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[Foodora-Nachfolge in Österreich] Arbeitsbedingungen bei Mjam: Sie sind noch schlechter geworden – und heißen wieder Foodora

Dossier

Neues über die Arbeitsbedingungen bei Mjam: sie sind noch schlechter geworden (Screenshot aus der Stadard.at)Neues über die Arbeitsbedingungen bei #Mjam: sie sind noch schlechter geworden. (…) FahrerInnen werden jetzt Leistungsklassen eingeteilt, mit lukrativen Routen belohnt + mit schlechten bestraft. Wer für #mjam nicht jeden Sonntag radelt, sondern nur 1x frei nimmt/krank ist rutscht im Ranking ab. Auch wer 1x zu spät kommt, hat für 4 Wochen einen Strafpunkt. Wer nicht absolut jede Schicht annimmt auch. Übrig bleiben dann aber nur noch Dienste für die es kaum Geld gibt. Bezahlt werden fast alle FahrerInnen bei #Mjam nämlich nicht nach ihrer Arbeitszeit, sondern nach den Zustellungen (…) Wer mit den Hungerlöhnen von #Mjam allerdings überleben will, muss mindestens 2 lange Dienste mit je 4h-45min/Tag machen können und die gibt es nur für die mit dem besten Ranking. Wer 50h/Woche radelt verdient am Schluss ca. 1200€ netto Monat. Was ich besonders entwürdigend finde ist, das #mjam den FahrerInnen während des #CoronaLockdown nicht ermöglicht hat die WCs in den Lokalen zu benutzen…“ Twitter-Thread von Veronika Bohrn Mena vom 18.7.2020 externer Link – geht noch weiter und ist sehr lesenswert! Siehe Hintergründe und Neuigkeiten:

  • Foodora-ZustellerInnen demonstrierten am 25. Oktober in Wien für mehr Geld, den Schutz des Kollektivvertrags und bessere Arbeitsbedingungen New
    „Fahrerinnen und Fahrer des Essenszustellers Foodora haben am Mittwoch für bessere Arbeitsbedingungen demonstriert. Konkret beklagen sie unter anderem, dass das Unternehmen zu viele freie Dienstnehmer beschäftigt und diese dann zu wenige Aufträge erhalten, um genug Geld zu verdienen. „Kaum wer kommt auf die Stunden, die er gerne hätte“, sagte Toni Pravdic, der Zentralbetriebsratsvorsitzender beim Foodora-Konkurrenten Lieferando ist. Foodora (früher Mjam) betonte, dass die Fahrerinnen und Fahrer zuletzt im Schnitt um 20 Prozent mehr Stunden gefahren seien als noch zu Jahresbeginn. „Zusätzlich haben wir die durchschnittliche Bezahlung seit Jänner 2023 um 10 Prozent angehoben“, erklärte das Unternehmen in einer der APA übermittelten Stellungnahme. Unterstützt wird die Demo von der Gewerkschaft vida. Sie fordert, dass für alle Zusteller der Schutz des Kollektivvertrags gelten müsse. Nur so hätten sie Anspruch auf Kilometergeld, Zulagen, Urlaub sowie Sozialversicherung und Krankengeld. Die Gewerkschaft will den KV auf freie Dienstnehmer ausdehnen, indem sie in das Arbeitsverfassungsgesetz aufgenommen werden. (…) Für Fahrradboten und Essenszusteller gibt es seit 2020 einen eigenen Kollektivvertrag. Es war der weltweit erste für Fahrradzusteller. Allerdings gilt dieser nur für rund 2.000 der insgesamt ungefähr 4.000 bis 5.000 Mitarbeiter der Branche. Der Rest sind freie Dienstnehmer und Einpersonenunternehmen (EPU), also selbstständig. Wirklich frei sind sie jedoch nicht, weil sie sich an die in der Zustell-App definierten Regeln des Lieferdienstes halten müssen.
