klerikalen Flügel der PiS, die Konkurrenzpartei Konfederacja und einen Teil der orthodoxen Wähler besänftigen. Letztlich dürfte Kaczyński klar gewesen sein, dass die EU in Zeiten wie diesen Polens Rechtsprechung nicht mehr als sonst maßregeln werde. Kaczyński ähnelt durchaus Donald Trump – die Machthybris ist bei ihm in einem ähnlich weit fortgeschrittenen Stadium. Was bedeutet, dass ihn mögliche Opfer bei den Zusammenstößen auf der Straße, die er mitzuverantworten hätte, nicht aufhalten, wenn es gilt, seine Macht zu sichern. Das Ziel ist Autoritarismus pur.Was Kaczyński nicht wusste oder falsch einschätzte, ist die Tatsache, dass nicht etwa eine Minderheit, sondern die Mehrheit im Land seine riskanten Pläne intuitiv durchschaut. Daher die unbändige Wut und der Absturz der PiS in den Umfragen, deshalb sagen mehr als 70 Prozent der Menschen, Kaczyński müsse seinen Hut nehmen. Auch 40 Prozent der PiS-Wähler fordern das trotz propagandistischer Gegenwehr regierungsnaher Medien. Seine zahlreichen Anbeter haben Kaczyński zugeflüstert: Das Volk ist verführbar, und jetzt hat es auch noch Angst. Er hätte lieber Herbert Grönemeyer zuhören sollen: „Der erste Stein fehlt in der Mauer / Der Durchbruch ist nah.“ Kaczyńskis Abstieg hat begonnen...“
  • PiS verzögert die Veröffentlichung des Abtreibungs-Urteils, um einen „Kompromiss“ zur eigenen Rettung zu finden – die Frauen in Polen sagen: „Ich scheiß auf euren Kompromiss“
    Vor dem Hintergrund anhaltender Massenproteste gegen die Reform des strengen Abtreibungsgesetzes in Polen verzögert die Regierung die Umsetzung des umstrittenen Urteils des höchsten Gerichts. Das Urteil sollte eigentlich am Montag formal veröffentlicht werden. Ohne die Veröffentlichung kann es nicht angewendet werden. Die Diskussion laufe, es sei Zeit für einen Dialog und die Suche nach neuen Positionen in der schwierigen und hoch emotionalisierten Debatte, sagte der Bürochef von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki, Michal Dworczyk…“ dpa-Meldung vom 3. November 2020 „Massenproteste in Polen: Veröffentlichung von Abtreibungs-Urteil wird ausgesetzt“ bei rp online externer Link. Dennoch bzw. als Begründung: Die Rechtsregierung in Polen rückt zunehmend ins Zentrum der wachsenden Massenproteste gegen das Abtreibungsverbot – und ihre „Stammgewerkschaft“ Solidarnosc ist gespalten. Da sucht PiS auch Zuflucht bei Nazi-Banden… Siehe im neuen Überblick dazu auch eine Meldung über die faktische Spaltung (bezeichnend: In Männer und Frauen) der Gewerkschaft Solidarnosc, sowie eine weitere aktuelle Einschätzung – und den Hinweis auf unseren bisher letzten Beitrag zu den Massenprotesten in Polen:

    • Ich scheiß auf euren Kompromiss“ haben wir dem Tweed von kapturak am 4.11.2020 externer Link entnommen, beachte das schöne Foto dazu
    • „… Der Streit um das faktische Abtreibungsverbot in Polen hat dem Ansehen der Regierungs­partei PiS und dem ihres Chefs Jaroslaw Kaczynski deutlich geschadet: Laut Umfrage im Auftrag der Tageszeitung Rzeczpospolita, die die Ergebnisse am Montag veröffentlichte, sind 70 Prozent der Polen der Auffassung, dass er sich aus der Politik zurückziehen sollte. Bei Frauen und in der Alterskohorte unter 40 liegt die Ablehnung Kaczynskis bei jeweils 80 Prozent. Die Zahl seiner Anhänger ist demnach auf 21 Prozent gesunken. Offenbar lag es an seinem Aufruf zur »Verteidigung der Kirchen um jeden Preis« vom vergangenen Dienstag. Unterdessen halten die massenhaften Proteste gegen die jüngste Verschärfung des Abtreibungsrechts an. Am Freitag waren allein in Warschau zwischen 100.000 und 150.000 Menschen auf der Straße. Sie zogen in einem Sternmarsch ins Stadtzentrum und von dort in das Viertel, wo ­Kaczynski wohnt. Das Haus war durch ein großes Polizeiaufgebot abgeriegelt worden. Ähnliche Proteste gab es auch in Dutzenden anderen Städten aller Größen: von der Millionenstadt Lodz, wo die Fahrerinnen der städtischen Verkehrsbetriebe die Straßenbahnen aus Solidarität anhielten, bis zu kleinen Ortschaften. So versammelten sich nach Angaben der Veranstalter selbst in einer 14.000-Einwohner-Stadt wie Slupca in Westpolen 2.000 Protestierende…“ – aus dem Bericht „Rechte verlieren an Unterstützung“ von Reinhard Lauterbach am 03. November 2020 in der jungen welt externer Link über die drohende Niederlage der Rechtsregierung samt ihrer Nazibande und des Klerus. 
