»
Österreich »
»
»
Spanien »
»
»
Spanien »
»

Der Massentourismus stößt an Grenzen und auf Gegenwehr: Nicht nur auf Mallorca, auch in Österreich wächst der Widerstand

Dossier

Manifest für Limitierung des Tourismus (Spanien)„… Dieses Wochenende ist Urlauberschichtwechsel. Einmal mehr bahnen sich in Österreich Kolonnen ihre Wege durch die Landschaften. Die Transitrouten sind voll mit den Verrückten. Die es noch nicht sind, werden es – auf der Strecke wie an der Strecke. Nirgendwo ist der Wahn, permanent mobil zu sein, ausgeprägter als im Massentourismus. (…) „Sanfter Tourismus“ ist eine Erfindung der Reklame, ohne obligate Nachhaltigkeitsplakette geht heute sowieso nichts mehr. (…) Wenn etwa die österreichische Fremdenverkehrswirtschaft meint, sie sei keine Industrie, sondern eine Dienstleistung, irrt sie. Geradezu fließbandmäßig produziert sie mit Tourismus Touren und Touristen. Der serielle Charakter ist offensichtlich und die Fabrikation von Häusern und Hütten, Chalets und Hotels, von Pools und Lifts fällt in ihre Produktpalette. Unsere disponible Zeit ist gefälligst der Freizeitindustrie zu opfern…“ Artikel von Franz Schandl im Freitag online vom 2. August 2024 externer Link – siehe mehr daraus und mehr zu Spanien:

  • „Mallorca gehört uns“: Einheimische besetzen den Strand am Ballermann gegen den Massentourismus – eine von vielen Aktionen, um dem Tourismus Grenzen zu setzen New
    • Demos gegen den Massentourismus: „Mallorca gehört uns“: Einheimische besetzen den Strand am Ballermann
      Jetzt haben die Anti-Tourismus-Proteste auf Mallorca sogar den Lieblingsstrand der Deutschen erwischt. Rund 150 Menschen demonstrierten dort am Sonntag gegen die Massifizierung
      Die Tourismus-Proteste auf Mallorca gehen in die nächste Runde – und haben jetzt sogar den Lieblingsstrand der Deutschen erwischt! Rund 150 Demonstranten haben an diesem Sonntagmittag auf Mallorca unter den Augen Hunderter deutscher Urlauber den „Ballermann“ besetzt. Bei der Protestaktion fanden sich die Einheimischen mit Schildern und Transparenten an der Playa de Palma ein, um gegen die Massifizierung zu protestieren. Sie stand unter dem Motto: „Wir gehen an den Strand, so wie früher“. Der Protest, zu dem das Kollektiv „Mallorca Platja Tour“ aufgerufen hatte, fand zwischen 11 und 13 Uhr auf der Höhe des Balneario 6 statt. Es war die dritte derartige Aktion der Initiative auf der Insel, sie fiel ebenfalls eher klein aus. Bei ihren ersten beiden symbolischen „Besetzungen“ Ende Mai am Strand von Sa Ràpita sowie Mitte Juni in der sogenannten Instagrambucht Calò des Moro hatte man nur ein paar Dutzend Menschen zusammengetrommelt. (…) Die Demonstranten versammelten sich zunächst am Strand, rannten dann alle gemeinsam ins Meer, wo sie ein Banner ausrollten, auf dem „Lasst uns unsere Strände besetzen“ stand. (…)
      Dieses Jahr beteiligten sich bereits viele Menschen auf Mallorca an den beiden großen Protesten in Palma. Zehntausende gingen in den vergangenen Wochen in Mallorcas Hauptstadt auf die Straße, um gegen den Massentourismus zu demonstrieren. Ein wesentlicher Grund für die Unzufriedenheit ist die durch die Ferienvermietung verschärfte Wohnungsnot. Viele Einheimische können sich den Wohnraum auf der Insel kaum mehr leisten. Auch Staus, Lärm und Schmutz belasten die Anwohner zunehmend. Die Protestaktionen am Strand hingegen waren als Reaktion auf eine Äußerung von Manuela Cañadas, der Fraktionssprecherin der rechtspopulistischen Vox-Partei im Balearen-Parlament, ins Leben gerufen