    Die meisten sind freie Dienstnehmer
    Foodora und Lieferando sind die beiden größten Zustelldienste in Österreich, sie sind in mehreren Städten aktiv. In Wien gibt es mit Wolt noch einen dritten Anbieter. Bei Lieferando gibt es rund 1.000 Boten, die alle nach dem Kollektivvertrag angestellt sind. Bei Foodora sind ungefähr 150 Fahrer nach dem KV angestellt, die große Mehrheit der insgesamt rund 3.000 Rider erhält ihre Aufträge als freie Dienstnehmer. Bei Wolt gibt es nur freie Dienstnehmer und Selbstständige…“ Agenturmeldung vom 25.10.2023 in orf.at externer Link („Foodora-Zusteller demonstrierten für mehr Geld“), siehe auch:

  • Erneuter MJAM-Streik und große Demo am Sonntag 23. Oktober 2022 in Wien für mehr Geld, Respekt und bessere Arbeitsbedingungen
    • Mangelnder Respekt ist der Hauptgrund für den Streik der MJAM-Fahrer
      Adele Siegl ist Betriebsrätin beim Essensausliefer Mjam für die Angestellten des Betriebes. Jakob Zelger arbeite bei Mjam und interviewte sie. Die „Freien Dienstnehmer_innen“ protestieren heute schon den zweiten Sonntag hintereinander und legen zeitgleich die Arbeit nieder – ein wilder Streik also. (…) Es gibt generell ein große Unzufriedenheit bei den Fahrerinnen und Fahrern wegen zu geringen Löhnen und mangelndem Respekt vonseiten der Firma, sprich den Dispatchern, die die Aufträge vergeben. Es war ursprünglich eine Gruppe syrischer und afghanischer Fahrer, die den Protest organisiert haben, weil sie es sind, die wirklich viel mangelnden Respekt zu spüren bekommen, und zwar von den Dispatchern und den Restaurants. Da kommt schon Rassismus auch durch! Wir zwei bekommen diese Respektlosigkeit nicht zu spüren. Die Syrer und Afghanen sind ja auch die vulnerabelsten Gruppen, die am wenigsten ausbrechen können. Abgesehen davon machen die vielen unbeantworteten Tickets, die zu langen Wartezeiten unzufrieden. Als Freier Dienstnehmer kann man sich kaum wehren, kann keinen Betriebsrat gründen, deshalb gibt’s keine andere Möglichkeit als zu demonstrieren. (…) Wir wissen nicht, wer unser Chef ist, wir arbeiten ja mit einer App. Es gibt zwar als Ansprechpartner die „Riders Captains“, aber die haben auch keine wirklich Problemlösungs- oder Entscheidungskompetenz. Man kann nicht in ein Büro gehen und sagen: Hey mein Gehalt stimmt nicht, oder ich brauche eine Lohnbestätigung für mein Krankengeld. Man schreibt ein Ticket und hofft, dass man eine Antwort bekommt…“ Interview von Jakob Zelger am 23. Oktober 2022 bei Linkswende externer Link zu MJAM-Streik am Sonntag 23. Oktober und dazu:
    • „#RidersOnStrike Rund 150 Personen beteiligen sich auf der Mariahilfer Straße in #Wien an einer #MjamRiderDemo streikender Lieferfahrer*innen von #Mjam. Streikende #Mjam-Fahrer*innen in #Wien fordern mehr Geld, Respekt und bessere Arbeitsbedingungen. Details werden heute nach der Demo (150 Personen) gemeinsam diskutiert. #RidersOnStrike #MjamRiderDemo„“ Thread von @nochrichten am 23.10. externer Link
    • Wieder beteiligen sich Hunderte Fahrer_innen am #Mjam Streik. Bessere Löhne, behandlung auf Augenhöhe, keine Kündigung wegen Teilnahme am Streik, sind nur einige der Forderungen. Immer wieder solidarisieren sich Passant_innen mit dem Protestzug. #W2310 Die „Freien Dienstnehmer_innen“ protestieren heute schon den zweiten Sonntag hintereinander und legen zeitgleich die Arbeit nieder – ein wilder Streik also.“ Tweet von Linkswende jetzt! vom 23.10. externer Link mit Video
    • Bis jetzt ca 50 #mjam-Rider am Treffpunkt Christian-Broda-Platz für den heutigen Streik gegen den steigenden Arbeitsdruck und Ausbeutung der Fshrradkuriere. Auch ein ORF-Team berichtet. #w2310 (…) Der unabhängige, wild organisierte Protest wird vom Riders Collective (https://riderscollective.at externer Link) und auch von der Linkswende unterstützt. #w2310 #RidersOnStrike (…) Ca 100 TeilnehmerInnen jetzt #mjamstreik #wien #w2310 Streikbrecher werden konsequent von der Straße geholt ;) #mjam #mjamstreik #wien..“ Thread von WienTV vom 23.10.22 externer Link
    • Und zum Streik zuvor am 16.10.: „Am Sonntag traten rund 100 Rider des #Wien|er Unternehmen #Mjam in den Ausstand. Mjam gehört dem Berliner Konzern #DeliveryHero und hatte jüngst den Arbeitsdruck per Provisionsregelungen erhöht. #WilderStreik #Lieferdienst #ArbeitskampfTweet von Join A Union vom 18.10. externer Link
  • Viele Ungereimtheiten: Mjam entlässt 150 Fahrer:innen und will bald 1.000 einstellen: „Wir werden behandelt wie der letzte Dreck“ 
    Ohne Angabe von Gründen und mutmaßlich rechtswidrig hat Mjam 150 Fahrer:innen entlassen. Gleichzeitig brüstet sich das Unternehmen medial, bald 1.000 Fahrer:innen einstellen zu wollen.