    • Le clou dans le cercueil du comité fut le conflit qui émergea autour du droit à l’avortementam 02. November 2020 im Twitter-Kanal von Autonomie Ouvrière externer Link meldet, dass der reaktionäre Vorstand des Gewerkschaftsbundes „natürlich“ die Regierung unterstützt – während die Frauenkommission die Proteste gegen das Abtreibungsverbot unterstützt. Im weiteren Verlauf des Thread wird auch deutlich, dass die Entwicklung der Gewerkschaft zum klerikal-faschistischen Bollwerk mit der Abdrängung des Einflusses der Arbeiterinnen einher ging…
    • „Polen: Massenproteste gegen Abtreibungsgesetz entwickeln sich zum Aufstand gegen Regierung“ von Martin Nowak am 2. November 2020 bei wsws externer Link zur aktuellen Entwicklung und de Versuchen rechter Gegenmobilisierung unter anderem: „… Die herrschende Klasse Polens reagiert mit Gewalt und Repression auf die Proteste. Besonders hervor tut sich dabei der neue Bildungsminister Przemysław Czarnek (PiS). Er war bereits bei seiner Ernennung am 19. Oktober mit Protesten von Schülern konfrontiert, die besseren Schutz vor dem Corona-Virus forderten, Proteste, die nun nahtlos in die breitere Bewegung übergangen sind. Czarnek hat allen Schulen und Universitäten mit Mittelkürzungen gedroht, die es Schülern und Studenten ermöglichen, an den Protesten teilzunehmen. Unter anderen hatten die Rektoren der Universitäten Breslau und Danzig dafür Lehrveranstaltungen abgesagt. Die katholische Universität Lublin hat dagegen Studenten gedroht und auf ihrer Facebook-Seite Beiträge zensiert, die sich für die Proteste aussprachen. Der neue Bildungsminister führt einen regelrechten Kreuzzug gegen die Protestteilnehmer. Er drohte, Frauen dürften nicht von „Neomarxisten und Feministen“ von ihrer gottgewollten Rolle als Hausfrau und Mutter abgebracht werden. Die Demonstrationsteilnehmer bezeichnete der Minister als „linksradikale Revolutionärinnen“, die teils „satanistische“ Parolen riefen und für die es in Polen „keinen Platz geben“ könne. Czarnek hat angekündigt, „alle Lehrbücher, vor allem in Polnisch, Geschichte und Gesellschaftskunde“, auf ihren polnisch-patriotisch Inhalt überprüfen lassen. Sein Angriff auf den angeblichen „Schuldkult im Unterricht“ zeigt, in welche geschichtsrevisionistische und faschistische Richtung diese Neuausrichtung der Lehrbücher gehen soll. Als Woiwode (Chef der Bezirksverwaltung) von Lublin hatte Czarnek offen mit der faschistischen ONR (Nationalradikales Lager) paktiert. Die ONR hat am 27. Oktober eine neue Initiative zur Gründung von paramilitärischen Verbänden verkündet. Diese „Nationalen Brigaden“ sollen die „polnische Gesellschaft, religiöse Stätten und patriotische Veranstaltungen vor militanten Angriffen und Provokationen durch Neomarxisten, eine Verkörperung des Bolschewismus“, schützen. Ganz offen kündigen diese ein „systematisches Training in Kampfkunst, Kraftsport, Schießen und anderen Disziplinen“ an. Auch wenn die ONR selbst es bestreitet, geht diese Initiative auf die Erklärung des PiS-Vorsitzenden Jarosław Kaczyński vom selben Tag zurück. Die graue Eminenz der PiS bezeichnet darin die Demonstranten als Verbrecher und erklärt es zur Bürgerpflicht, sich gegen sie zu wehren…“
  • Erneute Massendemonstrationen gegen Abtreibungsverbot in Polen: Im (erfolgreichen) Widerstand gegen Nazi-Attacken, polizeiliche Verhinderungsversuche und kirchliche Einschüchterung
    „… Wir sind wütend! Wie kommen diese Parteisäcke dazu, sich in unser Leben einmischen?“, schreit Janina gegen Vuvuzelas und die laut skandierte Parole „Wypierdalac – Verpisst Euch“ an. Sie zeiht sich die rote Strickmütze über die Ohren: „Es ist meine Entscheidung, ob ich ein Kind bekommen möchte oder nicht, das noch in meinem Bauch stirbt oder aber kurz nach der Geburt.“ Sie dreht sich um, so dass das Emblem der Frauenbewegung „Streik der Frauen“ zu sehen ist: ein Frauenprofil, durch das ein roter Blitz rast, der dem „Achtung! Hochspannung“-Symbol ähnelt. Emil, der schon im zweiten Semester Medizin in Warschau studiert, legt den Arm um Janina und nickt: „Ja, es ist die Entscheidung der Frauen. Diese ganzen Politiker, Richter und Bischöfe, die sich zu Pseudo-Gynäkologen aufschwingen, sind einfach nur widerlich.“ Er hält kurz inne und brüllt dann so laut er kann: „Fuck you!“ Die beiden winken Freunden zu, die sie in der Menge entdeckt haben. „Vor der PiS-Parteizentrale ist die Hölle los“, ruft Ola. Sie hat den roten Frauen-Streik-Blitz auf ihre weiße Gesichtsmaske genäht. (…) Und wie auf Zuruf Janina, Emil, Ola und dann immer mehr zu hüpfen und skandieren dazu: „Apostazja! – Kirchenaustritt!“ und „Wir treten aus!“ Emil skandiert zwar mit, schüttelt dann aber den Kopf: „Wir denken ans Auswandern. Polen ist kein Rechtsstaat mehr, und dass die Partei die Frauen jetzt zu Gebärmaschinen degradieren will – das geht einfach nicht!