      …“ Artikel von Patrick Czelinski vom 11.08.24 im MallorcaMagazin externer Link mit Videos
    • Mallorca: »Dem Tourismus Grenzen setzen«
      Der Soziologe und Koordinator bei der 1973 gegründeten Naturschutzorganisation GOB auf Menorca, Miquel Camps, der in Menorca einen Überraschungsprotest in der Bucht »Cala en Turqueta« mitorganisierte, im Interview von Ralf Streck vom 8. August 2024 in Neues Deutschland online externer Link über die Folgen des Massentourismus und die Proteste auf den Balearen. :“… Wir wollten jede Art von möglichen Zusammenstößen mit Touristen vermeiden. Wir richten uns nicht gegen sie. Uns geht es um die Debatte, welches Limit wir dem Tourismus setzen wollen. Wohin der Massentourismus führt, sehen wir nur zu gut an Mallorca und Ibiza. Diesen Weg wollen wir nicht gehen. (…) Die Bucht [an der Cala en Turqueta] ist ein Symbol für den Widerstand gegen ein bestimmtes Tourismusmodell. Sie sollte einst bebaut werden, wie andere Buchten auch. Sie wurde unter der Franco-Diktatur vom Tourismusministerium zum nationalen Tourismusinteresse erklärt. Es gab dagegen massiven Widerstand. Die Urbanisierung konnte dort, wie an anderen Stellen, über einen langen Kampf verhindert werden. Auch wenn nun keine Bebauung geplant ist, knüpfen wir daran an, um in diesem Raum unsere Forderungen zu stellen. Zudem besuchen im Sommer schon etwa dreimal mehr Menschen die geschützte Bucht, als erlaubt ist. Der Protesttag war der einzige Tag, an dem bestehende Vorgaben eingehalten wurden. (…) Millionen Touristen sind nicht nur ein Umweltproblem, sondern auch ein ökonomisches und soziales. Die Menschen leben mit jedem Anstieg des Tourismus immer schlechter. Laut Studien lag das Pro-Kopf-Einkommen auf den Balearen in den 1980er-Jahren im Regionen-Vergleich auf dem ersten oder zweiten Rang. Heute haben wir dreimal so viele Touristen hier, befinden uns beim Pro-Kopf-Einkommen nun aber auf Platz elf oder zwölf. Wegen hoher Preise ist die Kaufkraft im Vergleich zu anderen Regionen noch niedriger. Die Lebensqualität der Bewohner sinkt in dem Verhältnis, in dem immer mehr Touristen kommen. Es werden im Tourismus meist auch nur billige Arbeitskräfte, mit wenig Ausbildung, eingesetzt. Wir sehen einen ökonomischen Fehlschlag. (…) Wir haben hier viele Veranstaltungen gemacht, um in Gemeinden Vorschläge zu erarbeiten. Einer davon ist, die Zahl der Mietwagen zu beschränken. Wir haben im Sommer bis zu 30 Prozent mehr Autos hier, als die Infrastruktur verträgt. Formentera hat vor fünf Jahren die Zahl der Mietwagen begrenzt und gute Erfahrungen gemacht. Nach der Gesetzeslage könnte man das hier schon im nächsten Jahr einführen. (…) Wir sind natürlich gegen einen Eliten-Tourismus, wollen aber die Zahl der Touristen beschränken. Wer früh reserviert, bekommt das Auto. Wenn alle reserviert sind, ist Schluss, unabhängig vom Preis. Das ist wie beim Theater- oder Konzertbesuch. Eintrittskarten sind beschränkt. Wenn es keine mehr gibt, ist es egal, wie viel man bezahlen kann. Ist das Limit erreicht, muss man uns eben zu einer anderen Zeit besuchen. Wir arbeiten daran, dass der Tourismussektor hier überleben kann, mit einem guten Angebot, aber so, dass die Bewohner nicht darunter zu leiden haben. Auch der Besucher hat ein viel besseres Erlebnis hier, wenn nicht alles überfüllt ist.“
    • Siehe #OcupemLesNostresPlatges
    • und Mallorca Platja Tour auf Twitter externer Link – siehe auch:
    • „*KANARISCHE INSELN*
      16 Millionen Touristen jährlich
