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Der Streik an Polens Schulen geht weiter: Aber für die Prüfungen wurden 10.000 Streikbrecher mobilisiert

Streik an Polens Schulen 2019Seit Montag fällt in Polen der Unterricht in mehr als der Hälfte der Schulen und Kindergärten aus. Grund ist ein schon lange angekündigter Streik der postkommunistisch gefärbten Lehrergewerkschaft ZNP, in der drei Viertel der polnischen Lehrer organisiert sind. Sie wird dabei von einer kleineren Gewerkschaft unterstützt. Die Lehrer kämpfen für 30 Prozent mehr Lohn und bessere Unterrichtsbedingungen. Vom Streik distanziert hat sich die regierungsnahe Gewerkschaft «Solidarnosc» (Solidarität), der knapp jeder fünfte Lehrer angehört. (…) Die Gewerkschaft lehnt nämlich die von der Regierung in diesem Jahr zu Ende gebrachte Bildungsreform ab. Auch haben bekannte Gewerkschafter immer wieder die linke und liberale Opposition unterstützt und sind auf den Demonstrationen des «Komitees zur Verteidigung der Demokratie» aufgetreten. Dies alles hat zu einer Verhärtung der Fronten beigetragen. Leidtragende sind in erster Linie Zehntausende von Schülern, die seit Mittwoch ihre Abschlussprüfungen der Mittelstufe ablegen sollten. Die Examen stellen in Polen mit seinem allein auf Noten abgestützten Leistungskult die Weichen für die folgende obligatorische Oberstufe bis zum 18. Lebensjahr. Zur Auswahl stehen Lyzeen, Technika und Berufsschulen…“ – so die Skizze der Lage in dem Beitrag „Polens Lehrer streiken für bessere Löhne und gegen die konservative Bildungsreform“ von Paul Flückiger am 10. April 2019 in der NZZ externer Link, worin das Schwergewicht auf die politische Auseinandersetzung um die Bildungsreform gelegt wird. Siehe dazu auch aktuelle Meldungen über die Mobilisierung von Streikbruch und Gegenwehr der Streikenden, sowie einen Beitrag zur innergewerkschaftlichen „Debatte“ (samt Ausschlussdrohungen) bei Solidarnosc und einen Hintergrundbeitrag zur Entwicklung an Polens Schulen:

  • „Teachers strike falling down?“ am 12. April 2019 bei The Warsaw Voice externer Link ist eine (Radio)Meldung über die Prüfungen am 10. April, die weitgehend stattgefunden haben, vor allem weil es gelang, rund 10.000 Menschen aus ganz verschiedenen Bereichen als „Ersatzprüfer“ zu mobilisieren – eine Vorgehensweise, die in diesen Tagen von verschiedenen Seiten kritisiert wird, auch weil die Frage sein wird, ob solche Prüfungen den Standards, die es dafür gibt, entsprechen.
  • „Polnische Lehrer streiken gegen soziale Katastrophe nach der Wiedereinführung des Kapitalismus“ von Clara Weiss und Jerry White am  11. April 2019 bei wsws externer Link gibt –unter anderem – einen Überblick über die Entwicklungen im polnischen Schulwesen und die Lage der Lehrenden und die Reaktionen der Gewerkschaften: „Genau wie Millionen ihrer Kollegen auf der ganzen Welt können auch die Lehrer in Polen kaum von ihrem Gehalt leben und sind gezwungen, zusätzliche Jobs anzunehmen, um über die Runden zu kommen. Das Minimalgehalt für neu eingestellte junge Lehrer liegt bei 1.800 Zloty (414 Euro), was für sie bittere Armut bedeutet. Das Maximalgehalt von 5.603 Zloty (1288 Euro) im Monat reicht kaum für Grundnahrungsmittel und die übrigen Ausgaben, deren Preise mit denen in Westeuropa vergleichbar sind. Die Verhandlungen zwischen den Gewerkschaften und der Regierung über Gehälter und Arbeitsbedingungen scheiterten am Sonntag. Angesichts des immensen Drucks der Lehrer lehnten die beiden Gewerkschaften ZNP (Gewerkschaft der polnischen Lehrerschaft) und FZZ (Polnischer Gewerkschaftsbund) das Angebot der Regierung ab und riefen zum Streik auf. Die einzige Gewerkschaft, die sich den Forderungen der Regierung fügte, war die Lehrergewerkschaft von Solidarnosc, die mit der ultrarechten PiS-Regierung verbündet ist. Am Montag attackierte Gewerkschaftschef Ryszard Proksa, der auch ein Vertreter der lokalen PiS-Regierung ist, rebellierende Lehrer, die sich Solidarnosc widersetzten und am Ausstand teilnahmen, und drohte mit Vergeltungsmaßnahmen gegen Streikende Gewerkschaftsgruppen…“
  • Polen: Schulstreik nicht nur „fridays“, Artikel von Jens Mattern vom 11. April 2019 bei telepolis externer Link, beschreibt die besondere Strategie der LehrerInnen: „“Nicht ums Klima geht es, sondern um das Geld der Lehrer – und um die Zukunft der Schüler, die wichtige Prüfungen vor sich haben (…) „Wir bitten um euer Verständnis, denn wir kämpfen für eine Schule, in der sich alle gut fühlen werden, und dank derer ihr eure Träume erfüllen werdet“, heißt es von Seiten der Gewerkschaft via Plakaten und Sozialen Medien an die Schüler gerichtet…“ – siehe die Homepage der Bildungsgewerkschaft externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=147322
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