“. Tatsächlich geht es bei den landesweiten Protesten nur noch formal um die 1.110 Schwangerschaftsabbrüche, die 2019 in Polen aufgrund der Diagnose eines schwerst missgebildeten oder kaum überlebensfähigen Fötus durchgeführt wurden. Über 70 Prozent aller Polen und Polinnen lehnen eine Verschärfung des Abtreibungsrechts ab...“ – aus dem Demonstrationsbericht „Massenproteste in Polen“ von Gabriele Lesser am 31. Oktober 2020 in der taz online externer Link über die erneute Riesendemonstration am Freitagabend in Warschau. Zu den fortgesetzten Massenprotesten in Polen und den vergeblichen diversen reaktionären Versuchen und Methoden, sie zu stoppen, eine kleine Sammlung mit fünf weiteren aktuellen Beiträge, zwei Kommentaren sowie zwei Hintergrundbeiträgen zur frauenfeindlichen rechten Politik und dem Verweis auf unseren bisher letzten Beitrag zu den aktuellen Protesten in Polen:

    • Proteste in Polen: Rudert die PiS zurück?“ von Monica Sieradzka am 31. Oktober 2020 bei der Deutschen Welle externer Link zu Wirkungen der Massenproteste unter anderem: „… Es war der siebte Tag in Folge, an dem in Polen mehrere zehntausend Menschen auf die Straßen gingen, um gegen eine Verschärfung des Abtreibungsrechtes zu demonstrieren: Am Freitag nahmen am „Marsch auf Warschau“ nach Angaben des Rathauses der polnischen Hauptstadt rund 100.000 Menschen teil. Auf vielen Transparenten und auf Gesichtsschutzmasken waren Blitze zu sehen – sie symbolisieren die Wut der Frauen auf die Männer in der Regierung und in der Kirche. „Mein Körper, meine Entscheidung“ und „Wir haben genug“, war auf Transparenten zu lesen. An einigen Orten im Stadtzentrum wurden sie von schwarzgekleideten und vermummten Männern angegriffen. Die Polizei nahm über dreißig von ihnen fest und stellte dabei Schlagstöcke und größere Mengen pyrotechnisches Material sicher. Einige Tage zuvor war es bereits in Breslau und Białystok zu Zusammenstößen der Protestierenden mit Fußballfans gekommen. Zum ersten Mal in Polen fanden Proteste auch während Gottesdiensten in Kirchen statt. (…) Jetzt will Präsident Andrzej Duda die Lage deeskalieren und schlägt ein neues, liberaleres Gesetz vor. Es ließe einen Schwangerschaftsabbruch zu, wenn es laut medizinischer Diagnose wahrscheinlich ist, dass das Kind tot zur Welt kommt oder wegen seiner Fehlbildungen kurz nach der Geburt sterben würde. So wäre Abtreibung künftig zum Beispiel nur verboten, wenn die Diagnose auf das Down-Syndrom hinweist, da dies nicht lebensbedrohlich ist. Zuvor hatte Duda gesagt, dass man den Frauen keinen Heroismus abverlangen dürfe, indem man sie zur Geburt unheilbar kranker Kinder zwinge. „Was der Präsident vorschlägt, könnte eine Lösung sein“, sagte Regierungssprecher Piotr Müller zu Dudas Vorschlag. Für die Protestierenden wäre sie jedoch nicht akzeptabel, weil sie nach wie vor eine Verschärfung des bestehenden Gesetzes bedeuten würde. Daher, so Müller, werde es wohl „schwierig sein, sich mit einem Teil der Protestierenden zu verständigen“…“
    • Auch heute wieder große Demonstrationen gegen das Abtreibungsverbot in kleinen und mittleren Gemeinden quer durchs Landam Abend des 31. Oktober 2020 im Twitter-Kanal von kapturak externer Link ist ein weiterer Videobericht „aus der Provinz“ (zu vorherigen siehe den Verweis am Ende dieses Beitrags), wo es weiterhin in zahlreichen kleineren Orten zu noch nie da gewesenen Proteste kommt…
    • Nazi-Hool-Angriff auf den feministischen Protest in Warschauab dem 30. Oktober 2020 ebenfalls im Twitter-Kanal von kapturak externer Link dokumentiert über zwei Tage hinweg Nazi-Angriffe auf Demonstrationen in Warschau und anderswo – und auch, wie sie immer wieder militant zurück geschlagen wurden… (laut Propaganda der Regierungspartei gebühre der Dank dafür unwahrscheinlicherweise der „deutschen Antifa“…)
    • Die Teilnahme von Gläubigen an den Protesten gegen das Abtreibungsverbot sei eine Sünde, erklärt die polnische Bischofskonferenz. Schön, dass der Klerus sich aktiv für die weitere Entfremdung der Gesellschaft von der Kirche einsetztam 01. November 2020 ebenfalls bei kapturak externer Link berichtet von einem Versuch „wie früher“, der aber heute offensichtlich nicht mehr so recht funktioniert. (Und erinnert den Autor dieser LabourNet-Zeilen an Jahrzehnte alte Gespräche mit spanischen Daimler-Kollegen, die damals berichteten, im Religionsunterricht hätten sie noch gelernt, Kommunisten hätten einen Pferdefuß…)
