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Tabubruch und Traditionspflege: Die österreichische Rechtsregierung setzt auf deutsches Modell und die Feier dieser Politik ruft Proteste hervor

Mobilisierungsplakat gegen Wiener Burschenball Januar 2018Beobachter warnen vor der angekündigten Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an mehrere hunderttausend Bürger Italiens. Wie Österreichs Außenministerin Karin Kneissl bestätigt, wird Wien in Kürze mit den Vorbereitungen für das Vorhaben beginnen. Mit gravierenden Auseinandersetzungen mit Italien wird gerechnet. Tatsächlich maßen sich mehrere EU-Mitglieder bereits seit Jahren an, Bürgern fremder Staaten die eigene Staatsbürgerschaft zu übertragen und damit ihre Loyalität zu beanspruchen. Vorreiter ist Deutschland, das schon in den 1990er Jahren begonnen hat, deutschsprachige Bürger Polens in großer Zahl zu seinen Bürgern zu machen; schon 2011 besaßen fast 240.000 Polen einen deutschen Pass. Auch Italien verleiht Bürgern Sloweniens und Kroatiens, die es als „Italiener“ bezeichnet, italienische Papiere. Ungarn hat inzwischen mehr als eine Million Bürger seiner Nachbarstaaten zu Ungarn gemacht, Rumänien rund 300.000 Moldawier zu Rumänen. Beobachter warnen vor einer Wiederkehr von Territorialforderungen innerhalb der EU“ – aus dem Beitrag „Die Ära der Nationalismen (II)“ am 19. Januar 2018 bei German Foreign Policy externer Link über das „Modell kasachischer Schäferhund“,  auch deutsches Blut genannt und seine Wirkungen im heutigen Europa… Siehe dazu auch drei Beiträge zur Traditionspflege, insbesondere Burschenball und zum  Polizeiaufmarsch in der G20-Tradition– sowie den Aufruf zur Demonstration gegen den rechten Ball:

  • „Akademikerball: Polizei baut auf deutsche Bedrohung“ von Michael Bonvalot am 17. Januar 2018 beim ORF externer Link, worin es zu den Demonstrationsvorbereitungen des Wiener Polizeipräsidenten Pürstl (seine persönliche Tradition ist eine Gruppierung namens Franko Cherusker) nach dem Hamburger Muster heißt: „Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl berichtete heute, Mittwoch, auf einer Pressekonferenz der Polizei über die behördlichen Vorbereitungen zum bevorstehenden Burschenschafter-Ball. In mehreren Wortmeldungen betonte Pürstl die Gefahr, die speziell 2018 von der Demonstration gegen den Ball ausgehen würde: Vor allem Demo-TeilnehmerInnen aus Deutschland sollen Gewalttaten planen. Die Polizei rechtfertigt damit ein beim Akademikerball noch nie dagewesenes Aufgebot an BeamtInnen. (…)  „Unsere Einschätzung ist, dass mehr los sein wird und es eine höhere Gewaltbereitschaft geben wird“, so der Polizeipräsident. Er würde mit „mehr Personen“ und „mit gewaltbereiteren Teilnehmern“ rechnen als in den vergangenen Jahren. Die Einschätzung, dass die Proteste gegen den Burschenschafter-Ball 2018 besonders groß ausfallen werden, ist dabei tatsächlich keineswegs weit hergeholt. Denn in diesem Jahr ist der Ball der rechtsextremen Kooperationen gleichzeitig auch Tanzparkett für den blauen Teil der Bundesregierung. FPÖ-Parteichef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache kündigt seine Teilnahme am Ball ebenso an wie die dritte Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller“.  Bei seinen Warnungen vor der deutschen Gefahr erinnert der uniformierte Traditionalist (im Sinne Thomas Bernhards) an die erfolgreichen Aktionen bei den G20 Protesten – und insbesondere an den Einsatz der dazu abgestellten österreichischen Polizisten…
  • „Demonstration gegen den FPÖ-Akademikerball“ ist der Aufruf der Offensive gegen Rechts auf ihrer Facebook-Seite für die Demonstration am 26. Januar 2018 externer Link, in dem es unter anderem heißt: „Die Politik, für welche sowohl die rechtsextremen Eliten in der Hofburg als auch die neue Bundesregierung stehen, ist einfach erklärt: Nach oben buckeln – nach unten treten. Es regnet Steuergeschenke für die Eliten, während sie hingegen auf jene, die in der Gesellschaft am wenigsten haben, mit Freude hintreten. Mit ihren rassistischen Abscheulichkeiten wollen sie davon ablenken, dass sie Politik gegen die Interessen des überwiegenden Großteils der hier lebenden Menschen machen.  Wir rufen dazu auf, den zehnjährigen Geburtstag der Proteste gegen den rechtsextremen Burschenschafterball gebührend zu feiern. Zeigen wir den selbsternannten Eliten, den rassistischen, sexistischen und homophoben Burschenschaftern, dass sie mit unserem Widerstand rechnen müssen. Ob bei ihrem Ball oder beim Großangriff auf die Mehrheit der im Land lebenden Menschen über die schwarze-blaue Regierung: wir lassen ihnen keinen Meter. Blockieren wir diesen Ball, blockieren wir diese Regierung. Gemeinsam. Solidarisch. Antifaschistisch“.
