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Begrünter Stacheldraht von Österreichs neuer Regierung: Ruft Widerstand hervor
“… Nach 100 Tagen und mehr als 50 Verhandlungsrunden sind Sebastian Kurz (ÖVP) und Werner Kogler (Grüne) fertig. Und die FPÖ ist hermit fix nicht in der Regierung. Doch die Übereinstimmung zwischen dem türkis-blauen und dem türkis-grünen Regierungsprogramm ist groß: Bei Steuer-, Sozial- und Wirtschaftspolitik, aber auch bei Migration, Asyl und Spaltung der Gesellschaft. Konzerne und Gutverdiendende werden im ÖVP-Stil mit der Gießkanne gefördert. Die türkis-blaue Steuerreform wird jetzt von der türkis-grünen Regierung weitergeführt. Trotz eines knappen Budgets bekommen Konzerne 1,5 Mrd. Euro geschenkt – ohne Auflagen und Bedingungen. Man hätte das Steuergeschenk zumindest an umweltschonendes Verhalten von Unternehmen koppeln können. Tut Türkis-Grün aber nicht. Obwohl Arbeitnehmer 80 Prozent der Steuern zahlen, fließt der Großteil der Steuersenkung an Unternehmer – und hier vor allem an die 5 Prozent der größten Konzerne im Land. Dem Waffenproduzent Glock schenkt die Regierung dadurch 6 Millionen Euro im Jahr. Auch multinationale Großkonzerne wie BMW zahlen in Österreich dann um 12 Millionen Euro weniger Steuern. Riesige Beträge, die dem Sozialstaat fehlen. Obwohl klar ist, dass eine Senkung der Körperschaftssteuer weder Wachstum noch Arbeitsplätze schafft. Sie erhöht einfach die Gewinne der Unternehmen und kürzt das Geld für den Sozialstaat. Dazu kommen weitere 300 Mio. im Jahr für Aktionäre: Türkis-Grün schafft die Steuer auf Aktiengewinne ab, in dem sie die „Behaltefrist“ wieder einführen...“ – aus dem Beitrag „Türkis-Grün: Milliarden-Zuckerl für Großkonzerne, Angriffe auf Arbeitnehmer, Klimaschutz“ am 02. Januar 2020 bei Kontrast.at zu den sozialen Absichten der neuen Wiener Koalition. Zur politischen Orientierung der Wiener Regierung – insbesondere zu den Punkten „Antisoziales“ und „Repression“ – weitere aktuelle Beiträge:
- „Green Control“ von Johannes Huber am 09. Januar 2020 bei Substanz.at zum Gang der Koalitionsverhandlungen unter anderem: „… Viel mehr lässt sich daraus ablesen, wie das bei den Regierungsverhandlungen gelaufen ist. Die ÖVP ist ganz offensichtlich mit einer genialen Strategie hineingegangen: Wir schlagen den Grünen die erwähnte Arbeitsaufteilung vor und sagen ihnen, dass wir wirklich mit ihnen und nicht mit den Freiheitlichen koalieren wollen; dass sie dazu aber halt auch verstehen müssen, dass wir unserer Linie treu bleiben und sie sehr weitreichende Zugeständnisse machen sollten. „Aus Verantwortung für Österreich“, sozusagen. Das war Stufe eins. Stufe zwei: Für das Beste aus ihrer Welt forderte die ÖVP eine Verschärfung sehr vieler Maßnahmen aus der türkis-blauen Zeit. Den Grünen will es gelungen sein, das Schlimmste davon abzuwenden. Ergebnis: Zumindest in Migrationsfragen kam nicht 200 Prozent türkis-blaue Handschrift, sondern „nur“ 100 Prozent. Sie erkennen, worauf das hinausläuft; der Kurs ist unverändert geblieben. Verhängnisvoll war und ist für die Grünen bei alledem die Öffentlichkeitsarbeit: Sie haben sich bei den Regierungsverhandlungen türkiser „Message Control“ unterworfen. Sie waren diszipliniert und haben kaum etwas hinausgetragen. Nur hin und wieder gab es eine Unmutsäußerung, die von der breiten Masse aber kaum wahrgenommen worden ist. Schlussendlich mussten die Grünen unter diesen Umständen fast alles schlucken...“