    • In Pruszkowie wurden Mitglieder unserer Schwestergewerkschaft pracownicza aus dem Auto gezogen, auf den Asphalt geworfen, mit Handschellen gefesselt und auf das örtliche Kommissariat gebrachtam 31. Oktober 2020 im Twitter-Kanal der FAU externer Link steht hier als Beispiel für zahlreiche Berichte aus verschiedenen Orten über Polizeiüberfälle zwecks Verhinderung von Demonstrationsteilnahme – weithin: Vergeblich…
    • „PiS verkalkuliert sich“ von Reinhard Lauterbach am 02. November 2020 in der jungen welt externer Link kommentiert die Entwicklung unter anderem so: „… Die Demonstrantinnen und Demonstranten verraten es, wenn sie als ihr Ziel »Normalität wie anderswo in Europa« angeben. Nicht mehr, aber in Polen schon allerhand. Denn 1989 waren sich zwar vom »Reformflügel« der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PVAP) bis zu katholischen Nationalisten alle politischen Kräfte einig, den Kapitalismus zu restaurieren. Nur: Welchen? Liberale und Postsozialisten zielten auf Verhältnisse wie in der BRD, Frankreich oder Großbritannien. Die Rechte aber wollte gleich die »zweite Republik« wiederherstellen, das Zwischenkriegspolen. Das war ein selbst im damaligen europäischen Maßstab außergewöhnlich reaktionäres System, das nach Formulierung des linken Autors Tadeusz Boy-Zelenski die »Hölle der Frauen« war, und in dem die herrschende Gutsbesitzerklasse die Landreform verweigerte, um allzeit billige Saisonarbeiter zur Verfügung zu haben. Heute erklärt der PiS-Erziehungsminister Przemyslaw Czarnek, wenn Frauen erst mit 30 Kinder bekämen, müsse man sich nicht wundern, dass man Ausländer brauche, um Tomaten und Erdbeeren zu ernten. So kommen reaktionäre Sexualpolitik, Herrschaft und Ausbeutung zusammen…“
    • „Kaczyński unter Druck“ von Holger Politt am 01. November 2020 in nd online externer Link zur aktuellen Entwicklung: „… Die Proteste in Polen gegen das drohende Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen erreichten am zurückliegenden Freitag den ersten Höhepunkt. Frauen aus ganz Polen kamen nach Warschau, wo über 100 000 Menschen zusammenfanden, um ungeachtet eines Corona-bedingten Versammlungsverbots ihre heftige Kritik am Regierungslager auszudrücken. Die Regierung hatte vorher versucht, die Menschen abzuhalten, in die Hauptstadt zu kommen. Das Coronavirus wurde angeführt, hartes Durchgreifen angedroht, martialisches Gerät aufgefahren. Kurz vor Beginn der Demonstration knickte die Regierungsseite jedoch ein, ließ nur erklären, dass die Menschen sich einer großen gesundheitlichen Gefahr aussetzten, wenn sie dem Protestaufruf folgten. Die Speerspitze der Kritik richtet sich gegen die Regierungspartei PiS (Recht und Gerechtigkeit) und vor allem gegen den Vorsitzenden Jarosław Kaczyński...“
    • „“Unser Körper, unser Leben, unser Land, die Welt““ von Zofia Malisz am 30. Oktober 2020 bei Progressive International externer Link ist eine Stellungnahme der linken Partei, in der es unter anderem heißt: „… Das Urteil ist auch ein Angriff auf die demokratischen Institutionen Polens. Für die Öffentlichkeit war es auch ganz offensichtlich, dass dieses de facto bestehende Abtreibungsverbot durch einen Trick der Legislative durchgesetzt wurde – ein eklatanter Akt autoritärer Intervention, der die Institutionen der Justiz im Dienste der Koalition der Vereinigten Rechten (Zjednoczona Prawica) demontiert hat. Das ist nicht ihr erster Versuch. Katholisch-fundamentalistische Lobbygruppen haben mit ausdrücklicher Unterstützung der Kirche hartnäckig dafür gekämpft, Abtreibung in der einen oder anderen Form zu verbieten. Doch bisher sind sie gescheitert, zurückgeschlagen durch die Massenmobilisierung von Frauen in ganz Polen – vor allem 2016, während des von Razem mitorganisierten Schwarzen Protestes. Deshalb hat die rechte Regierungskoalition ihren Plan nicht durch ein parlamentarisches Verfahren umgesetzt – sondern über das Verfassungsgericht, das mit ihren extremsten politischen Verbündeten besetzt ist. Das Gesetz zerstörte den sogenannten „Abtreibungskompromiss“, ein Gesetz über reproduktive Rechte aus dem Jahr 1993. Es gehörte zu den restriktivsten Abtreibungsgesetzen in Europa und war ebenfalls im Rahmen eines klientelistischen Austauschs mit der katholischen Kirche von der neuen post-Solidarność Regierungselite erlassen worden. Eine Petition mit 1,4 Millionen Unterschriften für die Legalisierung der Abtreibung wurde damals nicht einmal in Erwägung gezogen.  Jetzt gehen Scharen von Frauen und ihren Verbündeten auf die Straße und in die Kirchen, um deutlich zu machen, dass das Verbot einen Schritt zu weit geht in der Misshandlung von Frauen durch die konservativen und religiösen Elemente im Land. Es gibt eine Volksbewegung in Polen, die jetzt auf die Straße geht. Eine Taxifahrergewerkschaft beteiligte sich an dem Protest, Bäuer*innen fuhren mit ihren Traktoren in einer langen Reihe zur Unterstützung der Frauen und sogar einige Fußballfans schlossen sich den Unruhen an. Das Ausmaß der Proteste – vor allem die Tatsache, dass sie sich auf kleine Gemeinden ausgeweitet haben, in denen es oft die Aufgabe einzelner Frauen ist, über soziale Medien Demonstrationen gegen die Einschüchterung der lokalen Behörden und des Klerus zu organisieren – zeigt, dass ein Damm gebrochen wurde…“