  • „Akademikerball: Aufstand abgesagt“ von der autonomen Antifa Wien am 18. Januar 2018 bei ots externer Link dokumentiert, ist die Reaktion auf die Propagandakampagne des rechten Wiener PolizeipräSSidenten, worin unter anderem hervor gehoben wird: „Bei der gestrigen Polizei-Pressekonferenz zu den Protesten gegen den alljährlichen Ball deutschnationaler Burschenschaften bot sich ein skurriles Bild: Polizeipräsident Pürstl beschwor das Bild einer großen, internationalen und obendrein militanten Mobilisierung aus einer ganzen Reihe von Nachbarstaaten. Busse voller Autonomer würden sich bereit machen Ende Jänner nach Wien zu reisen. Kleiner Schönheitsfehler dieses durchaus schmeichelhaften Szenarios: Es existiert ausschließlich in den Köpfen von Polizei und Verfassungsschutz. „Ob Pürstl lediglich die Redeunterlagen mit jenen zur internationalen NOWKR-Mobilisierung 2014 verwechselt hat oder ob hier bewusst ein komplett aus der Luft gegriffenes Bedrohungsszenario aufgebaut wird, um geplante Repression zu legitimieren, sei dahingestellt“, zeigt sich Clara Raskowa, Pressesprecherin der Autonomen Antifa Wien, verwundert über die realitätsfernen Darstellungen des Wiener Polizeipräsidenten. „In jedem Fall helfen wir gern auf die Sprünge: Eine solche autonome Mobilisierung gibt es schlicht nicht. Doch auch uns bereitet die zu erwartende Anreise vermummter uniformierter Gewalttäter, insbesondere nach den G20-Protesten, Sorgen: Denn bis zu 3.000 Polizist_innen sollen eigens nach Wien beordert werden, um gegen die Proteste eingesetzt zu werden. Bereits in den vergangenen Jahren hatten die Behörden von Demoverboten, über Festnahmen, schiere Polizeigewalt, bis hin zu Sündenbockprozessen wie gegen Josef S. kaum etwas unversucht gelassen, um den Protesten gegen den Akademikerball zu schaden. Die gestrige Pressekonferenz wirkt vor diesem Hintergrund wie der neuestes Kunstgriff, um schon im Vorfeld zu demobilisieren und einzuschüchtern. Dass die Behauptungen jeglichen Fakten widersprechen, scheint keinerlei Bedeutung zu haben, immerhin greifen sämtliche Medien die Falschmeldung folgsam und ohne jede weiterer Überprüfung auf“.
  • „Österreich: Mit permanenten Tabubrüchen wird eine neue Normalität geschaffen“ von Tomasz Konicz am 17. Januar 2018 bei telepolis externer Link, worin es zum Thema Tabubruch heißt: „Nun, nach den ersten Monaten rechtsösterreichischer Regierungspraxis, scheint es aber eher so, dass das Frankfurter Satiremagazin keine Satire, sondern eine Prognose abgeliefert habe. Der österreichische „Baby-Hitler“ scheint beängstigend schnell seinen braunen Windeln zu entwachsen. Die Koalition aus FPÖ und ÖVP, deren Anhängerschaft bei jedem Hitler-Vergleich wutschäumend um sich schlägt, scheint geradezu besessen zu sein vom großen historischen Vorbild des Nationalsozialismus. Sowohl Ästhetik als auch die Rhetorik der NS-Ära halten Einzug im politischen Alltag in Österreich. Die mit ehemaligen Nazis besetzte Regierungsmannschaft des als „Baby-Hitler“ verspotten Jungkanzlers (31) Kurz macht einerseits einfach dort weiter, wo sie im Wahlkampf aufhörte: bei der rechtspopulistischen Provokation, beim barbarischen „Tabubruch“, bei dem zivilisatorische Mindeststandards zwecks Aufmerksamkeitsgenerierung bewusst unterschritten werden. Das Problem in Österreich besteht aber darin, dass diese zivilisatorischen Standards nach jahrelangen rechten Tabubrüchen so niedrig sind, dass deren Unterschreiten nur noch im tiefsten brauen Morast möglich ist.(…) Es muss schon offener NS-Jargon sein, um in einem Land, in dem die Rechte die Hegemonie errungen hat, noch den intendierten Skandal auszulösen. Der neue österreichische Innenminister und FPÖ-Stratege Herbert Kickl sprach jüngst davon, Flüchtlinge in Österreich künftig in Lagern „konzentriert“ zu „halten“. Auf Nachfrage, ob Kickl damit bewusst auf den NS-Jargon zurückgreife, erklärte dieser, mit der Formulierung, „keinerlei Provokation“ beabsichtigt zu haben“.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=126821
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