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Woche der Streiks in Österreich: Der Klassenkampf ist zurück

KV Eisenbahn 2022: vida fordert 500 Euro mehr im MonatSeit Jahrzehnten gab es in Österreich keine Streikdynamik wie derzeit. Die Bahn wurde für 24 Stunden lahmgelegt, in den Brauereien, bei der Telekom und in einigen Kliniken wurde ebenfalls gestreikt. Der Streik der Handelsbeschäftigten wurde trotz schwachem Abschluss verhindert. In kaum einem Land der Welt wird vergleichsweise so wenig gestreikt wie in Österreich. Die Schlagzeilen dominieren meist korrupte und rechtsextreme Politiker:innen. Doch nun zeigt die österreichische Arbeiter:innenklasse ihre Macht. Aufgrund der hohen Inflation gibt es in allen organisierten Sektoren eine hohe Streikbereitschaft und großen Kampfeswillen. Daher können die Gewerkschaftsführungen nicht so einfach wie sonst Kompromisse mit den Bossen aushandeln. Eine Übersicht über die Geschehnisse…“ Beitrag von Maxi Schulz vom 30. Nov 2022 bei Klasse gegen Klasse externer Link, mehr daraus und Hintergründe:

  • Weiter im Beitrag von Maxi Schulz vom 30. Nov 2022 bei Klasse gegen Klasse externer Link: „… Zusätzlich zu den Beschäftigten der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) traten Kolleg:innen aus 60 weiteren Verkehrsunternehmen in den Streik. In Österreich ist so ein großer Streik eine absolute Ausnahme, in vielen Jahren wird im ganzen Land nicht eine einzige Minute gestreikt. Die Beschäftigten fordern mindestens 400 Euro mehr Lohn. Das entspricht einer Lohnerhöhung um 12-13 Prozent und würde somit knapp über der Inflation von elf Prozent liegen. Der ÖBB-Chef Andreas Matthä zeigte keinerlei Verständnis für den Ausstand und bot bisher kein annehmbares Angebot an. Besonders fortschrittlich an diesem Streik ist auch die Allianz, die die Beschäftigten mit der Klimabewegung bilden wollen. Die Streikenden luden Klimaaktivist:innen zu ihren Streiks ein. Diese folgten dem Aufruf, um gemeinsam gegen die soziale Krise und den Klimawandel zu kämpfen. (…)
    Auch die Beschäftigten der A1 Telekom Austria kämpfen zurzeit für eine Gehaltserhöhung. Am 29. November fand der erste Warnstreik statt, um die geforderten 10,6 Prozent zu erhalten. Bei diesen Kollektivvertragsverhandlungen geht es um insgesamt 10.000 Beschäftigte. Tausende von ihnen folgten dem Aufruf der Gewerkschaft und der Betriebsräte und zeigten auf einer Streik-Demonstration ihre Kampfbereitschaft.
    Fast einhundert Prozent der Beschäftigten in den Ordensspitälern (österreichisch für Privatkrankenhäuser) sprachen sich für den Streik aus. In den Spitälern Speising, Barmherzige Brüder, Barmherzige Schwestern, St Josef, Herz-Jesu und Göttlicher Heiland gab es am 23. November die ersten Warnstreiks. 500 Euro mehr Lohn lautet die Forderung der Beschäftigten. Das Angebot der Arbeitgeber:innen ist davon meilenweit entfernt, sie boten eine Einmalzahlung in Höhe von circa 400 bis 700 Euro an. Das ist unglaublich dreist und verantwortungslos. Der Streik ist absolut gerechtfertigt!
    Frustriert sind auch die Beschäftigten im Braugewerbe. Sie fordern elf Prozent mehr Lohn, um die Inflation auszugleichen. Bisher gab es noch kein faires Angebot. Bei Stiegl in Salzburg, Ottakringer in Wien und vielen mehr blieben daher die Braukessel leer. Wenn die Verhandlungen im Dezember weiterhin kein Ergebnis bringen, werden mindestens weitere Warnstreiks folgen…“ Auch mit (kritischen) Ausführungen zum Einzelhandel, siehe dazu:

  • Bahn, Brauereien, Handel, Telekom, Spitäler, Uni: Lassen wir uns nicht spalten! Für branchenübergreifende Streiks und eine gemeinsame Bewegung!
    „Die Medien sprechen bereits von einer Streikwoche und davon dass Österreich „zum Streikland wird“. Gut so! Am 28.11. haben die Beschäftigten der Bahn gestreikt, die Brauereien streiken über die Woche verteilt an verschiedenen Standorten. Am 29.11. gab es einen einstündigen Warnstreik bei A1 Telekom. Am 2. und 3. Dezember hätte der Handel streiken können – das wäre der erste Streik im Handel seit 1981 gewesen. Dort gab es jedoch nun eine Einigung, mit 7,3% im Durchschnitt knapp über der durchschnittlichen Jahresinflation die für die Gewerkschaftsführung als rote Linie galt. Viele Kolleg/innen hätten gerne die aktuelle Inflation mit 11% abgegolten gehabt. Dennoch zeigt die Steigerung von 4% auf 7% im Angebot der Arbeitgeber, was eine Streikdrohung bewirken kann – vor allem nach dem durchgeführten Bahnstreik. Man denke nur, was möglich gewesen wäre, wenn der Handel gestreikt hätte. Die GPA sagt so viel Wut wie heuer unter den Beschäftigten hätten sie noch selten erlebt. Dennoch ist die Streikwelle nicht zu Ende. In Branche um Branche gibt es Betriebsversammlungen und Streikdrohungen. Denn die Teuerung betrug im November zuletzt 11% – es ist nicht einzusehen, dass Arbeitnehmer/innen nicht mal diese aktuelle Teuerung abgegolten bekommen. Die Streiks sind mehr als gerechtfertigt – auch wenn die Medien und Arbeitgeber bereits versuchen, einzelne Branchen zu isolieren und zu spalten. Besonders eingeschossen haben sie sich auf die Beschäftigten bei der Bahn, die mit einem relativ kämpferischen Kurs der Vida einen 24-Stunden Warnstreik am 28.11. durchgeführt haben. Mit ein Grund ist auch dass ein Bahnstreik sichtbar ist, und das Potential hat, das Land lahmzulegen. Nicht ohne Grund wurde 2003 der Bahnstreik nach drei Tagen von der Regierung abgedreht, da der Hochofen in der Voest nach drei Tagen ohne Nachschub gefährdet war. Die Beschäftigten bei der Bahn haben große wirtschaftliche Macht. Solidarisch mit dem Bahnstreik zeigten sich die Ordensspitäler, die selbst vergangene Woche gestreikt hatten und die Beschäftigten der Berufsrettung. Bei den Innsbrucker Verkehrsbetrieben stand sogar ein Solidaritätsstreik im Raum! Welchen Unterschied macht es, ob Hebenstreit ÖGB Chef werden will? Streikaktionen und damit einhergehend höhere Abschlüsse sind auf jeden Fall im Interesse der Beschäftigten. Wenn Vida einen kämpferischeren Kurs dafür einschlagen sollte, dann ist das letztlich auch Ausdruck des gestiegenen Drucks von unten – denn letztlich geht es ja um die Interessen der Beschäftigten. Auch bei den besetzten Unis wird versucht, diese zu isolieren. (…) Vor nichts haben Arbeitgeber und Regierung mehr Angst, als Beschäftigte, die sich geschlossen wehren und sich womöglich auch noch mit den Studierenden zusammenschließen, wie das 1968 in Frankreich der Fall war. (…) Die Sozialistische Offensive fordert: -Für branchenübergreifende Streiks, damit die einzelnen Branchen nicht gegeneinander ausgespielt werden können! -Für Nachschlagszahlungen bei jenen Sektoren die bereits zu niedrig abgeschlossen haben. -Kein Abschluss unter aktuellen Inflation! Kein Verkaufen von Reallohnverlusten als Reallohngewinnen! -Für aktive Streiks mit Streikdemonstrationen und Streikkundgebungen um die Kolleg/innen in den verschiedenen Sektoren zusammenzubringen! Für demokratisch gewählte Streikkomitees um die Streiks von unten zu organisieren, für demokratische Diskussionen von (und Entscheidungen über) Forderungen, Strategie und Verhandlungsergebnisse(n)! Für Streikposten und Solidaritätskomitees! -Für einen Gaspreisdeckel und Preiskontrollen bei den zum Leben notwendigen Artikeln. Dafür Energiesektor und Lebensmittelkonzerne in öffentliches Eigentum unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung durch die arbeitende Bevölkerung! -Für den Aufbau von Vernetzung in den Gewerkschaften für kämpferische und demokratische Gewerkschaften! -Für eine echte demokratische sozialistische Gesellschaft, die die Probleme, die es gibt, tatsächlich im Interesse von Arbeitnehmer/innen, Arbeitslosen, Pensionist/innen und Jugendlichen lösen kann.“ Blog der Sozialistischen Offensive vom 29. November 2022 externer Link

Siehe zum Thema auch:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=206565
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