    • „Antifeminismus von Staats wegen“ von Lara Schultz in »der rechte rand« Ausgabe 183 externer Link (März / April 2020) zur Politik der Rechten in Polen (und Ungarn) gegen Feminismus grundsätzlich unter anderem: „… Nachdem die Partei »Prawo i Sprawiedliwosc« (»Recht und Gerechtigkeit«, PiS) im Oktober 2015 mit absoluter Mehrheit die Regierung übernommen hatte, löste sie ihr wichtigstes Wahlversprechen ein: das Förderprogramm »Familie 500+«. Heterosexuelle verheiratete Eltern bekommen seither monatlich 500 Zloty (ca. 120 Euro) pro Kind; vier Kinder ergeben somit rechnerisch fast schon einen durchschnittlichen polnischen Nettomonatsverdienst. Im Unterschied zum Kindergeld in der Bundesrepublik ist das Programm der PiS aber an ein traditionelles Familienmodell geknüpft. Eine Folge: Seit Einführung sind 200.000 weniger Frauen berufstätig als zuvor. Vor den jüngsten Parlamentswahlen im Oktober 2019 stand die Ablehnung von LGBTIQ ganz oben auf der Tagesordnung. Führende Politikerinnen und Politiker der PiS hatten ebenso wie katholische Priester eine neue Kampagne gegen Minderheiten gestartet, die in öffentlichen Reden abgewertet und diskriminiert wurden. Schließlich waren Familienpolitik und Traditionserhalt schon immer zentrale Themen der hiesigen Rechtskonservativen in Politik und Kirche. So erklärte der Krakauer Erzbischof Marek Jedraszewski, die kommunistische Ideologie werde durch die LGBT-Ideologie ersetzt und die Regenbogenfahne sei eine »Seuche«. Auf Nachfrage der Presse setzte Jedraszewski sogar nach, indem er die allgemeine Ablehnung dieses »anthropologischen Fehlers in Form von sehr gefährlichen Gender- und LGBT-Ideologien« forderte, die nur die »polnische Nation verderben« wollten. Dabei war die geistige Vorarbeit von Papst Benedikt XVI. Wasser auf die Mühlen der polnischen Bischofskonferenz. Denn der Vatikan hatte die »Gender-Theorie« mehrfach als Widerspruch zur katholischen Kirche bezeichnet, da es gegen die Schöpfung verstoße und dem Willen Gottes widerspreche. Nachdem die Bischofskonferenz 2013 gewarnt hatte, die »Gender-ideologie« sei im Marxismus verwurzelt und es werde ein neuer »Familientypus homosexuellen Charakters« geschaffen, mahnte sie 2019 eine angebliche Intoleranz unter Homosexuellen an: »Man kann mit Umfeldern keinen Dialog führen, die keinen Dialog wollen, auf Heiligtümern herumtrampeln, Gott verfluchen und den Menschen entrechten.« Die feindselige Haltung gegenüber der Kirche und religiösen Werten habe in Polen ein unerträgliches Maß angenommen. Erst im Februar dieses Jahres protestierte der Konferenzvorsitzende Erzbischof Stanislaw Gadecki gegen die Annahme der »Europäischen Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene« durch den Stadtrat in seinem Bischofssitz Poznan...“
  • „Interdiction de l’avortement: affrontements à Varsovie“ am 24. Okktober 2020 bei Anthropologie du Présent externer Link ist eine Materialsammlung über die ersten Protesttage – vor allem, aber nicht nur in Warschau – worin bereits aus den dazugehörigen zahlreichen Videoberichten deutlich wird, wie diese Proteste, was die Menge der Teilnehmenden betrifft, regelrecht explodiert sind…
  • Und weiterhin läuft der Protest gegen die Illegalisierung von Abtreibungen nicht nur in den „liberalen“ Metropolen. So eine Demo hat das Kleinstädtchen Węgrów noch nie gesehen. PiS holte hier bei den letzten Wahlen 63%am 25. Oktober 2020 im Twitter-Kanal von Kapturak externer Link zeigt eben per Videobericht genau dies: Wie der Massenprotest selbst in Kleinstädten, die traditionell eher nach Rechts orientiert sind, Rekord-Umfang gewinnt…
  • „Polen: Massenbewegung zur Verteidigung der Abtreibungsrechte“ von Pawel Nowak am 27. Oktober 2020 beim sozialismus.info externer Link ist eine linke Stellungnahme aus Polen zur aktuellen Entwicklung, worin unter anderem hervor gehoben wird, welche Unterschiede es zu den Protesten zum selben „Thema“ vor vier Jahren gibt: „… Nach der Entscheidung des Verfassungsgerichts vom vergangenen Donnerstag, dass Abtreibung bei fötalen Defekten verfassungswidrig sei, haben Proteste und Massendemonstrationen das Land überrollt und täglich an Zahl zugenommen. Nachdem das Urteil am Donnerstag verkündet worden war, zog eine spontane Demonstration am den Sitz der regierenden Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) in Warschau vorbei, dann weiter zum