- „Lohnabhängige haben von Schwarz-Grün wenig zu erwarten“ am 09. Januar 2020 beim Gewerkschaftlichen Linksblock fasst zusammen: „… Zusätzlich hat die Koalition die „Prüfung der Potenziale zur Senkung der Lohnnebenkosten“ im Plan. Ob das „ohne Leistungsreduktion“ erfolgen wird ist fraglich, ein Körberlgeld für die Unternehmen bleibt jedenfalls. Eine Wertschöpfungsabgabe ist auch für Schwarz-Grün kein Thema. Dass die Grünen „eine Senkung der Steuer- und Abgabenquote in Richtung 40%“ und in Zeiten der Nullzinspolitik das Ziel „die Schuldenquote der Republik weiter in Richtung Maastricht-Ziel von 60% zu senken“ akzeptieren, zeigt, dass sie sich den neoliberalen Dogmen voll und ganz unterworfen haben. Charakterisiert wird der Koalitionspakt von ÖVP und Grünen vor allem dadurch, dass keine der sozialen Grausamkeiten der früheren und am Ibiza-Skandal gescheiterten Koalition der ÖVP mit der rechtsextremen FPÖ rückgängig gemacht wird. Das gilt für den 12-Stundentag mit 60-Stundenwoche, die Zwangsreform der Krankenkassen mit Ausschaltung der Selbstverwaltung, die Verschlechterung der Mindestsicherung als „Sozialhilfe Neu“, das Standortentwicklungsgesetz und die Diffamierung sozialer Errungenschaften als „Gold Plating“...“
- “Regierungsprogramm: Ein grünes Feigenblatt für die ÖVP“ am 07. Januar 2020 beim ArbeiterInnen-Standpunkt zu einzelnen Punkten des Regierungsprogrammes: “… Das Arbeitslosengeld neu aus schwarz-blauen Zeiten, über das die Notstandshilfe abgeschafft werden sollte, findet sich in dieser Form nicht mehr, allerdings eine „Weiterentwicklung des Arbeitslosengelds mit Anreizen, damit arbeitslose Menschen wieder schnell ins Erwerbsleben zurückkehren können“. Das zeigt natürlich, dass die ÖVP nicht von ihren Reformplänen ablassen möchte, aber wohl keine Einigung erzielen konnte. Wie ein Grünen-konformer Angriff auf die Arbeitslosen aussehen kann wird wohl noch verhandelt. (…) Natürlich finden sich in diesem Regierungsprogramm wieder einige rassistische Maßnahmen, mit denen die Kurz-ÖVP bei den rechtsstehenden Wähler*innen Punkten will. So wird das schwarz-blaue Projekt der sogenannten „Deutschförderklassen“ fortgeführt, d.h. für 15-20 Wochenstunden die Separation von Kindern und Jugendlichen mit „ungenügenden Deutschkenntnissen“ vom Rest der Klasse. Anknüpfend an die schwarz-blauen Pläne soll die „Versorgung und Rechtsvertretung von Schutzsuchenden“, d.h. von Asylwerber*innen, „verstaatlicht“ werden, soll heißen diese Aufgabe den NGOs zu entziehen. Das würde mit Sicherheit zu einer schlechteren Situation für Geflüchtete führen. Relativiert wird dieser Plan nur dadurch, dass die NGOs einen „Qualitätsbeirat“ beschicken sollen. Wenig überraschend will man auch die Asylverfahren beschleunigen, sich also weniger Zeit für ein angemessenes Verfahren nehmen und orientiert sich nur noch an den „Mindeststandards“ der Genfer Flüchtlingskonvention. Weiters soll es ein Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 an Schulen geben, was mit der „Religionsmündigkeit“ begründet wird, andere religiöse Maßnahmen gegenüber Kindern wie Taufen, Beschneidungen usw. werden dagegen toleriert. (…) Ebenfalls unter „Asyl“ angeführt, obwohl es wohl alle betreffen wird, ist die Einführung einer sogenannten „Sicherungshaft“ mit der Personen präventiv, also auf Verdacht, eingesperrt werden sollen. Dieser Schritt in Richtung Polizeistaat wird von einer gehörigen Aufstockung der Polizei begleitet, es soll gleich 2.300 zusätzliche Planstellen und 2.000 zusätzliche Ausbildungsplätze geben...“
