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Die rechte Mobilisierung in Polen wird verstärkt – die Bestrebungen zum Widerstand auch

Faschistendemo in Warschau am 10.11.2017 - 60.000 dabei...Der Streit, den die polnische Rechtsregierung um das Thema Antisemitismus inszeniert, ist nicht vor allen Dingen ein Streit mit der israelischen Regierung. In erster Linie ist es ein Mittel, die rechte Mobilisierung im Land selbst weiter zu verstärken. Was auch von Kräften außerhalb der Regierung unterstützt wird, und auch hier keineswegs nur vom Staatspräsidenten. Aufbauend auf der historischen Tatsache, dass der Antisemitismus in Polen tiefe Wurzeln hat – nicht so zentral fürs nationale Selbstverständnis wie in Deutschland, nicht so systematisch mörderisch fortentwickelt, aber reaktionär und blutig – werden hier jene Kräfte der Selbstbehauptung Polens mobilisiert, die schon seit langem eine ausgesprochen reaktionäre Rolle in dem spielen. Die Versuche, dagegen Widerstand zu leisten, sind eher klein, aber dennoch wichtig, weil sie eben Beweis dafür sind, dass es überall solche Gegenkräfte gibt, die unterstützt werden müssen. Siehe dazu zwei Beiträge zur aktuellen reaktionären Mobilisierung in Polen  – und zwei Beiträge zur Kritik daran, unter anderem von Basisgewerkschaften, sowie den Verweis auf unseren ersten Beitrag zur aktuellen rechten Mobilisierung in Polen:

  • „Polens Historie als Kampfzone“ von Stephan Fischer am 06. Februar 2018 in neues deutschland externer Link über die Antisemitismus-Mobilisierung der polnischen Rechten: „Zwei Länder, zwei Standorte, zwei völlig unterschiedliche Wahrnehmungen. Während die PiS und andere rechtsnationale Kräfte den Standpunkt vertreten, das polnische Ansehen in der Welt werde unentwegt in den Dreck gezogen, herrscht außerhalb Polens vielfach Unverständnis: Viel mehr als einige unglückliche Formulierungen von Politikern oder Medien wurden gar nicht registriert, Polens Martyrium während des Zweiten Weltkriegs unter deutscher Besatzung nicht in Zweifel gezogen. Die Geschichtspolitik der PiS sorgt zwar vor allem im Ausland für Widerspruch und sogar diplomatische Verwicklungen, wie die Reaktionen Israels und der USA zeigen – im Kern ist sie jedoch nach innen gerichtet. Nationalistisch orientierte Bewegungen und Parteien leben existenziell vom Freund-Feind-Schema, von der strikten Trennung zwischen innen und außen, weil dies letztendlich definiert, wer zur Gesellschaft gehört – und wer ausgeschlossen werden kann. Ebenso von ebenjener doppelbödigen Kommunikation, die nach außen wirkt, aber nach innen gerichtet ist; ein Muster, das in Deutschland immer wieder bei der AfD zu beobachten ist“.
  • „Jagdszenen in der polnischen Provinz“ von Florian Hassel am 03. Februar 2018 in der Süddeutschen Zeitung externer Link über den Alltag dieser aktuellen rechten Mobilisierung in Polen: „Den Warschauer Soziologen Rafał Pankowski erstaunt das alles nicht. „Polen ist heute das ethnisch homogenste Land in Europa, Erfahrungen mit Ausländern fehlen. Wir haben seit Mitte der Neunzigerjahre Probleme mit Nationalismus und Rassismus, gerade in der Jugendkultur und bei Ultras der Fußballszene“, sagt Pankowski, ein Leiter der Anti-Rassismus-Gruppe Nigdy Więcej (Nie wieder). Die Chronik fremdenfeindlicher Zwischenfälle ist lang und reicht Jahre zurück. „Die Annahme unserer liberalen Elite, Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit würden bei jungen Polen verschwinden, die in einer Demokratie aufwachsen, war ein Irrtum. Viele junge Polen sind fremdenfeindlicher als ihre Eltern und Großeltern.“ Das Meinungsforschungsinstitut CBOS fand heraus, dass 87 Prozent der 18- bis 24-Jährigen dagegen sind, Flüchtlinge aufzunehmen. Die Flüchtlingskrise habe seit Sommer 2015 die Stimmung gegen Ausländer verschärft – „obwohl wir gar keine Flüchtlinge aufnehmen“, sagt Pankowski. „Aber viele Medien und Politiker haben gegen Ausländer gehetzt.“ (…) Jarosław Kaczyński, Chef der nationalpopulistischen Partei Recht und Gerechtigkeit (Pis), sammelte im Wahlkampf 2015 Stimmen mit falschen Behauptungen von Scharia-Recht in Schweden oder von eingeschleppten Krankheiten. Die Pis und die Bewegung von Ex-Rocksänger Paweł Kukiz brachten Nationalisten und Rechtsradikale ins Parlament, die Pis-Regierung löste den Anti-Rassismus-Rat auf. Als im November 2017 mehr als 60 000 Nationalisten durch Warschau marschierten, Rechtsradikale gegen Muslime und Juden hetzten, lobte Innenminister Mariusz Błaszczak die Kundgebung als „schönes Bild“. Pankowski sagt: „Die Regierung hat Rechtsradikale und Rassismus hoffähig gemacht“, 38 Prozent der Polen bis 24 Jahre sagten, dass sie Gruppen wie die neofaschistische ONR unterstützten“.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=127667
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