Wohnhaus von Jarosaw Kaczyński, dem Vorsitzenden der PiS. Die Demonstrationen und Proteste haben seit der Verkündung des Urteils jeden Tag stattgefunden, an Umfang zugenommen und sich über das ganze Land ausgebreitet. Am Sonntag stürmten Tausende von Demonstrant*innen die Kirchen und standen in vielen Städten vor einer Auseinandersetzung mit der Polizei. Am Montag brachten Blockaden in über 50 Städten den Verkehr im Land zum Erliegen. (…) Wie vor vier Jahren sind viele junge Menschen beteiligt – Studierende und Schüler*innen. Doch diesmal hat die Wut gegen die PiS, die katholische Kirche und die rechtsextreme Partei Konfederacja Wolność i Niepodległość (Konföderation der Freiheit und Unabhängigkeit) den Siedepunkt erreicht. Es ist auch eine viel größere, breitere und spontanere Bewegung als vor vier Jahren. Obwohl die Facebook-Gruppen, die vor vier Jahren die Proteste organisierten, auch jetzt zum Handeln aufrufen, gibt es vor Ort keine Organisator*innen, keine Redner*innen, und Verlauf und Dauer der Demonstrationen kann man nur vermuten. Vor vier Jahren konnten sich die Liberalen um die PO (Bürgerplattform) und das KOD (Komitee zur Verteidigung der Demokratie) an die Spitze der Bewegung stellen und die radikaleren Stimmen zum Schweigen bringen und sogar Protestierende ausschließen, die „vulgäre“ Slogans auf ihren Plakaten hatten oder Abtreibung auf Verlangen forderten. Linken politischen Organisationen war es an vielen der Protete sogar verboten, Flugblätter zu verteilen. Im Gegensatz dazu ist die Wut so groß, dass der zentrale Slogan nun „Wypierdalać!“ (Verpisst euch) lautet. Ein anderer beliebter, aber subtilerer Slogan lautet „Ich wünschte, ich könnte meine Regierung abtreiben“. Offensichtlich wollen die Protestierenden nicht einfach das Urteil des Verfassungsgerichts rückgängig machen – sie wollen die Regierung von Recht und Gerechtigkeit und die korrupte Kirchenhierarchie, die den Staat beherrscht, loswerden...“
  • „Polen: Der Sturm auf die Kirche“ von Monika Sieradzka am 27. Oktober 2020 bei der Deutschen Welle externer Link über den Beginn des rechten Weltuntergangs unter anderem: „… Proteste gegen die Verschärfung des Abtreibungsgesetzes haben in Polen eine lange Tradition. Doch Protestierende, die in Kirchen eindringen und Gottesdienste stören, hat das Land bisher noch nicht gesehen. Am Wochenende versammelten sich zwanzig junge Frauen und Männer vor dem Altar im Posener Dom zum Sitzprotest. Sie störten die Messe mit Sprechöhren und Plakaten so massiv, dass der Pfarrer den Gottesdienst abbrechen musste. Auch in anderen Städten versuchten Protestierende, mit Transparenten in Kirchen einzudringen. „Ihr habt Blut an den Händen“, „Die Hölle der Frauen“, „Lasst uns für das Recht auf Abtreibung beten“, konnte man auf ihren Plakaten lesen. Mehrere Gotteshäuser, darunter der Dom in Warschau, wurden mit Protestslogans wie „Abtreibung ist ok“ und „Abtreibung ohne Grenzen“ besprüht. In einem Vorort Warschaus und in Posen/Poznan wurden Denkmäler von Papst Johannes Paul II. geschändet – ein Tabubruch, denn für viele Polen ist er nach wie vor eine Art Nationalheiliger. (…) Ultrarechte Gruppen kündigten ihrerseits die Gründung einer „Nationalwache“ zum Schutz der katholischen Kirche und der Kirchengebäude vor Ausschreitungen an. „Die linken Gruppen sagen, es sei ein Krieg. Wir sind in diesem Krieg dabei“, erklärte Robert Bąkiewicz, der Chef der radikalnationalistischen Vereinigung Marsz Niepodległości (Unabhängigkeitsmarsch). Man befinde sich „mitten in einer neobolschewistischen Revolution“, die „Zeit des Friedens und der Toleranz für Barbaren“ sei vorbei, so Bąkiewicz am Montag vor einer Kirche in Warschau. Tags zuvor war es genau hier zu Zusammenstößen der Demonstranten mit den Rechtsradikalen gekommen, als letztere den Eingang zur Kirche versperrten und die Demonstranten von der Kirchentreppe wegzudrängen versuchten. Am Montagabend bewachte die Polizei den Eingang zu einer anderen Kirche in Warschau, vor der sich Hunderte Demonstranten mit Trillerpfeifen, Trommeln und Bannern versammelt hatten. Hinter den behelmten Einsatzpolizisten stand eine Gruppe Rechtsradikaler, ebenfalls um die Kirche zu schützen. Künftigwollen sie im Rahmen der neugegründeten „Nationalwache“ überall aktiv werden. „Wir werden jede Kirche, jedes Wohnviertel, jede Stadt und jedes Dorf verteidigen“, so Bąkiewicz...“. Könnte man auch so sagen: Nazis und Polizei verteidigen gemeinsam das Erbe und die Tradition eines Papstes und seiner erzreaktionären Kirche, in dessen Zeiten man noch Befreiungstheologen in Lateinamerika aus dem Amt drängen konnte und ohne Furcht vor Konsequenzen Kinder ficken. Die kirchliche Variante der bürgerlichen Familie ist eben in Gefahr. Hoffentlich.
