#NLverdientbeter: Niederländischer Gewerkschaftsbund FNV, der aktuell für Inflationsausgleich kämpft, wird für diesen von eigenen Angestellten bestreikt

Die niederländische Gewerkschaft FNV (Federatie Nederlandse Vakbeweging – Niederländischer Gewerkschaftsbund) war in den vergangenen Monaten die treibende Kraft hinter Streiks in verschiedenen Branchen, wie z.B. gegen den Einzelhandelskonzern Albert Heijn. (Hier hatten sie mit dafür gesorgt, dass diese sich mit dem Streik der Kolleg*innen in Belgien solidarisierten, wir berichteten kürzlich). Wenn die eigene Gewerkschaft für ihre Angestellten weniger Lohnerhöhungen zugesteht, als für jene Kolleg*innen, für die sie momentan im Einzelhandel u.a. verhandelt, dann stellt sich die Frage: Wer kämpft für bessere Bedingungen innerhalb der Strukturen, die sonst für bessere Strukturen eintreten? Die Kolleg*innen haben sich in der Gewerkschaft der Gewerkschaft – FNV Personnel – organisiert und streiken ausgerechnet am 1. Mai 2023 für einen besseren Tarifvertrag, der über einen bloßen Inflationsausgleich hinausgeht, Fortsetzung des Streiks ist nicht ausgeschlossen. Siehe dazu weitere Informationen:

• FNV Personeel, die Gewerkschaft der FNV-Beschäftigten, gibt es leider nur auf Fratzebuch
• „… Zum 1. Januar 2024 wird der automatische Preisausgleich (APC) mit garantierten 5 % Mehrlohn für alle eingeführt. Die Inflation wird für die Folgejahre überwacht, jedoch bis maximal 5 %. FNV Personeel fordert eine Inflationskorrektur und die Einführung eines APC ohne Obergrenze.“ Aus dem niederl. Tweet von FNV vom 4. Mai 2023  – alle vorfindbaren Artikel in der niederländischen Presse über die Kundgebung vor der Gewerkschaftszentrale am 1. Mai sind leider hinter Bezahlschranke
• Mitarbeiter der FNV drohen jetzt selbst mit Streiks
  „Die Mitarbeiter*innen der Gewerkschaft FNV sind mit dem von ihnen vorgeschlagenen neuen Tarifvertrag nicht zufrieden. Sie haben der Gewerkschaft jetzt ein Ultimatum gestellt, das am Montag um 10 Uhr [1. Mai 2023] abläuft. Wenn die Forderungen bis dahin nicht erfüllt sind, werden Aktionen folgen. Das ist bemerkenswert, weil die FNV als Gewerkschaft seit Monaten die treibende Kraft hinter vielen Streiks in verschiedenen Branchen ist. In den letzten Monaten wurde ein neuer Tarifvertrag ausgehandelt. Dieser beinhaltet den so genannten automatischen Preisausgleich (APC), der festlegt, wie stark die Löhne entsprechend der Inflation steigen. Ab dem 1. Mai erhalten die Beschäftigten je nach Tarifstufe zwischen 3 und 7 Prozent mehr Lohn und ab dem 1. Januar 2024 garantiert 5 Prozent mehr Lohn für alle. In den Folgejahren würden die Löhne der Inflation folgen, allerdings mit einem Maximum von 5 Prozent. FNV Personnel, die Gewerkschaft der FNV-Beschäftigten, ist der Meinung, dass dies „keine echte APC“ ist. „Es geht nicht darum, dass die Inflation an den FNV-Beschäftigten vorbeigegangen ist“, antwortet Direktorin Judith Westhoek. Sie findet, die Gewerkschaft sollte mit gutem Beispiel vorangehen. Wenn die FNV-Geschäftsführung nicht auf die Forderungen der Beschäftigten eingeht, werden am Montag während der 1. Mai-Märsche in Amsterdam sofort Maßnahmen ergriffen. Für den folgenden Tag ist ein landesweiter Streik geplant.“ niederl. Meldung von NOS vom 28. April 2023 („Personeel FNV dreigt nu zelf met stakingen“, maschinenübersetzt)
• Warnstreik zunächst nur für 24 Stunden geplant
  „Normalerweise führen Gewerkschaften einen Streik an. Relativ selten dürfte jedoch eine Gewerkschaft selbst Ziel eines Ausstands sein. Die große, niederländische Federatie Nederlandse Vakbeweging (FNV) ist nun in dieser ungewöhnlichen Situation – geschätzt 1.500 der 1.650 Beschäftigten der FNV legten am Dienstag die Arbeit nieder. Zunächst nur für 24 Stunden. Als Warnung. »Das ist verrückt«, zitierte die Tageszeitung Trouw am Montag Sitske Smit von der internen Belegschaftsvertretung FNV Personal. Die Gewerkschaftsfunktionärin aus Amsterdam unterstützt in der Regel Kolleginnen und Kollegen im Handel, wenn diese von Unternehmern höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen verlangen. Am Dienstag stand sie für ihre eigenen Belange auf der Straße. »Ich hatte gehofft, dass es nicht nötig sein würde«, sagte sie. Aber ausgerechnet am 1. Mai, dem Kampftag der Werktätigen, ließ die FNV ein Ultimatum der Belegschaft verstreichen, die 14,3 Prozent mehr Gehalt fordert…“ Artikel von Gerrit Hoekman in der jungen Welt vom 3. Mai 2023 („Gewerkschaftliche Doppelmoral“)