      34 % Risiko extremer Armut
      Leben wir vom Tourismus, oder lebt der Tourismus von uns? (…) „Wenn sie uns illegal in unserem Land blockieren, handeln wir … DIE KANARISCHEN INSELN VERKAUFEN NICHT, SIE WERDEN GELIEBT UND VERTEIDIGT. Hier ist niemand gegen den Tourismus, Scheiße mit Beinen, wir sind gegen MASSENTOURISMUS…“ span. Tweet von @DavidSuarezLez1 vom 11. Aug. 2024 externer Link mit Video und zuvor:

      • Die Bewohner der Kanarischen Inseln mobilisieren massiv gegen den Massentourismus. Die Insel mit 2 Millionen Einwohnern begrüßte im Jahr 2023 mehr als 17 Millionen Touristen! Die Bevölkerung prangert insbesondere die Betonierung der Küstenlinie und die riesigen Kreuzfahrtschiffe an.“ franz. Tweet von Cerveaux non disponibles vom 22. Apr. 2024 externer Link mit Video
  • Der Massentourismus stößt an Grenzen und auf Gegenwehr
    Weiter aus dem Artikel von Franz Schandl im Freitag online vom 2. August 2024 externer Link: „… Es gilt, Meilen abzuspulen, bei Events zugegen zu sein, für das Shopping zur Verfügung zu stehen – und im Ergebnis möglichst große ökologische Fußabdrücke zu hinterlassen. Das ist Realität, alles andere ist Ideologie. Freizeit ist eine autodestruktive Verlängerung der Arbeitszeit. Urlaub nennt sich die Coda der Lohnarbeit. (…) Quantität setzt jedenfalls eine Qualität in Gang, die alle Dimensionen sprengt. Scheinbar unumkehrbar. Denn der Standort muss sich rüsten, also aufrüsten, und das tut er auch an allen Fronten, die zunehmend als solche wahrgenommen werden. Dass dieser Zweig der Wirtschaft an die Wand fährt, ist offensichtlich, doch solche Erkenntnisse verhallen. Das Geschäft, es muss am Laufen bleiben. „Tourismus hofft stark auf August“, heißt die aktuelle Schlagzeile in Österreich. Doch die Stimmung beginnt zu kippen. Die einst Umworbenen sind zu Unwillkommenen geworden. Die Einheimischen setzen sich zunehmend zur Wehr. Einerseits werden es der Vorschriften mehr. Städte verlangen Eintritt, Inseln verfügen Obergrenzen oder verhängen gar einen Lockdown, Barfuß- und Bikiniverbote werden ausgesprochen. Nach 21 Uhr gibt es keinen Alkohol mehr, die Regeln werden rigider, Strafen fallen heftiger aus. Andererseits werden die Menschen vor Ort auch selbst aktiv. Die Wasserspritzpistolen, mit denen Einheimische in Barcelona auf Cafébesucher losgingen, sind wohl erst der Anfang. Weitere Übergriffe werden folgen. „Wir wollen das nicht mehr“ ist die eindeutige Botschaft. Man darf also gespannt sein, wohin die Reise der Reise geht.“
  • Overtourism – Wie sich Urlaubsregionen vor dem Kollaps schützen
    „Der massenhafte Tourismus ist ein großes Geschäft und ein riesiges Problem: Souvenirshops und Restaurants verdrängen authentisches Leben, Abfall und Abwasser überlasten die Infrastruktur, Wohnraum wird knapp und die Natur geschädigt. Hotspots wie Venedig, Barcelona und Berlin, Mallorca, Teneriffa und Rügen, der Spreewald und die Alpen suchen nach Lösungen: Kurtaxen für Tagesausflügler, begrenzte Bettenzahlen und reduzierte Kontingente an Eintrittskarten. Sie sollen einen der wichtigsten Wirtschaftszweige der EU regulieren, ohne die Touristen zu verschrecken.“ Kolumne von Stephanie Eichler bei SWR Kultur am 26. Juni 2024 externer Link Audio Datei (Audiolänge: 28 Min, Manuskript zur Sendung als Download externer Link )
  • Spanien: Rückeroberung der Strände als Protest gegen Massentourismus