  • „»Das ist Krieg«“ von Reinhard Lauterbach am 26. Oktober 2020 in der jungen welt externer Link zur aktuellen Entwicklung unter anderem in Bezug auf die Rolle der Kirche: „… Das mögen Einzelfälle gewesen sein, aber sie bestätigen ein weiteres Mal die Mobilisierungskapazität eines »Körperthemas« wie der Möglichkeit eines legalen Schwangerschaftsabbruchs. Die Stimmung war bei aller Friedlichkeit der Demonstrationen ausgesprochen wütend. »Das ist Krieg«, war eine häufig zu hörende Parole. Marta Lempart, Chefin von »Frauenstreik«, nannte Kaczynski in Warschau eine »Ratte«. In Gdynia beteiligten sich sogar Leute in der Fankluft des lokalen Fußballklubs an der Kundgebung vor dem Büro zweier bekannter PiS-Abgeordeter; dass sie gleich die Tür eintraten, wirft freilich die Frage auf, ob es sich vielleicht um Provokateure handelte. Zudem störten Aktivistinnen am Sonntag katholische Gottesdienste: In der Kathedrale von Poznan verstreuten sie Flugblätter und klatschten anhaltend in die Predigt hinein. In Warschau stellte sich eine Frau mit dem Plakat »Beten wir für das Recht auf Abtreibung« zwischen Gemeinde und Priester. Anderswo wurden Kirchenmauern mit aktuellen Graffiti »verziert«…“
  • ONR Faschos auf der Dom-Insel in Poznan lassen sich von den Bullen schützenam 26. Oktober 2020 im Twitter-Kanal von Zecko externer Link dokumentiert anhand eines Fotos die nicht nur hier stattgefundene Zusammenarbeit von Nazis und Polizei
  • Der extremen und klerikalen Rechten bieten die gegenwärtigen Massenproteste gegen das Abtreibungsverbot in Polen natürlich auch Anlass dazu, eine Erfüllung ihrer faschistischen Kriegs-, Untergangs-, Ausnahmezustandsphantasien herbeizuredenam 26. Oktober 2020 im Twitter-Kanal von kapturak externer Link macht im Thread unter anderem auch deutlich, dass die Bürgerkriegsappelle des Kaczyinski bei seinen Fans keineswegs auf taube Ohren stoßen…
  • „„Eine unfassbare Frustration““ am 27.Oktober 2020 in der taz online externer Link ist ein Gespräch von Patricia Hecht mit der Berliner Aktivistin Anne Pfautsch über ihre Solidaritätsarbeit mit polnischen Frauen, worin sie unter anderem unterstreicht: „… Schon bisher waren Abbrüche in Polen weitgehend eingeschränkt. Die, die durch die Gesetzesänderung jetzt verboten wurden, haben 95 Prozent der wenigen bisher legalen Abbrüche ausgemacht. Da geht es um die fötale Indikation, also Fälle, in denen der Fötus krank ist oder nicht lebensfähig sein wird. Das wird oft erst spät klar. Spätabbrüche sind aber auch in Deutschland kompliziert und teuer. Auch hierzulande, das vergessen viele, sind Abbrüche gesetzlich verboten und nur unter bestimmten Bedingungen bis zur 14. Schwangerschafswoche straffrei. Wir haben vor fast einem Jahr ein europaweites Netzwerk gegründet, Abortion Without Borders, das aus sechs verschiedenen Gruppen aus Polen, den Niederlanden, Großbritannien und Deutschland besteht. Dieses Netzwerk ist enorm wichtig: Wir organisieren zusammen, wie wir den ungewollt Schwangeren am besten und schnellsten helfen können...“
  • „Polen protestieren gegen Abtreibungsrecht“ am 26. Oktober 2020 bei der Deutschen Welle externer Link meldet grundsätzliches zur Situation: „…  In der Hauptstadt Warschau blockierten vor allem junge Frauen zur Hauptverkehrszeit mehrere Kreuzungen im Stadtzentrum und legten den Verkehr lahm. Straßenblockaden gab es auch in Posen, Breslau und Krakau, wo aufgebrachte Bürger skandierten: „Das ist Krieg.“ Das katholische Polen hat eines der striktesten Abtreibungsrechte in Europa. Schwangerschaftsabbrüche sind jetzt nur noch möglich, wenn das Leben der werdenden Mutter unmittelbar bedroht ist oder sie durch eine Vergewaltigung oder Inzest schwanger geworden ist. Die nationalkonservative Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) kämpft bereits seit Jahren für eine Verschärfung des Gesetzes zum Abtreibungsrecht. Bisher wurden in Polen jedes Jahr weniger als 2000 legale Abtreibungen vorgenommen – die meisten wegen Missbildungen des Fötus. Frauenrechtsorganisationen schätzen, dass jedes Jahr zudem bis zu 200.000 Polinnen illegale Abtreibungen vornehmen lassen oder für einen Schwangerschaftsabbruch ins Ausland gehen“.
