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Wiedereinführung von Grenzkontrollen 2015: Politik auf dem Rücken von Flüchtlingen

Dossier

Grenzkontrollen an der deutsch-deutschen Grenze (Foto Pro Asyl)Eine Woche nachdem die Bundesregierung Schutzsuchenden aus Ungarn und Österreich die Einreise nach Deutschland gestattet hatte, beschloss sie am Sonntag, weitere Flüchtlinge durch Kontrollen an den deutschen Grenzen zu stoppen – vor allem, um auf EU-Ebene Druck auf andere europäische Staaten auszuüben. Leidtragende davon sind die Flüchtlinge. (…) Für die Betroffenen bedeutet die Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den deutschen Grenzen wie vielerorts im Schengen-Raum, dass sie längere und gefährlichere Fluchtwege wählen müssen – unter Zuhilfenahme von Schleppern, die vom Leid der Betroffenen und von den Grenzschließungen profitieren. (…) Dass nun auch Deutschland faktisch das Schengener Abkommen außer Kraft setzt, ist ein fatales Signal für Europa und den Flüchtlingsschutz. Deutschlands Einführung von Grenzkontrollen droht weitere Staaten zu motivieren, ihre Grenzen zu schließen – Österreich zieht bereits nach – und sie setzt die Staaten am Rand Europas unter Druck, noch brutalere Maßnahmen zur Abschottung der Außengrenzen einzusetzen…Beitrag von pro Asyl vom 14. September 2015 externer Link. Siehe dazu:

  • Schlappe für Österreich: EuGH: Grenzkontrollen wegen „Flüchtlingen“ waren rechtswidrig – EuGH-Urteil betrifft auch Deutschland New
    • Schlappe für Österreich: EuGH: Grenzkontrollen wegen „Flüchtlingen“ waren rechtswidrig
      Liegt eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung vor, dürfen EU-Länder Grenzkontrollen durchführen. Österreich hatte Kontrollen im Zuge der Fluchtbewegungen 2015 eingeführt und diese mehrfach verlängert – zu Unrecht, wie der Europäische Gerichtshof jetzt entschied. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Voraussetzungen geklärt, unter denen ein EU-Land an der Grenze zu einem anderen EU-Land Grenzkontrollen durchführen darf. Mit dem Urteil vom Dienstag externer Link stärkte der EuGH in Luxemburg einem Bürger den Rücken, der 2019 zwei Mal an Österreichs Grenze zu Slowenien kontrolliert wurde. Er weigerte sich, seinen Pass vorzuzeigen und wurde zu 36 Euro Geldbuße verurteilt. (AZ: C-368/20 und C-369/20)
      Der Mann meinte, die Kontrollen verstießen gegen den Schengener Grenzkodex. Der EuGH erklärte nun, dass ein EU-Land dem Kodex zufolge Kontrollen an EU-Binnengrenzen für höchstens sechs Monate einführen könne. Voraussetzung dafür sei eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit. Daneben könne der Rat der EU bei außergewöhnlichen Umständen, die das Funktionieren des Schengen-Raums gefährdeten, einem oder mehreren EU-Staaten Kontrollen von bis zu zwei Jahren Dauer empfehlen…“ Meldung vom 26.04.2022 beim Migazin externer Link
    • EuGH-Urteil betrifft auch Deutschland: Grenzkontrollen wohl rechtswidrig
      Kontrollen an Österreichs Grenzen sind europarechtswidrig. Gleiches dürfte für Deutschland gelten. Verlängert wurden die Kontrollen hier trotzdem. Die während der großen Flüchtlingsbewegung 2015 zwischen Österreich und Slowenien eingeführten Grenzkontrollen dürften europarechtswidrig sein. Der Europäische Gerichtshof wies in einem Urteil vom Dienstag darauf hin, dass Staaten solche Kontrollen nur im Fall „einer neuen ernsthaften Bedrohung seiner öffentlichen Ordnung oder seiner inneren Sicherheit“ verlängern dürfen. „Im vorliegenden Fall scheint Österreich (…) nicht nachgewiesen zu haben, dass eine neue Bedrohung vorliegt.“ Eine abschließende Entscheidung liegt jedoch beim zuständigen Gericht in Österreich (Rechtssachen C-368/20 und C-369/20). Die deutsche Bundesregierung habe das Urteil zur Kenntnis genommen, teilte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums auf Anfrage mit. „Die Auswertung und Prüfung etwaiger Auswirkungen auf die von Deutschland angeordneten vorübergehenden Binnengrenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Landgrenze dauert an.“…“ Meldung vom 27. 4. 2022 in der taz online externer Link
    • Fortgesetzte Grenzkontrollen: rechtswidrige Zurückweisung von Geflüchteten
      Die Verlängerung der Grenzkontrollen durch das Bundesinnenministerium ist ein Affront gegenüber dem Europäischen Gerichtshof und ein beunruhigendes Signal für die Rechtsstaatlichkeit in Europa. Von der Entscheidung dürften vor allem geflüchtete Menschen betroffen sein. Am Mittwoch wurde bekannt, dass die Bundesinnenministerin die Kontrollen an der Grenze zu Österreich um weitere sechs Monate verlängert hat. Laut einem Sprecher des BMI sei dies der EU-Kommission in einem Schreiben vom 14. April mitgeteilt worden. „Dass dies einen Tag nach einem Urteil des EuGH zum selben Thema verkündet wird, in dem die Richter eine anlasslose Verlängerung als europarechtswidrig einstufen, offenbart eine erschreckende Ignoranz gegenüber dem geltenden Recht seitens des Bundesinnenministeriums“, empört sich Peter von Auer, rechtspolitischer Referent von PRO ASYL. „Spätestens jetzt nach dem Urteil muss Bundesinnenministerin Faeser umsteuern und die Verlängerung der Grenzkontrollen zurücknehmen.“ (…) PRO ASYL erwartet von den Koalitionspartnern, dass sie sich für eine unbedingte Anerkennung des EuGH-Urteils und eine sofortige Beendigung der Kontrollen an den europäischen Binnengrenzen einsetzen.“ Pressemitteilung vom 28.04.2022 von Pro Asyl externer Link
  • Deutsch-österreichische Grenze: Deutschland verwehrt immer mehr Flüchtlingen die Einreise 
    … Die Linke-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke hatte bei der Bundesregierung nach den aktuellen Flüchtlingszahlen gefragt. Die Antwort des Bundesinnenministeriums: In den ersten sechs Monaten dieses Jahres verweigerten deutsche Behörden 13.324 Menschen entweder an der deutschen Grenze oder an Flughäfen die Einreise. Trotz wesentlich weniger Flüchtlinge, die es überhaupt bis zur deutschen Grenze schaffen, wurden damit bereits im ersten Halbjahr 2016 50 Prozent mehr Menschen abgewiesen als im Jahr zuvor. Damals wurden 8.913 Schutzsuchende zurückgeschickt. Betroffen sind vor allem jene Menschen, die versuchten, über die deutsch-österreichische Grenze in der Bundesrepublik einzureisen. Als die Zahl Schutz suchender Menschen im vergangenen September auf einige tausend pro Tag anstieg, hatte dort die Bundesregierung wieder Grenzkontrollen eingeführt. 10.629 Menschen wurden hier im ersten Halbjahr abgewiesen. Laut Innenministerium handelte es sich bei rund einem Viertel der Abgewiesenen um Afghanen, gefolgt von Syrern und Irakern. Nicht nur die Zahl von Abweisungen ist laut Bundesinnenministerium gestiegen. Aus der Antwort geht auch hervor, dass mehr Flüchtlinge denn je abgeschoben werden: 13.743 waren es im ersten Halbjahr 2016. Im gesamten Jahr 2015 wurden 20.888 Menschen aus der Bundesrepublik abgeschoben. Im Jahr 2014 lag die Zahl noch bei 10.884. Die meisten von ihnen (75 Prozent) landen in Ländern des Westbalkans wie Albanien, Kosovo und Montenegro…Beitrag von Fabian Köhler bei telepolis vom 09.08.2016 externer Link. Siehe dazu Pressemeldung vom 9. August 2016 sowie Anfrage und Antwort zum Download bei Ulla Jelpke externer Link
  • Links blinken, rechts fahren
    Die EU-Kommission wollte die Grenzkontrollen im Mai beenden. Doch nun hat es sich Berlin – das freie Fahrt für freie Lkw gefordert hatte – anders überlegt: Die Kontrollen bleiben, auch wenn es nichts zu kontrollieren gibt! Schließlich kommen schon lange keine Flüchtlinge mehr über die Balkanroute nach Österreich, Deutschland oder Schweden – wie noch im letzten Herbst, als die Kontrollen eingeführt wurden. Doch das ist nicht der einzige Widerspruch…“ Kommentar vom 2. Mai 2016 von und bei Eric Bonse externer Link
  • Österreichs Regierung erklärt den Krieg: Soldaten am Brenner gegen Flüchtlinge – Proteste auch 
    Not welcome: Flüchtlinge auf dem Wiener Bahnhof im März 2016Der neueste Coup der Stahlhelm – Sozialdemokraten: „Österreich will seine Grenze künftig auch mit Soldaten schützen. Der Wiener Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) sagte der Zeitung »Die Welt« (Samstag): »Da die EU-Außengrenzen derzeit noch nicht effektiv geschützt werden, wird Österreich in Kürze strikte Grenzkontrollen hochziehen. Das bedeutet massive Grenzkontrollen am Brenner, auch mit Soldaten.«“ – aus der Meldung „Österreich will Flüchtlinge mit Soldaten abschrecken“ am 02. April 2016 in neues Deutschland online externer Link, worin der gar nicht kalte Krieger auch noch androht: „Der Schutz der EU-Außengrenzen müsse künftig in den Fokus der europäischen Sicherheitspolitik rücken, forderte Doskozil“. Siehe dazu auch zwei aktuelle Meldungen zum Aufmarsch am Brenner:

    • „Hunderte protestieren gegen EU-Asylpolitik“ am 03. April 2016 bei n-tv externer Link, worin berichtet wird: „Bei Protesten an der österreichisch-italienischen Grenze gegen Grenzschließungen in Europa ist es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen. Mehrere hundert Demonstranten – rund 500 laut Polizei und 1000 nach Angaben der Organisatoren – versammelten sich am Brenner-Übergang, um gegen eine restriktive EU-Asyl- und Flüchtlingspolitik zu protestieren
      – wären die Soldaten von General Doskozil schon da gewesen…
    • „Aktivisten protestieren am Brenner gegen Grenzschließungen“ am 03. April 2016 in neues deutschland externer Link, worin berichtet wird: „Am Sonntagnachmittag setzten sich nach Schätzungen rund 1000 Menschen in Richtung Österreich in Bewegung. Die italienische Polizei ließ sie gewähren, während auf verschiedenen Bildern zu sehen war, dass Polizisten auf österreichischer Seite Straßen mit Fahrzeugen und Polizisten blockierten
  • Balkanstaaten riegeln ab/ Don’t touch my Schengen?
    Materialsammlung vom 26. Februar 2016
  • Massive Grenzkontrollen sind illegal
    EU hat Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen übermäßiger Grenzkontrollen eröffnet / 2,3 Millionen Kontrollen im grenznahen Raum im Jahr 2014. Beitrag des Bayerischen Flüchtlingsrats vom 10. Juli 2015 externer Link.  Aus dem Text: „… Die bayerische Staatsregierung beklagt seit Monaten, dass die Zahl der Flüchtlinge in Bayern rapide zugenommen hat. (…) Doch die Staatsregierung verschärft die Probleme bei der Unterbringung mutwillig selbst. Denn die Fluchtrouten führen von Italien und Ungarn über Österreich durch Bayern hindurch, Bundespolizei und bayerische Landespolizei kontrollieren die Grenzen jedoch umfassend und beenden so die Flucht vorzeitig an (Bus-)Bahnhöfen, Raststätten oder in Zügen. Besonders deutlich wird dies am Beispiel der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge (UMF), die zum größten Teil Verwandte in Deutschland oder anderen EU-Ländern haben und zu ihnen unterwegs sind. Sie werden jedoch in Passau, Rosenheim oder München aufgegriffen und müssen dort in Obhut genommen werden. Bayern schafft sich so erst die UMF, die keine wären, wenn sie bei ihren Verwandten ankämen. (…) Deutschland ist einer der wenigen EU-Staaten, die die Dublin-Verordnung noch ernst nehmen. Die meisten anderen EU-Staaten registrieren nur noch die Flüchtlinge, die registriert werden wollen. (…) Die bayerische Staatsregierung begründet ihr Handeln mit der Dublin-Verordnung: man sei gezwungen, die Flüchtlinge zu kontrollieren. Dies ist nicht richtig. Tatsächlich verstößt Deutschland aufgrund der intensiven Grenzkontrollen gegen die europäische Freizügigkeit, eine der Grundfesten der Europäischen Union. Im Jahr 2014 führte allein die Bundespolizei über 2,3 Millionen Kontrollen im grenznahen Raum durch, im Jahr 2015 dürften es deutlich mehr werden. Die EU-Kommission hat deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eröffnet…

Siehe auch:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=86522
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