- „Hemdsärmelige Freundseligkeit“ von Franz Schandl am 09. Januar 2020 bei den Streifzügen insbesondere zur Rolle der Grünen: „… Programmatisch ist da jedoch nichts, was nicht konventionell wäre. Originelle Vorschläge oder Überlegungen suchen wir vergebens. Das gilt insbesondere natürlich auch für das vorliegende Regierungsprogramm, wo Kühnheit und Perspektive keinen Eingang gefunden haben. Und nicht bloß weil die Konservativen unter Sebastian Kurz das verhindert haben. Werner Kogler ist ganz ein Mann des politischen Geschäfts und dessen fragwürdigen Geschäftstüchtigkeit. Jetzt will er mal ran und mal machen. Der schier unbegrenzte Glaube an den Markt feiert unter dem Label ökosoziale Marktwirtschaft ein fröhliches Revival. Da gilt das Unbedenklichkeitszertifikat. Wobei Kogler das Kunststück versucht, den Konservativen unentwegt ihr eigenes Konzept schmackhaft zu machen, stammt dieses doch von einem ehemaligen ÖVP-Vizekanzler namens Josef Riegler. Auch der ein Steirer. Unablässig redet Kogler auf die Schwarz-Türkisen ein, dass sie gefälligst das tun sollen, was sie zuweilen propagieren. Anders als vielfach behauptet, gilt es festzuhalten, dass in zentralen Punkten (Arbeit, Standort, Konkurrenz, Leistung, Geld, Markt, Wachstum) nicht Differenzen bestehen sondern Übereinstimmungen. Die Wertegemeinschaften ist also nicht einmal angekratzt. Das passt schon zusammen. Insofern ist es auch Unsinn dem Grünen-Chef Sätze des Wahlsommers vorzuhalten wie „Mit dieser ÖVP will ich mir nicht einmal was vorstellen.“…“
- „Grüne beim Rechtswalzer“ von Bernhard Torsch am 09. Januar 2020 in der jungle world hebt vor allem die systematisierte Repressionsoffensive hervor: „… Vor allem die Beibehaltung der »Sicherungshaft zum Schutz der Allgemeinheit«, ein Einfall des ehemaligen FPÖ-Innenministers Herbert Kickl, ist für die grüne Basis schwer zu schlucken, hat die Partei diese rechtlich umstrittene Maßnahme doch heftig kritisiert, als sie noch in der Opposition war. Zu Recht lehnen auch Verfassungsexperten und Menschenrechtsanwälte den Plan ab, Menschen wegzusperren, gegen die ein bloßer Verdacht auf eine nicht näher definierte »Gefährlichkeit« besteht. Würde die Präventivhaft, wie von der ÖVP bezweckt, ausschließlich gegen Asylsuchende angewendet, wäre das wohl nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz der Verfassung zu vereinbaren. Eine Ausdehnung der vorbeugenden Sicherungsverwahrung auf die gesamte Bevölkerung käme einer Gesinnungsgesetzgebung gefährlich nahe, die Menschen allein für Haltungen oder Meinungen ihrer Freiheit beraubt. Mit der Untersuchungshaft sowie psychiatrischen Zwangsmaßnahmen bestehen ohnehin bereits viele Möglichkeiten, Menschen in Haft oder haftähnliche Verwahrung zu nehmen. Nur mussten sie dafür bislang eine Anlasstat begangen haben...“
- Selbstbestimmtes Österreich berichtet von einer Mahnwache gegen die schwarzgrüne Regierung in Wien : Weitere Jahre der Politik für die Besitzenden – mit grünem Mäntelchen?
- Siehe auch Aufrufe vor und nach der Präsentation des Regierungsprogramms