  • „Den Bogen überspannt“ von Holger Pollit am 26. Oktober 2020 bei der Rosa Luxemburg Stiftung externer Link kommentiert diese Entwicklung im internationalen Vergleich: „… Der Angriff auf die Frauenrechte hatte sich bereits seit einiger Zeit angekündigt. Im Zusammenhang mit den haltlosen Übergriffen des Regierungslagers gegen lesbische, schwule und transsexuelle Menschen, indem ihnen unterstellt wird, eine «Ideologisierung des öffentlichen Raums» gegen den Mehrheitswillen der Bevölkerung zu betreiben, wenn sie sich öffentlich für ihre Minderheitenrechte einsetzten, wurde schnell klar, welche weitergehende Ziele damit verfolgt werden. Die Öffentlichkeit sollte daran gewöhnt werden, dass hinter der sogenannten LGBT-Ideologie und der sogenannten Gender-Ideologie nichts stecke als ein böser, gefährlicher Feind Polens – der Marxismus. Weil der nun im neuen Gewande sich einschleiche, wird er von den Nationalkonservativen als Neomarxismus apostrophiert, dessen gefährlichsten Spielarten jetzt die oben aufgezählten Ideologien seien. Die Sachwalter dieser Spielarten hätten sich nun Polen zum Hauptziel erkoren, um auch hier endlich durchzusetzen, was im «Westen» an Zerstörungswerk bereits weithin zu besichtigen sei. Zuletzt, so Kaczyński deutlich, sei Irland gefallen: «Irland ist ein gutes Beispiel. Noch vor kurzem war das ein solch katholisches Land, dass selbst Polen im Vergleich dazu wie ein Land wirkte, in dem die Gottlosigkeit fröhliche Urstände feierte, doch heute ist es eine katholische Wüste mit tobender LGBT-Ideologie. Es gilt also einen Damm zu errichten, mit allen erdenklichen Mitteln, damit er standhält.» Dorn im Auge des Parteiführers sind das Verfassungsreferendum vom Mai 2015 über die gleichgeschlechtliche Ehe sowie das klare Votum für eine Lockerung des Rechtes auf Schwangerschaftsabbruch bei einer Volksabstimmung im März 2019. Der feste Bund zwischen Polens Nationalkonservativen und der katholischen Kirche hat in dieser irischen Entwicklung seinen oft übersehenden wichtigen Grund, denn die Zahl derjenigen, die im heutigen Polen sowohl hier als auch dort die letzte wehrhafte Burg des aufrechten Christentums in der Europäischen Union sehen wollen, ist nicht gering und schon gar nicht einflusslos…“
  • „32 States co-sign a declaration against the right to abortion“ am 27. Oktober 2020 beim Alternativen Gewerkschaftlichen Netzwerk für Solidarität und Kampf externer Link berichtet von der gemeinsamen Resolution, die 32 Regierungen an die Versammlung der Weltgesundheitsorganisation gerichtet haben (und von der alternativgewerkschaftichen Kritik daran) – die vor allem zeigt, dass die katholischen Rechtsradikalen Polens Bündnispartner haben – nicht nur Ungarn und die USA, was jetzt weniger überraschend ist, sondern auch die nicht so ganz allerchristlichsten Regierungen Saudi-Arabiens, Pakistans und anderer Gottesanbeter.
  • „Frauenbewegung ruft zu landesweitem Streik auf“ titelt der Spiegel online am 28.10.2020 externer Link: „Im Streit über eine deutliche Verschärfung des Abtreibungsverbots in Polen hat die polnische Frauenbewegung für Mittwoch zu einem landesweiten Streik aufgerufen. „Wir nehmen unbezahlten Urlaub. Wir schließen die Firma. Oder ganz einfach – wir gehen nicht zur Arbeit“, heißt es in einem Aufruf der Organisation „Allpolnischer Frauenstreik“. Leiterin Marta Lempart sprach von einem Generalstreik. Angesichts der Corona-Pandemie ist jedoch fraglich, wie hoch die Beteiligung sein wird…“
  • In Schweden gibt es Stimmen für kostenlose Schwangerschaftsabbrüche für Menschen aus Polen. Nicht zuletzt vor dem historischen Hintergrund, dass Schwed*innen vor 50 Jahren in Polen abtreiben konnten, als dort noch ein liberales Abtreibungsrecht galt.“ meldet Kapturak am 26.10. auf Twitter externer Link
  • Spendenaufruf: Abortion Without Borders! externer Link – Dresdener Einzelpersonen, Politgruppen und Institutionen solidarisieren sich mit ungewollt Schwangeren in Polen und rufen zum Spenden auf
     
  • Am Mittwoch, 28.10. wird in #Leipzig, vor dem polnischen Institut gegen die Verschärfung des #Abtreibungsverbot in #Polen demonstriert. #Solidarität mit #ProChoice! #AborcjaBezGranicmeldet Jule Nagel auf twitter externer Link – Solidarität gibt es in vielen weiteren Städten, verfolge die Hashtags…
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=180245
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