    „Neben Großdemonstrationen greifen Aktivisten nun auch zu kreativen Aktionen und „besetzen“ ihre Strände. Die Lage in Urlaubsgebieten wird für viele Bewohner immer untragbarer. Mieten explodieren mit dem Massentourismus. Es muss zum Teil für ein Zimmer für 1000 Euro gezahlt werden, also geht dafür fast der gesamte Mindestlohn drauf, der im Gaststättengewerbe oft nur bezahlt wird. Dazu kommen Müllberge, Wassermangel, Verkehrschaos und Lärm. (…) „Es ist ein Trauerspiel, dass ein Strandbesuch ein Protestakt werden muss“, beklagt nun die Bewegung „Mallorca Platja Tour“ (Mallorca Strand-Tour). Sie hatte kürzlich einen ersten Protest-Strand-Probelauf am längst auch überlaufenen Strand „Sa Ràpita“ gestartet. Das Medienecho auf die erste „Strandbesetzung“ blieb gering. Das hat sich vergangenen Sonntag aber grundlegend geändert. Bild titelte zum Beispiel: „Kampf um Influencer-Bucht“ angesichts der Tatsache, dass sich am frühen Sonntag 300 Bewohner dem Aufruf von Mallorca Strand-Tour gefolgt waren und die einst als Geheimtipp gehandelte Bucht Caló des Moro im Süden der Insel bei Santanyí „besetzt“ haben. Sie protestierten damit gegen den Massentourismus. Die Gruppe mobilisiert wird über den Hashtag #OcupemLesNostresPlatges und dem Motto „Ocupem les nostres platges” (Besetzen wir unsere Strände). Die Strände auf der Ferieninsel sollen wieder mit „Mallorquinern gefüllt“ werden. (…) Eigentlich sollte der Protest gegen 12 Uhr beendet werden. Die „Performance“ wurde aber schon gegen 11 Uhr 30 von der paramilitärischen Guardia Civil aufgelöst. Das ist keine „Polizeieinheit“, sondern eigentlich eine Militäreinheit. Die begann damit, Personalien von Protestierenden festzustellen. Es handele sich um einen nicht genehmigten Protest, wurde erklärt und gefordert, die Spruchbänder müssten eingerollt werden. Die Organisatoren „verurteilen diese Einschüchterung“. Es sei „niemals zu verstehen“, dass eine friedliche Zusammenkunft, von Sicherheitskräften unterbrochen wird. Damit würden Grundrechte beschnitten. Schließlich sei es nur darum gegangen, den „Massentourismus in Frage zu stellen“, der einen „guten Teil des Problems“ der Insel darstelle. Wer kontrolliert wurde, sieht sich vermutlich einer administrativen Geldstrafe nach dem Maulkorbgesetz ausgesetzt. Der Anwalt Toni Bennàssar meint, dass man ein Hilfsnetzwerk aufbauen müsse, um derlei Proteste zu unterstützen. Er stellt fest, dass solche Versammlungen keinerlei vorherige Genehmigung benötigen. Sollte man einen Strand als öffentlichen Verkehrsraum ansehen, ist nur eine vorherige Benachrichtigung nötig. „Meiner Meinung nach hat die Guardia Civil die Personen mit der klaren Absicht identifiziert, zukünftige Kundgebungen zu verhindern“, meint der Anwalt. Man müsse nun abwarten, wie sich die Delegation der spanischen Zentralregierung verhält. Die liegt in den Händen der Sozialdemokraten, die schon vor fünf Jahren versprochen hatten, das Maulkorbgesetz der ultrakonservativen Vorgänger komplett zu streichen. Passiert ist bekanntlich nichts, es wurde nicht einmal etwas reformiert und abgeschwächt. Sogar die Vereinten Nationen hatten zur Einführung kritisiert. Es sei so schwammig formuliert, dass eine „unverhältnismäßige“ Anwendung und die Kriminalisierung friedlicher Proteste möglich sei. Grundrechte, wie das Recht auf freie Meinungsäußerung würden unnötig und unverhältnismäßig eingeschränkt, womit Spanien auch gegen internationale Vereinbarungen verstoße…“ Beitrag von Ralf Streck vom 23. Juni 2024 bei Overton-Magazin externer Link

Grundinfos:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=222197
nach oben