    Am 11. Mai kam die Kündigung, per Mail. „Aus heiterem Himmel“, ärgert sich Mika (Name von der Redaktion geändert). Mika könne ab 30. Juni nicht mehr für den Lieferdienst Mjam arbeiten. Ein paar Zeilen, ohne Begründung. Mika wusste zu diesem Zeitpunkt nicht, dass er nur einer von 150 Mjam-Faherer:innen ist, die entlassen werden. Das allerdings ohne erkennbaren Grund. Und ohne Vorwarnung, wie Mjam-Betriebsrätin Adele Siegl kritisiert externer Link. Auf Nachfrage heißt es seitens Mjam: Es handele sich um die Abmeldung von Ridern, „die länger als zwei Monate nicht für uns fahren“. Das Unternehmen habe sie „aus administrativen Gründen abgemeldet“. „Zusätzlich trennen wir uns auch von Rider:innen, deren allgemeine Arbeitsleistung nicht mit unseren Erwartungen übereinstimmt“. Ein Eindruck, den Siegl nicht bestätigen kann. Laut ihr folgt die Massenkündigung keinem erkennbaren Muster. Weder seien die Betroffenen negativ aufgefallen, noch würden sie einer bestimmten Gruppe Fahrer:innen angehören. Betroffen seien laut Siegl Vollzeit- wie Teilzeitkräfte und ebenso geringfügig Beschäftigte. Vor allem für die Vollzeitkräfte sei die unerwartete Kündigung bitter, so Siegl. Denn einige von ihnen hätten erst unlängst mehrere Tausend Euro in ein E-Bike investiert.
    Freie Dienstnehmer:innen sind in dieser Hinsicht eine besonders vulnerable Gruppe. Mjam bewirbt das Modell mit mehr Flexibilität. Die freien Mjam-Fahrer:innen könnten sich ihre Arbeitszeiten besser einteilen als die fix angestellten. Doch die Flexibilität geht auf Kosten der Sicherheit externer Link. Da sie nicht im klassischen Sinne angestellt sind, genießen sie viele der kollektivvertraglich vereinbarten Vorteile nicht. Wie bezahlten Urlaub oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Auch ist das Durchschnittseinkommen im Vergleich zu ihren fixangestellten Kolleg:innen im Regelfall geringer. Und sie können ohne Angabe von Gründen jederzeit gekündigt werden. „Wir Freien Dienstnehmer:innen werden behandelt wie der letzte Dreck“, fasst Mika zusammen: Offiziell kann man sich bei Mjam aussuchen, ob man ein reguläres Vertragsverhältnis eingehen oder als Freie:r Dienstnehmer:in arbeiten will. Derzeit sind 94 Prozent der insgesamt 3.096 Mjam-Fahrer:innen als Freie Dienstnehmer:innen beschäftigt. Weshalb Branchenkenner:innen an der beworbenen Wahlfreiheit zweifeln…“ Artikel von Johannes Greß vom 30.6.2022 im Arbeit&Wirtschaft-Blog des ÖGB externer Link
  • Foodora wird nun endgültig zu Mjam: Website geht offline
    Ab 30. Oktober wird von Foodora-Website oder -App auf Mjam umgeleitet – Marke Foodora verschwindet in Österreich – Ab Anfang 2020 gilt neuer KV für Fahrradkuriere. (…) Mjam wurde 2008 in Wien gegründet und vier Jahre später an den deutschen Essenslieferanten Delivery Hero verkauft. Foodora, seit 2015 in Österreich, wurde 2014 in Deutschland gegründet. Delivery Hero verkaufte sein Deutschland-Geschäft inklusive Foodora Ende 2018 an den niederländische „Lieferando“-Eigner Takeaway.com. Nun verschwindet die Marke Foodora in Österreich. (…) Im September haben sich Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter auf den nach eigenen Angaben weltweit ersten Kollektivvertrag (KV) für Fahrradzusteller geeinigt. Für angestellte Fahrradboten und Essenszusteller hat es bisher keinen eigenen KV geben. Ab 1. Jänner 2020 gilt nun ein Basislohn von 1.506 Euro brutto im Monat plus Weihnachts- und Urlaubsgeld. Als problematisch bei der Einigung sieht Mjam-Chef Schreiber, dass unterschiedliche Branchen mit unterschiedlichen Bedürfnissen über einen Kamm geschoren wurden: „Briefe oder Pakete werden natürlich unter Tags zugestellt. Unser Hauptgeschäft liegt in den Abendstunden und hier ist uns die 22 Uhr-Grenze ein Dorn im Auge.“ Laut Schreiber haben ungefähr zehn Prozent der rund 1.200 MjamPlus-Fahrradkuriere in Österreich, die fallweise oder regelmäßig Essen ausliefern, eine fixe Anstellung. Nur für sie gilt der neue Kollektivvertrag ab 2020…“  Artikel vom 29. Oktober 2019 bei derstandard.at externer Link
  • Siehe zum Tarifvertrag unser Dossier: Tarifvertrag für Fahrrad-Kuriere in Österreich: Fortschritt nur „im Prinzip“? 
  • Und für mehr Infos:
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=175696
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